Leitsatz (amtlich)

Eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen "Änderung der Verhältnisse" liegt nicht vor, wenn bei der neuen Feststellung nur Anspruchsvoraussetzungen geprüft wurden, die nicht Gegenstand der ersten Feststellung waren (Anschluß BSG 1961-09-26 10 RV 1123/60 = SozR Nr 25 zu § 148 SGG).

 

Normenkette

SGG § 148 Nr. 3

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 1960 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Gründe

I.

Der Kläger beantragte im Jahre 1951 Gewährung von Elternrente nach seinem gefallen Sohn Franz. Das Versorgungsamt (VersorgA) lehnte den Antrag ab, weil der Kläger nicht bedürftig sei. Einspruch und Berufung wurden aus dem gleichen Grunde zurückgewiesen. In Jahre 1957 beantragte der Kläger erneut Elternrente. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt (Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1958), und zwar mit der Begründung, der gefallene Sohn Franz wäre nicht der Ernährer des Klägers geworden. Das Sozialgericht (SG) verneinte ebenfalls die Ernährereigenschaft des Gefallenen und wies deshalb die Klage ab (Urteil vom 13. Mai 1959). Das Landessozialgericht (LSG) verwarf durch Urteil vom 8. Juni 1960 die Berufung als unzulässig mit der Begründung, das Rechtsmittel sei nach § 148 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen, weil es sich um die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse handele. Eine Neufeststellung liege nicht nur dann vor, wenn eine Feststellung entsprechender Bezüge vorausgegangen sei, sondern auch dann, wenn früher eine Ablehnung erfolgt sei. Das LSG ließ die Revision zu.

Der Kläger legte gegen das am 5. Juli 1960 zugestellte Urteil am 20. Juli 1960 Revision ein und begründete sie am 5. August 1960: Eine Neufeststellung der Versorgungsbezuge wegen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 148 Nr. 3 SGG habe nicht vorgelegen. Denn von einer solchen könne nur die Rede sein, wenn die gleichen Anspruchsvoraussetzungen Gegenstand bei beiden Feststellungen gewesen seien. Dies sei aber hier nicht der Fall gewesen, weil beim ersten Bescheid nur die Bedürftigkeit, beim zweiten nur die Ernährereigenschaft geprüft worden sei. Die Berufung sei daher zulässig gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 1960 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die durch die Zulassung statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte Revision ist begründet, weil die Berufung entgegen der Auffassung des LSG zulässig war.

Nach § 148 Nr. 3 SGG ist in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung die Berufung nicht zulässig, soweit sie die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betrifft. Dieser Berufungsausschließungsgrund ist jedoch nicht gegeben. Denn es liegt hier keine Neufeststellung wegen "Änderung der Verhältnisse" vor. Von einer solchen kann begrifflich nur dann die Rede sein, wenn die Verhältnisse bei der Erstfeststellung und diejenigen bei der Neufeststellung vergleichbar sind. Eine Vergleichsmöglichkeit besteht aber nur, wenn die Verhältnisse, in denen eine Änderung eingetreten sein soll, bereits bei der Erstfeststellung Gegenstand der Prüfung waren. Es können daher nur solche früheren Verhältnisse zum Vergleich herangezogen werden, die auch bei der ersten Feststellung untersucht worden sind (BSG, Urteil vom 26. September 1961 - SozR SGG § 148 Nr. 25). Im vorliegenden Fall wurde zunächst (1952) die Elternrente wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt; aus dem gleichen Grunde wies das Oberversicherungsamt die Berufung des Klägers zurück. Nur diese Voraussetzung des Anspruchs auf Elternrente war Gegenstand des früheren Verfahrens, nicht aber die Ernährereigenschaft des gefallenen Sohnes. Der Widerspruchsbescheid von 1958 wie auch das Urteil des SG befassen sich dagegen mit der Ernährereigenschaft, lehnen also den Anspruch auf Elternrente mit einer anderen Begründung ab. Die Umstände der zweiten. Prüfung waren nicht Gegenstand der ersten Prüfung gewesen. Der zweite Bescheid beruht demnach nicht auf einer Änderung der der Prüfung der Bedürftigkeit zugrunde gelegten Verhältnisse. Eine Neufeststellung in Sinne des § 148 Nr. 3 SGG hat mithin nicht vorgelegen, die Berufung war deshalb nicht ausgeschlossen.

Das Urteil des LSG muß daher aufgehoben werden. Da tatsächliche Feststellungen fehlen, die dem Senat eine eigene abschließende Entscheidung ermöglichen würden, muß die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 SGG).

Diesem bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens überlassen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2290994

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