Entscheidungsstichwort (Thema)

Extrakorporale Stoßwellentherapie. Neue Behandlungsmethode. Systemversagen. EU-Ausland. Dienstleistungsfreiheit. Inländerdiskriminierung

 

Leitsatz (amtlich)

  • Bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 SGB V, die nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört.
  • Versicherte können nicht auf Kosten ihrer inländischen Krankenkasse im EU-Ausland Leistungen in Anspruch nehmen, die sie ihrer Art nach im Inland nicht erhalten würden.
 

Normenkette

SGB V § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3-4, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, § 135 Abs. 1; SGG § 87 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Lüneburg (Urteil vom 22.07.2003)

 

Tenor

Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mittels extrakorporaler Stoßwellentherapie (ESWT).

Die bei der beklagten Innungskrankenkasse versicherte Klägerin beantragte im September 1999 wegen einer bei ihr festgestellten Pseudarthrose (nicht verheilter Knochenbruch) im Bereich der rechten Hüfte die Übernahme der Kosten für eine ESWT, weil die bisherige Behandlung nicht erfolgreich gewesen sei. Die Beklagte lehnte den Kostenübernahmeantrag der Klägerin nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) am 5. Oktober 1999 unter Hinweis auf das MDK-Gutachten ab, weil der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss; im Folgenden: Bundesausschuss) die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen in die Anlage B seiner Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (sog NUB-Richtlinien), die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfen, aufgenommen habe. Die Klägerin erhob Widerspruch und ließ die ESWT-Behandlung im Dezember 1999 bei dem Orthopäden Dr. D… in H… ambulant durchführen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies ihren Widerspruch in seiner Sitzung vom 9. Dezember 1999 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 25. April 2000 Klage erhoben und von der Beklagten die Erstattung der für die ESWT aufgewandten 3.098 DM verlangt. Die Therapie sei mit Erfolg durchgeführt worden. Der Ausschluss der ESWT von der vertragsärztlichen Versorgung sei rechtswidrig. Die Entscheidung des Bundesausschusses sei fehlerhaft und nicht nachvollziehbar, zumal die ESWT zB in Österreich auch bei orthopädischen Leiden als “Mittel der Wahl” gelte und dort zur Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich zugelassen sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Die ESWT dürfe bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Ein sog Systemversagen, bei dem ausnahmsweise eine Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht kommen könnte, liege nicht vor. Der Ausschluss der ESWT sei nach einer umfangreichen Literaturrecherche des Bundesausschusses in dem dafür vorgesehenen Verfahren erfolgt. Die nach Auswertung aller Unterlagen getroffene Entscheidung sei selbst dann nicht angreifbar, wenn der Bundesausschuss nicht jede veröffentlichte Studie zur ESWT erfasst haben sollte, denn aus dem zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses ”ärztliche Behandlung” des Bundesausschusses vom 22. Juli 1999 ergebe sich, dass derzeit kein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode bestehe. Ein festes Zeitraster für eine Überprüfung bisheriger Entscheidungen lasse sich nicht aufstellen. Jedenfalls bestehe eine Verpflichtung hierzu nicht bereits dann, wenn in einem anderen Land eine bestimmte Behandlungsmethode in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werde, denn die Voraussetzungen für die Leistungspflicht seien bereits innerhalb der Europäischen Union völlig unterschiedlich (Urteil vom 22. Juli 2003).

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin, das SG hätte ein Systemversagen annehmen müssen, weil die ESWT in Österreich seit einem Beschluss des obersten Sanitätsrats Österreichs vom 8. Mai 1999 als Therapie der ersten Wahl bei Pseudoarthrosen anerkannt sei und spätestens dieser Beschluss den Bundesausschuss zu einer erneuten Befassung mit der ESWT hätte veranlassen müssen. Im Übrigen könne sie bei wohnortnaher Inanspruchnahme der ESWT nicht schlechter stehen als wenn sie die ESWT hätte im Ausland (Österreich) durchführen lassen; bei einer Auslandsbehandlung stünde ihr nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ein Anspruch auf Kostenerstattung zu. Diese Rechtsprechung sei durch § 13 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ins deutsche Recht übertragen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. Juli 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklage zu verurteilen, die Kosten für die extrakorporale Stoßwellentherapie zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Sprungrevision der Klägerin ist unbegründet.

Die Klage ist als fristgerecht erhoben anzusehen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Widerspruchsbescheid der Klägerin gemäß § 85 Abs 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) förmlich zugestellt oder durch einfachen Brief bekannt gegeben worden ist; letzteres war seit Inkrafttreten des Art 1 Nr 2 des 5. SGG-Änderungsgesetzes vom 30. März 1998 (BGBl I 638) am 1. Juni 1998 und somit auch im vorliegenden Fall möglich. Das SG hat nicht festgestellt, wann eine Bekanntgabe oder Zustellung des Widerspruchbescheides erfolgt ist. Auch der erkennende Senat konnte dies durch Auskünfte der Beteiligten oder anhand der beigezogenen Verwaltungsakten nicht ermitteln. Sollte sich die Beklagte für eine Zustellung entschieden haben, konnte der Lauf der einmonatigen Klagefrist schon deshalb nicht in Lauf gesetzt werden, weil angesichts der Formstrenge des Zustellungsverfahrens auf eine Bescheinigung der Zustellung nicht verzichtet werden kann (vgl BSG, Urteil vom 9. Februar 2000 – B 9 V 29/98 R JURIS-Dokument-Nr KSRE009041509 RdNr 11 zu den hier noch anzuwendenden Zustellungsvorschriften in ihrer vor Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes ≪ZustRG≫ vom 25. Juni 2001, BGBl I 1206 geltenden Fassung; BVerwG Urteil vom 20. Mai 1999 – 3 C 7/98; BFHE 179, 202, 205). Aber auch für den Fall einer “einfachen” Bekanntgabe ist die Klage im Zweifel als rechtzeitig anzusehen, wenn das Gericht den genauen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und damit den Beginn des Laufs der Klagefrist (vgl § 87 Abs 1 SGG) nicht feststellen kann (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 87 RdNr 8).

Das SG hat die Klage auch in der Sache zutreffend als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der von der Klägerin beantragten ESWT zu übernehmen bzw die Kosten nach erfolgter Behandlung zu erstatten. Bei der ESWT handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf (dazu 1.). Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich zudem weder aus dem Umstand, dass in Österreich die ESWT möglicherweise als “Kassenleistung” anerkannt ist (dazu 2.), noch aus der Rechtsprechung des EuGH zur ambulanten Auslandskrankenbehandlung Versicherter (dazu 3).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die sie für die in Hamburg ambulant durchgeführte ESWT nach vorheriger Ablehnung der Kostenübernahme aufgewandt hat. Die Beklagte hat die Kostenübernahme zutreffend abgelehnt, denn die ESWT gehört nicht zu den vertragsärztlich erbringbaren Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

a) Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs 3 Alternative 2 SGB V in der bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266, seit 1. Juli 2001 § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 idF des Art 5 Nr 7 Buchst b Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – ≪SGB IX≫ Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046). Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 jeweils RdNr 10: Visudyne®; SozR 4-2500 § 27a Nr 1 RdNr 3: Künstliche Befruchtung mittels ICSI). Dies ist hier nicht der Fall.

b) Die Beklagte war zwar nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung der bei ihr versicherten Klägerin verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Hieran fehlt es im Falle der Klägerin, denn Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie im konkreten Fall nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben (vgl BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11: Remedacen®; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 11: Visudyne®). Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (stRspr vgl BSGE 81, 54, 59 ff = SozR 3-2500 § 135 Nr 4; BSGE 86, 54, 56 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 mwN; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 69: Colon-Hydro-Therapie; BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 1 RdNr 7: Bioresonanztherapie; zuletzt BSG Urteil vom 22. März 2005 – B 1 A 1/03 R, Aufsichtsmaßnahme wegen Gewährung von Leistungen der besonderen Therapierichtungen, zur Veröffentlichung in BSG und SozR bestimmt, JURIS-Dokument KSRE100341518 RdNr 37). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (stRspr seit BSGE 81, 73, 75 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 92 Nr 7; BSGE 86, 54, 56 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 62 mwN).

c) Bei der ESWT handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, für die es nicht nur an einer positiven Empfehlung des Bundesausschusses fehlt, sondern die dieser ausdrücklich als nicht zu Lasten der Krankenkassen erbringbar eingestuft hat.

Ärztliche bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 – Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f). “Neu” ist eine Methode, wenn sie (bisher) nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4; BSGE 81, 73, 75 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 7; vgl § 2 Abs 1 BUB-RL; zuletzt BSG Urteil vom 22. März 2005 – B 1 A 1/03 R, zur Veröffentlichung bestimmt, JURIS-Dokument KSRE100341518 RdNr 38). – Diese Kriterien sind bei der ESWT erfüllt: Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine medizinische Vorgehensweise handelt, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept in diesem Sinne zu Grunde liegt; denn jedenfalls ist als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä unter Nr 1860 nur die “Extrakorporale Stoßwellenlithotrypsie von Harnsteinen” vorgesehen, nicht dagegen die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen. Zumindest bezüglich der zuletzt genannten Indikationsgebiete handelt es sich bei der ESWT mithin um eine “neue Behandlungsmethode”.

Der Bundesausschuss hat die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen mangels überzeugender wissenschaftlicher Nachweise eines diagnostischen oder therapeutischen Nutzens mit Beschluss vom 24. April 1998 in die Anlage B der NUB-RL aufgenommen, dh als Methode eingestuft, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf (vgl BAnz Nr 136 vom 25. Juli 1998, S 10507 = Deutsches Ärzteblatt 95 vom 3. August 1998, C-1440). Mit Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 wurden die bisherigen NUB-RL unter der Überschrift “Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V” (BUB-RL) neu gefasst und die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen weiterhin unter Nr 23 der Anlage B aufgeführt (vgl BAnz Nr 56 vom 21. März 2000 S 4602 f = Deutsches Ärzteblatt 97 vom 31. März 2000, C-680). Dadurch, dass mit Wirkung vom 24. März 2004 infolge des Beschlusses des Bundesausschusses vom 1. Dezember 2003 (BAnz Nr 57 vom 23. März 2004) eine Umbenennung in “Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden” erfolgte, hat sich eine Änderung der Rechtslage ebenfalls nicht ergeben.

d) Das Gesetz ordnet in § 135 Abs 1 SGB V an, dass Methoden ohne positive Empfehlung in Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht zu Lasten der Krankenversicherung angewandt werden dürfen. An diese Entscheidungen des Bundesausschusses über den Ausschluss bestimmter Methoden sind Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre (vgl BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 1 S 5). Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Regelung des Bundesausschusses nicht von der Ermächtigungsgrundlage (§ 135 Abs 1 Satz 1, § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) gedeckt oder die Regelung nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren (dazu auch unter 2.) zustande gekommen ist, sind nicht zu erkennen. Der Ausschluss nicht anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung nach Maßgabe des § 135 Abs 1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt auch kein Verfassungsrecht. Die im Schrifttum gegen die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände (vgl zB von Zezschwitz, Freundesgabe für Söllner, 1990, 645; Papier, VSSR 1990, 123, 130 ff; Wimmer, NJW 1995, 1577; ders, MedR 1996, 425; Ossenbühl, NZS 1997, 497) teilt der Senat nicht. Die Revision hat hierzu keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, sodass auf die früheren Ausführungen der Senate des BSG verwiesen wird (vgl zB BSGE 81, 73, 80 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 55 ff; BSGE 82, 41, 46 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15 ff; BSGE 85, 36, 44 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 45 mwN).

2. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den Grundsätzen des sog Systemversagens.

a) Ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog “Systemversagen”). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70: “rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses”). – Einen solchen Fall des Systemversagens hat das SG zutreffend verneint.

b) Mit ihrem Vorbringen zum sog Systemversagen kann die Klägerin nicht durchdringen. Sie meint sinngemäß, es liege ein Systemversagen vor, weil der oberste Sanitätsrat Österreichs mit Beschluss vom 8. Mai 1999 die ESWT als “Therapie der ersten Wahl” bei Pseudarthrosen anerkannt, der Bundesausschuss aber seine Entscheidung gleichwohl nicht geändert habe. Selbst wenn dem Bundesausschuss im Zeitpunkt der Abfassung seines Berichts vom 22. Juli 1999 dieser Beschluss nicht bekannt gewesen sein sollte, habe spätestens die Veröffentlichung des österreichischen Beschlusses dem Bundesausschuss Veranlassung geben müssen, sich erneut mit der ESWT zu befassen und seine (eigene) Entscheidung ggf zu revidieren. Dies sei nicht geschehen. – Der Senat vermag in diesem Vorbringen keine Anhaltspunkte erkennen, die den Tatbestand eines Systemversagens erfüllen könnten.

Der Bundesausschuss hat sich mit der ESWT befasst und hierzu erst im April 1998 einen Beschluss gefasst. Der bloße Umstand, dass eine österreichische Einrichtung die ESWT nach nationalem österreichischem Recht möglicherweise anders beurteilt hat als der Bundesausschuss nach deutschem Recht, führt nicht im Nachhinein dazu, dass angenommen werden könnte, der Bundesausschuss habe eine Überprüfung seiner Entscheidung vom 24. April 1998 pflichtwidrig nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt. Der Bundesausschuss hatte seine Prüfung kurz vor Bekanntwerden der österreichischen Entscheidung abgeschlossen. Als die Klägerin die Kostenübernahme für die ESWT beantragte, lag dem Bundesausschuss offenbar ein erneuter Überprüfungsantrag einer der in Nr 1 der BUB-RL genannten Stellen nicht vor. Dies wäre indessen für ein erneutes Tätigwerden erforderlich gewesen. Der Bundesausschuss hat – entgegen einem häufig anzutreffenden Missverständnis – nicht selbst über den medizinischen Nutzen einer bestimmten Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 1 S 3 f; BSGE 76, 194, 199 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 12 zur Erfordernis des Wirksamkeitsnachweises; BSGE 84, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 18 und SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71 f jeweils zum Begriff des “allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse”). Die BUB-RL und die darin enthaltene Verfahrensordnung tragen dieser Aufgabenstellung grundsätzlich Rechnung, indem sie im Einzelnen regeln, welche Unterlagen für die Überprüfung heranzuziehen sind, nach welchen Kriterien die Bewertung zu erfolgen hat und welche Voraussetzungen für eine Anerkennung der Methode erfüllt sein müssen. Die BUB-RL sehen außerdem vor, dass der Bundesausschuss nur auf Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen tätig wird. Das SG hat nicht festgestellt, dass nach Ergehen des Beschlusses vom 24. April 1998 ein solcher (Überprüfungs-)Antrag der antragsberechtigten Stellen vorlag, der nicht zeitgerecht bearbeitet und beschieden worden ist. Es fehlen auch Hinweise dafür, dass das Anerkennungsverfahren von den antragsberechtigten Stellen nicht ordnungsgemäß betrieben wurde.

Insbesondere sind vom SG keine Tatsachen festgestellt worden, die ein Systemversagen auf Grund inhaltlicher Kriterien rechtfertigen. Der Arbeitsauschuss ”Ärztliche Behandlung” des Bundesausschusses hat die Gründe, die zum Ausschluss der ESWT durch Aufnahme zunächst in die Anlage B der NUB-RL, später in Anlage B der BUB-RL geführt haben, in seinem Zusammenfassenden Bericht vom 22. Juli 1999 dargelegt (abrufbar im Internet unter: http://www.g-ba.de/cms/upload/pdf/abs5/berichte/HTA-ESWT.pdf). In diesem Bericht (Seite 2) wird zu Anfang ua ausgeführt, dass auch nach der Beschlussfassung des Bundesausschusses vom 24. April 1998 veröffentlichte wissenschaftlichen Arbeiten keine weiterführenden Informationen zum Nutzen, zur Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der ESWT erbracht hätten oder aber zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie der Bundesausschuss gelangt seien. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitsausschuss hierbei wesentliche, entscheidungserhebliche wissenschaftliche Unterlagen übersehen hätte, die der oberste Sanitätsrat Österreichs bei seinem Beschluss vom 8. Mai 1999 berücksichtigt hatte. Das SG hat nicht festgestellt, dass insoweit wesentliche neue wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht oder sonst bekannt geworden wären. Welche Unterlagen zu therapeutischen Methoden vom Bundesausschuss ausgewertet werden können, regelt Nr 8 der BUB-RL, die Unterlagen über medizinische/klinische Studien nennt, nicht jedoch auf Rechtsakte in- oder ausländischer Behörden oder sonstiger Einrichtungen abstellt.

3. Ein Kostenerstattungsanspruch steht der Klägerin entgegen dem Revisionsvorbringen (dazu a) auch nicht nach § 13 Abs 4 SGB V (dazu b), auf Grund des Rechtsprechung des EuGH zur EU-Auslandskrankenbehandlung (dazu c) oder wegen einer sog Inländerdiskriminierung zu (dazu d).

a) Die Revision trägt insoweit vor, die Klägerin habe nach § 13 Abs 4 SGB V in der Fassung des Art 1 Nr 4 Buchst b des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) einen Anspruch auf Erstattung der in Österreich durchgeführten extrakorporalen Stoßwellentherapie bei Pseudarthrose. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass § 13 Abs 4 SGB V erst am 1. Januar 2004 in Kraft getreten und die ESWT bei der Klägerin bereits im Dezember 1999 durchgeführt worden sei, zumal mit § 13 Abs 4 SGB V nur die Rechtsprechung des EuGH in das nationale deutsche Recht umgesetzt worden sei. Es wäre ein Widerspruch, wollte man der Klägerin die Kosterstattung für die wohnortnahe Versorgung mit Gesundheitsleistungen im Inland versagen, obwohl man ihr die Leistungserbringung im EU-Ausland auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH bzw auf Grund § 13 Abs 4 SGB V im Wege einer Kostenerstattung zubilligen müsste. – Mit diesem Vorbringen vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

b) Die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V liegen nicht vor. Nach § 13 Abs 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum an Stelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung (Satz 1). Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (Satz 2). Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte (Satz 3).

Abgesehen davon, dass § 13 Abs 4 SGB V erst durch Art 1 Nr 4 Buchstabe b) GMG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das SGB V eingefügt worden und auf die im Mai 1999 beantragte und im Dezember 1999 durchgeführte ESWT schon deshalb nicht anwendbar ist (vgl BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4 jeweils RdNr 7, zur Farblaserbehandlung 1998 in Österreich), würde es auch am Vorliegen aller weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift fehlen. Die Klägerin hat die ESWT nicht im Ausland, sondern bei einem im Hamburg niedergelassenen Orthopäden durchführen lassen. Zum anderen müsste eine Kostenerstattung selbst dann ausscheiden, wenn die ESWT im Ausland in Anspruch genommen worden wäre, zumal die ESWT im Inland (Deutschland) – wie bereits ausgeführt wurde (oben 1) – nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch nicht als Sachleistung erbracht werden dürfte, was § 13 Abs 4 SGB V jedoch voraussetzt.

c) Ebenso wenig kann die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch aus der Rechtsprechung des EuGH herleiten.

Der EuGH hat schon 1984 in den Rechtssachen Luisi und Carbone anerkannt, dass auch die passive Dienstleistungsfreiheit in den Anwendungsbereich des EWG-Vertrags fällt und der freie Dienstleistungsverkehr die Freiheit der Leistungsempfänger einschließt, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch Beschränkungen und zwar im Hinblick auf Zahlungen – daran gehindert zu werden. Als solche Empfänger von Dienstleistungen zählte der EuGH beispielhaft ausdrücklich auch Personen auf, die “für Zwecke einer medizinischen Behandlung” im EG-Ausland Dienstleistungen in Anspruch nehmen (EuGH 31. Januar 1984 Rs Luisi und Carbone, 266/82, 26/83, EuGHE 1984, 377 ff = NJW 1984, 1288). In der Rechtssache Kohll sah der EuGH sodann 1998 einen Verstoß gegen die passive Dienstleistungsfreiheit darin, dass die Erstattung der Kosten für Zahnbehandlung durch einen Zahnarzt in einem anderen Mitgliedstaat nach den Tarifen des Versicherungsstaats von der vorherigen Genehmigung der Auslandsbehandlungskosten durch die Kasse des Versicherten abhängig gemacht wurde. Eine solche Regelung halte die Versicherten davon ab, sich an ärztliche Dienstleister in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden (EuGH 28. April 1998 Rs Kohll C-158/96, EuGHE I 1998, 1931 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 5). In den Rechtssachen Smits und Peerboom aus dem Jahre 2001 sowie der Rechtssache Müller-Fauré/van Riet aus dem Jahr 2003 hat der EuGH seine Rechtsprechung zu den Grenzen der Dienstleistungsfreiheit weiter konkretisiert und dabei vor allem zwischen ambulanter und stationärer Krankenbehandlung differenziert. Danach kann die Übernahme der Kosten für eine Krankenhausversorgung in einem anderen Mitgliedstaat ohne Verstoß gegen den EG von einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse des Versicherten abhängig gemacht werden (EuGH 12. Juli 2001 Rs Smits und Peerbooms C-157/99 EuGHE I 2001, 5437 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6). Demgegenüber verstößt es gegen den EG, wenn die Übernahme der Kosten für eine ambulante Versorgung von einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse des Versicherten abhängig gemacht wird. Dies gilt auch dann, wenn das nationale Recht ein Sachleistungssystem vorsieht (EuGH 13. Mai 2003 Rs Müller-Fauré/van Riet C-385/99 EuGHE I 2003, 4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1). Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung des EuGH gefolgt (vgl zB BSGE 89, 34 = SozR 3-2500 § 18 Nr 8: ambulante Radio-Jod-Therapie in Belgien; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4 RdNr 9, 10: Farblaserbehandlung in Österreich, jeweils mit Wiedergabe der Rechtsprechung des EuGH).

In allen genannten Fällen lag allerdings – anders als bei der Klägerin – eine Auslandskrankenbehandlung vor. Schon mangels Vorliegens eines solchen grenzüberschreitenden Sachverhalts kann sich die Klägerin nicht auf die aus der passiven Dienstleistungsfreiheit folgenden Rechte berufen. Abgesehen davon ist der EuGH-Rechtsprechung nicht zu entnehmen, dass Versicherte im EU-Ausland Leistungen auf Kosten ihrer inländischen Krankenkasse in Anspruch nehmen können, die sie im Inland der Art nach nicht erhalten würden. Wie der EuGH in der Rechtssache Müller-Fauré/van Riet klargestellt hat (EuGH 13. Mai 2003 Rs Müller-Fauré/van Riet C-385/99 EuGHE I 2003, 4509 RdNr 98 und 106 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 S 21, 23, dort RdNr 128 und 137), ist es allein Sache der Mitgliedstaaten, den Umfang des Krankenversicherungsschutzes für die Versicherten zu bestimmen. Versicherte können deshalb, wenn sie sich ohne vorherige Genehmigung zur Versorgung in einen anderen Mitgliedstaat als den der Niederlassung ihrer Krankenkasse begeben, die Übernahme der Kosten auch für ihre ambulante ärztliche Versorgung nur insoweit verlangen, als das Krankenversicherungssystem des Mitgliedstaats der Versicherungszugehörigkeit eine Deckung garantiert (so auch die stRspr des Senats, vgl zB BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4 RdNr 10 mwN; BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 19).

d) Schließlich liegt auch kein Fall einer sog Inländerdiskriminierung vor. Zwar kann das Gemeinschaftsrecht unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass mitgliedstaatliche Beschränkungen der Grundfreiheiten des EG Personen (insbesondere Ausländern) bei Verwirklichung eines Sachverhalts mit Auslandsberührung nicht entgegengehalten werden können, während sie andere Personen (insbesondere Inländer) bei rein innerstaatlichen Sachverhalten wegen des begrenzten Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts auf Sachverhalte mit Grenzüberschreitung treffen (sog Inländerdiskriminierung, vgl BSGE 70, 206, 216 = SozR 3-4100 § 4 Nr 3 S 21 f; Kewenig JZ 1990, 20 ff; Fastenrath JZ 1987, 170 ff jeweils mwN). Die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer solchen (allein) nach nationalem Recht zu beurteilenden Inländerdiskriminierung (vgl zB Beschluss vom 16. Dezember 2003, Az: B 1 KR 63/02 B JURIS-Dokument KSRE076460517 RdNr 9; Nicolaysen, Europarecht I, 2. Aufl 2002, S 134 f; Streinz, EUV/EGV, 2003, Art 12 EGV RdNr 6, 58 ff mwN) kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn ein vergleichbarer Sachverhalt mit Auslandsberührung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt und im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht zu für den Bürger günstigeren Rechtsfolgen führt als ein allein inländischer Sachverhalt. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Wie bereits dargelegt wurde, führt das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der EU-Auslandskrankenbehandlung nicht zu einer sachlichen Erweiterung der dem Versicherten nach innerstaatlichem Recht zustehenden Rechte (vgl 3c).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1454453

ArztR 2006, 191

KrV 2005, 347

GesR 2006, 77

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