Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindliche Feststellung einer Berufskrankheit

 

Orientierungssatz

Zur bindenden Feststellung einer Berufskrankheit (hier: Leukämie, die zum Tode geführt hat) durch den Urteilsausspruch des SG und der Berufungsbeschränkung des Unfallversicherungsträgers.

 

Normenkette

RVO § 589 Abs 1 Nr 3 Fassung: 1963-04-30, § 551 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30; SGG § 55 Abs 1 Nr 3 Fassung: 1953-09-03, § 77 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 26.01.1983; Aktenzeichen L 3 U 121/81)

SG Trier (Entscheidung vom 11.12.1980; Aktenzeichen S 4 U 90/78)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.

Der Ehemann der Klägerin zu 1) (Z.) starb am 20. März 1976 an einer chronisch myeloischen Leukämie. Er war von 1960 bis 1974 als Spritzlackierer, Gerber und Zurichter in einer Schuhfabrik tätig. Seinen Antrag auf Gewährung von Leistungen wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 14. Januar 1976 mit der Begründung ab, daß die vorhandene Bluterkrankung keine Folge der Tätigkeit des Z. in der Schuhfabrik sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage verfolgte die Klägerin zu 1) nach dem Tode des Z. weiter.

Durch Bescheid vom 15. Juni 1978 lehnte die Beklagte die Zahlung von Leistungen an die Klägerin als Hinterbliebene des Z. ebenfalls ab. Hiergegen erhob sie Klage. Das Sozialgericht (SG) hat die genannten beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluß vom 27. Juni 1978). Durch Urteil vom 11. Dezember 1980 hat es beiden Klagen stattgegeben und dies durch folgenden Urteilstenor zum Ausdruck gebracht, welcher mit dem Klageantrag übereinstimmt: "Unter Aufhebung der Bescheide vom 14. Januar 1976 und vom 15. Juni 1978 wird die Beklagte verurteilt, bei dem Ehemann und Vater der Kläger, P. Z., eine Berufskrankheit nach der Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen sowie bis zu dessen Tode am 20. März 1976 Entschädigung und ferner Hinterbliebenenentschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen."

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. In der Berufungsschrift hat sie ihre Anträge wie folgt formuliert und während des Verfahrens aufrechterhalten: "1. Das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11.12.1980 (Az: S 4 U 90/78) wird aufgehoben, soweit es die Gewährung von Hinterbliebenenrenten betrifft. 2. Die Klage gegen die Bescheide vom 14.01.1976 und 15.06.1978 werden abgewiesen." Die Beklagte hat ua ausgeführt, eine Berufungsmöglichkeit bestehe nur gegen die Verurteilung zur Gewährung von Hinterbliebenenrente, die nicht nur für die Vergangenheit, sondern laufend zu zahlen sei.

Die Beklagte hat das Urteil des SG durch ihre beiden Bescheide vom 24. Mai 1982 ausgeführt und darin der Klägerin zu 1) als Rechtsnachfolgerin des Z. die Vollrente bis zu dessen Tode wegen einer chronisch myeloischen Leukämie sowie ab 12. Dezember 1980, dem Tag nach der Urteilsverkündung, Hinterbliebenenrente und darüber hinaus Überbrückungshilfe und Sterbegeld bewilligt. In dem die Vollrente betreffenden Bescheid heißt es: Art der Berufskrankheit (Nr 1303 der Anlage der Berufskrankheitenverordnung): Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologe... Als Folgen einer Berufskrankheit werden anerkannt: chronisch-myeloische Leukämie.

Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 26. Januar 1983 dem Antrag der Beklagten entsprochen und die Revision zugelassen. In den Gründen des Urteils ist ua ausgeführt: Die Beklagte wende sich mit der Berufung lediglich dagegen, daß sie verurteilt worden sei, Hinterbliebenenrenten zu zahlen; denn insoweit sie verurteilt worden sei, für die Vergangenheit Verletztenrente zu gewähren, sei die Berufung nach § 145 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Soweit das SG die Beklagte verurteilt habe, bei Z. eine BK anzuerkennen, komme dem Urteil keine selbständige rechtliche Bedeutung zu, so daß die Beklagte dagegen Berufung nicht habe einzulegen brauchen; die Bescheide vom 24. Mai 1982 enthielten keine Anerkennung einer BK, welche für den streitigen Anspruch auf Hinterbliebenenrenten verbindlich sei, da eine solche Anerkennung nur in dem Bescheid betreffend die Gewährung von Vollrente bis zum Todestag des Z. enthalten sei. Die Beklagte habe im Berufungsverfahren deutlich gemacht, daß sie die zum Tode führende Leukämie nicht als BK betrachte. Nach dem Ergebnis der umfangreichen Beweisaufnahme sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Z. und der zum Tode führenden Leukämie nicht wahrscheinlich.

Die Kläger haben Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Das SG habe die Beklagte bewußt zur Anerkennung einer BK verurteilt. Hiergegen habe die Beklagte nichts unternommen, sondern vielmehr in den Ausführungsbescheiden die BK entsprechend anerkannt. Zwar sei diese Anerkennung in dem Bescheid betreffend die Vollrente ausgesprochen worden; jedoch gehe es nicht an, hieraus für die Zahlung von Hinterbliebenenrenten keinerlei Folgerungen zu ziehen; denn es handele sich um eine völlig selbständige Anerkennung einer BK. Die Kläger halten die Annahme des LSG für fehlerhaft zustande gekommen, daß bestimmte Stoffe am Arbeitsplatz nur geringfügig mit Benzol verunreinigt gewesen seien, so daß sie die zum Tode führende Erkrankung nicht mit Wahrscheinlichkeit ausgelöst hätten. Es habe die vorhandenen Beweise fehlerhaft gewürdigt. Das LSG hätte den Sachverhalt besser aufklären können und müssen. Jedenfalls hätte es überprüfen müssen, ob der Tod des Z. wegen seines Umganges mit schädigenden Stoffen am Arbeitsplatz ein Jahr früher als ohne die Tätigkeit eingetreten sei.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 1983 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11. Dezember 1980 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11. Dezember 1980 bezüglich der Verurteilung zur Zahlung von Hinterbliebenenrenten aufgehoben wird.

Nach ihrer Auffassung ist das Vorliegen einer BK im Hinblick auf den streitigen Anspruch nicht verbindlich festgestellt worden; eine BK habe auch nicht vorgelegen, so daß der Tod des Z. ohne Zusammenhang mit der Tätigkeit des Z. eingetreten sei. Das LSG habe seine Entscheidung verfahrensfehlerfrei getroffen. Es habe insbesondere nicht zu prüfen brauchen, ob Z. infolge seiner Tätigkeit um ein Jahr früher verstorben sei, weil jeglicher Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Erkrankung an Leukämie verneint worden sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und bezüglich der Witwenrente zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten; wegen des vom Kläger zu 2) geltend gemachten Anspruchs auf Waisenrente ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

Gemäß § 589 Abs 1 Nr 3 iVm § 551 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) sind bei Tod durch eine BK Renten an Hinterbliebene zu zahlen. Danach ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der BK und dem Tod des Versicherten Voraussetzung für die Leistungsgewährung. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit steht nach den Ausführungen des LSG, welche mit der Meinung der Verfahrensbeteiligten übereinstimmen und im wesentlichen auf dem Obduktionsgutachten vom 8. März 1977 (Privatdozent Dr. C./Professor Dr. G.) beruhen, fest, daß die bei Z. vorhandene Leukämie seinen Tod verursacht hat. Demzufolge haben die Beklagte sowie das SG zutreffend im wesentlichen die Frage überprüft, ob die zum Tode führende Erkrankung eine BK war.

Das LSG hat darüber hinaus untersucht, ob durch den Urteilsausspruch des SG und infolge der Berufungseinschränkung der Beklagten eine BK verbindlich festgestellt worden ist (§ 77 SGG). Wäre eine solche Feststellung erfolgt und in Rechtskraft erwachsen, bliebe für die Prüfung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Arbeit des Z. in der Schuhfabrik und der bei ihm entstandenen Leukämie kein Raum mehr. Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß das SG keine BK festgestellt hat, so daß sich die Berufung der Beklagten nicht auf eine derartige Feststellung zu erstrecken brauchte. Dieser Meinung vermag der Senat nicht zuzustimmen. Er ist vielmehr der Auffassung, daß das SG die bei Z. vorhandene Leukämie als Folge einer beruflichen Erkrankung gemäß § 55 Abs 1 Nr 3 SGG festgestellt hat.

Nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung die Folge einer Berufskrankheit ist, mit der Klage begehrt werden. Z. hat schon in seiner Klagebegründung vom 22. Februar 1976 die "Anerkennung des Berufsschadens" verlangt. Dieses Begehren hat das SG als "Anerkennung einer Berufskrankheit" (Vfg vom 19. August 1976, den Beteiligten zugegangen) bzw "Feststellung einer BK" (Beweisbeschluß vom 16. November 1976, den Beteiligten zugegangen, ebenso Beweisbeschluß vom 23. Januar 1978) gedeutet. Ihr Begehren haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 1980 in die oben wiedergegebene - offensichtlich vom SG gemäß § 106 Abs 1 SGG erwirkte - Fassung gekleidet. Danach haben die Kläger, durch die Worte "sowie" bzw "und ferner" deutlich unterschieden, drei Aussprüche durch das SG verlangt: Die Anerkennung einer BK, Leistungen bis zum Tode des Z. und "Hinterbliebenenentschädigung". Allen diesen Anträgen hat das SG entsprochen und die Beklagte ua zur Anerkennung einer BK verurteilt. Der von den Klägern und dem SG gewählte Wortlaut stimmt mit § 55 Abs 1 Nr 3 SGG insofern nicht überein, als die Feststellung hätte verlangt und - nach der Überzeugung des SG - getroffen werden müssen, daß die Bluterkrankung Folge einer BK ist. Eine derartige Feststellung hätte nicht, wie vom LSG angenommen, als auf "bestimmte Anspruchselemente" gerichtet für unzulässig und überflüssig gehalten werden dürfen, weil sie einerseits im SGG vorgesehen ist und zum anderen bei fehlender Anfechtung verbindlich gewesen wäre, so daß für die Erwägungen des LSG bezüglich der Zulässigkeit einer derartigen Feststellung kein Raum verblieben wäre. Nichts anderes gilt für den Ausspruch des SG, die Beklagte werde verurteilt, eine BK anzuerkennen.

Der von den Klägern und dem SG gewählte Wortlaut des Klageantrages bzw Urteilsausspruchs ist seinem Inhalt nach als Feststellungsantrag bzw -urteil anzusehen. Die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung enthalten unmittelbar keine Norm über die Feststellung oder Anerkennung von Unfallfolgen oder einer BK. Demgegenüber hat der Gesetzgeber im Recht der Kriegsopferversorgung ausdrücklich die Formulierung "Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung" in § 1 Abs 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verwendet. Mit ihr ist (s ua BSGE 21, 167, 168/169; s auch schon das Urteil des BSG vom 7. Oktober 1958 - 10 RV 573/57 -) die Feststellung iS des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG umschrieben worden. Wenn auch in der Unfallversicherung die Benutzung dieser Wendung gelegentlich als "verfehlte Formulierung" (LSG Nds SGb 1960, 188) gekennzeichnet ist, so hat sie sich in der Praxis dennoch weitgehend durchgesetzt. Auch die Beklagte verwendet die Worte "Anerkennung der bei ihm bestehenden Bluterkrankung als entschädigungspflichtige BK" beispielsweise in ihrem Bescheid vom 15. Juni 1978. Dafür, daß das Begehren auf Anerkennung einer Unfallfolge als Feststellungsbegehren iS von § 55 Abs 1 Nr 3 SGG anzusehen ist, hat sich insbesondere Münzel (im Anschluß an LSG Nds, aaO, S 189) ausgesprochen (so ferner das Urteil des Senats BSGE 24, 162, 164; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 240n; Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, § 55 RdNr 13). Diese Auffassung teilt der erkennende Senat. Die Auslegung entspricht dem Willen des Klägers im allgemeinen und, wie oben dargelegt ist, insbesondere auch im vorliegenden Rechtsstreit. Dabei läßt der Senat insbesondere nicht außer acht, daß das SG den Erlaß eines Feststellungsurteils erkennbar schon in einem Stadium des Verfahrens ins Auge gefaßt hat, als die Beklagte über die Ansprüche auf Renten an Hinterbliebene noch nicht entschieden hatte. Das SG beabsichtigte dabei offensichtlich, über den wesentlichen Streitpunkt, nämlich den Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Z. und seiner Bluterkrankung, für die Beteiligten eine verbindliche (§ 77 SGG) Feststellung zu treffen. Bei dieser Absicht ist das SG, wie durch die eingangs wiedergegebenen Formulierungen und die klare Trennung der unterschiedlichen Aussprüche ersichtlich ist, verblieben. Mit dem Ausspruch, die Beklagte werde verurteilt, bei Z. eine BK nach der Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten (BKVO) anzuerkennen, hat es bezüglich dieser Erkrankung eine zulässige Feststellung gemäß § 55 Abs 1 Nr 3 SGG getroffen.

Die Beklagte hat diese Feststellung - möglicherweise in Verkennung ihrer rechtlichen Bedeutung - mit der Berufung nicht angefochten. Sie hat die Aufhebung des SG-Urteils nur hinsichtlich der Gewährung von Hinterbliebenenrenten beantragt und damit ihre Berufung in zulässiger Weise beschränkt. Mit ihrem Antrag in ihrer Berufungsschrift wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des SG, soweit es die Hinterbliebenenrente betrifft. Dieser Antrag umfaßt nicht das Feststellungsurteil; denn die Feststellungsklage und das Feststellungsurteil sind ausschließlich prozeßrechtlicher Natur und gewähren und betreffen keinen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch (vgl ua Brackmann aaO S 240h I; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 42. Aufl, § 256 Anm 1). Das Feststellungsurteil des SG berührt zwar mittelbar auch die geltend gemachten Hinterbliebenenrentenansprüche, weil das Vorliegen einer Gesundheitsstörung als Folge einer Berufskrankheit beim Ehemann der Klägerin zu 1) eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Hinterbliebenenrentenansprüche bildet. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das Feststellungsurteil des SG sich auch nicht mittelbar auf die gesamten materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Hinterbliebenenrente auswirkt, zB nicht auf die Voraussetzung, daß der Tod des Versicherten durch die Folge der Berufskrankheit verursacht worden ist, nicht auf die Voraussetzung, daß die Klägerin zu 1) die Witwe und der Kläger zu 2) das Kind des verstorbenen Versicherten sind, sowie nicht auf die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung der Waisenrente aus Anlaß des durch die Folgen einer Berufskrankheit bedingten Todes des Versicherten. Über diese materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hat das SG deshalb zutreffend neben dem Feststellungsurteil gesondert entschieden. Die vom SG getroffene Feststellung der Leukämie als Folge einer Berufskrankheit betraf als einheitlicher und selbständiger Anspruch das gesamte Prozeßrechtsverhältnis der Beteiligten und konnte folglich nur selbständig - soweit hier noch im Streit - neben der Verurteilung zur Gewährung von Hinterbliebenenrenten und in seiner Gesamtheit wirksam angefochten werden. Eine solche Anfechtung ist jedoch von der Berufung nicht erfaßt. Wie oben dargelegt, umfaßt der Antrag in der Berufungsschrift der Beklagten nach seinem klaren Wortlaut ausschließlich die Frage der Gewährung von Hinterbliebenenrenten. Die Feststellung der Bluterkrankung als BK blieb - vermutlich wegen unzutreffender Vorstellungen über deren Grundlage und Wirkung - dagegen unangefochten. Auch der weitere Antrag im Schriftsatz vom 29. Mai 1981 auf Abweisung der Klagen gegen sämtliche Bescheide betraf nur die in diesen Bescheiden abgelehnten materiell-rechtlichen Ansprüche und umfaßte nicht eine Anfechtung des in diesen Bescheiden gar nicht enthaltenen feststellenden Teiles des SG-Urteils.

Da die Berufung der Beklagten die selbständige Feststellung, daß die Bluterkrankung des Ehemannes der Klägerin zu 1) Folge einer BK ist, nicht miterfaßt hat, steht dies zwischen den Beteiligten rechtskräftig fest. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Anspruches auf Verletztenrente für die Zeit bis zum Tode des Ehemannes der Klägerin zu 1), sondern auch für die Hinterbliebenenrentenansprüche. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat zwar ein Bescheid, in dem der Versicherungsträger gegenüber dem Versicherten ein Leiden als Folge einer BK anerkannt hat, keine bindende Wirkung hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrenten (s BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; Brackmann aaO S 586d). Dies beruht jedoch - soweit hier wesentlich - darauf, daß in dem Bescheid betreffend die Verletztenrente über einen materiell-rechtlichen Anspruch entschieden wird, der nicht den erst später entstandenen materiell-rechtlichen Anspruch auf Hinterbliebenenrente betrifft, und daß der Bescheid über die Verletztenrente andere Beteiligte als die im Verfahren über Hinterbliebenenrenten erfaßt. Demgegenüber betrifft das Urteil des SG nicht nur die materiell-rechtlichen Ansprüche auf Verletztenrente und auf Hinterbliebenenrenten, sondern auch die selbständige Feststellung, daß die Bluterkrankung des Ehemannes der Klägerin zu 1) eine Berufskrankheit gewesen ist. Diese Feststellung ist, wie bereits aufgezeigt, ausschließlich prozeßrechtlicher Natur und betrifft nicht, wie zB in dem Bescheid über Verletzten- und Hinterbliebenenrenten, verschiedene materiell-rechtliche Ansprüche. Das Feststellungsurteil ist auch, wiederum anders als die Bescheide zunächst über die Verletztenrente und erst nach dem Tode des an diesem Verletztenrentenverfahren Beteiligten über die Hinterbliebenenrenten, zwischen denselben Beteiligten sowohl der Feststellungsklage als auch der Klage auf Verletzten- und Hinterbliebenenrenten ergangen.

Somit ist aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des LSG davon auszugehen, daß die Bluterkrankung des Ehemannes der Klägerin zu 1) Folge einer BK war. Das LSG hat außerdem unangefochten festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) an diesem Leiden gestorben ist. Die Klägerin zu 1) hat demnach als Witwe Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Dagegen muß die Sache bezüglich des Anspruchs des Klägers zu 2) auf Waisenrente an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG hat, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen darüber getroffen, ob beim Kläger zu 2) als Kind eines durch eine Berufskrankheit Verstorbenen die übrigen in § 595 RVO aufgeführten Voraussetzungen für die Gewährung von Hinterbliebenenrenten vorliegen. Das LSG wird insoweit auch über die Kosten hinsichtlich des Verfahrens auf Waisenrente zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655277

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