Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21.01.1993; Aktenzeichen L 16 Kr 190/91)

SG Münster (Urteil vom 04.04.1990)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1993 abgeändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 4. April 1990 wird zurückgewiesen, soweit die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. September 1984 in der Gestalt des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1988 abgewiesen worden ist. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen, soweit die im Widerspruchsbescheid enthaltene Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen in Höhe von 5.740,71 DM aufgehoben worden ist.

Die Klägerin hat dem Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob und ggf in welcher Höhe die klagende Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG) Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) an die beklagte Barmer Ersatzkasse (BEK) entrichten muß.

Der Beigeladene zu 1) (Versicherter) war bei der BEK zunächst als kaufmännischer Angestellter pflichtig, seit April 1969 als Selbständiger freiwillig versichert. Er betreibt hauptberuflich eine Jagdhundeschule und eine Fischzucht und ist nebenberuflich als selbständiger Revierjäger tätig. Aufgrund der letztgenannten Erwerbstätigkeiten ist er bei der LBG gegen Unfall versichert. Ferner ist er seit Januar 1975 Pflichtmitglied der Westfälischen landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK), der Beigeladenen zu 3).

Da erst im Laufe des Jahres 1983 die Pflichtmitgliedschaft des Versicherten bei der LKK entdeckt wurde, führte die Beklagte die – freiwillige – Krankenversicherung gemäß einem Übereinkommen zwischen den Verbänden der Ersatzkassen und dem Bundesverband der LKK bis zum 31. Januar 1984 durch. Die LKK erhebt erst seit dem 1. Februar 1984 Krankenversicherungs-Pflichtbeiträge vom Versicherten.

Dieser erlitt am 16. Juli 1983 einen Unfall, der ihn bis einschließlich 1. Januar 1984 arbeitsunfähig machte. Die klagende LBG gewährte ihm deswegen ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren und Verletztengeld sowie zwischenzeitlich Betriebshilfe. Das pauschale Verletztengeld nach § 779d Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm § 19 Abs 1 Satz 2 und 3 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1972) betrug kalendertäglich 15,63 DM, am 1. Januar 1984 16,25 DM.

Mit dem streitigen Bescheid vom 25. September 1984 verpflichtete die BEK die LBG, insgesamt 5.740,71 DM an Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen für den Versicherten zu überweisen. Dieser sei vom 16. Juli 1983 bis zum 31. Dezember 1983 als Rehabilitant rentenversicherungspflichtig gewesen (§ 2 Abs 1 Nr 10a Buchst c des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫). Da sie die Krankenversicherung tatsächlich durchgeführt habe, sei sie berechtigt, auch die Krankenversicherungsbeiträge vom Rehabilitationsträger einzuziehen. Die Höhe der Forderung ergebe sich für die Zeit bis Ende 1983 aus einem kalendertäglichen Höchstregellohn von 125,00 DM für den 1. Januar 1984 von 130,00 DM; hinzuzurechnen seien 25,00 DM Verwaltungskostenersatz. Die BEK wies den Widerspruch der LBG durch den Verfügungssatz 1 im Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1988 zurück; in dem Verfügungssatz 2 (aaO) bestimmte sie, die LBG sei verpflichtet, Beiträge zur Krankenversicherung für die Zeit vom 27. August 1983 bis zum 1. Januar 1984 sowie Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten für die Zeit vom 16 Juli 1983 bis zum 31. Dezember 1983 in Höhe von insgesamt 5.740,71 DM (einschließlich 25,00 DM Verwaltungskosten) für den Versicherten zu entrichten.

Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4. April 1990). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die streitigen Verwaltungsentscheidungen auf die Berufung der Klägerin aufgehoben. Das LSG meint, die BEK sei für die Einziehung von Beiträgen zur Rentenversicherung schon nicht zuständig, weil sie keine Einzugsstelle iS von §§ 1399 RVO bzw 121 AVG sei. Ihr stünden aber auch die Beiträge zur Krankenversicherung nicht zu.

Zur Begründung der – vom LSG zugelassenen – Revision trägt die Beklagte vor, sie sei zuständig für den Einzug der Rentenversicherungsbeiträge und habe Anspruch auf die Beiträge zur Krankenversicherung. Es sei zweifelhaft, ob die Klage zulässig sei. Wegen ihres weiteren Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 14. April 1993 (Bl 15 bis 20 der Akte des Bundessozialgerichts ≪BSG≫) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1993 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 4. April 1990 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für richtig. Rehabilitationsbeiträge könnten ausschließlich der beigeladenen LKK als Pflichtkrankenkasse zustehen.

Der Beigeladene zu 1) hat sich nicht geäußert.

Die zu 2) beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1993 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 4. April 1990 zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für richtig und bitt im übrigen den Ausführungen der BEK bei.

Die LKK beantragt als Beigeladene zu 3),

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie nimmt auf das Urteil des LSG und auf die Revisionserwiderung der Klägerin Bezug.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, daß zu prüfen ist, ob die Klage im Blick auf § 78 Abs l Satz 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig ist.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision der Beklagten muß allein aus prozeßrechtlichen Gründen überwiegend Erfolg haben. Das LSG hätte nämlich die Berufung der Klägerin zurückweisen müssen, soweit das SG die Klage gegen den streitigen Bescheid in der Gestalt des Verfügungssatzes 1 des Widerspruchsbescheides abgewiesen hat. Denn diese Klage war erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden. Keinen Erfolg hat die Revision der Beklagten, soweit das LSG auch den Verfügungssatz 2 im streitigen Widerspruchsbescheid aufgehoben hat; dies geschah zu Recht.

Die Klägerin hat ihre statthafte Anfechtungsklage gegen den streitigen Beitragsbescheid vom 25. September 1984 in der Gestalt des Verfügungssatzes 1 des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1988 erst durch einen am 3. März 1988 beim SG eingegangenen Schriftsatz erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war die Klagefrist verstrichen. Gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Anfechtungsklage binnen eines Monats ua nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Der streitige Bescheid vom 25. September 1984 ist der Klägerin am 27. September 1984 bekanntgegeben worden. Sie hat zwar mit einem am 12. Oktober 1984 bei der beklagten BEK eingegangenen Schreiben Widerspruch eingelegt; dieser kann jedoch nicht in eine Klage umgedeutet werden. Solches kommt allenfalls bei schriftlichen Erklärungen nicht rechtskundig vertretener Empfänger eines Bescheides, nicht aber bei einem Widerspruchsschreiben eines Versicherungsträgers in Betracht (BSG SozR 1500 § 92 Nr 3); denn jedem Leistungsträger muß der grundlegende Unterschied zwischen einem an die Organe der rechtsprechenden Gewalt gerichteten Rechtsschutzgesuch und einem auf verwaltungsinterne Überprüfung zielenden Rechtsbehelf bekannt sein, so daß allenfalls bei auf der Hand liegenden groben Fehlgriffen ausnahmsweise eine Umdeutung in Betracht gezogen werden kann. Hiermit weicht der Senat weder von dem Urteil des 3. Senats des BSG vom 24. Mai 1973 (SozR SGG § 81 Nr 2) noch von dem des 10. Senats des BSG vom 29. Januar 1976 (SozR 1500 § 81 Nr 1) ab. Der 3. Senat hatte bejaht, daß ein statthafter und fristgerecht erhobener Widerspruch die Klageerhebung umfaßt, wenn die Sachbefugnis für den streitgegenständlichen Anspruch während des schwebenden Vorverfahrens auf einen Versicherungsträger übergeht, so daß der Streit unmittelbar als Klageverfahren fortzusetzen ist. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch nicht um die gesetzliche Überleitung eines Widerspruchsverfahrens in ein Klageverfahren, sondern um das Verständnis einer behördlichen Erklärung. Der 10. Senat (aaO) hat beiläufig angenommen, der Widerspruch der zum kriegsopferversorgungsrechtlichen Verwaltungsverfahren als Krankenversicherungsträger hinzugezogenen Bundesknappschaft gegen den dem Beschädigten erteilten und auch ihr bekanntgegebenen Bescheid könne die Klageerhebung einschließen; die Bundesknappschaft hatte aber Widerspruch nicht eingelegt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Monatsfrist des § 87 Abs 1 Satz 1 SGG deswegen durch die Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG verdrängt war, weil die Rechtsbehelfsbelehrung in dem streitigen Bescheid vom 25. September 1984 iS von § 66 Abs 2 Satz 1 aaO “unrichtig” erteilt worden ist. Die Beklagte hatte nämlich die Klägerin in dem Sinne belehrt, gegen den streitigen Beitragsbescheid könne innerhalb eines Monats nach Zustellung “Widerspruch” erhoben werden. Während der 10. Senat des BSG (SozR 4100 § 141n Nr 18) dem klagenden Versicherungsträger eine Klagefrist von einem Jahr zuerkannt hat, was auch der erkennende Senat für zutreffend hält, hat der 12. Senat des BSG (SozR 1500 § 81 Nr 1) § 66 Abs 2 SGG nicht angewendet, weil dem hauptbeteiligten Versicherten eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden war und die klagende Bundesknappschaft den Schluß gezogen hatte, sie müsse als Versicherungsträger nicht Widerspruch, sondern sogleich Klage erheben. Die hier klagende LBG hat jedoch Klage auch binnen eines Jahres nach Bekanntgabe des streitigen Beitragsbescheides nicht erhoben

§ 87 Abs 2 SGG greift nicht zu ihren Gunsten ein. Danach beginnt die Klagefrist mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides, “wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat”. Zwar hat die Klägerin Klage binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben. Ferner ist grundsätzlich nach durchgeführtem Vorverfahren als Prozeßvoraussetzung nur zu prüfen, ob die Frist des § 87 Abs 2 SGG (nicht: die Widerspruchsfrist des § 84 Abs 1 SGG) eingehalten ist (BSG SozR Nr 2 zu § 87 SGG). § 87 Abs 2 SGG erfaßt jedoch nicht die Fälle, in denen die Durchführung eines Vorverfahrens nicht statthaft, dh der Widerspruch als Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt von vornherein nicht “gegeben” (§ 77 SGG) ist. Denn durch die Einlegung eines vom Gesetz nicht vorgeschriebenen, nicht wahlweise eingeräumten oder sogar ausgeschlossenen Rechtsbehelfs kann der Ablauf gesetzlicher Rechtsbehelfsfristen und damit der Eintritt der Bindungswirkung des Verwaltungsaktes nicht (gewillkürt) hintangehalten werden.

Das SGG hat der klagenden LBG den Rechtsbehelf des Widerspruchs nicht – auch nicht wahlweise – “gegeben”. Zwar sind grundsätzlich vor Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 SGG). Gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG bedarf es eines Vorverfahrens nicht, wenn ua ein Versicherungsträger klagen will. Der 10. Senat des BSG (SozR 1500 § 81 Nr 1) und der 12. Senat des BSG (SozR 1500 § 92 Nr 3), haben zu der Vorläufernorm des § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG, zu § 81 Nr 3 SGG aF, bereits geklärt, ein Versicherungsträger müsse das ihm zustehende Anfechtungsrecht gegen einen Bescheid der Einzugsstelle innerhalb der gesetzlichen Klagefrist mit der Klage geltend machen (offengelassen im Urteil des 10. Senats vom 3. Oktober 1989 ≪SozR 4100 § 141n Nr 18≫). Dem schließt sich der erkennende Senat an. In den Fällen des § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG ist der Rechtsbehelf des Widerspruchs schlechthin nicht “gegeben” (nicht statthaft). Es besteht “Vorverfahrensfreiheit” in dem Sinn, daß ein Vorverfahren weder durchgeführt werden muß noch stattfinden darf, sondern ausgeschlossen ist (BSGE 25, 66, 68; Bley, in: SGB-SozVers-GesKomm, Stand: Oktober 1993, § 77 SGG Rz 3b; vgl auch Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫ E 92, 132, 143; Kopp, VwGO, 9. Aufl 1992, § 68 Rz 15 und § 74 Rz 4; aA VGH Mannheim NVwZ 1989, 450, 451 f und Redeker/von Oertzen, VwGO, 10. Aufl 1991, § 80 Rz 12, beide ohne Angabe von Gründen). Der im streitigen Zeitraum noch gültige § 78 Abs 2 SGG regelte abschließend die Fälle, in denen ein Kläger wahlweise Widerspruch oder Klage einlegen durfte. Demgegenüber regelt Abs 1 Satz 2 aaO abschließend die Frage, in welchen Fällen ein Widerspruchsverfahren – ausnahmsweise – nicht durchzuführen, also die nach Satz 1 aaO grundsätzlich vorgeschriebene Pflicht zur verwaltungsinternen Überprüfung aufgehoben ist. Daher greift § 87 Abs 2 SGG nur ein, wenn das Vorverfahren, das stattgefunden hat, nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG vorgeschrieben, dh wenn der Widerspruch statthaft war. Dies trifft auf den Widerspruch der klagenden LBG nicht zu. Ihr war von vornherein nur das Rechtsmittel der Anfechtungsklage gegeben.

Zwar ist in der Rechtsprechung der Sozial- und Verwaltungsgerichte im Blick auf verschiedene Fallgruppen eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage als zulässig erachtet worden, wenn ein (zwar statthafter, aber aus sonstigen Gründen) unzulässiger Widerspruch erhoben und durch Widerspruchsbescheid hierüber in der Sache entschieden worden war (vgl BSGE 49, 85, 86 ff mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 77 Rz 3, § 84 Rz 7, mwN). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Widerspruch als gesetzlicher Rechtsbehelf nicht “gegeben”, dh nicht statthaft ist. Denn in einem solchen Fall besteht von Anfang an keine Kompetenz der Widerspruchsbehörde, aufgrund eines nicht gegebenen Rechtsbehelfs den angefochtenen Bescheid in der Sache zu überprüfen und dadurch den Rechtsbehelf entgegen dem Gesetz zu “geben”. Da der Verfügungssatz 1 des Widerspruchsbescheides den Widerspruch gegen den streitigen Beitragsbescheid lediglich “abweist”, enthält er auch keine vom Ausgangsbescheid losgelöste Sachentscheidung mit einer neuen Beschwer für den Kläger. Die BEK hat vielmehr diese Entscheidung in der irrigen Annahme getroffen, hierzu aufgrund des unstatthaften Widerspruchs der Klägerin verpflichtet gewesen zu sein; dadurch wird keine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit in der Sache erschlossen (vgl BVerwGE 78, 332, 338).

Nach alledem hat das SG im Ergebnis zutreffend auf Abweisung der Klage gegen den streitigen Beitragsbescheid in der Gestalt des Verfügungssatzes 1 des Widerspruchsbescheides erkannt; die Berufung der Klägerin hiergegen hätte also zurückgewiesen werden müssen.

Anders verhält es sich jedoch mit der Aufhebung des Verfügungssatzes 2 des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1988. In zulässiger objektiver Klagenhäufung (§ 56 SGG) hat die Klägerin auch eine isolierte Anfechtungsklage dagegen erhoben, daß die Widerspruchsbehörde ihr – erneut – die Zahlung von 5.740,71 DM an Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen auferlegt und damit einen – neben dem Ausgangsbescheid – weiteren Vollstreckungstitel (vgl § 66 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫) geschaffen hat. Entgegen der Ansicht der Revision hat das LSG diesen Verfügungssatz 2 zu Recht aufgehoben. Er ist rechtswidrig. Da der Widerspruch – wie ausgeführt – nicht statthaft war, war die Widerspruchsbehörde der Beklagten nicht befugt, aufgrund des Widerspruchs anstelle der Ausgangsbehörde eine erneute Sachprüfung vorzunehmen. Dieser Verfahrensfehler ist iS von §§ 62 Halbsatz 2, 42 Satz 1 SGB X beachtlich. Denn aufgrund des Kompetenzmangels an funktioneller und sachlicher Zuständigkeit hätte die Widerspruchsbehörde keine Sachentscheidung treffen dürfen. Soweit also der Verfügungssatz 2 des Widerspruchsbescheides die Klägerin erneut zur Beitragszahlung heranzieht, ist er zu Recht aufgehoben worden.

Die Revision der Beklagten mußte also – nur – aus prozeßrechtlichen Gründen weitgehend Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Klägerin nur in geringem Umfang obsiegt hat.

 

Fundstellen

Breith. 1995, 473

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