Verfahrensgang

EPA (Europäisches Patentamt) (Entscheidung vom 06.07.2007; Aktenzeichen T 1256/06 - 3.2.07)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des Rechtsschutzes gegen Maßnahmen des Europäischen Patentamts.

I.

1. Das Europäische Patentamt ist eines von zwei Organen der Europäischen Patentorganisation, die durch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 (EPÜ, BGBl 1976 II S. 649 ≪826≫) gegründet wurde. Die Europäische Patentorganisation hat die Aufgabe, europäische Patente zu erteilen (vgl. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 EPÜ). Sie genießt im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Immunität vor den mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeiten (s. Art. 8 EPÜ i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Protokolls über Vorrechte und Immunitäten vom 5. Oktober 1973, BGBl 1976 II S. 649 ≪985≫) und besitzt als internationale Organisation die Befugnis zur autonomen Gestaltung ihrer inneren Verhältnisse.

Das Europäische Patentamt erteilt europäische Patente, die ihren Inhabern in jedem Vertragsstaat, für den sie erteilt werden, dieselben Rechte wie die jeweiligen nationalen Patente gewähren (s. Art. 2 Abs. 2, Art. 64 Abs. 1 EPÜ). Es handelt sich bei dem Europäischen Patent insoweit um ein Bündel nationaler Patente (s. nur Jestaedt, in: Benkard, EPÜ, 2002, Art. 2 Rn. 2 m.w.N.). Gegen die Erteilung eines europäischen Patents ist nach Art. 99 ff. EPÜ ein Einspruch beim Europäischen Patentamt statthaft, der auf bestimmte Einspruchsgründe zu stützen ist (Art. 100 EPÜ). Das Einspruchsverfahren endet mit dem Widerruf des Patents oder mit der Zurückweisung des Einspruchs (Art. 102 Abs. 1 und 2 EPÜ). Entscheidungen des Europäischen Patentamts in Patentsachen einschließlich der Entscheidungen der Einspruchsabteilungen können mit der Beschwerde angefochten werden (Art. 106 ff. EPÜ). Zuständig für die Beschwerdeentscheidung sind die Beschwerdekammern des Patentamts (vgl. Art. 21 ff. EPÜ). Die Mitglieder der Beschwerdekammern, die sich bei Beschwerden gegen die Entscheidungen der Einspruchsabteilung aus technisch vorgebildeten und aus rechtskundigen Mitgliedern zusammensetzen (Art. 21 Abs. 4 EPÜ), sind nach Maßgabe von Art. 23 EPÜ unabhängig, insbesondere nicht weisungsgebunden und nur dem Übereinkommen unterworfen (Art. 23 Abs. 3 EPÜ). Bei der Prüfung einer Beschwerde durch die Beschwerdekammer erhalten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme (Art. 110 Abs. 2 EPÜ), rechtliches Gehör wird allgemein nach Maßgabe von Art. 113 EPÜ gewährt. Eine mündliche Verhandlung findet nach Art. 116 Abs. 1 EPÜ nur statt, wenn die Beschwerdekammer dies für sachdienlich hält oder wenn ein Beteiligter die mündliche Verhandlung beantragt.

2. Die Beschwerdeführerin ist eine juristische Person des italienischen Privatrechts mit Sitz in T. (Italien); sie ist auf dem Gebiet der industriellen Automatisierung tätig. Am 10. September 1998 meldete sie beim Europäischen Patentamt ein europäisches Patent für eine automatische Holzschneidemaschine an. Das Patentamt erteilte das Patent mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland. Den Einspruch eines italienischen Konkurrenzunternehmens gegen die Patenterteilung wies das Europäische Patentamt zurück. Gegen diese Entscheidung erhob die Konkurrentin Beschwerde vor einer Beschwerdekammer des Patentamts, die sie insbesondere auf den fehlenden erfinderischen Charakter der patentierten Maschine und ihre sich daraus ergebende mangelnde Patentfähigkeit stützte (vgl. Art. 100 lit. a, Art. 56 EPÜ). Beide Parteien ersuchten die Beschwerdekammer um eine schnellstmögliche Entscheidung.

Mit Beschwerdeentscheidung vom 6. Juli 2007 hob die Beschwerdekammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Patentamts auf und erklärte das Patent der Beschwerdeführerin für nichtig, da es an einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Art. 56 EPÜ fehle. Zum Verfahren wies die Beschwerdekammer darauf hin, dass keine der Beteiligten einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt habe und die Kammer diese auch nicht für erforderlich erachte, zumal die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hätten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Durch diese Beschwerdeentscheidung sieht sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Die Beschwerdeführerin könne sich als ausländische juristische Person auf die als verletzt gerügten Grundrechte berufen, zumal ihr mit dem europäischen Bündelpatent auch ein in der Bundesrepublik Deutschland gültiges, dem deutschen Patent entsprechendes Recht zugestanden habe. Insbesondere handle es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts um eine mit der Verfassungsbeschwerde angreifbare Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse auch bei der Übertragung von Hoheitsrechten Grundrechtsschutz gewährleistet bleiben. Eine Überprüfung supranationaler Rechtsakte am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes scheide nach dieser Rechtsprechung nur dann aus, wenn ein organisationsinterner Rechtsschutz möglich sei, der im Wesentlichen dem Standard des Grundgesetzes entspreche. Dies sei im Hinblick auf die Europäische Patentorganisation nicht der Fall. Ein Rechtsschutz vor deutschen oder europäischen Gerichten gegen die vom Europäischen Patentamt getroffenen Entscheidungen sei nicht möglich, ein mit dem Europäischen Gerichtshof vergleichbares Rechtsprechungsorgan sei nicht vorhanden und organisationsintern fehle es an Bekenntnissen zum Grundrechtsschutz.

In der Sache wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das verfahrensrechtliche Vorgehen der Beschwerdekammer. Die Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung verletze die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Die Beschwerdekammer hätte der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eröffnen müssen, ihren Rechtsstandpunkt im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erläutern. Ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung könne nur erfolgen, wenn kein Zweifel daran bestehe, dass keiner der Beteiligten eine mündliche Verhandlung wünsche. Auch wenn nach Art. 116 EPÜ grundsätzlich ein Antrag auf eine mündliche Verhandlung erforderlich sei, so gebiete Art. 103 Abs. 1 GG die gewissenhafte Auslegung von Äußerungen der Beteiligten. Das Schreiben der Beschwerdeführerin an die Beschwerdekammer, in dem sie um eine schnellstmögliche Entscheidung gebeten habe, sei nicht als Verzicht auf eine mündliche Verhandlung auszulegen gewesen. Die Beschwerdeführerin sieht sich zudem in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG dadurch verletzt, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer nicht weiter anfechtbar ist.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt; denn die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung, und ihre Annahme zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die ihr zugrunde liegenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinlänglich geklärt (s. zum Rechtsschutz gegenüber supranationalen Hoheitsakten allgemein BVerfGE 73, 339 ≪374 ff., 387≫; 89, 155 ≪175≫; 102, 147 ≪161 ff.≫; und speziell zum Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen des Europäischen Patentamts BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001 – 2 BvR 2368/99 –, NJW 2001, S. 2705 f.; BVerfGK 6, 368 ff.; 8, 266 ff.; 8, 325 ff.).

2. a) Die Beschwerdeführerin kann sich jedenfalls teilweise auf die als verletzt gerügten Grundrechte berufen. Nach Art. 19 Abs. 3 GG sind die Grundrechte auch auf inländische juristische Personen anwendbar, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Im Umkehrschluss geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass sich ausländische juristische Personen grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen können (vgl. nur BVerfGE 21, 207 ≪208 f.≫; 23, 229 ≪236≫). Allerdings stehen die grundrechtsgleichen Verfahrensrechte nach Art. 101 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch ausländischen juristischen Personen zu (vgl. BVerfGE 12, 6 ≪8≫; 18, 441 ≪447≫; 64, 1 ≪11≫). Für Art. 19 Abs. 4 GG entspricht dies der überwiegenden Auffassung im verfassungsrechtlichen Schrifttum (s. stellvertretend Dreier, in: Dreier, GG, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 19 III Rn. 41 m.w.N.). Ob dem zu folgen ist, kann angesichts der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde aus anderen Gründen hier offen bleiben.

b) Die Verfassungsbeschwerde richtet sich auch gegen einen Rechtsakt, der grundsätzlich mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden kann.

aa) Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass auch Akte einer nicht-deutschen Hoheitsgewalt die Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen können und das Bundesverfassungsgericht die Aufgabe hat, auch gegenüber solchen Rechtsakten Grundrechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪175≫; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2705 f.; anders noch BVerfGE 22, 293 ≪297≫; 58, 1 ≪27≫). Solche Rechtsakte können damit grundsätzlich Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sein. Denn Art. 24 Abs. 1 GG über die Übertragung von Hoheitsrechten muss wie jede Verfassungsbestimmung ähnlich grundsätzlicher Art im Zusammenhang der Gesamtverfassung verstanden und ausgelegt werden. Er öffnet nicht den Weg, die Grundstruktur der Verfassung zu ändern. Ein unaufgebbarer Bestandteil des Verfassungsgefüges sind die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die in den Grundrechten des Grundgesetzes anerkannt und verbürgt sind (BVerfGE 37, 271 ≪279 f.≫; 58, 1 ≪40 ff.≫; 73, 339 ≪375 f.≫). Das Grundgesetz verlangt allerdings nicht, dass auch im Einzelfall Grundrechtsschutz jeweils gerade durch das Bundesverfassungsgericht zu gewährleisten ist. Vielmehr bedingt die Offenheit der Verfassung für die internationale Zusammenarbeit im Sinne der Ziele der Präambel, dass das Bundesverfassungsgericht dann, wenn auf der supranationalen Ebene ein im Wesentlichen dem grundgesetzlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährleistet ist, seine Gerichtsbarkeit nicht ausübt (BVerfGE 73, 339 ≪387≫; 102, 147 ≪161≫; 123, 267 ≪399≫).

Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, jeder nicht-deutsche Hoheitsakt könne im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Vielmehr können nur Maßnahmen von internationalen Organisationen die Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen, denen als zwischenstaatliche Einrichtungen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG Hoheitsrechte übertragen worden sind. Notwendiges Kriterium ist also die Supranationalität: Zu differenzieren ist danach, ob der in Rede stehenden internationalen Organisation die Befugnis eingeräumt wurde, Maßnahmen mit Durchgriffswirkung gegenüber dem Einzelnen zu treffen, die also auf die Rechtsstellung des Bürgers de iure unmittelbar einwirken. Dies trifft nicht nur auf die Europäischen Gemeinschaften, sondern auch auf andere internationale Organisationen zu (s. bereits BVerfGK 8, 266 ≪269 f.≫; 8, 325 ≪329≫).

bb) Den Grundsatz der Angreifbarkeit supranationaler Hoheitsakte mit der Verfassungsbeschwerde, der zunächst in Bezug auf Sekundärrechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaft aufgestellt wurde (BVerfGE 89, 155 ≪175≫), hat das Bundesverfassungsgericht in der Folge unter Zugrundelegung eines funktionalen Verständnisses der öffentlichen Gewalt explizit auf Rechtsakte der Europäischen Patentorganisation erstreckt (s. BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2705 f.; BVerfGK 6, 368 ff.; 8, 266 ff.; 8, 325 ff.). Denn die Europäische Patentorganisation ist eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG. Es handelt sich um eine ins Völkerrecht verselbständigte juristische Person, und dem Europäischen Patentamt sind Hoheitsrechte zur Ausübung übertragen (näher dazu BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2705 f.).

Für die Angreifbarkeit eines nicht der deutschen Hoheitsgewalt entstammenden Rechtsakts im Wege der Verfassungsbeschwerde reicht es indes nicht aus, dass der erlassenden Organisation generell supranationale Befugnisse eingeräumt wurden. Vielmehr muss gerade der konkret beanstandete Rechtsakt supranationaler Natur sein, das heißt auf die Rechtsstellung des Adressaten de iure unmittelbar einwirken. Nur dann liegt ein Rechtsakt vor, der den Grundrechtsberechtigten in Deutschland im Sinne der Maastricht-Rechtsprechung „betrifft” (so bereits BVerfGK 8, 266 ≪269 f.≫; 8, 325 ≪329 f.≫; ebenso BVerfGK 8, 61 ≪63 f.≫ zum Grundrechtsschutz gegenüber Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds). Wo die Organisation dagegen nicht zum Durchgriff ermächtigt wurde, hat sie auch nicht die Möglichkeit, auf die Rechtsstellung des Einzelnen in einer Form einzuwirken, die zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken Grundrechtsschutz in der Bundesrepublik Deutschland geböte. Deshalb sind nicht-supranationale Rechtsakte internationaler Organisationen der deutschen öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG nicht gleichgestellt.

cc) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts um einen Rechtsakt mit supranationaler Wirkung, der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sein kann: Die Beschwerdeführerin war Inhaberin eines europäischen Patents. Dieses Patent gewährt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation, auf die sich die Patenterteilung erstreckt, diejenigen Rechte, welche auch die jeweiligen nationalen Patente gewähren würden (vgl. Art. 2 Abs. 2, Art. 64 Abs. 1 EPÜ). Mit der Erteilung des europäischen Patents war die Beschwerdeführerin folglich Inhaberin eines gewerblichen Schutzrechts mit allen daran anknüpfenden rechtlichen Befugnissen und wirtschaftlichen Vorteilen. Dieses Patent wurde durch die angegriffene Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts widerrufen. Infolge dieser Entscheidung hatte die Beschwerdeführerin somit in der Bundesrepublik Deutschland kein dem deutschen Patent gleichstehendes Schutzrecht mehr inne. Dementsprechend erzeugt die angegriffene Beschwerdeentscheidung unmittelbar rechtliche Wirkungen in der deutschen Rechtsordnung.

c) Allerdings genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den für Verfassungsbeschwerden gegen supranationale Hoheitsakte geltenden Begründungsanforderungen.

aa) Verfassungsbeschwerden gegen supranationale Rechtsakte sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von vornherein unzulässig, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass im Rahmen der in Rede stehenden Organisation der nach dem Grundgesetz als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell und offenkundig nicht mehr gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 73, 339 ≪387≫; 102, 147 ≪164≫; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2705 ≪2706≫; BVerfGK 6, 368 ≪370≫). Damit muss ein Beschwerdeführer sich mit der Rechtsordnung und der organisationsinternen Praxis der Organe der konkret in Rede stehenden internationalen Organisation näher auseinandersetzen.

bb) An einer entsprechenden Darlegung der Beschwerdeführerin fehlt es. Einen nicht grundgesetzadäquaten Schutz von Verfahrensgrundrechten im Rahmen der Europäischen Patentorganisation hat die Beschwerdeführerin lediglich behauptet. Sie stützt ihre Auffassung, es bestehe im Rahmen der Europäischen Patentorganisation kein angemessener verfahrensrechtlicher Grundrechtsstandard, darauf, dass weder eine Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof bestehe noch Bekenntnisse der Organe der Patentorganisation zum Grundrechtsschutz vorlägen. Ferner behauptet die Beschwerdeführerin ohne nähere Ausführungen, Verfahrensgrundrechte gälten unter dem EPÜ nicht und es gebe keine Entscheidungen der Beschwerdekammern, in denen verfassungsrechtliche Grundprinzipien ausgeformt worden seien.

Dies kann für eine substantiierte Behauptung eines defizitären innerorganisatorischen Grundrechtsstandards nicht ausreichen. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin sich näher mit der zweifachen organisationsinternen Rechtsschutzmöglichkeit und den diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen ebenso befassen müssen wie mit der Spruchpraxis der Beschwerdekammern. Ohne eine solche vertiefte Auseinandersetzung kann ein Grundrechtsschutzdefizit nicht substantiiert dargelegt werden; dies umso weniger, als das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach festgestellt hat, dass das vom Europäischen Patentübereinkommen eingerichtete Rechtsschutzsystem mit seinen Beschwerdemöglichkeiten unter Berücksichtigung der Unabhängigkeit der Mitglieder der Beschwerdekammern und der Ausformung verfahrensrechtlicher Standards durch die Spruchpraxis der Beschwerdekammern im Wesentlichen dem des Grundgesetzes und damit den Anforderungen nach Art. 24 Abs. 1 GG entspricht (so BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2705 ≪2706≫; BVerfGK 6, 368 ≪370≫; ebenso – für einen konventionsadäquaten Rechtsschutzstandard des Systems – EGMR, Urteil vom 18. Februar 1999, Beschwerde-Nr. 26083-94, Waite u. Kennedy-Deutschland, NJW 1999, S. 1173 ≪1175≫).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Broß, Di Fabio, Landau

 

Fundstellen

Haufe-Index 2368773

GRUR 2010, 1031

GRUR-Int. 2011, 69

IIC 2012, 596

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