Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 16.01.1996; Aktenzeichen L 18 An 86/94)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 1996 abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1993 wird abgeändert und insoweit aufgehoben, als die Beklagte über die Höchstdauer der Anrechnung und Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Ausbildung für den späteren Leistungsfall entschieden hat.

Im übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt im Rahmen eines Vormerkungsverfahrens die Feststellung, die Beklagte sei in einem künftigen Leistungsfall verpflichtet, die von ihm begehrte Anrechnungs-/Ausbildungszeit in vollem Umfang und nicht zeitlich begrenzt anzuerkennen.

Der 1942 geborene Kläger nahm im April 1962, nachdem er im März 1962 die Reifeprüfung abgelegt hatte, das Studium der Physik an der Universität Heidelberg auf, das er im November 1968 erfolgreich beendete. Im Anschluß daran war er als wissenschaftlicher Assistent, ab Dezember 1971 als Beamter auf Zeit, tätig. Aus dem Beamtenverhältnis schied der Kläger im März 1980 aus; für diesen Zeitraum wurde er nachversichert.

Mit Bescheid vom 10. Juli 1992 stellte die Beklagte im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens gemäß § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Zeiten bis 31. Dezember 1985 „als für die Beteiligten verbindlich” fest. Danach waren Anrechnungs-/ Ausbildungszeiten, die Zeit vom 7. November 1958 bis 13. März 1962 (41 Monate Schulausbildung) und die Zeit vom 27. April 1962 bis 31. Oktober 1965 (43 Monate Hochschulausbildung); die Beklagte wies in diesem Zusammenhang darauf hin, Ausbildungszeiten könnten als Anrechnungszeit nicht in vollem Umfang anerkannt werden, da sie grundsätzlich nur bis zur Höchstdauer von insgesamt sieben Jahren zu berücksichtigen seien; als weitere Anrechnungs-/Ausbildungszeiten würden anerkannt, die Zeit vom 1. November 1965 bis 31. März 1967; diese Zeiten könnten jedoch bei der Rentenberechnung nicht uneingeschränkt zugrunde gelegt werden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 1993 zurück. Sie führte aus: Nach dem ab 1. Januar 1992 geltenden Recht seien der Schulbesuch sowie eine abgeschlossene Fachschul- oder Hochschulausbildung nach Vollendung des 16. Lebensjahres nur bis zur Höchstdauer von insgesamt sieben Jahren (84 Kalendermonate) Anrechnungszeit. Überschritten die Ausbildungszeiten iS des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und b SGB VI die Höchstdauer von sieben Jahren und sei die Ausbildung vor dem 1. Januar 1992 zurückgelegt worden, greife die Sonderregelung des § 252 Abs 4 SGB VI ein. Diese lasse die Anerkennung von zusätzlichen Ausbildungs-/Anrechnungszeiten über die Höchstdauer von sieben Jahren zu, wenn die Ausbildung vor dem 1. Januar 1992 zurückgelegt worden sei und die Rente vor dem Jahre 2004 beginne. Im Hinblick hierauf werde für den Kläger als weitere Anrechnungszeit die Zeit vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 gemäß § 252 Abs 4 SGB VI anerkannt. Diese Zeit werde jedoch nur bei einem Rentenbeginn im Jahre 1992 voll, dh zu 12/12 anerkannt, in den künftigen Jahren bis 2003 werde diese Anrechnungszeit um je 1/12 pro Jahr abgeschmolzen.

Das Sozialgericht (SG) Münster hat mit Urteil vom 8. Juni 1994 die Klage ab- und das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die Berufung durch Urteil vom 16. Januar 1996 zurückgewiesen. Es hat folgende Auffassung vertreten: Die Klage sei zulässig. Der Kläger begehre die verbindliche Klärung, ob die Beklagte in einem Leistungsfall verpflichtet sei, auch die Zeit der Hochschulausbildung vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 uneingeschränkt entsprechend der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Rechtslage als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Dieses Ziel könne der Kläger nur mit der vorbeugenden Feststellungsklage verfolgen. Eine Leistungsklage sei mangels Eintritts eines Leistungsfalles noch nicht möglich. Eine Verpflichtungsklage sei nicht zulässig, weil nach § 149 Abs 5 SGB VI erst im Leistungsfall über die Anrechnung von im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entschieden werde. Die sog vorbeugende (Elementen-) Feststellungsklage sei dann zulässig, wenn der Versicherungsträger eine künftige Leistung – wie hier – bestreite. Denn durch sie werde der Streit der Beteiligten im ganzen beseitigt. Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage spreche auch, daß der Kläger durch die angegriffene Regelung persönlich, gegenwärtig und unmittelbar betroffen werde. Es stehe fest, daß er weitere Ausbildungszeiten zurückgelegt habe, die sogar bei Eintritt des Leistungsfalles zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur eingeschränkt berücksichtigt würden. Schutzwürdig sei das Interesse des Klägers deshalb, damit er Dispositionen für eine etwaige ergänzende Altersversorgung treffen könne. In der Sache habe die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Begrenzung der Anrechnung der Ausbildungszeit sei rechtmäßig und nicht verfassungswidrig. Rentenanwartschaften würden zwar dem Schutz des Art 14 Grundgesetz (GG) unterliegen. Dem Gesetzgeber komme jedoch hinsichtlich des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dies gelte insbesondere für Positionen, die, wie die Ausbildungszeiten nicht auf Beitragsleistungen der Versicherten beruhten. Die Begrenzung wirke sich zudem erst nach einem längeren Übergangszeitraum aus (§ 252 Abs 4 SGB VI). Darüber hinaus werde den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, entstehende Lücken im Versicherungsverlauf durch die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zu schließen (§ 207 SGB VI). Art 3 GG sei ebenfalls nicht verletzt.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Art 14 GG und trägt vor:

Rentenanwartschaften fielen unter den Schutz des Eigentums. Der Eigentumsschutz beruhe im wesentlichen darauf, daß die in Betracht kommende Rechtsposition durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt sei. Dem stehe nicht entgegen, daß die Rechtsposition auch oder überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhe. Der Ausbildung liege – zudem – „Arbeit” zugrunde, die einen gesellschaftlichen Bezug aufweise; sie sei typischerweise für die spätere sozialversicherungsrechtliche Tätigkeit notwendig. Die Solidargemeinschaft profitiere durch die mit der qualifizierteren Ausbildung verbundene erhöhte Leistungsfähigkeit des Versicherten. Der Eingriff in diese verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition sei nicht verhältnismäßig. Die Rentenreform habe den Zweck verfolgt, die wachsenden Belastungen der Rentenversicherung gemeinsam auf Rentner, Beitragszahler und Bund zu verteilen. Diese sozialpolitischen Argumente genügten jedoch nicht zur Rechtfertigung der Kürzung der Eigentumspositionen. Die Formel sei zu unbestimmt, um derartige Eingriffe zu rechtfertigen. Die jetzige Kürzung betreffe zudem erst die zukünftige Rentengeneration und damit die zukünftige Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung. Über diese lasse sich nur eine unsichere Prognose stellen. § 252 Abs 4 SGB VI sei keine sinnvolle, schonende Übergangsregelung. Sie wäre es nur dann, wenn der Einzelne in der Lage wäre, sein Verhalten auf die für ihn ungünstige Rechtslage einzurichten. Dies sei jedoch den Versicherten mit der Übergangsregelung nicht möglich. Weder die Nachentrichtungsmöglichkeit noch die Geringfügigkeit der Rentenminderung rechtfertigten eine andere Bewertung. Im übrigen verdiene er als freiwillig Versicherter besonderen Vertrauensschutz, da die im Versicherungszeitpunkt bestehende Rechtslage Ausgangspunkt seiner Überlegungen und seiner Kalkulation gewesen sei. Hierauf habe er vertrauen können.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 1996 sowie das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 8. Juni 1994 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 10. Juli 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1993 festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, in einem künftigen Leistungsfall auch die Zeit vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 als Anrechnungszeit in vollem Umfang zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Die mit der Anfechtungsklage erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, weil sie nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern nur auf die Feststellung eines Berechnungsfaktors einer zukünftigen Rente gerichtet sei; es handele sich demnach insoweit um eine grundsätzlich unzulässige Elementenfeststellungsklage. Darüber hinaus fehle das Feststellungsinteresse. Dem Kläger könne zugemutet werden, den Leistungsfall abzuwarten, zumal er bereits jetzt in der Lage sei, sofort durch Entrichtung freiwilliger Beiträge die Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen (§ 207 Abs 1 und 2 SGB VI). Sollten weitere Ausbildungszeiten bei einem Leistungsfall dennoch angerechnet werden, würden die Beiträge erstattet.

Zulässig sei die Klage nur, sofern sie als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ausgelegt werde. Insoweit könne die Klage jedoch keinen Erfolg haben. Die Begrenzung der Ausbildungs-/Anrechnungszeit verletze nicht Art 14 GG. Denn sie halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber durch Art 14 Abs 1 Satz 2 GG eingeräumten Gestaltungsspielraums, da vernünftige Gründe, nämlich eine Reduzierung der übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft durch beitragsfreie Zeiten, für die Begrenzung der Ausbildungszeiten maßgeblich gewesen sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers hat insoweit Erfolg, als die Anfechtungsklage (dazu unter 1.) gegen den Vormerkungsbescheid vom 10. Juli 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1993 begründet ist, soweit die Beklagte über die Höchstdauer der Anrechnungszeiten wegen Ausbildung entschieden und damit ihre Befugnis zur Vormerkung von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten aus § 149 Abs 5 SGB VI überschritten hat. Hingegen ist die Revision unbegründet, soweit die Verpflichtungsklage (dazu unter 2.) abgewiesen worden ist. Denn die Verpflichtungsklage ist mangels Klagebefugnis unzulässig; der Kläger hat nicht einmal möglicherweise einen Anspruch darauf, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) schon jetzt eine für den später vielleicht eintretenden Versicherungs- und Leistungsfall verbindliche Entscheidung über Dauer und Wert (Anrechnung) der vorgemerkten Anrechnungszeittatbestände wegen Schul- und Hochschulausbildung trifft. Eine Umdeutung der Verpflichtungsklage in eine Feststellungsklage (dazu unter 3.) kommt nicht in Betracht; sie ist nicht statthaft, weil dann das Verbot der vorzeitigen Feststellung von Berechnungselementen umgangen würde.

1. Die Anfechtungsklage gegen den im (Vormerkungs-)Bescheid vom 10. Juli 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1993 erlassenen Verwaltungsakt über die Höchstdauer der Anrechnung des vorgemerkten Anrechnungszeittatbestandes ist zulässig und begründet. Denn die BfA durfte insoweit – noch – nicht entscheiden; hierdurch bedingt ist die Rechtsstellung des Klägers in seinem Rentenversicherungsverhältnis zur Beklagten betroffen wegen des Wertes der ihm vielleicht später zustehenden Regelaltersrente.

a) Nach § 149 Abs 5 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet und befugt, durch feststellenden Verwaltungsakt in Schriftform (sog Vormerkungsbescheid) die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich festzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl Urteil des Senats SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 5; SozR 3-2600 § 58 Nr 3 S 10). Soweit diese „Daten” rentenrechtliche Zeiten iS von § 54 Abs 1 SGB VI sind, wird – „beweissichernd” für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall – für die im Bescheid aufgeführten Zeiträume verbindlich geklärt wird, daß sie den Tatbestand der jeweiligen rentenrechtlichen Zeit erfüllen. Demnach sind „Anrechnungszeiten”, falls deren tatbestandsmäßige Voraussetzungen vorliegen, nur als Anrechnungszeittatbestände vorzumerken. Hingegen darf der Versicherungsträger über die Anrechnung und Bewertung dieser Tatbestände „vorgemerkte Zeiten”) „erst bei Feststellung einer Leistung” entscheiden (§ 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI).

Ob der Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, bestimmt sich nach der im jeweils maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gültigen materiell-rechtlichen Regelung, hier nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI. Maßgeblich ist das SGB VI, nicht das vor dem 1. Januar 1992 gültig gewesene Recht (das im übrigen zu keinem anderen Ausgang des Rechtsstreits geführt hätte).

Es kommt also auf die Vorschriften über den in § 149 Abs 5 SGB VI geregelten Anspruch auf Vormerkung und auf die Bestimmungen über die Ausbildungs-/Anrechnungszeiten des § 58 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI an. Gemäß § 300 Abs 1 SGB VI finden nämlich die Vorschriften des SGB VI, welches (im wesentlichen und mit allen hier anzuwendenden Vorschriften) am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist und das das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) ersetzt hat (Art 1, 83 Nr 1, 85 Abs 1 Rentenreformgesetz 1992 ≪RRG 1992≫), von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auch auf einen Sachverhalt oder Anspruch Anwendung, wenn dieser bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat, dh abgeschlossen war. Von § 300 Abs 1 SGB VI abweichende Ausnahmeregelungen über den Beginn der Anwendbarkeit neuen Rechts greifen nicht ein; §§ 300 Abs 3, 301 bis 308 SGB VI setzen ausdrücklich einen schon bestehenden Sozialleistungsanspruch (auf Rehabilitation oder auf eine Rente) voraus. Demgegenüber wird vorliegend über die Vormerkung rechtserheblicher Tatbestände für einen erst in der Zukunft vielleicht eintretenden Leistungsfall gestritten (vgl hierzu Urteile des Senats SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 12 f, BSG SozR 3-2600 § 252 Nr 1 S 2, Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 18/94 –). § 300 Abs 2 SGB VI findet ebenfalls, und zwar ua auch deshalb keine Anwendung, weil zwischen dem alten und dem neuen Gesetz kein materiell-rechtlicher Unterschied besteht, also keine für die Entscheidung erhebliche materielle Rechtsänderung eingetreten ist.

b) Der streitige Vormerkungsbescheid genügte den Anforderungen des § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI insoweit, als der versicherte Kläger vom 7. November 1958 bis 13. März 1962 den Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Schulausbildung und vom 27. April 1962 bis 31. Oktober 1965 und vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 denjenigen einer Anrechnungszeit wegen erfolgreich abgeschlossener Hochschulausbildung erfüllt hat.

c) Rechtswidrig ist allerdings die in den angefochtenen Verwaltungsakten getroffene Feststellung, Ausbildungszeiten könnten als Anrechnungszeit grundsätzlich nur bis zur Höchstdauer von insgesamt sieben Jahren berücksichtigt werden; die Zeit vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 werde im Hinblick auf die Sonderregelung des § 252 Abs 4 SGB VI anerkannt; bei einem nach 1992 liegenden Rentenbeginn müsse in den Jahren bis 2003 diese Anrechnungszeit um jährlich 1/12 abgeschmolzen werden. Die BfA war nicht ermächtigt, eine derartige Feststellung vor Eintritt eines Leistungsfalles zu treffen. Im Vormerkungsverfahren darf sie nur darüber befinden, ob – wie oben angeführt – der behauptete Anrechnungszeittatbestand im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach seinen derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt ist, während über die Anrechenbarkeit (und Bewertung) dieses Tatbestandes einer rentenrechtlichen Zeit erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werden darf (§ 149 Abs 5 Satz 2 SGG; ständige Rechtsprechung, stellvertretend: BSGE 42, 159, 160; BSGE 31, 226, 230, insoweit nicht abgedruckt in SozR Nr 30 zu § 1259 RVO; BSGE 49, 44, 46 = SozR 2200 § 1259 Nr 44 S 119; BSGE 56, 151, 152 f = SozR 2200 § 1259 Nr 82 S 225 ff; BSG SozR § 1259 Nr 109 S 294; SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 6; Urteil vom 18. April 1996).

Infolgedessen sind Zeiten als Anrechnungszeittatbestände auch dann vorzumerken, wenn – der Eintritt des Leistungsfalles unterstellt – nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage eine rentensteigernde Auswirkung dieser Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten – etwa wegen einer zeitlichen Begrenzung ihrer Anrechenbarkeit – (teilweise) zu verneinen wäre, da sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls das bei der Berechnung der Leistung anzuwendende (den Inhalt des „Renteneigentums” bestimmende) Gesetz geändert haben kann (vgl BSGE 56, 151, 153 = SozR 2200 § 1259 Nr 82 S 227 mwN; Urteil des Senats vom 18. April 1996 – 4 RA 18/94 – so sind auch § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und § 252 Abs 4 SGB VI zum 1. Januar 1997 geändert worden, vgl Art 1 Nr 11 Buchst a, Nr 29 Buchst b; Art 12 Abs 1 des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes, BGBl I 1996, 1461). Das Vormerkungsverfahren zielt – wie ausgeführt – auf „Beweissicherung” ab, also auf die (möglichst zeitnahe) verbindliche Feststellung von Tatsachen, die (nach der derzeitigen Rechtslage) möglicherweise in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können (vgl Urteil des Senats SozR 3-2600 § 58 Nr 2 S 3). Es kommt demnach hier nur darauf an, ob der Schulbesuch und das Hochschulstudium des Klägers den gesetzlichen Tatbestand der Anrechnungszeit nach seinen derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt (Urteile des Senats vom 19. Dezember 1995 – 4 RA 84/94 – ≪unveröffentlicht≫, 18. April 1996 – 4 RA 18/94 –).

Die Beklagte hat insbesondere im Widerspruchsbescheid ausgeführt, Ausbildungszeiten seien insgesamt höchstens bis zu sieben Jahren berücksichtigungsfähig, darüber hinaus nur nach Maßgabe der Übergangsregelung des § 252 Abs 4 SGB VI. Ein objektiver Erklärungsempfänger in der Rolle des Klägers durfte und mußte diese Ausführungen als verbindliche Entscheidung verstehen, für die Berechnung seiner (zukünftigen) Regelaltersrente würden später höchstens sieben – volle – Jahre seiner Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten angerechnet.

d) Zu einer derartigen verbindlichen Feststellung war die Beklagte jedoch nicht befugt, da sie nach § 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei Feststellung einer Leistung entscheiden darf. Ein Leistungsfall lag hier aber nicht vor. Entgegen dieser Regel ist der Rentenversicherungsträger nicht berechtigt, vor Eintritt des Leistungsfalles eine solche Entscheidung zu treffen; damit soll vermieden werden, daß bereits Anrechnungs- und Bewertungselemente für ein – gemäß der Natur einer „Versicherung” – nur möglicherweise später einmal entstehendes und uU noch nach anderen Kriterien zu bewertendes Leistungsrecht vorab zu Lasten der anderen Versicherten festgeschrieben werden (vgl Urteil des Senats SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 6).

e) Über den zeitlichen Umfang der Anrechnung und Bewertung „Höchstdauer”) des Tatbestandes einer rentenrechtlichen Zeit kann also auch nach dem System des SGB VI grundsätzlich und in aller Regel erst bei Eintritt des Leistungsfalls entschieden werden. Denn erst dann steht (ua) fest, welches Recht anzuwenden (§§ 300 ff SGB VI), welcher belegungsfähige Gesamtzeitraum vorhanden (§ 72 SGB VI), ob Konkurrenzen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten gegeben (§§ 54 ff SGB VI) und wie diese ggf aufzulösen sind.

Nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 16. Lebensjahr eine Schule besucht, eine Fach- oder Hochschule besucht und abgeschlossen haben, „insgesamt jedoch höchstens bis zu sieben Jahren”. Das Bundessozialgericht (BSG) hat geklärt, daß die Vormerkung von Tatbeständen dieser Anrechnungszeiten nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI nur den Schul- bzw den erfolgreich abgeschlossenen Fachschul- oder Hochschulbesuch nach Vollendung des 16. Lebensjahres betrifft (Urteile vom 19. Dezember 1995 – 4 RA 84/94 – ≪unveröffentlicht≫ und 18. April 1996 – 4 RA 18/94; vgl auch BSGE 56, 151, 152 = SozR 2200 § 1259 Nr 82 S 225). In gleichem Sinne hatte bereits der 1. Senat des BSG ausgeführt, eine gesetzlich festgelegte Höchstdauer bestimme lediglich den Umfang der Anrechenbarkeit einer beitragslosen Zeit als Ausfallzeit (SozR § 1259 Nr 87 S 237). Ähnlich hat der 8. Senat geäußert, es könne nur ein anrechnungsfähiger Ausfallzeittatbestand gemeint sein, der eine Begrenzung auf fünf Jahre erfahren solle (SozR 3-2200 § 1259 Nr 8 S 31), der 12. Senat des BSG hat früher dargelegt, der Gesetzgeber habe zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft „die als Ausfallzeiten berücksichtigungsfähigen Ausbildungszeiten … sowohl der Art nach auf die in § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Halbs 1 Buchst a und b AVG genannten Ausbildungsarten begrenzt, als auch darüber hinaus die Berücksichtigung dieser Ausbildungsarten von weiteren einengenden Voraussetzungen abhängig gemacht … Auch die erfolgreich abgeschlossene Fach- oder Hochschulausbildung solle aber nur für die Zeit der üblichen Ausbildung als Ausbildungszeit berücksichtigt werden” (SozR 2200 § 1259 Nr 38 S 101).

Soweit der (für Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr zuständige) 11. Senat des BSG zu § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AVG gemeint hat, die Bestimmung der Höchstdauer sei nicht Rechtsfolge für den Umfang der zu berücksichtigenden Anrechnungszeit, sondern stelle ein Merkmal des Anrechnungszeittatbestandes dar, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfülle nur in ihren ersten fünf Jahren den Ausfallzeittatbestand (SozR § 1259 Nr 96 S 257), eine die Höchstdauer überschreitende Ausbildungszeit stelle keine Ausfallzeit iS des Gesetzes dar (SozR § 259 Nr 90 S 240; vgl insofern MittLVA Oberfranken und Mittelfranken 1995, 245, 257 f und 262 f; mißverständlich Kaltenbach/Maier in Koch/Hartmann AVG § 36 B V 2.3.2: nur bis zur Höchstdauer berücksichtigungsfähige Ausfallzeit), hält der erkennende Senat an seiner ständigen Rechtsprechung fest:

Der Wortlaut des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AVG weicht von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI lediglich mit Bezug auf die Dauer der zeitlichen Begrenzung ab (BSG SozR 3-2600 § 252 Nr 1 S 2 f). Beide Gesetzestexte sind dahingehend auszulegen, daß die Höchstdauer als Rechtsfolgenanordnung den Umfang der Anrechenbarkeit dieser beitragslosen Zeit als Anrechnungszeit bestimmt. Anders als die Absolvierung und der Abschluß der Ausbildung nach dem 16. Lebensjahr ist die Bestimmung der Höchstdauer kein tatsächlicher Vorgang, der den Tatbestand der Anrechnungszeit kennzeichnet. Das tatbestandliche Vorliegen von Anrechnungszeiten wegen Ausbildung hängt nicht von der Einhaltung der „Höchstdauer” ab. Vielmehr wird neben den tatsächlichen Voraussetzungen, die den Tatbestand beschreiben, angeordnet, daß diese Ausbildungszeiten rechtlich nur im Umfang der „Höchstdauer” als Anrechnungszeiten im Leistungsfall zu berücksichtigen sind.

Das SGB VI geht auch im übrigen davon aus, daß Zeiten der Ausbildung, die über die Höchstdauer hinausgehen, dennoch den Anrechnungszeittatbestand des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI erfüllen. Nach § 252 Abs 4 Satz 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten auch Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 16. Lebensjahr vor dem 1. Januar 1992 eine Schule besucht oder eine Fach- oder Hochschule besucht und abgeschlossen haben, jedoch die Zeit des Schul- oder Fachschulbesuches höchstens bis zu vier Jahren und die Zeit des Hochschulbesuches höchstens bis zu fünf Jahren, soweit die Höchstdauer der Anrechnungszeiten wegen des Besuches einer Schule, Fach- oder Hochschule von sieben Jahren überschritten ist. Dadurch ist klargestellt, daß diese Zeiten, auch soweit sie die „Höchstdauer” überschreiten, den Tatbestand des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI erfüllen, jedoch ihre Anrechenbarkeit (und Bewertbarkeit) begrenzt ist. Deswegen sieht die Übergangsregelung des § 252 Abs 4 Satz 2 SGB VI eine „Staffelung” vor, nach der diese Zeiten bei der Berechnung der Renten, die bis zum Jahr 2003 beginnen, berücksichtigt werden.

Bestätigt wird dieses Ergebnis, wonach § 252 Abs 4 Satz 1 SGB VI die Höchstdauer von sieben Jahren nicht dem Tatbestand der Anrechnungszeit, sondern der Rechtsfolge (des Umfangs) seiner Anrechnung und Bewertung zuordnet, ua durch § 207 Abs 1 SGB VI. Danach können Versicherte auf Antrag freiwillige Beiträge für Zeiten eines Schul-, Fachschul- oder Hochschulbesuchs nach dem vollendeten 16. Lebensjahr, die nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden, nachzahlen, sofern diese Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind. Dabei wird nicht notwendig vorausgesetzt, daß durch diese Ausbildungen der Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Ausbildung iS von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI erfüllt wurde, da auch für Zeiten einer nicht abgeschlossenen Hochschulausbildung freiwillige Beiträge nachgezahlt werden können. Hingegen sind nach § 252 Abs 4 Satz 1 SGB VI nur diejenigen Ausbildungszeiten zu berücksichtigen, die die Voraussetzungen des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI erfüllen.

Auch die Gesetzesmaterialien weisen darauf hin, daß die „Höchstdauer” nicht zum Tatbestand, sondern zur Rechtsfolge der Anrechnungszeitbestimmung gehört. Die Begründung des Gesetzgebungsgesuchs der Bundesregierung geht davon aus, die Begrenzung auf die Gesamtdauer von sieben Jahren führe dazu, daß der darüber hinausgehende Anrechnungszeitraum bei der Berechnung im Leistungsfall nicht angerechnet bzw berücksichtigt wird (vgl Begründung zum Entwurf des RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 142 und S 167). Diese Auswirkung der zeitlichen Begrenzung der Anrechnung der Ausbildungszeiten sollte durch die Übergangsregelung des § 252 Abs 4 SGB VI abgemildert werden (aaO S 200 zu § 247). Auch hätten diejenigen Versicherten, deren Ausbildungszeiten zwar tatbestandsmäßig als Anrechnungszeiten anrechnungsfähig seien, jedoch wegen Überschreiten der Höchstdauer nicht angerechnet bzw berücksichtigt werden (vgl BT-Drucks 11/4124 S 142), die Möglichkeit der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach § 207 SGB VI.

Schließlich steht auch erst im Leistungsfall fest, ob in einem Monat verschiedene rentenrechtliche Tatbestände konkurrieren, und wie diese Konkurrenz aufzulösen ist (vgl für die Bewertung § 71 SGB VI).

Nach alledem ist die sog „Höchstdauer” Teil der Rechtsfolgenanordnung in § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI und bestimmt Umfang, Anrechenbarkeit und Bewertbarkeit der Ausbildungszeittatbestände. Über diese Merkmale darf der Rentenversicherungsträger noch nicht im Vormerkungsverfahren entscheiden, sondern „erst bei Feststellung einer Leistung” (§ 149 Abs 5 Satz 2 SGG).

Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist somit rechtswidrig, soweit er die „rentenmindernde” Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Ausbildung geregelt hat; unerheblich ist, ob diese Bewertung zutrifft. Der Kläger ist wegen dieses Kompetenzübergriffs materiell beschwert, seine Anfechtungsklage mithin begründet.

2. Die Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 3 SGG) ist hingegen unzulässig. Sie ist – sinngemäß – darauf gerichtet, die Beklagte zum Erlaß eines Verwaltungsaktes über die Anrechnung (und Bewertung) des für die Zeit vom 1. November 1965 bis 31. März 1967 vorgemerkten Ausbildungszeittatbestandes nach altem Recht zu verpflichten. Zu dieser Klage ist der Kläger nicht befugt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG), weil es ausgeschlossen ist, daß er hierauf einen Anspruch gegen die BfA haben kann. Die Beklagte ist nämlich nicht verpflichtet und noch nicht einmal berechtigt, derzeit über Anrechnung und Bewertung dieser Ausbildungszeittatbestände für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall nach Maßgabe des AVG oder des SGB VI verbindlich zu entscheiden. Das Gesetz (§ 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI; ebenso schon § 104 Abs 3 Satz 2 AVG) hat ihr ausdrücklich untersagt (vgl § 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI), die – vom Kläger begehrte – vorzeitige verbindliche Regelung über Teilelemente der Berechnung des Wertes eines später vielleicht einmal entstehenden subjektiven Rechts auf eine Rente schon jetzt zu treffen. Die Klage darauf, das Gericht möge die BfA zu diesem gesetzwidrigen Tun verpflichten, ist also unzulässig.

Schon deswegen ist dem Gericht von vornherein nicht erlaubt, das Sachbegehren des Klägers inhaltlich zu prüfen. Es ist also hier nicht darüber zu entscheiden, ob die im Gesetz vorgesehene, aber erst später beim Eintritt des derzeit noch ungewissen Versicherungsfalls vielleicht für den Kläger erheblich werdende „Höchstdauer” verfassungsgemäß ist. Erst dann ist – möglicherweise – zu entscheiden, inwieweit Anrechnungszeiten wirklich anzurechnen sind. Dann kann auch wirksam und umfassend gerichtlich überprüft werden, ob Anrechnung und Bewertung von Anrechnungszeiten auf der Grundlage des dann geltenden Rechts, das zu jenem Zeitpunkt möglicherweise einen anderen Inhalt hat, mit dem GG vereinbar sind. Vor Eintritt eines Leistungsfalls ist der Kläger jedenfalls nicht klagebefugt.

3. Die Klage ist auch unzulässig, soweit der Kläger sinngemäß begehrt, seinen prozessualen Anspruch in eine Feststellungsklage umzudeuten. Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Insoweit kommt allenfalls die Umdeutung in eine vorbeugende Feststellung mit dem Inhalt in Betracht, daß die Beklagte aufgrund des Versicherungsverhältnisses mit dem Kläger verpflichtet ist, die tatbestandlich vorgemerkten Anrechnungszeiten in einem künftigen Leistungsfall in vollem Umfang anzurechnen.

Diese Feststellungsklage ist nicht statthaft.

a) Sie ist ua nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iS von § 55 Abs 1 Nr 1 SGG gerichtet:

Die Statthaftigkeit einer Feststellungsklage setzt zwar nicht notwendig voraus, daß ein Rechtsverhältnis im ganzen festgestellt werden soll; auch ein einzelnes Recht oder eine einzelne Pflicht aus einem Rechtsverhältnis kann gerichtlich feststellbar sein (BSGE 69,76 mwN). Der Kläger begehrt jedoch die Feststellung einer Pflicht der Beklagten zur Anrechnung und Bewertung der vorgemerkten Hochschulausbildungszeittatbestände als Anrechnungszeiten – sinngemäß – nach Maßgabe des AVG. Damit zielt seine Klage auf die Feststellung eines einzelnen Elementes der Berechnung des Wertes eines künftigen Rechts auf eine Rente. Einzelne Faktoren oder Elemente, aus denen erst zusammen mit anderen die Höhe der später – möglicherweise – zu beanspruchenden Rente zu errechnen sind, sind jedoch keine Rechte oder Pflichten, die selbständig, dh abgelöst von anderen wertbildenden Faktoren, vorab festgestellt werden könnten. Bei ihrer isolierten Feststellung ginge es nicht um das „Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses”, sondern um die gesetzwidrig vorzeitige Festschreibung eines günstigeren Umstandes zu Lasten der (anderen) Beitragszahler (vgl BSGE 4, 184, 185 f; 31, 226, 228; 46, 73, 74 mwN; BSG SozR 1500 § 55 Nr 25 S 19; BSGE 31, 245, 247; vgl auch Urteil des Senats SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 6 Nr 1 S 2).

b) Soweit vereinzelt – jedoch bisher ohne abschließende Entscheidung über die grundsätzliche Statthaftigkeit (vgl BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 3 S 7) – in der Rechtsprechung eine sog Elementenfeststellungsklage ausnahmsweise für möglich gehalten wird, falls der Streit zwischen den Beteiligten durch die gerichtliche Feststellung über ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses vollständig ausgeräumt werden kann (vgl BSGE 31, 235, 240 = SozR Nr 14 zu § 141 SGG, BSGE 43, 134, 137 = SozR 4100 § 34 Nr 6 S 8; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 1996, L 18 An 86/94), kann diese Frage auch hier offenbleiben. Die begehrte gerichtliche Feststellung, die Beklagte sei jetzt (heute) verpflichtet, im eventuell eintretenden künftigen Leistungsfall entgegen § 300 Abs 1 SGB VI einen Teil der Elemente der Berechnung des Wertes des künftigen subjektiven Rechts auf Rente – ungeachtet der sonstigen wertbildenden Faktoren – mit dem Wert anzusetzen, den sie gehabt hätte, wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1992 eingetreten wäre, ist eine bloße Umgehung des og gesetzlichen Verbots (§§ 149 Abs 5 Satz 2, 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI), die Beklagte dürfe vor Eintritt des Leistungsfalles nicht über die Anrechnung und Bewertung vorgemerkter Daten entscheiden; durch Gerichtsurteil würde in diesem Falle das festgestellt werden, was der beklagte Verwaltungsträger nach dem Gesetz nicht feststellen und zu dessen Feststellung das Gericht ihn mithin nicht verpflichten darf.

c) Die Feststellungsklage ist auch nicht nach § 55 Abs 2 SGG iVm Abs 1 Nr 1 aaO statthaft. Ein Streit um die Bewertung und Anrechnung von Anrechnungszeittatbeständen ist keine Beitragsstreitigkeit iS dieser Vorschrift (BSG SozR SGG § 55 Nr 53; BSGE 31, 226, 228; BSG SozR 2200 § 1412 Nr 3 S 4; Peters/Sautter/Wolf SGG § 55 Anm 2b; schon im Ansatz unzutreffend LSG Niedersachsen Breithaupt 1966, 443, 444). Es kann auch insoweit nicht statthafter Weise Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wofür aufgrund der Sondervorschrift des § 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI die Verpflichtungsklage ausgeschlossen ist (vgl Urteil des Senats BSG SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 7).

d) Auch die Verfassung verpflichtet das Parlament nicht, dem Kläger, der von einer – angegriffenen – Rechtsänderung weder gegenwärtig noch unmittelbar betroffen ist, eine Klagemöglichkeit einzuräumen. Daher kann die Feststellungsklage auch nicht iS des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Satz 1 GG) in „Lücken füllender” Analogie durch „Rechtsfortbildung” statthaft gemacht werden. Dabei kann offenbleiben, ob Art 19 Abs 4 Satz 1 GG der Rechtsprechung überhaupt die Kompetenz verleiht, vermeintliche Lücken im Rechtsschutz gegen Parlamentsgesetze durch Ausdehnung der Feststellungsklage zu schließen. Denn der Kläger ist durch das Inkrafttreten des SGB VI in keinem ihm nach „einfachen” Gesetzesrecht am 31. Dezember 1991 zustehenden Recht gegenwärtig und unmittelbar nachteilig betroffen (und hat also auch kein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung iS von § 55 Abs 1 SGG).

Weder sein Interesse an der Abwehr eines nach seiner Auffassung vorliegenden gesetzlichen Eingriffs in sein bestehendes rentenversicherungsrechtliches Anwartschaftsrecht noch sein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung des Umfangs der Anrechnung der Ausbildungszeiten (wegen der Höhe der evtl nachzuentrichtenden freiwilligen Beiträge) rechtfertigen eine „analoge Anwendung” der Feststellungsklage:

Er ist gegenwärtig durch die Regelung in § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI – wie ausgeführt – noch nicht betroffen. Dies wäre jedoch, wie der Senat im Urteil vom 21. März 1991 (SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 7 f) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hervorgehoben hat, Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage, mit der inhaltlich nur die Feststellung der Vereinbarkeit einer Norm mit dem GG begehrt wird. Da in einem solchen Verfahren eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 GG in Betracht kommt und weil das Verfahren sich in seiner Wirkung nicht von einer unmittelbar gegen gesetzliche Vorschriften gerichteten Verfassungsbeschwerde unterscheidet, ist entsprechend den Voraussetzungen dieser Verfassungsbeschwerde notwendig, daß der Kläger durch die Norm selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist.

Der Kläger ist jedoch durch § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI nicht gegenwärtig, sondern nur möglicherweise zukünftig betroffen. Derzeit, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung steht ua nicht fest, ob bis zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls der Regelungsinhalt der als verfassungswidrig gehaltenen Norm unverändert weiter gilt oder ob bis dahin andere wertbildende Faktoren sich ändern. Insofern kann der Kläger erst durch die spätere Leistungsfeststellung unmittelbar betroffen werden, kann – sodann – diesen Vollzugsakt angreifen und den Rechtsweg erschöpfen (vgl BVerfGE 72, 39, 43 mwN; BVerfG SozR § 1248 Nr 45 S 111; überholt BSG SozR 2200 § 1248 Nr 37 S 91, hierzu Zeihe SGb 1983, 443, 444). Dem Kläger ist es mithin zumutbar, den Leistungsfall abzuwarten.

Ein berechtigtes Interesse an baldiger Feststellung bezüglich eines denkbaren Begehrens, Klarheit über die Zweckmäßigkeit einer Beitragsnachzahlung (§ 207 SGB VI) zu erhalten, besteht ebenfalls nicht; insoweit hat der Kläger die Möglichkeit anderweitigen effektiven Rechtsschutzes. Wirksamer gerichtlicher Schutz muß allerdings uU schon vor Erlaß eines Vollzugsaktes erreichbar sein, insbesondere wenn das Gesetz den Normadressaten zu nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder zu Dispositionen veranlaßt, die später kaum noch rückgängig gemacht werden können (vgl BVerfGE 90, 128, 136 mwN). Jedoch ist eine solche Situation in Fällen der vorliegenden Art nicht gegeben:

Falls der Kläger sich entscheidet, freiwillige Beiträge nach § 207 Abs 1 und 2 SGB VI für den Zeitraum der (künftig) als Anrechnungszeiten voraussichtlich nicht – vollständig – anrechenbaren Ausbildungszeittatbestände nachzuzahlen, wird er nicht zu unkorrigierbaren wirtschaftlichen Dispositionen gezwungen. Zum einen kann er sein Nachzahlungsrecht durch Antrag (vor Eintritt des Leistungsfalles) bis zum 31. Dezember 2004 geltend machen und Teilzahlungen bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren leisten. Einen solchen Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt. Zum anderen kann er durch den Antrag eine Entscheidung der Beklagten darüber erhalten, in welchem zeitlichen Umfang Nachzahlungen für voraussichtlich nicht anrechenbare Ausbildungsanrechnungszeiten zulässig sind. Soweit schließlich die – auch bei dieser Entscheidung grundsätzlich unvermeidbare – Ungewißheit über die Anrechenbarkeit der vorgemerkten Zeiten im Leistungsfall dazu geführt haben sollte, daß dennoch für angerechnete Anrechnungszeiten freiwillige Beiträge nachgezahlt worden waren, hat der Versicherte einen Beitragserstattungsanspruch (§ 207 Abs 3 SGB VI). Diesen Anspruch gibt es seit dem 1. Januar 1992; zuvor bestand eine vergleichbare Regelung nicht. Demnach konnte das BVerfG in seinem Beschluß vom 1. Juli 1981 (BVerfGE 58, 81, 107), in dem das schutzwürdige Interesse an der Prüfung, ob die Begrenzung der Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten Bestand hat, bejaht wurde, eine solche Regelung nicht berücksichtigen. Soweit das BVerfG damals ausführte, nur bei einer alsbaldigen Prüfung könnten die Betroffenen rechtzeitig wirtschaftliche Dispositionen für eine etwaige ergänzende Altersversorgung treffen (S 107 aaO), so betrifft dies – jedenfalls – nicht die derzeitige Gesetzeslage. Denn nach dieser können die Betroffenen, die dies wollen, freiwillige Beiträge nachzahlen, ohne einen wirtschaftlichen Verlust befürchten zu müssen. Diejenigen, die dies nicht beabsichtigen, können den Leistungsfall abwarten und dann sehen, ob die Anwendung des neuen Rechts den Wert des subjektiven Rentenrechts (nicht lediglich den einzelner Elemente hiervon) – ggf verfassungswidrig – beeinträchtigt hat. In jedem Fall kann der Kläger effektiven Rechtsschutz erlangen, sobald der Versicherungsfall mit nachfolgendem Leistungsfall eintritt. Vor diesem Zeitpunkt ist der Umfang einer Rentenanwartschaft nur eine hypothetische Größe. Denn die Höhe einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird nicht durch eine Anhäufung von nach ihrem Geldwert bestimmbaren „Bausteinen”, sondern nach der Art von Teilhaberrechten gemäß der in die Versicherung – grundsätzlich durch eigene Beiträge – eingebrachten Gesamtleistung erworben. Insbesondere ist der vor Eintritt des Leistungsfalls nur hypothetisch berechenbare Geldwert der Rentenanwartschaft oder eines Anwartschaftsrechts nicht mit dem „versicherungsmathematischen Gegenwert” und der pauschale Wert des Rentenrechts nicht mit dem aus dem Privatversicherungsrecht bekannten „Rückkaufwert” vergleichbar, den es in der gesetzlichen Rentenversicherung nur ausnahmsweise gibt (und geben kann) und der anders ermittelt wird (vgl das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Europäischen Gemeinschaften vom 9. Oktober 1982, BGBl II 623, in Kraft getreten am 1. Oktober 1994).

Im Rahmen der solidarischen, umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung kann ein Versicherter vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung vor Eintritt des Versicherungs- und Leistungsfalls keine „rechtsverbindliche” Auskunft über die Höhe seiner Altersrente (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI) und keine „rechtsverbindliche” Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung tatbestandlich anerkannter rentenrechtlicher Zeiten verlangen (§ 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI). Im übrigen ist auch die gesetzliche Rentenversicherung eine „echte” Versicherung mit beiderseitigem Versicherungswagnis. Im Falle des Klägers ist derzeit weder der Versicherungsfall eingetreten noch der für den Wert einzelner rentenrechtlicher Zeiten ausschlaggebende Gesamtleistungszeitraum und seine – endgültige – Belegung mit rentenrechtlichen Zeiten bekannt.

Nach alledem hat die Revision des Klägers teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173766

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