Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbevollmächtigter, der für einen anderen Steuerbevollmächtigten in dessen Kanzlei tätig ist

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Versicherungspflicht eines Steuerbevollmächtigten, der im Büro eines anderen Steuerbevollmächtigten mitarbeitet.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Frage, ob eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wird oder nicht, ist in Grenzfällen stets vom Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung aus zugehen. Dabei kann nur eine Gesamtwürdigung aller Tätigkeitsmerkmale klären, ob im Einzelfall eine selbständige Berufsausübung oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer vorliegt.

Ein bereits zugelassener Steuerbevollmächtigter, der für einen anderen Steuerbevollmächtigten in dessen Steuerkanzlei tätig und der in den Betrieb funktionsgerecht eingegliedert ist, übt eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus.

Versicherungspflicht eines beschäftigten Steuerbevollmächtigten: 2. Ein Steuerbevollmächtigter, der im Büro eines anderen Steuerbevollmächtigten gegen ein festes Monatsgehalt mitarbeitet, leistet auch dann fremd bestimmte Arbeit als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, wenn er an inhaltliche Weisungen des Arbeitgebers (Steuerbevollmächtigten) nicht gebunden ist. Entscheidend ist die Eingliederung in den Betrieb des anderen Steuerbevollmächtigten.

3. Für die rechtliche Beurteilung der Versicherungspflicht kann es nicht auf die von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnungen, sondern nur auf die tatsächliche Ausführung der beruflichen Tätigkeit und die für sie maßgeblichen Verhältnisse ankommen. Den Vertragsparteien ist es insoweit untersagt, über ihre öffentlich-rechtlichen Pflichten zu paktieren.

 

Normenkette

AVG § 2 Fassung: 1957-02-23, § 3 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 56

 

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 8. Dezember 1970 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 21. Oktober 1969 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 3) vom 16. bis 31. Mai 1965 und vom 1. Juli 1965 bis 28. Juli 1966 versicherungspflichtig beschäftigt war und ob deshalb für ihn Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind.

Der Kläger ist Steuerbevollmächtigter. Er unterhält in S und in T Geschäftsräume. Der Beigeladene zu 3) arbeitete zunächst im S Büro als Bürovorsteher. Er bezog ein Monatsgehalt von 1300 DM und erhielt außerdem im Monat 200 DM für Spesen. Nachdem der Beigeladene zu 3) am 15. Mai 1965 zum Steuerbevollmächtigten bestellt worden war, arbeitete er für den Kläger weiter. Er erhielt vom Kläger ein monatliches Entgelt von 1500 DM; Beiträge zur Sozialversicherung wurden nicht mehr abgeführt.

Die Beklagte kam anläßlich einer Betriebsprüfung beim Kläger zu dem Ergebnis, daß der Beigeladene zu 3) auch vom 16. Mai 1965 an der Versicherungspflicht zur Angestellten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Sie forderte demgemäß vom Kläger Beiträge im Gesamtbetrag von 2.465,58 DM nach (Bescheid vom 12. August 1966, Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1967).

Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - für das Saarland vom 21. Oktober 1969). Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung des Klägers mit folgender Begründung stattgegeben: Nach den von dem Kläger und dem Beigeladenen zu 3) übereinstimmend vorgetragenen und von den übrigen Beteiligten nicht bestrittenen Tatsachen spreche zwar eine Reihe von Gründen für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit des Beigeladenen zu 3) von dem Kläger. Dieser habe für sein Büro in S. eine Hilfe benötigt. Der Beigeladene zu 3) habe in den Räumen des Klägers von 8 bis 18 Uhr gearbeitet und die gleiche Vergütung erhalten wie in der Zeit, in welcher er als angestellter Bürovorsteher beim Kläger gewesen war. Seine Arbeit sei nach außen als Arbeit des Klägers in Erscheinung getreten; sie sei von den Kunden auch als Arbeit des Klägers bzw. dessen Büros an den Kläger bezahlt worden. Trotz dieser für eine fremdbestimmte Arbeit des Beigeladenen zu 3) sprechenden Anhaltspunkte überwiegen jedoch die Umstände, die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Der Kläger habe den Beigeladenen zu 3) völlig selbständig arbeiten lassen und habe dessen Anordnungen und Maßnahmen nicht beeinflußt. Der Beigeladene zu 3) sei also in seiner Arbeit völlig frei und von dem Kläger in der Gestaltung der notwendigen Arbeit an den Einzelfällen in keiner Weise gebunden gewesen. Wenn der Beigeladene zu 3) auch die bearbeiteten Fälle mit dem Kläger später durchgesprochen und ihm damit die notwendige Kenntnis für dessen spätere Besprechungen mit den Kunden vermittelt habe, so spreche dies nicht für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Hierin sei vielmehr die Unterrichtung des Klägers über die von ihm in Auftrag gegebene Arbeit zu sehen, die keinen Schluß auf die Abhängigkeit der Beschäftigung zulasse. Auch aus dem Umstand, daß der Beigeladene zu 3) seine Arbeit überwiegend in den Geschäfts- und Büroräumen des Klägers ausgeführt habe, könne nicht auf seine Abhängigkeit geschlossen werden, weil es ihm grundsätzlich frei gestanden habe, wo er seine Fälle bearbeitete. Schließlich sei er auch nicht dadurch ein abhängiger Beschäftigter geworden, daß der Kläger die Rechnungen ausgestellt habe und daß der Kläger von den Mandanten als Vertragspartner angesehen worden sei. All das seien sekundäre Merkmale. Im Vordergrund habe die selbständige Bearbeitung der Fälle des Klägers gestanden. Hiermit sei der Beigeladene zu 3) betraut gewesen. Diesen Auftrag habe er völlig selbständig durchführen können, ohne an das Schema, die Arbeitsweise oder die Rechtsauffassung des Klägers gebunden zu sein. Diese freie Mitarbeit bei und für einen Kollegen könne nicht als abhängige Arbeit gewertet werden (Urteil vom 8. Dezember 1970).

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des materiellen Rechts. Während der Beigeladene zu 3) die Fälle des Klägers bearbeitet habe, sei er in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Er habe dabei nicht für sich und seine Praxis, sondern für den Kläger gearbeitet. Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 3) müsse somit in der streitigen Zeit bejaht werden.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG für das Saarland vom 21. Oktober 1969 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revisionen zurückzuweisen.

Er macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen. Die Darstellung des Sachverhalts durch die Revisionen sei zudem unrichtig, weil der Beigeladene zu 3) z.B. einen Großteil seiner Arbeiten für den Kläger in seinen eigenen Räumen durchgeführt habe, wenn ihm dies aus zeitlichen Gründen nicht anders möglich gewesen sei. Im übrigen müsse das vom bisher unstreitigen Sachverhalt abweichende Vorbringen der Beklagten als verspätet zurückgewiesen werden.

Die Beigeladene zu 2) hat von einer Antragstellung abgesehen.

Der Beigeladene zu 3) ist im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten im Sinne des § 166 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vertreten.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden.

II

Die durch Zulassung statthaften Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sind begründet.

Die Beitragspflicht des Klägers hängt davon ab, ob der Beigeladene zu 3) im streitigen Zeitraum in der Angestelltenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen ist (§§ 2, 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -, § 56 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -). Maßgebend ist somit, ob der Beigeladene zu 3) als Angestellter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Dies ist vom LSG zu Unrecht verneint worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist wesentliches Merkmal eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten gegenüber einem Arbeitgeber (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 1. März 1972 - Az.: 12/3 RK 43/69 mit weiteren Nachweisen). Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb und dem damit in aller Regel verbundenen Direktionsrecht des Arbeitgebers. Diese Weisungsbefugnis kann allerdings hinsichtlich der Ausführung der Arbeit stark eingeschränkt sein und im Einzelfall sogar ganz zurücktreten. Trotzdem bleibt in solchen Fällen die Arbeitsleistung fremdbestimmt, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in dessen Dienst sie verrichtet wird (vgl. BSG 20, 6, 8 und SozR Nr. 55 zu § 165 der Reichsversicherungsordnung - RVO - jeweils unter Hinweis auf BSG 16, 289, 293, 294). Bedeutsame Anhaltspunkte für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sind außerdem das Vorhandensein oder Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und insbesondere eines eigenen Unternehmerrisikos (vgl. SozR Nr. 51 zu § 165 RVO) sowie die wirtschaftliche und soziale Stellung des Dienstleistenden (SozR Nr. 15 zu § 1227 RVO). Maßgebend muß aber immer das Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung bleiben (vgl. SozR Nr. 51 zu § 165 RVO und SozR Nr. 4 zu § 2 AVG). Dabei kann in Grenzfällen nur eine Gesamtwürdigung aller Tätigkeitsmerkmale klären, ob im Einzelfall eine selbständige Berufsausübung oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer vorliegt (vgl. BSG 11, 257, 260; SozR Nr. 51 und Nr. 55 zu § 165 RVO). Auch das LSG ist von diesen für die Entscheidung über die Versicherungspflicht wesentlichen Kriterien ausgegangen. Der Ansicht des LSG, im vorliegenden Fall überwiegen die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände, kann indes nicht gefolgt werden.

Zunächst spricht die Bestellung des Beigeladenen zu 3) zum Steuerbevollmächtigten für sich allein nicht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung beim Kläger. Nach § 23 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz) vom 16. August 1961 (BGBl I 1301), jetzt gültig in der Fassung des Zweiten Änderungsgesetzes vom 11. August 1972 (BGBl I 1401), konnte der Beigeladene zu 3) seinen Beruf auch als Angestellter eines anderen Steuerbevollmächtigten ausüben. Nach den für das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG muß ein derartiges Angestelltenverhältnis im Falle des Beigeladenen zu 3) für den streitigen Zeitraum angenommen werden.

Danach hat der Beigeladene zu 3) überwiegend in den Büroräumen des Klägers täglich von 8 bis 18 Uhr die Steuersachen der Mandanten des Klägers bearbeitet. Die Fälle sind ihm vom Kläger zugewiesen worden. Die bearbeitenden Sachen sind zwischen dem Beigeladenen zu 3) und dem Kläger erörtert worden. Die abschließenden Besprechungen mit den Kunden hat sodann der Kläger allein geführt. Gegenüber den Kunden ist somit der Beigeladene zu 3) nicht als Steuerbevollmächtigter in Erscheinung getreten. Die Rechnungen für die vom Beigeladenen zu 3) geleisteten Arbeiten sind vom Büro des Klägers ausgestellt und von den Mandanten auch direkt an den Kläger bezahlt worden. Der Beigeladene zu 3) hat - ebenso wie zu der Zeit, als er noch Bürovorsteher beim Kläger war - eine feste, zeitbezogene Vergütung und einen bezahlten Urlaub von 19 Tagen erhalten. Aus diesen Feststellungen des LSG folgt, daß der Beigeladene zu 3) während der gesamten streitbefangenen Zeit seine Arbeitskraft zumindest überwiegend dem Kläger zur Verfügung gestellt hat und dabei kein eigenes Kapital einzusetzen brauchte. Er hat demzufolge auch keinerlei Unternehmerrisiko getragen (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 1.3.1972 aaO). Der Beigeladene zu 3) ist auch örtlich, zeitlich und organisatorisch in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Seine Arbeitsleistung war daher fremdbestimmt (ebenso im Ergebnis Urteil des 3. Senats des BSG vom 17.10.1969 in DAngVers 1970, 30 für den ähnlichen Fall der festvergüteten Mitarbeit eines zugelassenen Rechtsanwalts im Büro eines anderen Rechtsanwalts).

Der Beigeladene zu 3) hat nach den Feststellungen des LSG die fremdbestimmte Arbeit allerdings frei von inhaltlichen Weisungen des Klägers ausgeführt. Wenn das LSG aus diesem Umstand allein eine selbständige, versicherungsfreie Tätigkeit herleiten will, so übersieht es, daß es Arbeitsverhältnisse geben kann, bei denen der Arbeitgeber keinen Einfluß auf die sachliche Ausführung der Tätigkeit des Arbeitnehmers hat. Gerade bei Diensten höherer Art (vgl. § 622 BGB) ergibt sich oft bereits aus der Arbeitsleistung selbst die weitgehende Unabhängigkeit der Arbeitnehmer von direkten Weisungen (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 55 zu § 165 RVO). Das nach der Rechtsprechung des BSG für das abhängige Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal der persönlichen Abhängigkeit kann daher in Grenzfällen auch allein durch die - hier vorliegende - Eingliederung in einen Betrieb gekennzeichnet sein. An die Stelle der Weisungsgebundenheit tritt dann die funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozeß (BSG 16, 289, 294). Das Unterlassen konkreter Weisungen durch den Kläger konnte die persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 3) auch deshalb nicht ausschließen, weil der Kläger infolge der regelmäßigen Arbeitsbesprechungen mit dem Beigeladenen zu 3) ohnehin eine ausreichende Kontrollfunktion ausgeübt hat. Diese Arbeitsweise und die sodann allein vom Kläger durchgeführten Verhandlungen mit den Mandanten unterstreichen noch die organisatorische Eingliederung des Beigeladenen zu 3) in den Betrieb des Klägers.

Im übrigen genügt die vom LSG angenommene weisungsfreie Arbeitsgestaltung für eine selbständige, versicherungsfreie Tätigkeit auch deswegen nicht, weil hierzu - wie das BSG in Anlehnung an § 84 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) bereits ausgesprochen hat (BSG 13, 201) - in der Regel auch eine freie Bestimmung der Arbeitszeit erforderlich ist. Eine solche hätte hier aber nur dann vorgelegen, wenn der Beigeladene zu 3) ohne Mindestarbeitszeit und bestimmtes Arbeitspensum tätig geworden wäre (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 1.3.1972 aaO unter Hinweis auf Baumbach-Duden, HGB, 19. Aufl., Anm. 5 B zu § 84). Davon kann hier aber schon deswegen keine Rede sein, weil nach den Feststellungen des LSG dem Beigeladenen zu 3) vom Kläger eine bestimmte Anzahl von Steuersachen zur Erledigung zugewiesen worden ist und der Beigeladene zu 3) die Fälle - jedenfalls regelmäßig - in den Geschäftsräumen des Klägers von 8 bis 18 Uhr und damit während einer üblichen Bürozeit bearbeitet hat. Durch diese vom LSG festgestellte Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit wird ebenfalls die Eingliederung des Beigeladenen zu 3) in den Betrieb des Klägers bestätigt. Schon deswegen kann für die Entscheidung die vom LSG lediglich noch festgestellte Freiheit des Beigeladenen zu 3) in der Wahl des Arbeitsortes nicht rechtserheblich sein. Es kann daher auch nicht darauf ankommen, ob der Beigeladene zu 3) von dieser Freiheit Gebrauch gemacht hat. Im übrigen handelt es sich bei den dahingehenden Ausführungen in der Revisionserwiderung des Klägers (der Beigeladene habe einen Großteil der Arbeiten für den Kläger in seinen eigenen Räumen erledigt) um einen von den Feststellungen im angefochtenen Urteil abweichenden Sachvortrag, der im Revisionsverfahren ohne entsprechende Verfahrensrügen des Revisionsbeklagten (vgl. hierzu Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 3 zu § 163 SGG, S. III/80 - 97 -) unbeachtet bleiben muß.

Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht auch nicht entgegen, daß nach dem Vortrag des Klägers und des Beigeladenen zu 3) ihr Wille auf die Begründung eines Rechtsverhältnisses gerichtet gewesen ist, in dem der Beigeladene zu 3) Selbständigkeit besessen hätte. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 1. März 1972 aaO bereits ausgeführt hat, wäre dieser Wille der Beteiligten für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nur dann zu beachten, wenn die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses diesem Willen entsprochen hätte. Dem war hier aber nicht so. Dann kann es für die rechtliche Beurteilung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 3) nicht auf die von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnungen (freie Mitarbeit als selbständiger Steuerbevollmächtigter), sondern nur auf die tatsächliche Ausführung der beruflichen Tätigkeit und die für sie maßgeblichen Verhältnisse ankommen. Den Vertragsparteien ist es insoweit versagt, über ihre öffentlich-rechtlichen Pflichten zu paktieren (vgl. BSG 11, 257, 262; 13, 130, 134).

Soweit der Kläger in seiner Revisionserwiderung der Beklagten vorwirft, die Revisionsbegründung enthalte ein neues, vom bisher unstreitigen Sachverhalt abweichendes Vorbringen, kann dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit dies zutrifft. Wie aufgezeigt ergibt nämlich bereits eine Gesamtwertung der für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG, daß auch in der Zeit, in welcher der Beigeladene zu 3) als bestellter Steuerbevollmächtigter beim Kläger tätig gewesen ist, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Angestellter in höherer Stellung, § 3 Abs. 1 Nr. 2 AVG) vorgelegen hat. Darauf beruht die Versicherungspflicht (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG, 56 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG). Die Beklagte hat somit als Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge (vgl. §§ 121 AVG, 160 AVAVG) vom Kläger zu Recht die der Höhe nach unstreitigen Beiträge nachgefordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669648

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