Orientierungssatz

Zur Versicherungspflicht der an einer privaten Lehranstalt beschäftigten Sprachlehrer, die vorwiegend in Kursen unterrichten und je nach der Teilnehmerzahl für jede Unterrichtsstunde ein Entgelt von 2,30 DM bis 3,00 DM erhalten.

 

Normenkette

RVO § 165 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-07-27; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 56 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03; AVG § 3 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 8. Juni 1965 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der bei der Klägerin in den Jahren 1955 bis 1957 als Sprachlehrer beschäftigten Beigeladenen 3) bis 6) sowie um die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung der sich daraus ergebenden Beiträge zur Krankenversicherung, Angestelltenversicherung und Arbeitslosenversicherung.

Die Klägerin betreibt in Hamburg eine private Lehranstalt. Die Beigeladenen unterrichteten vorwiegend in Kursen und erhielten von der Klägerin je nach der Teilnehmerzahl für jede Unterrichtsstunde ein Entgelt von DM 2,30 DM bis DM 3,00. Die Schüler trafen nur mit der Klägerin Vereinbarungen. Sie verpflichteten sich darin ihr gegenüber zur Teilnahme an einem bestimmten Kursus oder für eine bestimmte Zahl Privatstunden sowie zur Zahlung des entsprechenden Honorars an die Klägerin.

Die Beklagte forderte für den Beigeladenen zu 3) vom 1. Dezember 1955 bis zum 31. Dezember 1957 Beiträge zur Krankenversicherung, Angestelltenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Er erhielt von der Klägerin im Dezember 1955 287,- DM bei einer Arbeitszeit von 27 Stunden in der Woche und im Jahre 1956 durchschnittlich 395,- DM im Monat bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 36 Stunden in der Woche. Er bezieht Versorgung nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) seit Oktober 1961.

Die Beklagte forderte für die Beigeladene zu 4) vom 1. Dezember 1955 bis zum 31. März 1957 Beiträge zur Krankenversicherung und Angestelltenversicherung. Diese erhielt von der Klägerin im Dezember 1955 176,- DM und im Monatsdurchschnitt 1956 169,- DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von jeweils weniger als 20 Stunden. Nach der Auskunft des Finanzamtes vom 15. April 1965 haben ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Kalenderjahr 1956 1.945,- DM betragen.

Die Beklagte machte auch wegen des Beigeladenen zu 5) Beitragsforderungen vom 1. Dezember 1955 bis zum 31. Dezember 1957 geltend, und zwar vom 1. Dezember 1955 bis zum 31. März 1956 die Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung und Angestelltenversicherung (für April und Mai 1956 wurden keinerlei Beiträge gefordert), vom 1. Juni bis zum 31. Juli 1956 wieder nur die Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung und Angestelltenversicherung, vom 1. August 1956 bis zum 31. Dezember 1957 die vollen Beiträge zur Krankenversicherung sowie die Arbeitgeberanteile zur Angestelltenversicherung. Der Beigeladene zu 5) erhielt von der Klägerin im Dezember 1955 111,60 DM und im Monatsdurchschnitt des Jahres 1956 147,80 DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich jeweils weniger als 20 Stunden. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1957 hat der durchschnittliche Arbeitsverdienst 177,- DM und die durchschnittliche Arbeitszeit 70 Stunden im Monat betragen. Dieser Beigeladene bezieht ein Ruhegeld aus der Angestelltenversicherung ab Mitte 1949 und das Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung ab 1. April 1956.

Die Beklagte erhob wegen des Beigeladenen zu 6) endlich vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 1957 Beiträge zur Krankenversicherung und Angestelltenversicherung. Dieser Beigeladene empfing von der Klägerin in diesem Zeitraum durchschnittlich 116,- DM Entgelt im Monat bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden. Er bezog im gleichen Zeitraum für Mitarbeit am Goethe-Wörterbuch einen Arbeitsvordienst in Höhe von 100,- DM monatlich bei einer monatlichen Arbeitszeit von 50 Stunden.

Der Widerspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat den Helfer in Steuersachen, Fritz R, beigeladen. Es hat mit Urteil vom 29. Juli 1959 den Widerspruchsbescheid und die ihm zugrunde liegende Beitragsforderung aufgehoben.

Auf die Berufung der beklagten Krankenkasse hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 3. Mai 1960 dem Grunde nach festgestellt, daß die beigeladenen Sprachlehrer in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin gestanden hätten. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und der Beigeladene R Revision eingelegt; die Klägerin hat ihre Revision später zurückgenommen. Auf die Revision des Beigeladenen R hat der Senat durch Urteil vom 27. November 1962 das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

Das LSG hat am 8. Juni 1965 nunmehr auf die Berufung der Beklagten durch Teilurteil das Urteil des SG aufgehoben, soweit es die Beitragsforderungen für die Beigeladenen zu 3), 4) und 5) sowie die Beitragsforderung in Bezug auf die Krankenversicherung des Beigeladenen zu 6) betrifft. Es hat die Berufung insoweit zurückgewiesen, als das Urteil die Beitragsanforderung für die Angestelltenversicherung des Beigeladenen zu 6) betrifft.

Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Es liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 3) bis 6) vor. Durch mündliche Vereinbarung hätten sich die Beigeladenen zur Erteilung von Sprachunterricht gegen Entgelt verpflichtet. Damit sei ein Dienstvertrag zustandegekommen, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand gehabt hätte (§ 611 ff, 675 des Bürgerlichen Gesetzesbuches - BGB -). Es liege hier ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, weil eine Weisungsgebundenheit bestehe, die durch das entsprechende Direktionsrecht des Arbeitgebers gekennzeichnet sei. Wenn ein Arbeitnehmer bei der Gestaltung seiner Arbeit auf sich selbst gestellt sei, trete das Direktionsrecht des Arbeitgebers weniger in Erscheinung. Aber auch in diesen Fällen sei eine Dienstleistung fremdbestimmt, Wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhalte, in dessen Dienst die Arbeit verrichtet werde; die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinere sich dabei zur funktionsgerechten Teilhabe am Arbeitsprozeß. Die Beigeladenen seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Diese treffe die Auswahl der Schüler für jeden einzelnen Kurs, sie setze die Kurszeiten fest und weise die Schüler den Beigeladenen zu. Die Beigeladenen könnten zwar die Übernahme eines bestimmten Kurses ablehnen; dieses Recht betreffe nur den zeitlichen, nicht aber den sachlichen Umfang der Eingliederung. Dies sei daraus zu erklären, daß die Beigeladenen bei der Klägerin nicht ganztägig beschäftigt gewesen seien. An dieser Eingliederung ändere sich auch nichts durch die Möglichkeit, daß die Beigeladenen die Unterrichtung eines Schülers ablehnen oder bei Privatunterricht die Stundenzeit mit dem Schüler frei vereinbaren könnten. Die Möglichkeit der Ablehnung eines Schülers sei nur bis zum Ende der Probestunde gegeben gewesen. Den Beigeladenen seien von der Klägerin die Schüler für den Privatunterricht vorgeschrieben worden. Die Beigeladenen müßten bei Klassenunterricht ein für die Teilnehmer geeignetes Programm durchhalten, das die Zielsetzung des Klassenunterrichts erfordere. Dieses Ziel sei nicht von den Beigeladenen, sondern von der Klägerin und den Schülern bestimmt worden. Die Beigeladenen seien daher bei der Gestaltung des Unterrichts fühlbaren Einschränkungen unterworfen gewesen, die Klägerin habe nach den vorhandenen Vorkenntnissen der Schüler das Klassenziel festgelegt. Bei den Privatstunden habe sich die Zielsetzung aus der zwischen der Klägerin und den Schülern vereinbarten Stundenzahl ergeben. Die Art und Menge des Lehrstoffes sei entscheidend von der Unterrichtsdauer abhängig gewesen, auf die die Beigeladenen keinen Einfluß gehabt hätten. Die Ausübung eines Direktionsrechts der Klägerin sei schon darin zu erblicken, daß sie den einzelnen Beigeladenen für einen bestimmten Kursus oder Einzelunterricht eingesetzt habe. Auch wenn die Person des Arbeitgebers hier zurücktrete, so seien doch die Beigeladenen als Arbeitnehmer in den Organismus eingegliedert gewesen.

Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) bei der Klägerin bilde in der fraglichen Zeit die Hauptbeschäftigung. Eine Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung komme nach § 168 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht in Betracht. Es scheide auch Versicherungsfreiheit nach § 173 Abs. 1 RVO aus, weil der Beigeladene zu 3) erst ab 1. Oktober 1961 Versorgungsbezüge erhalten habe. Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung habe die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung zur Folge (§ 69 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG - aF, § 56 AVAVG nF) und bewirke nach § 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF die Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung. Auch ab 1. März 1957 bestünde eine solche Versicherungspflicht weiter. Ob Versicherungsfreiheit in der Angestelltenversicherung gegeben sei, richte sich vom 1. März 1957 an (Art. 3 § 7 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG -) nach § 4 Abs. 1 Nr. 5, 6 und Abs. 2 AVG nF. Da der durchschnittliche Arbeitsverdienst von Martin H im Jahre 1957 400,- DM im Monat und die durchschnittliche Arbeitszeit 36 1/2 Stunden in der Woche betragen habe, sei somit seine Tätigkeit bei der Klägerin auch nach § 4 AVG nF die Hauptbeschäftigung geblieben.

Bei der Beigeladenen zu 4) liege zwar eine Nebenbeschäftigung im Sinne von § 168 Abs. 2 RVO vor. Dennoch sei ein Befreiungstatbestand nach § 168 Abs. 2 RVO Satz 2 Halbsatz 1 RVO nicht gegeben, weil die obere Grenze für ein geringfügiges Entgelt im Sinne dieser Vorschrift (65,- DM im Monat) überschritten sei. Auch die Voraussetzung von § 168 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 RVO sei nicht erfüllt. Der Arbeitsverdienst, den die Beigeladene zu 4) von der Klägerin beziehe, läge erheblich über einem Fünftel ihres gesamten Einkommens. Daraus folge zugleich ihre Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung bis zum 28. Februar 1957 (§ 1 AVG aF). Auch vom 1. März bis zum 31. März 1957 bestünde eine in der Angestelltenversicherung versicherungspflichtige Nebenbeschäftigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 AVG nF. Ein Befreiungstatbestand nach § 4 Abs. 2 Buchst. b AVG aF liege nicht vor. Die Beitragsbemessungsgrenze (§ 112 Abs. 2 AVG) betrage in dieser Zeit 750,- DM im Monat. Mit einem Arbeitsverdienst im März 1957 in Höhe von 189,20 DM werde ein Achtel der Beitragsbemessungsgrenze überschritten; dieses Entgelt überschreite auch ein Fünftel des Gesamteinkommens, weil die Einkünfte aus selbständiger Arbeit vom Finanzamt für das Kalenderjahr 1957 nur mit 1.842,- DM angegeben seien. Die Klägerin sei für die gesamte Beschäftigungszeit auch die Beitragsschuldnerin. Die Beigeladene D habe nur dann die Beitragspflicht anstelle der Klägerin zu erfüllen, wenn sie bis zum 31. Dezember 1956 als Teilbeschäftigte im Sinne von § 15 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zur 2. Lohnabzugsverordnung bzw. ab 1. Januar 1957 als Mehrfachbeschäftigte im Sinne des § 118 Abs. 2 AVG nF anzusehen sei. Solche Beschäftigungen setzten voraus, daß der Versicherungspflichtige bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sei, was hier nicht zutreffe.

Auch die Tätigkeit des Beigeladenen zu 5) bei der Klägerin sei eine Nebenbeschäftigung im Sinne von § 168 Abs. 2 RVO, ohne jedoch Vorsicherungsfreiheit zu begründen, weil das Entgelt nicht geringfügig gewesen sei. Die Beitragspflicht habe somit auch für die Angestelltenversicherung ab 1. März 1957 gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 AVG bestanden. Die Beklagte habe die Beschränkung der Beitragspflicht zur Krankenversicherung und zur Angestelltenversicherung auf die Arbeitgeberanteile richtig berücksichtigt. Das folge für die Angestelltenversicherung und Krankenversicherung für die Zeiten vom 1. Dezember 1955 bis zum 31. März 1956 und vom 1. Juni 1956 bis zum 31. Juli 1956 aus der damals geltenden Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 20 Ziff. 2 b, für die Zeit ab 1. August 1956 bis zum 31. Dezember 1957 für die Beiträge zur Krankenversicherung aus Art. 1 Nr. 3, Art. 3 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 (BGBl I 500), für die Angestelltenversicherung ab 1. März 1957 aus §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 113 AVG nF, Art. 3 § 7 AnVNG, für die Zeit vom 1. August 1956 bis zum 28. Februar 1957 aus der SVD Nr. 20.

Die Versicherungspflicht für den Beigeladenen zu 6) folge in der Krankenversicherung aus § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO und in der Angestelltenversicherung aus § 2 Nr. 1 AVG nF. Obwohl es sich auch in diesem Fall um eine Nebenbeschäftigung im Sinne von § 168 Abs. 2 RVO, § 4 Abs. 1 Nr. 6 AVG nF handele, sei ein Befreiungstatbestand nicht gegeben, weil die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit weder nach § 168 Abs. 2 Satz 2 RVO noch nach § 4 Abs. 2 Buchst. b AVG nF erfüllt seien. Dennoch könne nicht die Beklagte die Beiträge zur Angestelltenversicherung von der Klägerin fordern. Der Beigeladene zu 6) sei ein Mehrfachbeschäftigter im Sinne von § 118 Abs. 2 Buchst. a AVG nF. Seine Beschäftigung bei dem Goethe-Wörterbuch sei nicht angestelltenversicherungsfrei. Vom 1. März 1957 an sei hier die Angestelltenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG nF an die Stelle des bis dahin anwendbar gewesenen § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO getreten. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG nF bestehe Versicherungsfreiheit jedoch nur für die entgeltliche Beschäftigung eines ordentlichen Studierenden einer Hochschule während der Dauer seines Studiums. Die Exmatrikulation des Beigeladenen B sei dagegen nach seiner eigenen Aussage schon vor dem 1. Mai 1957 erfolgt. Auch seine Beschäftigung bei dem Goethe-Wörterbuch stelle daher eine Beschäftigung im Sinne von § 118 Abs. 2 Buchst. a AVG nF dar.

Als Mehrfachbeschäftigter habe der Beigeladene zu 6) selbst die vollen Beiträge zur Angestelltenversicherung durch Verwendung von Beitragsmarken zu entrichten (§ 127 Abs. 1 AVG nF), es sei seine Sache, den Arbeitgeberanteil vom Arbeitgeber zu fordern (§ 127 Abs. 4 AVG nF).

Der Anspruch auf die Beiträge sei nicht verjährt, auch nicht für die Beiträge des Monats Dezember 1955, weil sie nach der Satzung der Beklagten erst im Januar 1956 fällig geworden seien.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie trägt vor: Obwohl keine schriftlichen Verträge zwischen den Beteiligten vorgelegen hätten, habe das LSG aus einer überhaupt nicht bewiesenen Verpflichtung der Beigeladenen, Unterricht zu erteilen, zu Unrecht geschlossen, daß die Beigeladenen deshalb schon an die Weisungen der Klägerin gebunden gewesen seien. Die Innehaltung der Verpflichtung, Unterricht zu erteilen, habe einem Gebot der Loyalität und keiner rechtsverpflichtenden Tätigkeit entsprochen. Bei einer Vernehmung der Beigeladenen hätte das LSG erkannt, daß die Klägerin gar kein Direktionsrecht gehabt habe und keiner der Beigeladenen an ihre Weisungen gebunden gewesen sei. Denn die Beigeladenen hätten selber entschieden, ob und wann sie einen Kursus übernehmen wollen. Sie hätten den Kursus jederzeit übernehmen und unterbrechen können, sie hätten jederzeit Urlaub nehmen können und seien nicht einmal an methodische Weisungen der Klägerin gebunden gewesen. Die Klägerin habe nur den Rahmen gesetzt, in dem die Beigeladenen unter eigener Verantwortung tätig gewesen seien. Aufgabe der Klägerin sei es lediglich gewesen, das Angebot der Schüler in die von den Sprachlehrern festgesetzten Kurse einzuordnen. Die Beigeladenen seien daher mit den übrigen freiberuflich Schaffenden zu vergleichen. Das Fehlen eines Kündigungsschutzes und die eigene Unterrichtsmethode lasse zwangsläufig nur auf ein freies Mitarbeiterverhältnis schließen, auch wenn eine planmäßige Tätigkeit auf dem Gebiet der Pädagogik eine gewisse zeitliche Planung voraussetze. Das Klassenziel habe nicht die Klägerin, sondern der Lehrer bestimmt.

Aus den Vorschriften der §§ 18, 34 Einkommenssteuergesetz gehe hervor, daß die Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit solche aus selbständiger Tätigkeit seien. Eine verschiedenartige Beurteilung der Beziehungen der Beteiligten für Lohnsteuer und für Sozialversicherung sei nur in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Denn die Lohnsteuerpflicht habe ohne weiteres die Beitragspflicht zur Sozialversicherung zur Folge. Außerdem habe das LSG die gesetzlichen Befreiungstatbestände nicht richtig gewürdigt. Der Beigeladene H habe den Antrag auf Versorgungsbezüge nach dem Gesetz 131 gestellt und genießt deshalb Beitragsfreiheit. Die Beigeladenen D, W und B seien nur bei der Klägerin nebenbeschäftigt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG Hamburg vom 8. Juni 1965 abzuändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hamburg vom 29. Juli 1959 in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Beklagte und die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung stellt keinen Antrag.

Die beigeladenen Sprachlehrer sind in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Die Revision der Klägerin ist zulässig, auch wenn sie ihre frühere Revision gegen das erste Urteil des LSG zurückgenommen hat. Nachdem der Senat auf die Revision des Beigeladenen R den Rechtsstreit in vollem Umfange zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen hatte, mußte dieses über die Versicherungspflicht der beigeladenen Sprachlehrer während ihrer Beschäftigung bei der Klägerin entscheiden. An diesem Verfahren war die Klägerin in vollem Umfange beteiligt, das neue Urteil des LSG nicht auch im Verhältnis zu ihr. Sie war durch das neue Urteil beschwert und deshalb befugt, es wieder mit einer Revision anzugreifen.

Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet. Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist nur die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) bis 6). Ausgenommen ist die Beitragsforderung bezüglich des Beigeladenen zu 6) zur Angestelltenversicherung, weil das LSG insoweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat und sie selbst das Urteil nicht angefochten hat.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt zunächst davon ab, ob die Beigeladenen zu 3) bis 6) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 13, 130, 132; 13, 196, 201; 15, 65, 69; 16, 289, 293). Diese persönliche Abhängigkeit äußert sich vornehmlich in der Eingliederung des Dienstleistenden in einen Betrieb, womit in aller Regel das Direktionsrecht des Arbeitgebers verbunden ist. Diese Weisungsbefugnis des Arbeitgebers kann allerdings insbesondere bei Diensten höherer Art (§ 622 BGB) stark eingeschränkt sein, soweit es die Ausführung der Arbeit betrifft. Es gibt Arbeitsverhältnisse, bei denen der Arbeitgeber keinen Einfluß auf die sachliche Ausführung der Tätigkeit des Arbeitnehmers hat (zB Chefarztvertrag). Aber auch in diesen Fällen ist die Dienstleistung des Arbeitnehmers fremdbestimmt; nur tritt hier das Direktionsrecht des Arbeitsgebers in Form von ausdrücklichen Weisungen wenig in Erscheinung. Um so größeres Gewicht erhält hier das Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus für eine Abgrenzung zwischen abhängiger Arbeit und selbständigen Diensten (vgl. BSG 16, 294). Vor allem hat der Senat in BSG 20, 6, 8 ausgesprochen, daß gerade bei Lehrkräften die Weisungsgebundenheit, was die Ausführung der Arbeit anbelangt, stark eingeschränkt sein kann. Trotzdem sei hier die Dienstleistung fremdbestimmt, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhalte, in dessen Dienst die Arbeit geleistet werde. Es muß daher eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles vorgenommen werden, um feststellen zu können, welche Tatbestandsmerkmale dem Beschäftigungsverhältnis das Gepräge geben.

Nach den Feststellungen des LSG sind die Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Sie weist die Schüler den einzelnen Kursen zu und setzt die Kursuszeiten fest. Die Beigeladenen können zwar die Übernahme eines bestimmten Kursus ablehnen; dies betrifft nur den zeitlichen, nicht aber den sachlichen Umfang der Eingliederung. Die Möglichkeit der Ablehnung eines einzelnen Schülers ist nur bis zum Ende der Probestunde gegeben. Jeder der Beigeladenen hat ein für die Teilnehmer geeignetes Projekt des betreffenden Kursus durchzuhalten. Dieses Ziel wurde nicht von den beigeladenen Sprachlehrern, sondern von der Klägerin und den Schülern bestimmt. Das gleiche gilt auch für den Privatunterricht, bei dem sich die Art und der Umfang des Lehrstoffes nach der Unterrichtsdauer richtete, auf den die Beigeladenen keinen Einfluß hatten. Die Klägerin setzte auch die einzelnen Beigeladenen für bestimmte Kurse oder Einzelunterricht ein. Sie erhielt auch von den Schülern die mit diesen vereinbarte Vergütung. Allerdings wirkte sich das Direktionsrecht der Klägerin, wenn die Schüler bestimmten Kursen zugeteilt sind, nicht mehr auf die Gestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen aus. Dies ist aber durch die Art der Tätigkeit der Beigeladenen bedingt und nach den in BSG 20, 6 vom Senat aufgestellten Grundsätzen ohne Bedeutung.

Der Umstand, daß die Beigeladenen Einkommensteuer für ihre Bezüge von der Klägerin entrichten, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Denn die Frage, ob Arbeit in abhängiger Beschäftigung geleistet wird, ist allein nach den für die Sozialversicherung maßgebenden Grundsätzen zu beurteilen; eine Bindung an eine Entscheidung der Finanzbehörde besteht nicht (BSG 20, 6).

Es lag also ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, das die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Angestelltenversicherung zur Folge hat, soweit nicht irgendwelche Befreiungstatbestände zutreffen. Dies ist aber nach den zutreffenden Ausführungen des LSG nicht der Fall. Insbesondere war der Beigeladene H nicht mit Rücksicht auf seinen Antrag nach dem Gesetz 131 versicherungsfrei (vgl. BSG vom 20. Juni 1962, SozR GAL § 8 Nr. 2 und BSG 22, 288).

Die Revision muß daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324520

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