Entscheidungsstichwort (Thema)

Stattgebender Kammerbeschluß: Beachtung der Eigentumsgarantie bei Eigennutzungswunsch des Vermieters - Gehörsverstoß durch Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vortrags

 

Orientierungssatz

1. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung und Anwendung von BGB § 564b Abs 2 Nr 2 (vgl BVerfG, 1989-02-14, 1 BvR 308/88, BVerfGE 79, 292 ≪302, 305f≫) wird ein Urteil nicht gerecht, das im Ergebnis dazu führt, daß dem Vermieter eine mit allen rechtlichen Risiken eines Räumungsverfahrens behaftete Lebensplanung angesonnen wird, die er im Rahmen seines Rechts, sein Eigentum nach seinen Vorstellungen zu nutzen, nicht anzustellen braucht.

Das gilt insbesondere dann, wenn das Gericht dem Eigentümer im Hinblick auf eine bevorstehende Eigenbedarfskündigung eine Lebensplanung abverlangt, die er angesichts noch nicht abgeschlossener beruflicher Entwicklungen nicht vorzunehmen braucht.

2. Hier: Kündigung eines Mietvertrages über eine Wohnung in einem Dreifamilienhaus durch Eigentümer wegen Eigenbedarfs, nachdem dieser kurz zuvor (fünf Wochen) den Zeitmietvertrag über eine gleich große, im selben Objekt belegene Wohnung verlängert hatte.

3. Soweit ein Gericht das auf die Eigenbedarfskündigung gestützte Räumungsbegehren gem ZPO § 259 trotz ausdrücklichen Widerspruchs und Fortsetzungsverlangens der Mieter (BGB § 556a) als unzulässig angesehen hat, verstößt es gegen GG Art 103 Abs 1, da entscheidungserheblicher Vortrag der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen wurde.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 103 Abs. 1; BGB § 564b Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 556a; ZPO § 259; BVerfGG § 93b Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 01.09.1992; Aktenzeichen 2/11 S 48/92)

 

Fundstellen

Haufe-Index 543582

NJW 1993, 2166

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