Verfahrensgang

OLG Bamberg (Beschluss vom 08.04.2010; Aktenzeichen 2 Ss OWi 299/2010)

AG Ansbach (Urteil vom 07.12.2009; Aktenzeichen 6 OWi 1081 Js 10425/09)

 

Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Beschwerdeführer und dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers werden gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG jeweils eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 300 EUR (in Worten: dreihundert Euro) auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verurteilung zu einer Geldbuße von 180 EUR wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Er macht geltend, das Amtsgericht habe § 100h StPO nicht als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen heranziehen dürfen. Darin sieht er unter anderem einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Beschwerdefrist weder die angefochtenen Gerichtsentscheidungen vorgelegt noch deren wesentlichen Inhalt mitgeteilt. Auf den Hinweis des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts, dass die Ablichtungen der Entscheidungen zusammen mit weiteren Anlagen erst nach Ablauf der Monatsfrist beim Bundesverfassungsgericht eingegangen seien, hat der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, ohne jedoch Gründe für die Fristversäumnis vorzutragen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

a) Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde nicht fristgerecht erhoben. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist abzulehnen.

Die ordnungsgemäße Begründung einer Verfassungsbeschwerde erfordert, dass die angegriffenen Entscheidungen selbst vorgelegt oder dass innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG wenigstens ihr wesentlicher Inhalt mitgeteilt wird und sich die Verfassungsbeschwerde mit diesem Inhalt auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 88, 40 ≪45≫; 93, 266 ≪288≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. Mai 2004 – 1 BvR 341/04 –, BVerfGK 3, 207 f.). Nur so kann der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang vollständig in einer der verfassungsgerichtlichen Prüfung zugänglichen Weise aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar dargelegt werden (vgl. BVerfGE 81, 208 ≪214≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Februar 2001 – 2 BvR 1469/00 –, NJW 2001, S. 1567 ≪1568≫; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2001 – 1 BvR 859/01 –, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 2001 – 1 BvR 305/01 –, NJW 2002, S. 955).

Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Der Beschwerdeführer hat in seiner fristgerecht eingegangenen Beschwerdeschrift lediglich punktuell zum Inhalt der angefochtenen Entscheidungen vorgetragen. Dem Bundesverfassungsgericht wurde es dadurch nicht ermöglicht, sich einen Gesamteindruck von deren Inhalt und deren Grundlagen zu verschaffen. Es genügt gerade nicht, dass ein Beschwerdeführer lediglich die von ihm angefochtenen Begründungselemente wiedergibt, ohne dass ein Gesamtzusammenhang erkennbar wird. Die Unzulänglichkeit des Vortrages wird durch die nach Fristablauf vorgelegten Entscheidungen bekräftigt. In den jeweiligen Entscheidungsgründen haben sich die Fachgerichte eingehend mit den einfachrechtlichen Einwendungen auseinandergesetzt. Ob darüber hinaus auch die verfristete Vorlage der weiteren Schriftsätze zur Unzulässigkeit führt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Februar 2001 – 2 BvR 1469/00 –, NJW 2001, S. 1567 ≪1568≫), kann dahinstehen.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 93 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG sind die Tatsachen, die auf eine unverschuldete Fristversäumnis schließen lassen, glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch darauf beschränkt, lediglich einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Gründe dafür, warum er verhindert gewesen sein soll, die Frist einzuhalten, wurden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen auch mangels hinreichender Substantiierung unzulässig. Der Beschwerdeführer wendet sich lediglich gegen die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung einfachen Rechts, die vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit nachgeprüft wird (BVerfGE 15, 245 ≪247≫; 18, 85 ≪92≫; 20, 144 ≪150≫). Anhaltspunkte für Verfassungsverstöße – Verkennen von Bedeutung und Tragweite von Grundrechten oder Willkür – lassen die Feststellungen der Fachgerichte nicht erkennen.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG. Ein Missbrauch liegt unter anderem vor, wenn eine Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. November 1995 – 2 BvR 1806/95 –, NJW 1996, S. 1273 ≪1274≫; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Februar 2001, – 1 BvR 104/01 –, juris). Dabei ist von einem Rechtsanwalt, der das Mandat zur Führung eines Prozesses vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, zu verlangen, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 88, 382 ≪384≫), die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Dezember 1996 – 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 –, juris). Diese Anforderungen treffen auf einen juristisch vorgebildeten Beschwerdeführer ebenso zu. Unterlässt er und sein Bevollmächtigter diese Sachprüfung in vorwerfbarer Weise, setzen sich beide der Gefahr einer Gebührenbelastung nach § 34 Abs. 2 BVerfGG aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Dezember 1996 – 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 –, juris).

Der Beschwerdeführer, der selbst Rechtsanwalt ist, und sein Bevollmächtigter wurden auf die Zulässigkeitsbedenken durch das Schreiben des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hingewiesen. Beide hätten ohne weiteres erkennen können und müssen, dass die Verfassungsbeschwerde verfristet war und der Wiedereinsetzungsvortrag nicht einmal den Mindestanforderungen genügt. Darüber hinaus war für einen Rechtsanwalt auch ohne weiteres erkennbar, dass die Verfassungsbeschwerde auch sonst völlig aussichtslos war.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Broß, Di Fabio, Landau

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2381311

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