Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung eines Grundstücks als Baudenkmal. Revisionsgerichtliche Nachprüfung von Landesrecht wegen Nichtbeachtung von Bundesrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Verwendung der Begriffe „geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche Bedeutung” in § 2 Abs. 2 Satz 1 Denkmalschutzgesetz Berlin hat der Landesgesetzgeber präzisiert, von welcher Intensität bei der Bestimmung der sozialen Bindung des Eigentumsobjekts auszugehen ist.

2. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht erhoben, so ist näher darzulegen, inwiefern die gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab ausgeführte bundesverfassungsrechtliche Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1 S. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1 S. 1; VwGO § 132 Abs. 2, § 137 Abs. 1; DSchG Bln § 2 Abs. 2, § 4

 

Verfahrensgang

OVG Berlin (Urteil vom 03.01.1997; Aktenzeichen 2 B 10.93)

VG Berlin (Aktenzeichen 16 A 187.90)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 3. Januar 1997 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Kläger wenden sich gegen die rechtliche Einordnung des auf ihrem Grundstück in Berlin, T.-straße 13/R.-straße 36 stehenden Gebäudes als Baudenkmal durch das beklagte Landesdenkmalamt Berlin. Durch mehrere inhaltlich übereinstimmende Bescheide vom 9. Februar 1990 ordnete der Beklagte die Eintragung des Gebäudes in das Baudenkmalbuch an, weil seine Erhaltung wegen seiner künstlerischen und stadtbildlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liege. Die von den Klägern gegen diese Unterstellungsbescheide erhobene Klage, mit der sie die Denkmalwürdigkeit des Gebäudes bestritten haben, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die dagegen beim Oberverwaltungsgericht eingelegte Berufung hatte auch mit dem Hilfsantrag, festzustellen, daß das genannte Gebäude kein Baudenkmal sei, keinen Erfolg. Die Beschwerde, mit der sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil wenden, ist nicht begründet. Die mit ihr geltend gemachten Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben.

1. Die Kläger machen geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hätte wegen der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zum Schutze von Denkmalen in Berlin (Denkmalschutzgesetz Berlin 1995 – DSchG Bln) in der Sache nicht selbst entscheiden dürfen, sondern es hätte gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Entscheidung des zuständigen Verfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes einholen müssen.

a) Damit haben die Kläger keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargetan. Ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision nach dieser Vorschrift führt, liegt nur dann vor, wenn das Gerichtsverfahren infolge unrichtiger Anwendung oder Nichtanwendung einer prozeßrechtlichen Vorschrift fehlerhaft geworden ist und die angegriffene Entscheidung auf diesem Fehler beruht. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein solcher Verfahrensfehler vorliegt, ist die materiellrechtliche Auffassung, die das Gericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, auch wenn diese einer Überprüfung nicht standhalten sollte (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hätte das Oberverwaltungsgericht daher nur dann einen Verfahrensverstoß begangen, wenn es aufgrund seiner eigenen Rechtsauffassung zu dem Ergebnis gelangt wäre, daß das Denkmalschutzgesetz Berlin 1995 verfassungswidrig sei, und wenn es trotzdem nicht die Entscheidung des zuständigen Verfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes herbeigeführt hätte (BVerwG, Beschluß vom 3. April 1984 – BVerwG 4 B 59.84 – DVBl 1984, 638). Das ist aber nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit des Denkmalschutzgesetzes bejaht. Damit waren die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht erfüllt.

b) Entgegen der Meinung der Kläger sind sie dadurch, daß das Oberverwaltungsgericht die Sache nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem zuständigen Verfassungsgericht zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Berliner Denkmalschutzgesetzes 1995 vorgelegt hat, nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden. Durch eine Maßnahme, Unterlassung oder Entscheidung eines Gerichts wird der gesetzliche Richter nur dann entzogen, wenn diese Maßnahme, Unterlassung oder Entscheidung auf Willkür beruht. Dies gilt auch dann, wenn ein Gericht die Vorlage an ein anderes Gericht, das über eine bestimmte Rechtsfrage zu entscheiden hat, außer Acht läßt. Als Willkür ist zu werten, wenn die Entscheidung sich bei der Anwendung und Auslegung von Zuständigkeitsnormen, zu denen in einem weiteren Sinne auch Vorschriften über die Vorlage an ein anderes Gericht gehören, so weit von dem diese Normen beherrschenden Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, daß die Gerichtsentscheidung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wird nur durch solche gerichtliche Entscheidungen verletzt, die bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfGE 29, 198, 207; BVerfG, NJW 1988, 1456). Davon kann bei der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht die Rede sein. Sie hat sich unter Beachtung und Würdigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung eingehend mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Berliner Denkmalschutzgesetzes 1995 auseinandergesetzt. Sie hat in diesem Zusammenhang auch die Interessen der Betroffenen berücksichtigt, indem sie bei der verfassungskonformen Auslegung und Anwendung des Gesetzes berücksichtigt hat, daß die Normbetroffenen keinen unzumutbaren Belastungen und Risiken ausgesetzt sind, die auf die Unbestimmtheit der denkmalschutzbegründenden Tatbestände zurückzuführen sind.

c) Auch die in diesem Zusammenhang weiter erhobene Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe durch die verfassungskonforme Auslegung gegen die Grenzen der rechtlich zulässigen Auslegungsmethoden verstoßen, ist nicht begründet. Ein Verstoß gegen allgemeine Auslegungsregeln, etwa gegen allgemeine Erfahrungssätze oder die Denkgesetze, ist kein Verfahrensfehler, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann, sondern ein Fehler, der die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung betrifft und infolgedessen nur unter den Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO zur Zulassung der Revision führen kann (vgl.BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juni 1975 – BVerwG 7 B 62.74 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 133 und vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr.266). Aus dem gleichen Grund können auch die weiteren Beanstandungen der Kläger, mit denen sie sich gegen die nach ihrer Auffassung unrichtige verfassungskonforme Auslegung des Denkmalschutzgesetzes durch das Oberverwaltungsgericht wenden, im Zusammenhang mit § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO keine Berücksichtigung finden, weil es sich hierbei nicht um Mängel des Verfahrens im Sinne dieser Vorschrift, sondern um Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung handelt.

2. Der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist gleichfalls nicht gegeben.

a) Nach Auffassung der Kläger ist die Sache von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie die über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige Frage beinhalte, ob der Landesgesetzgeber Denkmale gesetzlich ohne Verstoß gegen Art. 14 GG und Art. 20 Abs. 3 GG unter Schutz stellen könne, wenn er der Fachbehörde nicht zugleich vorgebe, wie zur Wahrung der Rechte der Normbetroffenen die Denkmaleigenschaft nachvollziehbar und verbindlich festgestellt werden solle. Damit haben sie die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargetan. Ihr Vorbringen läßt nicht erkennen, daß und inwiefern das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen und konkreten Rechtsfragen des revisiblen Rechts mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts noch höchstrichterlicher Klärung bedürften (vgl. BVerwGE 13, 90, 91 f).

Das Berliner Denkmalschutzgesetz 1995 ist irrevisibles Landesrecht, dessen Nachprüfung dem Revisionsgericht versagt ist (§ 137 Abs. 1 VwGO). Eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt daher nur dann in Betracht, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht erhoben wird, und daraus eine klärungsbedürftige bundesrechtlich – z.B. verfassungsrechtliche – Rechtsfrage herleitet. Näher darzulegen ist, inwiefern die gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführte bundesverfassungsrechtliche Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (s. Beschlüsse vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49; vom 9. September 1988 – BVerwG 4 B 37.88 – DVBl 1988, 1176, 1178; vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 7 B 177.89 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277, vom 1. September 1992 – BVerwG 11 B 24.92 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171 und vom 19. Juli 1995 – BVerwG 6 NB 1.95 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104).

Zwar haben die Kläger die Verletzung von Bundesverfassungsrecht geltend gemacht; die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage ist aber nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Denkmalschutzrecht – offensichtlich – eine zulässige Regelung über Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. Juli 1987 – BVerwG 4 B 146.87 – Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 4, vom 3. April 1984 – BVerwG 4 B 59.84 – DVBl 1984, 638, vom 20. Mai 1994 – BVerwG 4 B 106.94 und vom 26. April 1996 – BVerwG 4 B 19.96). Im Zusammenhang mit dem Denkmalschutzgesetz Niedersachsen hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. ausgeführt, daß das Denkmalschutzrecht der Länder zwei grundsätzlich unterschiedliche Schutzsysteme entwickelt habe: Neben dem konstitutiv wirkenden Eintragungsprinzip bestehe das Schutzsystem in der Denkmalwürdigkeit kraft Gesetzes. Das Land Niedersachsen habe sich für das letztere System entschieden. Es habe im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in der Beurteilungskompetenz des niedersächsischen Landesgesetzgebers gelegen, die Vor- und Nachteile der genannten Schutzsysteme gegeneinander abzuwägen und sich für die Denkmalwürdigkeit kraft Gesetzes zu entscheiden (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Mai 1994 – BVerwG 4 B 106.94 – und vom 26. April 1996 – BVerwG 4 B 19.96 –).

Diese Ausführungen gelten in gleicher Weise für die sich aus dem Denkmalschutzgesetz Berlin 1995 ergebenden Rechtsfolgen. Danach ist ein Gebäude kraft Gesetzes ein Baudenkmal, wenn es die in § 2 Abs. 2 DSchG Bln aufgeführten Eigenschaften hat, ohne daß ein weiterer konstitutiver Akt, nämlich die Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste (§ 4) hinzukommen muß. Entgegen der Auffassung der Kläger macht es im Hinblick auf die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erfolgende Inhaltsbestimmung des Eigentums an dem als Baudenkmal deklarierten Gebäude rechtlich keinen Unterschied, ob die Unterstellung unter den Denkmalschutz kraft Gesetzes oder durch einen zusätzlichen konstitutiven Akt erfolgt. Auch eine konstitutive Eintragung in die Denkmalliste wäre nur der „rechtstechnische Anknüpfungspunkt für die mit der Denkmaleigenschaft verbundenen gesetzlichen Pflichten” (BVerwG, Beschluß vom 3. April 1984, a.a.O.). Das Oberverwaltungsgericht hat die den Klägern aufgrund der Entscheidung des Landesgesetzgebers zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten (Feststellungsklage) im einzelnen aufgezeigt. Mehr könnte auch das Revisionsverfahren nicht leisten (vgl. in diesem Sinne BVerwG, Beschluß vom 26. April 1996 – BVerwG 4 B 19.96 –).

Durch die in § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln 1995 verwendeten Begriffe (geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städtebauliche Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit) hat der Landesgesetzgeber außerdem die Grundsätze für die Feststellung der Denkmaleigenschaft verbindlich festgelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung zusätzliche Kriterien aufgestellt, die bei der Anwendung dieser Vorschrift für weitere Rechtsklarheit und Rechtsschutz der Betroffenen sorgen.

b) Auch die weiter aufgeworfene Frage, ob es mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei, schon aus der künstlerischen Bedeutung eines Gebäudes auf das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt desselben zu schließen, rechtfertigt nicht die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Kläger stellen hierbei nicht in Abrede, daß die künstlerische Bedeutung eines Gebäudes unbestritten ein Tatbestandsmerkmal des weiten Denkmalbegriffs ist. Sie meinen aber, es gelte zu klären, wie die Begriffe „künstlerische Bedeutung” und „Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit” im Sinne der praktischen Konkordanz zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden könnten, da der Begriff „Kunst” einer eindeutigen Definition kaum zugänglich sei.

Damit machen sie geltend, durch eine Verwendung dieser unbestimmten Begriffe verstoße § 2 Abs. 2 DSchG Bln gegen das im Rechtsstaatsprinzip gegründete Gebot hinreichender Bestimmtheit. Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht bereits geklärt. Es hat hierzu im Zusammenhang mit dem niedersächsischen Denkmalschutzgesetz folgendes ausgeführt (Beschluß vom 26. April 1996, a.a.O.):

„§ 3 Abs. 2 und 3 NDSchG enthält Begriffsbestimmungen, unter denen eine Denkmaleigenschaft von baulichen Anlagen anzunehmen ist, „an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht”. Nach Auffassung des Berufungsgerichts lassen sich diese Merkmale „gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen” anhand objektiver Kriterien ermitteln. Etwaige Auslegungsschwierigkeiten im Einzelfall führten nicht zu einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Das entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand mit genau erfaßbaren Maßstäben zu umschreiben. Der Gesetzgeber ist gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerfG, Beschluß vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 – BVerfGE 78, 205, 212; BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 – BVerwG 4 C 2.94 – Buchholz 406.401 § 18 BNatSchG Nr. 3).”

Diese Ausführungen gelten ebenso für die rechtliche Zulässigkeit der im Berliner Denkmalschutzgesetz getroffenen Regelung, die in § 2 Abs. 2 Satz 1 die gleichen Begriffe verwendet.

c) Schließlich ist auch die Frage, ob „mit der präjudizierenden Heranziehung der künstlerischen Bedeutung eines Gebäudes für das Interesse der Allgemeinheit an dessen Erhalt das Grundrecht der Eigentumsfreiheit zu Lasten der Sozialbindung des Art. 14 Abs. 2 GG” vernachlässigt werde, nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Der Landesgesetzgeber Berlin hat gleichlautend zu anderen Landesdenkmalschutzgesetzen in § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln die Begriffe „geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche Bedeutung” verwendet, um festzulegen, wann ein Gebäude im Interesse der Allgemeinheit unter Denkmalschutz zu stellen ist. Mit diesen Begriffselementen hat der Gesetzgeber präzisiert, von welcher Intensität bei der Bestimmung des sozialen Bezuges des Eigentumsobjekts auszugehen ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 10. Juli 1987 – BVerwG 4 B 146.87 – Buchholz 406.39 DenkmalschutzR Nr.4). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern durch die Verwendung dieser Begriffe, die das „Interesse der Allgemeinheit” näher bestimmen und eingrenzen, das Grundrecht der Eigentumsfreiheit zu Lasten der Sozialbindung vernachlässigt worden sei. Das schließt es nicht aus, daß im Einzelfall eine Rechtsanwendung zu einem Ergebnis führen kann, das mit Art.14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren ist. Ein derartiger Mangel beruht aber nicht auf den in § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen, sondern auf deren alsdann fehlerhafter, weil nicht verfassungskonform gehandhabter Anwendung (Beschluß vom 10. Juli 1987, a.a.O.). Das kann aber nicht Gegenstand einer Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung sein.

d) Soweit sich die Kläger gegen die nach ihrer Meinung „extensive” Auslegung des Denkmalbegriffs wenden, kann dies nicht im Revisionsverfahren entschieden werden. Dies ist eine Frage nicht revisiblen Landesrechts (§ 137 Abs. 1 VwGO), weil sie die Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln betrifft. Auch die Frage, ob ein Gebäude wegen seiner künstlerischen Bedeutung von Interesse für die Allgemeinheit ist, kann nicht allgemein und grundsätzlich vorweg beantwortet werden. Diese Entscheidung kann nur gesondert für jeden Einzelfall notfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen aufgrund der jeweils gegebenen örtlichen Besonderheiten getroffen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß im Wege der Feststellungsklage geklärt werden kann, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

e) Es ist ferner nicht von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Auslegung der Begriffe der städtebaulichen Bedeutung durch das Oberverwaltungsgericht mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist und ob dieser Begriff ein taugliches Abgrenzungskriterium erkennen läßt (vgl. vorstehend zu b). Ob der Schutzzweck nach Lage der Dinge auch durch eine Erhaltungssatzung zu verwirklichen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und wirft keine klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtsfragen auf.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes folgt aus § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Niehues, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

BRS 1997, 698

BRS 1998, 698

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