Leitsatz (amtlich)

Bei wiederbeschäftigten Rentnern ist nach Beendigung ihrer Tätigkeit das für die Kassenzuständigkeit maßgebende letzte Beschäftigungsverhältnis iS von RVO § 235 Abs 3  nicht das letzte vor der Stellung des Rentenantrages, sondern das letzte vor dem Wiedereinsetzen der Rentnerkrankenpflichtversicherung.

 

Normenkette

RVO § 235 Abs. 3 Fassung: 1956-06-12

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 1960 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Juli 1959 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der ... 1889 geborene beigeladene Rentner St bezieht seit dem 1. November 1950 von der beigeladenen Landesversicherungsanstalt (LVA) eine Invalidenrente aus eigener Versicherung. Nachdem er zuvor verschiedenen anderen Ortskrankenkassen als Mitglied angehört hatte, war er von 1949 bis zur Rentenbewilligung und seitdem gemäß § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 24. Juli 1941 (RGBl I 443) Mitglied der Klägerin als der für seinen Wohnort zuständigen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über die Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 - KVdR - (BGBl I 500), d. h. am 1. August 1956, stand er als Kuhhirte in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und war bei der beklagten Landkrankenkasse (LKK) versichert. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete am 27. Oktober 1956. In der Zeit vom 15. Mai 1957 bis 28. Oktober 1957 war er erneut auf Grund einer Tätigkeit in der Landwirtschaft bei der Beklagten pflichtversichert. Seitdem nehmen sowohl die klagende AOK als auch die beklagte LKK den Kläger als Mitglied in Anspruch.

Die Klägerin schließt aus § 235 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der Beigeladene sei nach Beendigung der bei der Beklagten pflichtversicherten Beschäftigung wieder ihr Mitglied geworden. Es entspreche dem Sinn der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung in der Krankenversicherung der Rentner, unter dem "letzten Beschäftigungsverhältnis" im Sinne der erwähnten Vorschrift das letzte Beschäftigungsverhältnis vor der Stellung des Rentenantrages zu verstehen.

Die klagende AOK hat beantragt,

festzustellen, daß der Beigeladene St vom 29. Oktober 1957 an wieder ihr Mitglied ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung ist unter dem "letzten Beschäftigungsverhältnis" im Sinne des § 235 Abs. 3 RVO das letzte Beschäftigungsverhältnis vor dem Einsetzen oder Wiedereinsetzen der Pflichtversicherung als Rentner gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO zu verstehen. Da der beigeladene Rentner St während seiner Tätigkeit als Hirte bei ihr pflichtversichert gewesen sei, sei er demnach bei Beendigung dieser Tätigkeit ihr Mitglied geblieben.

Mit Urteil vom 16. Juli 1959 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die Klage abgewiesen. Es hält die Beklagte zur Versicherung des Beigeladenen St für zuständig, weil er vor dem Wiedereinsetzen der Krankenversicherung der Rentner auf Grund seiner Tätigkeit bei der LKK pflichtversichert gewesen sei und von dem Wahlrecht gemäß Art. 2 § 1 KVdR keinen Gebrauch gemacht habe.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 9. Februar 1960 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festgestellt, daß der Beigeladene St seit dem 29. Oktober 1957 wieder Mitglied der Klägerin sei. Dem SG könne nicht darin beigepflichtet werden, daß der Wortlaut des § 235 Abs. 3 RVO eindeutig und zweifelsfrei sei, wenn er für die Zuständigkeit der Kasse auf das "letzte Beschäftigungsverhältnis" abstelle. Das ergebe sich schon aus dem lebhaften Meinungsstreit, der um die Auslegung dieser Vorschrift entbrannt sei. Ihre Mehrdeutigkeit sei die Folge davon, daß der Gesetzgeber nicht ausdrücklich gesagt habe, auf welches Ereignis hin das Beschäftigungsverhältnis das letzte sein müsse, ob nämlich damit das letzte Beschäftigungsverhältnis vor der Stellung des Rentenantrages oder, wenn der Rentner nach Bewilligung der Rente erneut versicherungspflichtig beschäftigt werde, das jeweils letzte vor dem Wiedereinsetzen der Rentnerkrankenversicherung gemeint sei. Der Senat habe sich der ersterwähnten Auffassung angeschlossen, weil jene Vorschrift bei der Auslegung nicht isoliert betrachtet werden dürfe, sondern dabei auch auf ihren Zweck, ihre Entstehungsgeschichte und ihren Zusammenhang mit der übrigen Regelung zu achten sei. Nach der Begründung der Regierungsvorlage für die Neuregelung (BT-Drucks. - 2. Wahlperiode - Nr. 1234) gehe der Gesetzgeber von der Erfahrungstatsache aus, daß die Rentenbewilligung häufig einen entscheidenden Einschnitt im Arbeitsleben des Versicherten bedeute, und daß eine ununterbrochene Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus die Ausnahme bilde; der Rentner solle aber bei der Kasse bleiben, bei der er durch die Mitgliedschaft während seines Arbeitslebens gleichsam beheimatet war. Dieser Gedanke habe auch in § 317 Abs. 6 RVO einen hinreichenden Ausdruck gefunden. Danach müsse die Kasse, bei der der wiederbeschäftigte Rentner erneut pflichtversichert war, die Beendigung der Beschäftigung der bisher zuständigen Kasse mitteilen. Diese Vorschrift habe nur Sinn, wenn die bisher zuständige Kasse nunmehr nach dem Ende der Beschäftigung wieder zuständig werde. Dieses Ergebnis sei auch zweckmäßig, da es für die Rentenversicherungsträger, die gemäß § 381 Abs. 2 RVO für die Rentner die Krankenversicherungsbeiträge leisteten, einfacher sei, stets mit derselben Kasse zu tun zu haben. Dementsprechend sei im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (BR-Drucks. Nr. 363/59) im § 277 RVO ausdrücklich vorgesehen, daß der Rentner der Kasse angehöre, bei der er zuletzt vor Stellung des Rentenantrages Mitglied war. Nur wenn er auf Grund einer mindestens 12 Monate währenden ununterbrochenen Beschäftigung die Kasse wechsele, solle diese auch nach dem Ende der Beschäftigung zuständig bleiben. Nach alledem hätte der nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässigen Klage stattgegeben und auf die Berufung hin das Urteil des SG, wie geschehen, abgeändert werden müssen.

Prozeßbevollmächtigter der beklagten LKK war im Berufungsverfahren der damalige Verbandsreferent Gast vom Verband der Landkrankenkassen für Westfalen-Lippe in Münster. Gegen das am 21. März 1960 zugestellte Urteil hat der genannte Verband am 9. April 1960 Revision eingelegt mit dem Antrage,

in Abänderung des Urteils des LSG die beklagte LKK für die Versicherung des Rentners Stahlschmidt als zuständig zu erklären.

Die Revisionsschrift war von Gast unterschrieben als dem nunmehrigen Verwaltungsdirektor des genannten Verbandes.

Nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 21. Juni 1960 hat der jetzige Prozeßbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt F, am 14. Juni 1960 die Revision begründet. Er rügt unrichtige Anwendung des § 235 Abs. 3 RVO. Das LSG habe einen entscheidenden Gesichtspunkt übersehen. Zweck der gesetzlichen Regelung sei lediglich, einen u. U. mehrmaligen Wechsel der für den Rentner zuständigen Krankenkasse zu vermeiden. Gerade der alte Mensch sei Veränderungen abhold und lege Wert auf Kontinuität. Unter Beachtung dieses Gesichtspunktes sei allein die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses bei der Kasse sinnvoll, bei der die letzte Versicherung auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses begründet war, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieses vor oder nach Stellung des Rentenantrages bestanden habe. Aus der Mitteilungspflicht nach § 317 Abs. 6 RVO könnten keine Schlüsse gezogen werden, da hier über die Kassenzuständigkeit nichts gesagt werde. Der Gesetzgeber habe die Absicht verfolgt, alle Kassenarten bei der Durchführung der Krankenversicherung der Rentner zu beteiligen. Die im Berufungsurteil vertretene Auffassung sei auch keineswegs für die Rentenversicherungsträger zweckmäßiger und einfacher. Soweit sich schließlich das LSG auf den Entwurf zur Neuregelung der Krankenversicherung berufe, sei dem entgegenzuhalten, daß noch nicht abzusehen sei, ob und in welcher Fassung die geplante Neuregelung in Kraft treten werde.

Die Klägerin beantragt in erster Linie,

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revisionsschrift sei vom Verband der Landkrankenkassen eingelegt worden. Dieser Landesverband habe für die Beklagte keine gesetzliche Vertretungsbefugnis und könne auch nicht als Prozeßbevollmächtigter auftreten. Prozeßbevollmächtigte könnten nur bestimmte natürliche Personen sein, nicht aber Körperschaften des öffentlichen Rechts. Selbst wenn man aber die Revision als von dem Verwaltungsdirektor des Verbandes persönlich eingelegt ansehen wolle, sei doch zu bedenken, daß die für ihn im Berufungsverfahren ausgestellte Prozeßvollmacht nur zur Vertretung der "Streitsache vor dem LSG Nordrhein-Westfalen in Essen" bevollmächtigt habe. Da somit die Revision weder von der Revisionsklägerin noch von einer hierzu bevollmächtigten vertretungsberechtigten Person eingelegt worden sei, sei sie nicht in der gesetzlichen Form eingelegt und deshalb ohne rechtliche Wirkung.

Hierzu erwidert die Beklagte, die Revision sei von dem Verwaltungsdirektor G eingereicht worden, der ihr Prozeßbevollmächtigter im Berufungsverfahren gewesen sei; dieser sei auch von ihr mit der Einlegung der Revision beauftragt worden. Er habe sich dabei zwar eines Briefbogens des Verbandes der Landkrankenkassen bedient, gleichwohl aber nicht als Vertreter dieses Verbandes, sondern als natürliche Person in seiner Eigenschaft als Prozeßbevollmächtigter die Revision einlegen wollen. Sollte das Gericht dieser Auffassung nicht folgen können, werde um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten.

Die beigeladene LVA schließt sich in erster Linie dem Antrag auf Verwerfung der Revision als unzulässig an. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hält sie ebenso wie die Klägerin für unbegründet, da die Beklagte das vorliegende Verschulden ihres Vertreters sich anrechnen lassen müsse. In der Sache hält die beigeladene LVA die Ansicht des LSG ebenfalls für richtig. Insbesondere § 317 Abs. 6 RVO spreche für die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsauffassung.

Der beigeladene Rentner St hat sich nicht geäußert.

II

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt. In dem Kopf der Revisionsschrift ist zwar als Absender der Verband der Landkrankenkassen für Westfalen-Lippe angegeben. Ferner heißt es darin, daß "wir" gegen das Urteil des LSG das Rechtsmittel der Revision einlegen. Dies schließt jedoch nicht aus, die Revisionsschrift als eigenes Schreiben des unterzeichneten Verwaltungsdirektors G anzusehen. Hierfür spricht vor allem, daß dieser auch sonst von sich in der Mehrzahl spricht. So schreibt er z. B., daß "uns" das Urteil des LSG am 21. März 1960 zugestellt wurde. Jedenfalls ist eine Auslegung der erwähnten Art möglich, und wenn dies der Fall ist, sind Prozeßerklärungen grundsätzlich so auszulegen, daß der erstrebte Prozeßzweck erreicht wird (vgl. BGH, NJW 1962, 1820). Der Verwaltungsdirektor G war auch der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten. Wie der Senat in BSG 2, 159 bereits entschieden hat, gilt die Vorschrift des § 166 Abs. 2 SGG über die zur Vertretung vor dem Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten nicht für Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, für die nach § 166 Abs. 1 SGG kein Vertretungszwang vor dem BSG besteht. Versicherungsträger können sich daher vor dem BSG auch durch Angestellte ihrer Verbände vertreten lassen. Schließlich war dem Verwaltungsdirektor G auch für das Revisionsverfahren rechtswirksam Vollmacht erteilt. Im Berufungsverfahren war er nach der überreichten Vollmachtsurkunde berechtigt, in der Streitsache vor dem LSG Nordrhein-Westfalen in Essen zwischen der Klägerin und der Beklagten diese zu vertreten. Nach § 73 Abs. 4 SGG i. V. m. § 81 der Zivilprozeßordnung (ZPO) berechtigte ihn diese Prozeßvollmacht grundsätzlich zu allen den Rechtsstreit betreffenden Rechtshandlungen. Dazu gehört auch die Einlegung von Rechtsmitteln. Aus der wiedergegebenen Formulierung in der Vollmachtsurkunde ergibt sich nicht, daß er zur Einlegung von Rechtsmitteln nicht befugt sein sollte. Es handelte sich bei der erteilten Vollmacht nicht um eine auf einzelne Prozeßhandlungen beschränkte Vollmacht im Sinne des § 73 Abs. 4 Satz 2 SGG. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die Revision nicht auch mit Rücksicht auf § 414 e Buchst. e RVO durch den Landesverband, dessen Mitglied die Beklagte ist, rechtswirksam eingelegt worden wäre.

Da die Revision in der Folgezeit auch frist- und formgerecht begründet worden ist, erübrigt sich die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Kraft Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) muß in der Sache Erfolg haben.

Das LSG beruft sich zur Begründung seiner Auffassung vorwiegend darauf, der Gesetzgeber gehe von der Erfahrungstatsache aus, daß die Rentenbewilligung häufig einen entscheidenden Einschnitt im Arbeitsleben des Versicherten bedeute und daß eine ununterbrochene Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus die Ausnahme bilde; bei der Krankenkasse, bei der der Rentner durch die Mitgliedschaft während seines Arbeitslebens gleichsam beheimatet war, solle er aber bleiben.

Allerdings ist es richtig, daß in der amtlichen Begründung der Regierungsvorlage für die Neuregelung der KVdR (BT-Drucks. 1234 - 2. Wahlperiode -, S. 9 und 12) ausgeführt war, die Rentner sollten möglichst Mitglied der Kasse bleiben, der sie "während ihres Arbeitslebens angehört haben". Diese Auffassung hat jedoch in § 235 Abs. 3 RVO keinen Ausdruck gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Es besteht kein hinreichender Grund, unter dem letzten Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 235 Abs. 3 RVO - vgl. auch § 234 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz sowie §§ 245 Abs. 5, 250 Abs. 5, 514 Abs. 1 RVO - etwas anderes zu verstehen, als es schlicht dem Wortlaut entspricht, nämlich stets die zeitlich letzte Beschäftigung. Diese kann somit auch nach der Stellung des Rentenantrages liegen. Die teilweise vertretene Ansicht, es komme nur das Beschäftigungsverhältnis vor Stellung des Rentenantrages in Betracht, folgt weder aus der Fassung des Gesetzes noch ist sie nach der Interessenlage der Rentner oder Rentenbewerber begründet. Der Rentenberechtigte, der etwa bald nach der Stellung des Rentenantrages noch sein Beschäftigungsverhältnis wechselt und dieses erst nach Bewilligung der Rente aufgibt, wird häufig ebenso bei der für dieses letzte Beschäftigungsverhältnis zuständigen Krankenkasse Mitglied bleiben wollen wie derjenige Rentner, der während des Bezuges der Rente zeitweilig eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hat. Auch bei dem letzten Beschäftigungsverhältnis vor der Rentenantragstellung kann es sich überdies um ein vorübergehendes gehandelt haben, und eine erst nach dem Rentenbezug wieder aufgenommene Beschäftigung kann von längerer Dauer sein. Für die Auffassung der Revision, daß unter dem "letzten Beschäftigungsverhältnis" i. S. des § 235 Abs. 3 RVO das zeitlich letzte zu verstehen ist, spricht weiter, daß hinsichtlich der zur freiwilligen Weiterversicherung Berechtigten in § 235 Abs. 3 RVO ausdrücklich darauf abgestellt ist, daß sie nach § 238 RVO "zuletzt vor Stellung des Rentenantrages" Mitglieder der LKK waren. Der Gesetzgeber hat also in § 235 Abs. 3 RVO deutlich zwischen dem "letzten Beschäftigungsverhältnis" und einem Beschäftigungsverhältnis "zuletzt vor Stellung des Rentenantrages" unterschieden. Es kann daher nicht angenommen werden, daß er in beiden Fällen das gleiche gemeint hat.

Aus § 317 Abs. 6 RVO kann entgegen der Auffassung der Klägerin nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Danach hat zwar, sofern eine der in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Personen eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt, für die eine andere als die bisher für die KVdR zuständige Kasse zuständig ist, die für das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis zuständige Kasse dies der bisherigen Kasse und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen. Das gilt entsprechend, wenn das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis endet. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, daß die früher für die KVdR zuständige Kasse nach dem Ende der Beschäftigung wieder zuständig werden müßte. Denn auch im Falle des § 235 Abs. 3 RVO gilt § 234 Abs. 1 Satz 2 RVO, wonach auf Antrag des Rentners die Kasse des letzten Beschäftigungsortes statt derjenigen des Wohnortes zuständig bleiben kann (vgl. Peters, Handbuch der KrV, § 235 RVO Anm. 4 c). Da somit in den Fällen der §§ 234, 235 RVO die Krankenkasse des letzten Beschäftigungsortes nur auf Antrag anstelle derjenigen des Wohnortes zuständig bleibt, hat die Vorschrift über die Meldepflicht in § 317 Abs. 6 RVO auch nach der von dem erkennenden Senat vertretenen Auslegung des § 235 Abs. 3 RVO ihren guten Sinn. Somit ist die Beklagte für die Durchführung der Rentnerkrankenversicherung für den Beigeladenen St zuständig geblieben (ebenso ua Brackmann, Handbuch der SozVers., Bd. II S. 450 b und 450 b II; Peters, Handbuch der KrV, § 235 RVO Anm. 4 b; Jantz, KVdR S. K 43; Schmatz/Pöhler, Die KVdR, § 235 RVO Anm. Abs. 1 am Ende, § 234 Anm. am Ende; BKK 1956 Sp. 506; a. A. Töns, WzS 1956, 264).

Die Revision der beklagten Landkrankenkasse ist somit begründet, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Dortmund war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2380515

BSGE, 71

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