Verfahrensgang

VG Dresden (Aktenzeichen 1 K 372/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 15. März 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger beantragt die Feststellung, dass die Firma F.E.W. AG i.L. Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 des VermögensgesetzesVermG – wegen der Schädigung ihres Unternehmens sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil

  • der Kläger als Mitglied einer Erbengemeinschaft nach früheren Anteilseignern nicht antragsberechtigt sei,
  • das Quorum nach § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG für das Wiederaufleben des ehemaligen Unternehmensträgers nicht innerhalb der Frist des § 30 a Abs. 1 VermG erreicht worden sei,
  • unabhängig von diesem Fristerfordernis der für das Erreichen des Quorums notwendige Nachweis der Rechtsnachfolge nach früheren Anteilseignern nicht gelungen sei und
  • der Feststellung der Berechtigung der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG entgegenstehe.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Da das Urteil auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt ist, setzt die Zulassung der Revision voraus, dass hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund gegeben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1993 – BVerwG 9 B 512.93 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320 m.w.N.; stRspr). Dies ist hier nicht der Fall, soweit das Verwaltungsgericht die Berechtigung des Klägers unter Hinweis auf die Vorschrift des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG verneint hat. Der Kläger wendet sich insoweit gegen die in diesem Punkte der verwaltungsgerichtlichen Rechtsauffassung zugrunde liegenden Feststellungen mit einer auf die Vorschrift des § 108 Abs. 2 VwGO gestützten Verfahrensrüge; diese Rüge greift jedoch nicht durch.

Der Kläger beanstandet, dass das Verwaltungsgericht seinen Beweisbeschluss, mit dem es die Beiziehung der Liste A einschließlich von der Besatzungsmacht veranlasster Änderungen sowie der bestätigten Liste B angeordnet habe, mangels vorhandener Anhaltspunkte für ein konkretes Enteignungsverbot der Besatzungsmacht nicht ausgeführt habe, ohne den Beweisbeschluss zuvor aufzuheben. Infolge dessen habe er – der Kläger – sich auf die geänderte Rechtsauffassung des Gerichts über den Umfang der gebotenen Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO nicht einstellen können.

Ein die Zulassung der Revision eröffnender Verfahrensfehler wird mit diesem Vorbringen nicht dargelegt. Aus der Rechtsnatur des Beweisbeschlusses als prozessleitender Anordnung folgt, dass das Prozessgericht befugt ist, von der Ausführung eines Beweisbeschlusses abzusehen, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass die angeordnete Beweiserhebung nicht oder nicht mehr geboten ist (vgl. Musielak, Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., Rn. 2 zu § 360 m.w.N.). Das Gericht muss aber, wenn es den Beweisbeschluss nicht ausdrücklich aufhebt, die Verfahrensbeteiligten zur Wahrung des rechtlichen Gehörs von seinem Sinneswandel unterrichten, damit diese sich auf die geänderte Prozesssituation einrichten und den Vortrag nachholen könnten, den sie bislang mit Rücksicht auf die bisherige Rechtsauffassung des Gerichts unterlassen haben (BVerwG, Urteil vom 6. November 1964 – BVerwG 4 C 153.64 – NJW 1965, 413). Dies ist hier nicht in der erforderlichen Weise geschehen. Zwar hat der Berichterstatter die Beteiligten mit Schreiben vom 2. Januar 2001 auf die Möglichkeit der Aufhebung des Beweisbeschlusses aufmerksam gemacht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Grund für diese Anhörung lag aber ausschließlich darin, dass das Gericht die Erfolgsaussicht der Klage wegen Nichterreichens des Quorums nach § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG für zweifelhaft hielt und sich daher die angeordnete Beweisaufnahme zum Restitutionsausschlussgrund nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG mangels Entscheidungserheblichkeit dieses Einwandes als unnötig erweisen konnte. Einen Hinweis darauf, dass der Vortrag des Klägers nach geläuterter Rechtsauffassung des Gerichts keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für ein Enteignungsverbot der Besatzungsmacht ergebe und die Voraussetzungen des Restitutionsausschlussgrundes nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG deshalb ohne Durchführung der bisher beabsichtigten Beweisaufnahme bejaht werden könnten – wie es dann auch in dem angegriffenen Urteil geschah –, enthielt das Schreiben nicht. Dennoch lässt sich der gerügte Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO nicht feststellen; denn der Kläger trägt mit seiner Beschwerde nicht vor, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte. Ein solcher Vortrag gehört jedoch nach ständiger Rechtsprechung zu den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer Gehörsrüge (BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 1986 – BVerwG 7 B 163.86 – Buchholz 312 Nr. 45 m.w.N.; Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn. 41 zu § 133); denn dem Betroffenen kann nur dann unter Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs das Wort abgeschnitten worden sein, wenn er überhaupt noch die Absicht weiteren Vorbringens hatte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Kley, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI660192

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