Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagter und Revisionsbeklagter beigeladen: …

 

Tatbestand

I.

Der als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurgie) sowie als Zahnarzt in Bremerhaven niedergelassene und zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen eine dem zu 1) beigeladenen Krankenhausarzt erteilte Ermächtigung zur Teilnahme an der kassen-bzw vertragszahnärztlichen Versorgung.

Der Beigeladene zu 1) ist leitender Arzt der Zahn-, Mund- und Kieferklinik des Zentralkrankenhauses Reinkenheide in Bremerhaven. Er war seit 1980 ohne Einschränkungen an der ambulanten kassenzahnärztlichen Versorgung in Bremerhaven beteiligt. Seit 1990 sind in Bremerhaven zwei - inzwischen drei - MKG-Chirurgen als Ärzte und als Zahnärzte zugelassen. Im Hinblick darauf ermächtigte der Zulassungsausschuß für Zahnärzte mit Beschluß vom 19. März 1990 den Beigeladenen zu 1) befristet zunächst bis zum 31. Dezember 1992 nur noch in eingeschränktem Umfang zur Teilnahme an der kassenzahnärztlichen Versorgung; der Ermächtigungskatalog umfaßte zehn Punkte aus dem Bereich der MKG-Chirurgie sowie der zahnärztlichen Versorgung von phobischen Patienten. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, wegen der Niederlassung von zwei MKG-Chirurgen in Bremerhaven bestehe kein Bedarf mehr für die Ermächtigung eines Krankenhausarztes; jedenfalls sei der Ermächtigungskatalog erheblich zu weit.

Der beklagte Berufungsausschuß verwarf den Widerspruch als unzulässig, weil der Kläger nicht berechtigt sei, eine Entscheidung des Zulassungsausschusses hinsichtlich der Ermächtigung eines Krankenhausarztes anzugreifen (Beschluß vom 16. Januar 1991).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger durch die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) nicht in eigenen rechtlich geschützten Positionen verletzt werde (Urteil vom 15. Januar 1992).

Mit seiner Berufung hat der Kläger daran festgehalten, im Hinblick auf Art 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) müsse ihm eine Klagebefugnis gegen Ermächtigungsentscheidungen zugunsten des Beigeladenen zu 1) zustehen. Er müsse zumindest geltend machen können, ein Krankenhausarzt werde ohne jeden sachlichen Grund und willkürlich mit stereotypen Wendungen an Stelle sachbezogener Begründungen ermächtigt, obwohl für seine Teilnahme an der ambulanten vertragszahnärztlichen Versorgung längst kein Bedarf mehr bestehe.

Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat der Zulassungsausschuß für Zahnärzte im Lande Bremen mit Beschlüssen vom 23. November 1992, 19. Juni 1993 und 6. Dezember 1994 die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) jeweils befristet - zuletzt bis zum 31. Dezember 1996 - verlängert und den Umfang der Ermächtigung weiter reduziert. Auf Hinweis des Landessozialgerichts (LSG), diese Entscheidungen seien nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Verfahrensgegenstand geworden, hat der Kläger im Berufungsverfahren beantragt, auch diese Entscheidungen aufzuheben.

Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen und seine Klage gegen die Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 23. November 1992, 19. Juni 1993 und 16. (richtig: 6.) Dezember 1994 als unzulässig abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die genannten Entscheidungen des Zulassungsausschusses seien nach § 153 Abs. 1, § 96 Abs. 1 SGG Verfahrensgegenstand geworden, und das Berufungsgericht habe darüber auf Klage zu entscheiden. Die Klagen gegen die Entscheidungen des Zulassungsausschusses in der Gestalt des Beschlusses des Beklagten vom 16. Januar 1991 sowie gegen die Entscheidungen vom 23. November 1992 und 19. Juni 1993 seien bereits deshalb unzulässig, weil der Ermächtigungszeitraum abgelaufen sei, so daß eine Beschwer des Klägers nicht mehr vorliege. Dem Übergang auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage stehe entgegen, daß die Klagen schon als Anfechtungsklagen von vornherein mangels Klagebefugnis unzulässig gewesen seien, was sich aus der Senatsentscheidung vom 15. Mai 1991 - 6 RKa 22/90 - ergebe. Aus demselben Grunde sei die Anfechtungsklage gegen den Beschluß vom 6. Dezember 1994 unzulässig (Urteil vom 29. März 1995).

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers, mit der er unter Berufung auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 1987 - 6 RKa 58/86 - geltend macht, er müsse gerichtlich durchsetzen können, daß der Beklagte die Grenzen beachte, die seinem Tätigwerden durch seine gesetzlich normierte Aufgabenstellung gezogen seien. Zumindest müsse er verlangen können, daß die Zulassungsgremien prüften und nachvollziehbar darlegten, weshalb trotz der Niederlassung von inzwischen drei MKG-Chirurgen in Bremerhaven nach wie vor unverändert ein Bedarf für die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) bestehen könne. Die rechtswidrige Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) mit der Folge seiner Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung unter Geltung einer budgetierten Gesamtvergütung habe zur Folge, daß ihm als zugelassenem Vertragszahnarzt Geldmittel nicht zuflössen, die ihm zufließen würden, wenn Honorar an den Beigeladenen zu 1) für dessen Tätigkeit nicht zu zahlen sei. Im übrigen müsse beachtet werden, daß er selbst als Arzt wie als Zahnarzt zugelassen und daß auch der Beigeladene zu 1) sowohl zur ärztlichen als auch zur zahnärztlichen Tätigkeit ermächtigt sei. Der Zulassungsausschuß für Ärzte im Lande Bremen trage der Nachrangigkeit der Ermächtigung von weitergebildeten Krankenhausärzten seit Jahren dadurch zutreffend Rechnung, daß im ärztlichen Bereich dem Beigeladenen zu 1) nur ein sehr eingeschränkter - und von ihm nicht in Frage gestellter - Ermächtigungskatalog zugebilligt werde. Demgegenüber habe die zu 2) beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) keinerlei Interesse daran, im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im zahnärztlichen Bereich auf das tatsächlich notwendige und sachlich gerechtfertigte Maß zu beschränken. Da er (Kläger) - wie die meisten MKG-Chirurgen - in erster Linie Arzt und erst in zweiter Linie Zahnarzt sei, befinde er sich als Mitglied der KZÄV in einer absoluten Minderheitenposition und habe keine Chance, auf die Meinungsbildung innerhalb der KZÄV einzuwirken. Deshalb müsse er gerichtlich nachprüfen lassen können, ob die Zulassungsgremien durch die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) in illegitimer Weise ihre Kompetenzen überschritten hätten. Das sei hier der Fall, weil der Beklagte den Beigeladenen zu 1) für Leistungen ermächtigt habe, die Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, für die die Zulassungsgremien dort aber gerade keine Ermächtigung erteilt hätten. Gegenstand der Ermächtigungen im zahnärztlichen Bereich dürften nur spezifisch zahnärztliche Leistungen sein. Da für einen MKG-Chirurgen die ärztliche Tätigkeit Vorrang vor der zahnärztlichen habe, müsse der Umfang der Ermächtigung eines Krankenhausarztes zunächst im ärztlichen Bereich abschließend bestimmt werden. Raum für weitergehende Ermächtigungen im zahnärztlichen Bereich bleibe dann nur, soweit spezifisch zahnärztliche Leistungen betroffen seien, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Gebührenordnung seien. An diese rechtlichen Vorgaben habe sich der Beklagte nicht gehalten.

Der Kläger beantragt:die Urteile des Landessozialgerichts Bremen vom 29. März 1995 und des Sozialgerichts Bremen vom 15. Januar 1992 aufzuheben und festzustellen, daß der Beschluß des Beklagten vom 16. Januar 1991 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt:die Revision zurückzuweisen.

Die Vorinstanzen hätten die Klage zu Recht für unzulässig gehalten. An der Richtigkeit der Rechtsprechung des Senats, wonach zugelassene Vertragszahnärzte nicht gegen die Ermächtigung anderer Ärzte klagen könnten, habe sich durch die Budgetierung der Gesamtvergütung nichts geändert. Nach wie vor könne der Kläger allein Einkommensinteressen gegen die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) anführen; aufgrund dieser Interessen sei er nicht befugt, gegen Entscheidungen der Zulassungsgremien zu klagen.

Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) beantragen:die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 3) bis 7) haben sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers hat nur in geringem Umfang Erfolg.

Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist allein der Beschluß des Beklagten vom 16. Januar 1991. Nach der Rechtsprechung des Senats wird in vertrags (zahn) ärztlichen Zulassungsstreitigkeiten regelmäßig nicht der ursprüngliche Verwaltungsakt des Zulassungsausschusses, sondern allein die Entscheidung des Berufungsausschusses Verfahrensgegenstand (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 6 S. 39). Darüber hinaus werden Bescheide des Zulassungsausschusses, mit denen die Ermächtigung eines Krankenhausarztes für einen späteren als den ursprünglich streitbefangenen Zeitraum geregelt wird, nicht - wie das LSG angenommen hat - in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 6 S. 40 und Nr. 12 S. 62 f.). Die Einbeziehung von Entscheidungen des Zulassungsausschusses in ein laufendes gerichtliches Verfahren kann auch nicht im Wege einer Klageänderung erfolgen, weil auf diese Weise die ausschließliche funktionelle Zuständigkeit des Berufungsausschusses für das gesamte Verfahren (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 6 S. 39) unterlaufen würde. Insoweit ist die Rechtslage in Zulassungsstreitigkeiten anders als in vertragsärztlichen Honorarstreitigkeiten, bei denen solche Folgebescheide, die von § 96 Abs. 1 SGG nicht erfaßt werden, bei Einwilligung der Beteiligten in den Prozeß einbezogen werden können, ohne daß es insoweit eines zusätzlichen Vorverfahrens bedarf (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 1996 - 6 RKa 42/95 -SozR 3-2500 § 85 Nr. 12). Da das LSG demnach zu Unrecht (auch) über Ermächtigungsentscheidungen des Zulassungsausschusses für einen späteren als den ursprünglich streitbefangenen Zeitraum, nämlich für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1996, entschieden hat, ist sein Urteil insoweit auf die Revision des Klägers aufzuheben. Der allein streitbefangene Ermächtigungsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 16. Januar 1991 hat sich durch Zeitablauf (Ende des Ermächtigungszeitraums 1992) erledigt. Der Kläger ist deshalb in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 12 S. 63) gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG von seinem ursprünglichen Anfechtungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag übergegangen. Das insoweit erforderliche besondere Feststellungsinteresse kann dem Kläger nicht abgesprochen werden, weil sich die Gefahr, daß die Zulassungsgremien weiterhin dem Beigeladenen zu 1) Ermächtigungen in einem vom Kläger für falsch gehaltenen Umfang erteilen, durch die Folgebescheide des Zulassungsausschusses bereits realisiert hat.

Auch mit dem geänderten Antrag bleibt die Klage indessen erfolglos, weil das LSG im Ergebnis zu Recht entschieden hat, daß der Kläger nicht befugt ist, gegen die dem Beigeladenen zu 1) erteilte Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten kassen- bzw. vertragszahnärztlichen Versorgung zu klagen. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ist nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG, daß der Kläger behauptet, durch den erlassenen Verwaltungsakt oder die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes beschwert, d.h. in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt zu sein. Letzteres ist hier nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger an dem Verwaltungsverfahren, in dem über die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) entschieden worden ist, nicht beteiligt gewesen und ihm gegenüber keine Entscheidung ergangen ist; denn beschwert i.S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG kann auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtsphäre durch den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Die Klagebefugnis ist aber zu verneinen, wenn eine Verletzung eigener Rechte des Dritten von vornherein deshalb nicht in Betracht kommt, weil die von ihm geltend gemachten Interessen vom Schutzzweck der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Normen nicht erfaßt werden. Hat die als verletzt angesehene Rechtsnorm keinen drittschützenden Charakter in dem Sinne, daß sie zumindest auch der Verwirklichung individueller Interessen des Klägers zu dienen bestimmt ist, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das Rechtsschutzbegehren unzulässig (vgl. zuletzt Urteile des 12. Senats vom 6. Februar 1992 [BSGE 70, 99, 101 = SozR 3-1500 § 54 Nr. 15 S. 38], des 3. Senats vom 29. November 1995 [SozR 3-2500 § 124 Nr. 2 S. 15] sowie des erkennenden Senats vom 19. Juni 1996 - 6 RKa 84/95 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Durch die hier zu beurteilenden Vorschriften über die Ermächtigung weitergebildeter Krankenhausärzte zur Teilnahme an der ambulanten vertrags (zahn) ärztlichen Versorgung werden rechtlich geschützte Interessen eines niedergelassenen Vertrags (zahn) arztes auch dann nicht tangiert, wenn beide (Zahn) Ärzte im selben örtlichen Bereich tätig werden, ein teilweise übereinstimmendes Leistungsspektrum anbieten und in einer Konkurrenzsituation zueinander stehen.

Der Senat hat in seinem zum ärztlichen Bereich ergangenen Urteil vom 15. Mai 1991 (BSGE 68, 291 ff. = SozR 3-1500 § 54 Nr. 7 = NJW 1991 S. 2989 ff.) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BSGE 62, 231 = SozR 2200 § 368b Nr. 4) dargelegt, daß der niedergelassene Kassenarzt grundsätzlich nicht zur Erhebung einer Klage gegen die einem Dritten erteilte Ermächtigung befugt ist. Er hat dies damit begründet, daß die Normen, die die Ermächtigung von Krankenhausärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen regeln, ihrer Zielrichtung und Wirkungsweise nach nicht dazu bestimmt sind, eine wirtschaftlich ungefährdete kassenärztliche Tätigkeit zu sichern. Der Senat hat es ausdrücklich abgelehnt, dem in § 116 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 31a Abs. 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) festgelegten Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte bei der ambulanten Krankenbehandlung (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 15. März 1995 - 6 RKa 27/94 - = SozR 3-2500 § 116 Nr. 12 S. 63) eine Schutzwirkung zugunsten des einzelnen niedergelassenen Arztes zu entnehmen (BSGE 68, 291, 295 = SozR 1500 § 54 Nr. 7). Auch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis des Vertragsarztes zu seiner Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) ergeben sich keine Abwehrrechte des Arztes gegen Ermächtigungen und auch keine Ansprüche auf wirtschaftliche Absicherung durch Verhinderung von Konkurrenz.

Die Rechtsauffassung des Senats zur grundsätzlichen Unzulässigkeit einer sog. defensiven Konkurrentenklage, mit der sich ein zugelassener Vertragsarzt dagegen wehrt, daß ein Krankenhausarzt bzw. eine ärztlich geleitete Einrichtung in bestimmtem Umfang ebenfalls Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erhalten, ist im Schrifttum auf einhellige Zustimmung gestoßen (Schnath, Bedarfsplanung und Konkurrenzschutz im Kassenarztrecht, 1992, S. 114 ff.; Schimmelpfeng-Schütte, Sozialgerichtsbarkeit 1992, S. 320; Schulin, Die Ersatzkasse 1992, S. 186 ff.; Krauskopf/Knittel, Soziale Krankenversicherung, § 116 SGB V Rdnr. 31; G. Schneider, Kassenarztrecht, 1993, Rdnr. 934). Der Senat hält an ihr auch für den zahnärztlichen Bereich fest, weil weder die Angriffe der Revision noch die seit Mai 1991 eingetretenen Rechtsänderungen Anlaß zu einer Änderung geben können.

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen unterscheiden sich im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich - soweit hier von Bedeutung - nicht. § 116 SGB V gilt für beide Tätigkeitsfelder, und die Vorschriften des § 31a Ärzte-ZV und des § 31a Zahnärzte-ZV stimmen wörtlich überein. Daß im zahnärztlichen Bereich ein Versorgungsdefizit i.S. des § 116 Satz 2 SGB V seltener als im ärztlichen Bereich besteht, weil nur wenige der ambulant erbringbaren zahnärztlichen Leistungen von den niedergelassenen Zahnärzten nicht angeboten werden können, ändert nichts daran, daß auch im zahnärztlichen Bereich Ermächtigungen zur Deckung eines quantitativ-allgemeinen oder qualitativ-speziellen Bedarfs bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und unter Beachtung des Vorrangs der niedergelassenen Zahnärzte erteilt werden können. Die Vorschriften der § 116 Satz 2 SGB V, § 31a Abs. 1 Zahnärzte-ZV dienen - nicht anders als die übereinstimmenden Regelungen im ärztlichen Bereich - dazu, die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen der Krankenhauszahnärzte und die zahnmedizinisch-technischen bzw. apparativen Möglichkeiten von Zahnkliniken den Versicherten auch im Bereich der ambulanten zahnärztlichen Behandlung zugute kommen zu lassen. Die Sicherung der wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen Zahnärzte ist nicht einmal mittelbar Zweck dieser gesetzlichen Regelungen. Für die Gruppe der MKG-Chirurgen, auch soweit sie als Ärzte und als Zahnärzte approbiert und zugelassen sind, gilt nichts anderes. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich diese Berufsgruppe eher der ärztlichen oder der zahnärztlichen Tätigkeit zurechnet und welche Chancen im einzelnen ein niedergelassener MKG-Chirurg im Rahmen seiner Mitgliedschaft in KÄV und KZÄV hat, diese Institutionen zu motivieren, (auch) in seinem Interesse im Zulassungsverfahren auf die Ablehnung von Ermächtigungen oder deren deutliche Beschränkung hinzuwirken. Insoweit ist nicht erkennbar, inwieweit sich die besondere Situation dieser Arztgruppe grundlegend von der Situation der Ärzte für innere Medizin unterscheidet, die in ihrer Praxis ambulante Dialyse-Leistungen erbringen und deren Praxisstruktur deshalb ganz erheblich von derjenigen der Mehrzahl der niedergelassenen Internisten abweicht. Das Interesse eines Internisten mit Dialyseeinrichtung, daß ihm durch die Ermächtigung eines Kuratoriums für Dialyse- und Nierentransplantation als ärztlich geleiteter Einrichtung keine unerwünschte Konkurrenz erwächst, hat der Senat in dem bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 15. Mai 1991 (BSGE 68, 291 ff. = SozR 3-1500 § 54 Nr. 7) für rechtlich nicht geschützt gehalten.

Der Senat hat die fehlende rechtliche Betroffenheit des niedergelassenen Arztes durch die Ermächtigung eines Dritten auch damit begründet, daß zwischen der Zulassung eines Arztes und der Ermächtigung eines anderen Arztes bzw. einer ärztlich geleiteten Einrichtung keine Alternativität besteht. Aus verfassungsrechtlichen Gründen sei jeder zulassungswillige Arzt zuzulassen, und die Ermächtigung eines anderen Arztes bzw. einer ärztlich geleiteten Einrichtung habe auf diesen Zulassungsanspruch keinen Einfluß (BSGE 68, 291, 295, 297 = SozR 3-2500 § 54 Nr. 7 S. 16/17). Daran ist jedenfalls für die hier entscheidungserhebliche Konstellation, daß sich ein bereits zugelassener Vertrags (zahn) arzt gegen die Ermächtigung eines Krankenhaus (zahn) arztes wendet, festzuhalten, auch wenn die Aussage, jeder niederlassungswillige (Zahn) Arzt sei auf seinen Antrag hin zuzulassen, in dieser Allgemeinheit möglicherweise nach der Änderung des Zulassungsrechts durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) zum 1. Januar 1993 nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Nach § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V hat der Landesausschuß der (Zahn) Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für solche Planungsbereiche anzuordnen, für die eine Überversorgung festgestellt worden ist. In den gesperrten Planungsbereichen kann ein zulassungswilliger (Zahn) Arzt nicht zugelassen werden (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 Zahnärzte-ZV). Die in § 103 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 1989 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) enthaltene Bestimmung, wonach immer 50% der regionalen Planungsbereiche in der Bundesrepublik Deutschland für die Zulassung offen zu halten waren, ist durch das GSG aufgehoben worden (vgl. Wigge, Sozialgerichtsbarkeit 1993, S. 158, 160; Hänlein, VSSR 1993, S. 169, 174, 177). Das kann zur Folge haben, daß schon vor der für die Zeit ab 1999 vorgeschriebenen Zulassung aufgrund von Verhältniszahlen (§ 102 SGB V) alle oder fast alle Planungsbereiche für die Zulassung von (Zahn) Ärzten gesperrt sind (Hänlein a.a.O., S. 178; Zipperer, NZS 1993, S. 53, 55). Ob dieses Ergebnis der Absicht des Gesetzgebers entsprechen würde (verneinend Zipperer, a.a.O., S. 55) und ggf. mit Art 12 Abs. 1 GG vereinbar wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Zu Friktionen zwischen Zulassungsbeschränkungen und Ermächtigungen kann es nach derzeit geltendem Recht nur kommen, wenn der Zulassungsabsicht eines Arztes für einen bestimmten Planungsbereich etwa unter dem Gesichtspunkt eines qualitativen Sonderbedarfs auf der Grundlage des § 101 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. Ziff 24 ff. der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte entgegengehalten wird, der von dem zulassungswilligen Arzt geltend gemachte Bedarf sei durch eine Ermächtigung bereits gedeckt. Ob sich in dieser Konstellation die Klagebefugnis des zulassungswilligen Arztes gegenüber einem Ermächtigungsbescheid nach den zur defensiven Konkurrentenklage entwickelten Grundsätzen der Senatsentscheidung vom 15. Mai 1991 beurteilt oder ob insoweit die Situation einer offensiven Konkurrentenklage gegeben ist, mit der sich ein Interessent gegen die Zuteilung einer nur einmal zu vergebenden Berechtigung an einen Mitbewerber mit der Begründung wendet, er und nicht der Konkurrent habe den vorrangigen Rechtsanspruch auf die begehrte Rechtsposition (vgl. dazu Schnath a.a.O., S. 126 ff.), kann hier offenbleiben. Der Kläger ist als Arzt wie als Zahnarzt zur vertrags (zahn) ärztlichen Versorgung zugelassen, und seine rechtlich geschützten Interessen werden durch die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) nicht tangiert. Etwaige Rechtspositionen zulassungswilliger MKG-Chirurgen in Bremerhaven, die wegen einer dort möglicherweise angeordneten Zulassungsbeschränkung derzeit nicht zugelassen werden können, kann der Kläger in diesem Verfahren nicht geltend machen.

Entgegen der Auffassung der Revision stehen die zum 1. Januar 1993 durch das GSG eingeführten Regelungen über die Budgetierung der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung (§ 85 Abs. 3a SGB V) der Anwendung der Grundsätze des Urteils vom 15. Mai 1991 nicht entgegen. Der Senat hat dort im einzelnen dargelegt, daß die Ermächtigungsvorschriften auch nicht mittelbar die Vergütungsinteressen der zugelassenen Kassen- bzw. Vertragsärzte im Blick haben; im Hinblick darauf ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob die vertrags (zahn) ärztliche Gesamtvergütung gedeckelt oder in ihrem Zuwachs limitiert ist. Da der Kläger keinen Rechtsanspruch auf die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten kassen (zahn) ärztlichen Tätigkeit hat (BSGE 68, 291, 295 = SozR 3-1500 § 54 Nr. 7 S. 15), ist er durch die dem Beigeladenen zu 1) verliehene Berechtigung, seinerseits auch mund-, kiefer- und gesichtschirurgische Leistungen zu Lasten der budgetierten vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung erbringen zu dürfen, nicht in eigenen Rechten verletzt. Im übrigen entzieht es sich jeder Nachprüfbarkeit, ob die Honoraranteile der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung, die für Leistungen des Beigeladenen zu 1) aufgewandt werden, tatsächlich dem Kläger zufließen würden, wenn der Beigeladene zu 1) nicht oder nur in sehr viel eingeschränkterem Umfang zur Teilnahme an der vertrags (zahn) ärztlichen Versorgung ermächtigt wäre. Angesichts der Berechtigung der Versicherten zur freien Arzt- bzw. Zahnarztwahl kann nicht unterstellt werden, daß diese sich wegen der Leistungen, die gegenwärtig der Beigeladene zu 1) erbringt, an den Kläger wenden würden. Auf die bloße Möglichkeit, daß der Kläger im Falle einer eingeschränkteren Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) ein höheres Einkommen aus seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit erzielen würde, kann eine Klagebefugnis nicht gestützt werden.

Im Senatsurteil vom 15. Mai 1991 ist offengeblieben, ob dem niedergelassenen (Zahn) Arzt in besonders gelagerten Fällen unmittelbar unter Berufung auf grundrechtlich geschützte Rechtspositionen die Klagebefugnis gegen die einem Dritten erteilte Ermächtigung zuzubilligen ist, wenn er sich darauf beruft, die streitbefangene Ermächtigung sei dem Krankenhaus (zahn) arzt oder der (zahn) ärztlich geleiteten Einrichtung willkürlich erteilt worden oder seine wirtschaftliche Existenz sei im Hinblick auf den Umfang der Ermächtigung akut bedroht. Diese umstrittene Rechtsfrage (vgl. Schimmelpfeng-Schütte, Sozialgerichtsbarkeit 1992, S. 320, 321 und Schnath, a.a.O., S. 121) kann auch hier dahinstehen. Wenn in extrem gelagerten Fällen überhaupt die Klagebefugnis eines niedergelassenen (Zahn) Arztes unmittelbar auf die Verletzung des in Art 3 Abs. 1 GG niedergelegten Willkürverbotes gestützt werden könnte, kommt dies allenfalls in Situationen in Betracht, in denen der niedergelassene Vertrags (zahn) arzt geltend macht und mit einer gewissen Plausibilität geltend machen kann, die Ermächtigung werde dem Grund oder dem Umfang nach willkürlich und möglicherweise in der gezielten Absicht seiner Benachteiligung erteilt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger selbst stellt nicht in Abrede, daß der Zulassungsausschuß und der Beklagte bei der Ausgestaltung des Ermächtigungskatalogs des Beigeladenen zu 1) berücksichtigt haben, daß in Bremerhaven seit 1990 er und ein weiterer niedergelassener Arzt und Zahnarzt für MKG-Chirurgie zugelassen sind. Die zunächst dem Umfang nach nicht beschränkte Beteiligung des Beigeladenen zu 1) wurde bereits 1990 durch den Zulassungsausschuß eingeschränkt und auf zehn im einzelnen beschriebene zahnärztliche Leistungen reduziert, nachdem der Beigeladenen zu 1), der Kläger und der andere in Bremerhaven niedergelassene Arzt für MKG-Chirurgie ihre unterschiedlichen Standpunkte über den sachgerechten Umfang der Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) ausgetauscht hatten, wie der in den Verwaltungsakten des Beklagten enthaltenen Niederschrift über die Sitzung des Zulassungsausschusses vom 19. März 1990 zu entnehmen ist. Später ist der Ermächtigungskatalog auf sieben Punkte zurückgeführt worden. Dies läßt erkennen, daß die Entscheidung des Beklagten jedenfalls nicht in dem Sinne willkürlich sein kann, daß offenkundig entscheidungserhebliche Gesichtspunkte völlig bzw. absichtlich außer acht gelassen worden wären und der Beklagte den Beigeladenen zu 1) in einem Umfang ermächtigt hätte, der auch im Hinblick auf den weiten Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien schlechterdings unvertretbar ist. Eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz der eigenen Praxis als unmittelbare Folge der dem Beigeladenen zu 1) erteilten Ermächtigung hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, so daß offenbleiben kann, ob daraus überhaupt eine Klagebefugnis gegen die dem Beigeladenen zu 1) erteilte Ermächtigung abgeleitet werden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

AusR 1999, 31

SozSi 1997, 400

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