Leitsatz (amtlich)

Bezieher einer "wiederaufgelebten" Witwen- oder Witwerrente (AVG § 68 Abs 2 = RVO § 1291 Abs 2) haben bei Eingehung einer dritten Ehe keinen Anspruch auf Abfindung nach den AVG §§ 81 Abs 1, RVO § 1302 Abs 1.

 

Normenkette

AVG § 81 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, § 68 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1302 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, § 1291 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Januar 1962 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 18. Mai 1961 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin auch für das Berufungs- und das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin, geboren am 18. Mai 1920, war in erster Ehe verheiratet mit H St (St.), dieser starb am 27. Februar 1941; die Klägerin erhielt Witwenrente aus der Angestelltenversicherung des St. Am 17. März 1945 heiratete sie O Sch (Sch.), die anläßlich dieser zweiten Heirat beantragte Witwenrentenabfindung wurde der Klägerin auf Grund der Sozialversicherungsdirektive Nr. 3 Ziffer 6 vom 14. Oktober 1945 nicht gewährt. Die Ehe mit Sch. wurde durch ein seit 1. März 1957 rechtskräftiges Urteil vom 15. November 1956 aus der Alleinschuld des Sch. geschieden. Auf ihren Antrag erhielt die Klägerin ab 1. April 1957 die "wiederaufgelebte" Witwenrente (§ 68 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes. Am 4. November 1960 heiratete die Klägerin zum dritten Mal. Am 11. November 1960 beantragte sie die Gewährung einer Abfindung für die "wiederaufgelebte" Witwenrente. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Dezember 1960 ab, weil die Klägerin bei der dritten Eheschließung nicht mehr die "Witwe" ihres ersten Ehemannes gewesen sei. Die Klage auf Aufhebung dieses Bescheids wurde abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts - SG - Schleswig vom 18. Mai 1961). Auf die Berufung der Klägerin hob das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin nach § 81 AVG eine Witwenrentenabfindung zu gewähren (Urteil vom 17. Januar 1962). Es führte aus: Die Bezeichnungen "Witwe" und "Witwer" in § 81 AVG könnten sich lediglich auf das personenstandsrechtliche Verhältnis des wieder heiratenden Rentenberechtigten zu dem verstorbenen Versicherten beziehen, dieses Verhältnis ändere sich weder durch die Wiederheirat des Rentenberechtigten noch durch die Auflösung dieser neuen Ehe; schon nach dem Gesetzeswortlaut sei daher der Anspruch auf Abfindung bei einer weiteren (dritten) Eheschließung zu bejahen; dies entspreche auch dem Zweck dieser Vorschrift, sie solle den Entschluß zur Eingehung einer neuen Ehe erleichtern, ohne Rücksicht darauf, ob jemand eine Witwen- oder Witwerrente seit dem Tode des ersten Ehegatten ununterbrochen bezogen habe oder ob die Rente nach Beendigung einer inzwischen geschlossenen zweiten Ehe als "wiederaufgelebte" Rente gewährt worden sei; es könne auch nicht rechtens sein, daß einer Frau, deren zweite Ehe durch den Tod des Mannes, also ohne ihr Verschulden, aufgelöst sei, bei erneuter Wiederheirat eine Abfindung zustehe, weil sie auch die dritte Ehe als "Witwe" eingegangen sei, während die Frau, deren zweite Ehe, wie im Fall der Klägerin, ohne ihr Verschulden geschieden sei, bei der Wiederheirat die Abfindung nicht solle beanspruchen können; schließlich hänge das Wiederaufleben von Witwen- und Witwerrente und von Geschiedenenrenten nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AVG in erster Linie von der Frage der Schuld an der Scheidung ab, auch insoweit gehe der Zweck des Gesetzes dahin, dem Rentenberechtigten durch die Aussicht auf das Wiederaufleben der Rente den Entschluß zur Wiederverheiratung zu erleichtern, auch aus diesem Grunde sei eine unterschiedliche Behandlung des Anspruchs auf Abfindung und des Anspruchs auf die "wiederaufgelebte" Rente dem Gesetz nicht zu entnehmen und nicht zu rechtfertigen. Das LSG ließ die Revision zu. Das Urteil wurde der Beklagten am 17. Februar 1962 zugestellt.

Am 2. März 1962 legte die Beklagte Revision ein, sie beantragte,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung zurückzuweisen.

Nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist begründete die Beklagte die Revision am 2. Mai 1962: Das LSG habe § 81 AVG unrichtig angewandt; die Klägerin habe bei Eingehung der dritten Ehe im Verhältnis zu dem versicherten ersten Ehemann nicht mehr den Familienstand einer Witwe gehabt, sie habe diesen Status bereits durch die zweite Eheschließung verloren und auch nach Auflösung der zweiten Ehe nicht wieder erworben; hieran ändere nichts, daß in § 68 Abs. 2 AVG auch die nach dem Tode des ersten Ehemannes wieder verheiratete Frau als "Witwe" bezeichnet werde, dies erkläre sich daraus, daß nur ein Anspruch, der einer "Witwe" zugestanden habe, "wiederaufleben" könne; in § 81 Abs. 2 AVG sei die entsprechende Anwendung des § 81 Abs. 1 AVG nur für die Bezieher einer "Geschiedenenrente" nach § 42 AVG vorgesehen, nicht aber für die Bezieher einer "wiederaufgelebten" Witwenrente nach § 68 Abs. 2 AVG.

Die Klägerin beantragte,

die Revision zurückzuweisen

und machte geltend, das LSG habe § 81 AVG richtig angewandt, die Ausführungen der Beklagten seien nicht zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist auch begründet. Entgegen der Ansicht des LSG steht der Klägerin kein Anspruch auf Abfindung der "wieder aufgelebten" Witwenrente nach § 81 Abs. 1 AVG zu.

Nach Art. 2 § 26 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) gilt § 81 AVG nur, wenn die "neue Ehe" nach dem Inkrafttreten des AnVNG geschlossen ist. Die Klägerin hat zwar ihre dritte Ehe erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen; schon nach Art. 2 § 26 AnVNG erhebt sich aber die Frage, ob unter einer "neuen Ehe" im Sinne dieser Übergangsvorschrift jede weitere Ehe oder nur die zweite Ehe nach Auflösung der ersten Ehe anzusehen ist. Wäre das letztere der Fall, so könnte der Anspruch auf Abfindung der "wiederaufgelebten" Witwenrente im vorliegenden Fall nicht auf § 81 AVG gestützt werden; er wäre zu verneinen, weil sich aus dem früheren Recht, dem eine "wiederaufgelebte" Witwenrente nach Auflösung der zweiten Ehe nicht bekannt gewesen ist, ein Abfindungsanspruch nicht herleiten ließe. Dies kann jedoch offen bleiben. Der Anspruch auf Abfindung der "wiederaufgelebten" Witwenrente ist auch dann zu verneinen, wenn § 81 AVG im vorliegenden Fall deshalb anzuwenden ist, weil auch die dritte Ehe, die die Klägerin nach dem Inkrafttreten des AnVNG eingegangen ist, eine "neue Ehe" im Sinne von Art. 2 § 26 AnVNG gewesen ist. Der erkennende Senat hat bereits zu § 44 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der Fassung des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 - nF - entschieden, daß der Witwe nur bei ihrer ersten Wiederheirat eine Abfindung des Anspruchs auf Rente zusteht (Urteil vom 19. Juni 1962, BSG 17, 120 ff. mit Hinweisen auf die hiermit übereinstimmende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - zu § 44 Abs. 1 BVG aF); die Rechtslage, die hiernach im Bereich der Kriegsopferversorgung besteht, ist auch durch das 2. Neuordnungsgesetz vom 21. Februar 1964 nicht geändert worden. Zwar greifen nicht alle Erwägungen in jenem Urteil auch für das Recht der Rentenversicherung durch. Wie für § 44 Abs. 1 BVG ist aber auch im Recht der Rentenversicherung zunächst darauf abzuheben, daß der Anspruch auf Abfindung in den §§ 81 Abs. 1 AVG, 1302 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur einer "Witwe" (oder einem Witwer), die "wieder heiratet" eingeräumt ist.

Eine Witwe, die wieder heiratet, ist - anders, als dies das LSG angenommen hat - nach dem Gesetzeswortlaut und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Frau, die nach dem Tod ihres ersten Ehemannes als seine Witwe eine neue (zweite) Ehe eingeht; nach Eingehung dieser Ehe ist die Frau nicht mehr "Witwe"; wird diese zweite Ehe geschieden und schließt die Frau eine dritte Ehe, so schließt sie diese Ehe nicht als die Witwe ihres ersten Ehemannes, sondern als die geschiedene Frau ihres zweiten Ehemannes (ebenso Elsholz-Theile, Die gesetzlichen Rentenversicherungen, Nr. 75 Anm. 2 d zu den §§ 1291 RVO, 68 AVG; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung 1961, Bd. III, 722); sie kann zwar, falls auch die zweite Ehe durch Tod des Ehemannes aufgelöst wird, wieder Witwe werden, sie ist aber in diesem Falle - entgegen der Meinung des LSG - Witwe des zweiten Ehemannes und nicht zugleich weiterhin Witwe des ersten Ehemannes. Die Klägerin kann also einen Anspruch auf Abfindung der "wiederaufgelebten" Witwenrente entgegen der Auffassung des LSG nicht aus dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 AVG herleiten (a. A. Verbands-Komm., 6. Aufl., insbesondere Anm. 3 zu §§ 1261 RVO, 68 AVG; RVO-Gesamt-Komm. 1961, Anm. 4 zu § 1291 RVO unter Hinweis auf das in diesem Verfahren angefochtene Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG; Lohmann in "Die Sozialversicherung" 1964, 9 ff, 14). Hieran ändert nichts, daß eine nach dem Tod des ersten Ehemannes wiederverheiratete Frau auch nach Auflösung der zweiten Ehe in § 68 Abs. 2 AVG weiterhin als "Witwe" des ersten Ehemannes bezeichnet wird; diese Bezeichnung erklärt sich daraus, daß sie den Anspruch auf die "wiederaufgelebte" Witwenrente nur hat, weil sie die Witwe des versicherten ersten Ehemannes gewesen ist, aus dieser Bezeichnung ergibt sich nicht, daß sie dies auch nach Eingehung der zweiten Ehe geblieben ist. Hätte der Abfindungsanspruch sich auch auf die "wiederaufgelebte" Witwenrente erstrecken sollen, so hätte dies im Anschluß an § 81 Abs. 1 AVG, § 1302 Abs. 1 RVO ebenso ausdrücklich gesagt werden müssen, wie dies in Abs. 2 dieser Vorschriften für den Anspruch auf Abfindung der Bezieher einer "Geschiedenenrente" (§§ 42, 43 Abs. 2 AVG; 1265, 1266 Abs. 2 RVO) geschehen ist; das hätte umso näher gelegen, als die vor 1957 gültigen Vorschriften über die Kapitalabfindung (§§ 1287 RVO aF, 41 AVG aF) eindeutig nur bei der ersten Wiederheirat eine Kapitalabfindung vorgesehen und unter der "Witwe", die "wieder heiratet", immer nur die erstmals wiederheiratende Witwe verstanden haben.

Ein Abfindungsanspruch für die Bezieher einer "wiederaufgelebten" Witwenrente entspricht aber nach der Überzeugung des Senats auch nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Durch den Anspruch auf Abfindung soll - wie durch die Witwenrente selbst - aus dem Versicherungsverhältnis des verstorbenen ersten Ehemannes die gegenwärtige und künftige wirtschaftliche Lebensstellung der Witwe gesichert werden, die Abfindung ist eine Art Kapitalisierung der laufenden Witwenrentenbezüge, die mit der Wiederheirat wegfallen (vgl. §§ 68 Abs. 1 AVG, 1291 Abs. 1 RVO), sie soll gewissermaßen als "Starthilfe" die Errichtung und Aufrechterhaltung eines neuen Hausstandes ermöglichen oder wenigstens erleichtern (vgl. BSG 15, 157 ff, 160). Dem Sicherungsbedürfnis der Witwe, die zum zweiten Mal heiratet, dient auch der erst durch die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze geschaffene Anspruch auf "wiederaufgelebte" Witwenrente für den Fall der unverschuldeten Auflösung der zweiten Ehe, auch dieser Anspruch - mag bei der zweiten Eheschließung eine Abfindung gewährt oder wie im Fall der Klägerin nicht gewährt worden sein - soll die Scheu vor einer Wiederheirat, die für die Dauer der zweiten Ehe zum Verlust der Rente und damit der wirtschaftlichen Sicherung durch die Rente führt, beseitigen und "den unerwünschten Rentenkonkubinaten (Onkelehen) entgegenwirken" (vgl. Begründung zu § 1305 des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucks. 2437, 2. Wahlperiode, S. 79/80). Der Anspruch auf Abfindung des Witwenrentenanspruchs steht also nach seiner Zweckbestimmung ebenso wie der Anspruch auf die "wiederaufgelebte" Witwenrente in einem inneren Zusammenhang mit dem "Witwendasein" und dem damit verbundenen Bedürfnis nach wirtschaftlicher Sicherung. Der Entschluß, sich aus dem Stand der Witwe durch eine neue Heirat zu lösen, soll der Witwe wirtschaftlich durch den Anspruch auf Abfindung der Witwenrente und dadurch erleichtert werden, daß ihr, falls die zweite Ehe ohne ihr Verschulden aufgelöst oder diese Ehe für nichtig erklärt wird, der Anspruch auf die vor der zweiten Eheschließung gewährte Witwenrente jedenfalls dem Grunde nach gewährleistet bleibt. Diese Sicherungen hat aber das Gesetz offenbar als ausreichend und erschöpfend angesehen. Dem Gesetz ist nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 AVG und nach dem Sinn und Zweck der Abfindung nicht zu entnehmen, daß der Witwe, die sich durch eine zweite Heirat aus dem Stand einer Witwe des Versicherten gelöst hat, nach Auflösung oder Nichtigerklärung dieser zweiten Ehe auch das Eingehen einer dritten Ehe oder auch weiterer Ehen durch die Gewährung von Leistungen aus der Versicherung des ersten Ehemannes erleichtert werden soll. Ebenso wie die "Versorgungskette" mit der Gewährung der nach Auflösung der zweiten Ehe "wiederaufgelebten" Witwenrente endet (vgl. Urteil des BSG vom 19. Juni 1962 aaO), endet auch der Schutz aus der Versicherung des ersten Ehemannes mit der dritten Heirat; das wirtschaftliche Risiko, das die Frau mit Abschluß der dritten Ehe eingeht, geht sie auch dann, wenn sie vor dieser Eheschließung die "wiederaufgelebte" Witwenrente bezogen hat, nicht mehr als die "Witwe" des ersten Ehemannes ein. Sie kann deshalb bei Abschluß dieser dritten Ehe weder eine Abfindung der "wiederaufgelebten" Witwenrente beanspruchen, noch lebt - aus den gleichen Erwägungen - nach Auflösung oder Nichtigerklärung der dritten Ehe die Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes wieder auf. Für diese Auslegung spricht auch, daß nach den §§ 68 Abs. 2 Satz 1 AVG, 2. Halbsatz, 1291 Abs. 2 Satz 1 RVO, 2. Halbsatz die Höhe des Anspruchs auf die "wiederaufgelebte" Witwenrente gemindert wird um Versorgungs-, Unterhalts- oder Rentenansprüche, die die Witwe infolge Auflösung der zweiten Ehe erworben hat; auch die Höhe der Abfindung wird davon beeinflußt; in vielen Fällen würde darum nur noch eine Witwenrente minderer Höhe kapitalisiert werden können; damit ließe sich aber das Ziel des Gesetzes, das mit der Abfindung eine "Starthilfe" für die Eingehung einer neuen Ehe geben will, häufig nur noch unvollkommen erreichen; dies müßte auch für den Anspruch auf eine zum zweiten Mal oder weitere Male auflebende Witwenrente gelten. Der Anspruch auf die nach Auflösung einer dritten Ehe (oder weiterer Ehen) "wiederauflebende" Witwenrente wäre nach der Auslegung des LSG von den wechselnden Ansprüchen aus mehreren früheren Ehen abhängig und vom Versicherungsträger nur schwer zu ermitteln; auch deshalb ist nicht anzunehmen, daß das Gesetz den der Witwe eingeräumten Versicherungsschutz über den Anspruch auf die nach Auflösung der zweiten Ehe "wiederaufgelebte" Witwenrente hinaus noch hat fortsetzen wollen.

Dies ist schließlich auch deshalb nicht anzunehmen, weil die gesetzliche Sicherung der früheren Ehefrau eines Versicherten zwar im Laufe der Jahre verbessert worden ist, aber doch nur vorsichtig und "schrittweise" (vgl. hierzu Lohmann, aaO, insbesondere 10). Nach §§ 3 Abs. 3, 21 Abs. 6 des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes vom 17. Juni 1949 und später § 1287 Satz 2 RVO aF, § 41 Abs. 2 AVG aF hat die Witwe - von der früheren gesetzlichen Regelung des Abfindungsanspruchs hier abgesehen - bis 31. Dezember 1956 Anspruch auf Abfindung ihrer Witwenrente nur gehabt, wenn sie nach dem 31. Mai 1949 wieder geheiratet hat; nach § 1302 Abs. 1 RVO nF, § 81 Abs. 1 AVG nF besteht der Abfindungsanspruch nur, wenn die neue Ehe nach dem 1. Januar 1957 geschlossen ist (vgl. Art. 2 § 27 ArVNG, Art. 2 § 26 AnVNg). Die Ehefrau, deren Ehe geschieden oder für nichtig erklärt und aufgehoben ist, hat unter den sonstigen einschränkenden Voraussetzungen des § 1256 Abs. 4 RVO aF, auf den § 28 Abs. 3 Satz 2 AVG aF verwiesen hat, nach dem Tode des versicherten Ehemannes Witwenrente nur als Kannleistung erhalten; ein Rechtsanspruch auf die "Geschiedenenwitwenrente" ist erst durch § 1265 RVO nF, 42 AVG nF begründet worden; auch dieser Anspruch wird nur abgefunden, wenn die neue Ehe nach dem 1. Januar 1957 geschlossen ist (§ 1302 Abs. 2 RVO nF, § 81 Abs. 2 AVG nF in Verbindung mit den oben genannten Übergangsvorschriften). Der Anspruch auf die nach Auflösung der neuen Ehe "wiederaufgelebte Witwenrente" besteht erst seit dem Inkrafttreten der Neuregelungsgesetze (§ 1291 Abs. 2 RVO nF, § 68 Abs. 2 AVG nF), jedoch nur dann, wenn die neue Ehe nach dem 1. Januar 1957 aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (vgl. Art. 2 § 26 Abs. 1 ArVNG, Art. 2 § 25 Abs. 1 AnVNG). Auch diese zögernde und jeweils mit Einschränkungen versehene Entwicklung spricht dagegen, daß das Gesetz in seiner derzeit geltenden Fassung über den Wortlaut der §§ 1302 RVO, 81 AVG hinaus eine noch weitergehende Sicherung der früheren Ehefrau durch die Gewährung eines Anspruchs auf Abfindung auch der "wiederaufgelebten Witwenrente" bei Abschluß einer dritten (oder weiteren) Ehe und - was gleich zu beurteilen wäre - eines Anspruchs auf "Wiederaufleben" der Witwenrente nach Auflösung einer dritten (oder weiteren) Ehe gewähren will. Daß die Klägerin im vorliegenden Falle die von ihr beantragte Abfindung der Witwenrente bei Eingehung der zweiten Ehe nach der damaligen Rechtslage in der britischen Besatzungszone nicht hat erhalten können, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung.

Die Klägerin hat sonach anläßlich ihrer dritten Eheschließung keinen Anspruch auf Abfindung der "wiederaufgelebten" Witwenrente. Das LSG hat daher zu Unrecht auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG aufgehoben. Auf die Revision der Beklagten ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2325507

BSGE, 124

NJW 1965, 1982

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