Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsrechtliche Beurteilung von Rundfunk- und Fernsehsprechern sowie Autoren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Versicherungspflicht "freier Mitarbeiter" von Rundfunkanstalten.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wesentliches Merkmal für das Bestehen eines die Versicherungspflicht begründeten Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, dh die Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb oder eine Verwaltung und die sich daraus ergebende Weisungsbefugnis des Arbeitgebers; ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt allerdings auch dann vor, wenn das Weisungsrecht des Arbeitgebers stark eingeschränkt ist oder völlig fehlt, aber die Arbeitsleistung von der Ordnung des Betriebes geprägt wird.

2. Bei Rundfunk- und Fernsehsprechern, die jeweils nur für die Mitwirkung in einer Sendung verpflichtet werden, liegt ein über den einzelnen Einsatz hinaus fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis selbst dann nicht vor, wenn sich die Einsätze der Sprecher in kurzen Zeitabständen - etwa jeden zweiten oder dritten Tag - wiederholen; ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis könnte trotz vereinbarter Einzeleinsätze allenfalls dann angenommen werden, wenn die Einsätze unmittelbar und dicht aufeinanderfolgen (sogenannte Kettenarbeitsverhältnisse).

3. Eine Tätigkeit als Autor für Rundfunk- und Fernsehsendungen vollzieht sich im allgemeinen nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

 

Normenkette

AVG § 118 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1396 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 441 Fassung: 1945-03-17, § 165 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1965-08-24; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 56 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03

 

Tenor

Auf die Revision des klagenden S Rundfunks werden das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 29. Juni 1971 und das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 1967 sowie der Bescheid der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse vom 17. Dezember 1964 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 1966 aufgehoben, soweit sie den Beigeladenen Sch betreffen.

Soweit der Rechtsstreit die Beigeladenen G und B sowie den Verstorbenen X betrifft, wird das genannte Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die bei dem klagenden S Rundfunk (SR) in der Zeit vom 1. Oktober 1961 bis zum 31. Oktober 1964 als "freie Mitarbeiter" tätig gewesenen Friedrich Sch, Käthe G, Klaus B und Nestor X, der inzwischen verstorben ist, in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben oder ob sie als Selbständige versicherungsfrei gewesen sind.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1964 forderte die Beklagte vom Kläger u. a. für die Beigeladenen Sch, G, B (Beigeladene zu 1) - 3)) und X Sozialversicherungsbeiträge nach. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 1966).

Das Sozialgericht (SG) hat u. a. die Klage, soweit sie die Versicherungs- und Beitragspflicht der Beigeladenen Sch, G und B sowie des Verstorbenen X betraf, abgewiesen (Urteil vom 12. Dezember 1967). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) die bezeichneten Bescheide u. a. auch hinsichtlich des Beigeladenen B aufgehoben, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 29. Juni 1971).

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt Verletzung der §§ 160, 165, 165 b, 166 der Reichsversicherungsordnung (RVO), 2 Abs. 2 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), 168 Abs. 1, 169 Nr. 7 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom 29. Juni 1971 und Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 1967 sowie den Bescheid der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse vom 17. Dezember 1964 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 1966 aufzuheben, soweit sie die Beigeladenen Sch, G sowie den Verstorbenen X betreffen.

Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) beantragt (sinngemäß),

die Revision des Klägers zurückzuweisen und im Wege der Anschlußrevision:

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 29. Juni 1971 aufzuheben, soweit es den Beigeladenen B betrifft.

Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie die beigeladene Bundesanstalt für Arbeit und der Beigeladene Sch beantragen,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Zur Anschlußrevision der Beklagten stellen sie keinen Antrag.

Die Beigeladenen G und B sind nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sowie der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sind aufzuheben, soweit sie den Beigeladenen Sch betreffen. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts ist aufzuheben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, soweit es die Beigeladenen G und B sowie den Verstorbenen X betrifft.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beigeladene Sch, wie dies die Beklagte angenommen hatte, in der Zeit vom 1. Oktober 1961 bis 31. Oktober 1964 aufgrund seiner Beschäftigung beim Kläger in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen ist. Nach seinen unangefochten gebliebenen und daher das Revisionsgericht bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) war der Beigeladene Sch beim Kläger in der genannten Zeit in der Regel an 15 bis 20 Tagen im Monat jeweils etwa zwei bis zehn Stunden als künstlerischer Sprecher im Schulfunk, im Hörspiel usw. gegen ein Entgelt von insgesamt 35.762,- DM (nach den Angaben der Beklagten im Revisionsverfahren: 35.752,- DM, Blatt 142 der Bundessozialgerichts-BSG-Akten) tätig. Von Ausnahmen abgesehen, war er sonst nicht tätig. Entgegen der Auffassung des Klägers war Sch, wie dies auch das LSG zutreffend festgestellt hat, unselbständig beschäftigt, und nicht selbständig tätig. Er war jedoch unständig beschäftigt (§ 441 RVO).

Für den Begriff des in der Sozialversicherung maßgebenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sind allein die tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Beschäftigten und seinem Arbeitgeber maßgebend; es kommt nicht darauf an, wie das Arbeitsrecht diese Beziehungen rechtlich wertet (BSG 1, 115, 118; 10, 41, 44; 13, 263, 264; SozR Nr. 51 zu § 165 RVO; SozR Nr. 15 zu § 1227 RVO). Wesentliches Merkmal für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber. Sie äußert sich vornehmlich darin, daß der Beschäftigte in einem Betrieb oder eine Verwaltung eingegliedert ist und regelmäßig dem Weisungsrecht des Arbeitgebers untersteht (BSG 3, 30, 35; 8, 278, 282; 10, 41, 44 f; 11, 257, 259 ff; 13, 130, 196; 15, 65, 69; 16, 289, 293; 20, 6, 8; Nr. 62 zu § 165 RVO; Nr. 15 zu § 1227 RVO). Das Weisungsrecht des Arbeitgebers kann danach beurteilt werden, ob der zur Arbeitsleistung Verpflichtete seine Tätigkeit im wesentlichen selbst bestimmen kann oder ob er hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Arbeitsleistung an bestimmte Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist. Freilich kann im Einzelfall das Weisungsrecht des Arbeitgebers tatsächlich und rechtlich mehr oder weniger eingeschränkt sein. Dennoch ist auch die Arbeitsleistung, die ohne oder nahezu ohne besondere Weisung erbracht wird, fremdbestimmt, wenn sie von der Ordnung des jeweiligen Betriebes geprägt wird. In Grenzfällen, in denen zu beurteilen ist, ob eine Beschäftigung selbständiger oder abhängiger Art ist, sind alle Umstände des Falles zur Gesamtwürdigung heranzuziehen (BSG 3, 30, 40; 11, 257, 260; SozR Nrn. 55, 71 zu § 165 RVO; SozR Nr. 15 zu § 1227 RVO), etwa der betriebliche und organisatorische Gesamtrahmen, in dem der Beschäftigte tätig sein wird, sowie die Art und Struktur des Betriebes (vgl. BSG 11, 257, 260).

Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler im Falle des Beigeladenen Sch. beachtet. Die persönliche Abhängigkeit des Sch. vom Kläger ist zu bejahen. Während seiner Einsätze als künstlerischer Sprecher unterlag Sch. den Weisungen des Klägers, die konkret vom jeweiligen Regisseur ausgesprochen wurden. Er hatte die ihm zugewiesenen Texte für die vom Kläger produzierten und ausgestrahlten Sendungen - seien es Lesungen oder Rollen in Hörspielen oder Szenenfolgen - zu sprechen, ohne daß er befugt gewesen wäre, irgendetwas an den Texten zu ändern. Erwartet wurde von ihm, weil er künstlerischer Sprecher war, daß er nach gehöriger eigener Vorbereitung aufgrund seiner besonderen Sprechfähigkeiten die jeweiligen Texte in der ihnen gemäßen Weise vortrug. Dieser Umstand spricht nicht dagegen, daß er der Weisungsbefugnis des Klägers unterlag und in den Betrieb des Klägers, der auch den gesamten äußeren Rahmen wie Aufnahmestudio, technische Anlagen, technisches Personal zur Verfügung stellte, eingegliedert war. Die Qualität der Sprechweise des Sch. war die Hauptvoraussetzung dafür, daß dieser vom Kläger immer wieder für Einsätze als künstlerischer Sprecher herangezogen wurde; sie allein reichte nicht aus, die Tätigkeit des Sch. als die eines Selbständigen zu werten, an die etwa zu denken wäre, wenn er eigene Texte vorgetragen hätte.

Indes ging - und das hat das LSG nicht erkannt - die Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber Sch. nicht über den jeweilig vereinbarten Einsatz hinaus. Sie begann mit der Übernahme eines Sprecherauftrages und endete mit dessen jeweiliger Erledigung. Hierdurch war zugleich die Dauer des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses bestimmt. Es stand dem Kläger nicht zu, Sch. nach der Beendigung eines Sprechereinsatzes von sich aus und ohne neue Vereinbarung mit Sch. zu einem weiteren Einsatz heranzuziehen. Es lag grundsätzlich bei Sch., ob er ein Angebot zu einem Sprechereinsatz annahm oder nicht. Daß Sch. nahezu ausschließlich für den Kläger tätig wurde, ändert nichts daran, daß die Beziehungen des Klägers zu Sch. davon geprägt wurden, daß sich das jeweilige Beschäftigungsverhältnis nur auf den einzelnen Sprechereinsatz bezog und insgesamt deshalb eine Vielzahl von derartigen Beschäftigungsverhältnissen vorlag. Die Vielzahl der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse hat aber nicht dazu geführt, daß sie zu einem einheitlichen und alle Einzeleinsätze umfassenden Beschäftigungsverhältnis geworden sind, was an sich möglich wäre. Ein derartiges einheitliches Beschäftigungsverhältnis könnte trotz vereinbarter Einzeleinsätze dann angenommen werden, wenn die Einsätze unmittelbar und dicht aufeinandergefolgt wären (sog. Kettenarbeitsverhältnisse; vgl. SozR Nr. 5 zu § 441 RVO). Davon kann aber hier keine Rede sein. Wie das LSG festgestellt hat, wurde Sch. vom Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 1961 bis 31. Oktober 1964 in der Regel an 15 bis 20 Tagen im Monat zu Sprechereinsätzen in jeweils 2 bis 10 Stunden Dauer herangezogen. Der festgestellte regelmäßige Umfang aller Einsätze in einem Monat reicht nicht aus, um bereits von einer so dichten Aufeinanderfolge von Einzeleinsätzen sprechen zu können, die wegen ihrer Verdichtung die Annahme nur eines einheitlichen und durchlaufenden Beschäftigungsverhältnisses rechtfertigen könnten.

Daher ist festzuhalten: Der Beigeladene Sch. war beim Kläger unselbständig, jedoch nicht ständig, sondern unständig beschäftigt. Die RVO definiert in § 441 den Begriff der unständigen Beschäftigung: "Unständig ist die Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch den Arbeitsvertrag beschränkt ist". Die hier jeweilig auf weniger als eine Woche beschränkte Beschäftigung des Sch. beim Kläger folgt beim jeweiligen Einzeleinsatz aus der Natur der Sache. Der Schlüssel hierzu liegt darin, daß der Kläger eine Rundfunkanstalt mit den sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Besonderheiten ist. Die verfassungsrechtliche Garantie der Freiheit des Rundfunks ist von fundamentaler Bedeutung (BVerfGE 12, 205, 259; 13, 80); sie schlägt sich nicht nur in dem Rundfunkauftrag als solchem und in der Organisation, sondern auch in der Durchführung der dem Kläger übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgabe (BVerfGE 31, 314, 329) nieder. Vom Auftrag her gehört der Rundfunk ebenso wie die Presse zu den unentbehrlichen Massenkommunikationsmitteln, durch die Einfluß auf die öffentliche Meinung genommen und diese öffentliche Meinung mitgebildet wird (BVerfGE 12, 205, 260 f.; 14, 121, 136; 31, 314, 325). Als "eminenter Faktor der öffentlichen Meinungsbildung" (BVerfGE 12, 205, 260) und "einem der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien" (BVerfGE 31, 314, 325) beschränkt sich diese Mitwirkung an der öffentlichen Meinungsbildung "keineswegs auf die Nachrichtensendungen, politische Kommentare, Sendereihen über politische Probleme der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft; Meinungsbildung geschieht ebenso in Hörspielen, musikalischen Darbietungen, Übertragung kabarettistischer Programme bis hinein in die szenische Gestaltung einer Darbietung" (BVerfGE 12, 205, 260), hat also ein sehr breites Spektrum und äußert sich in jedem Rundfunkprogramm und seiner Ausführung. Um seinen Auftrag sachgerecht erfüllen zu können, bedient sich der Rundfunk seit seinen Anfängen zum einen eines Stammes festangestellter, ständiger Mitarbeiter und zum anderen in erheblichem Umfang sog. "freier Mitarbeiter". Der Kreis der "freien Mitarbeiter" übersteigt nicht nur der Zahl nach den der festangestellten Mitarbeiter, sondern er leistet zur Erfüllung des Rundfunkauftrages Unentbehrliches und überwiegend Unaustauschbares. Ihre Teilhabe an der Rundfunkarbeit führt zu einer Fülle, Farbigkeit, Abwechslung und Güte der Darbietungen, wie sie festangestellte Kräfte nicht zu erbringen imstande sein würden. Daß die Rundfunkanstalten in so beträchtlichem Umfang "freie Mitarbeiter" herangezogen haben und heranziehen, steht daher voll mit dem Rundfunkauftrag in Einklang und ist aus der Natur der Sache geboten.

Daraus erklärt sich, daß viele der "freien Mitarbeiter" unständig Beschäftigte sind. Zu ihnen gehört auch der Beigeladene Sch. Seiner sozialversicherungsrechtlichen Einordnung als unständig Beschäftigter gemäß § 441 RVO steht nicht entgegen, daß er - von Ausnahmen abgesehen - stets von demselben Arbeitgeber, nämlich dem Kläger, beschäftigt worden ist. Eine unständige Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber ist zulässig (SozR Nr. 1 zu § 441 RVO; Urteil des 12. Senats vom 31. Januar 1973 - 12/3 RK 16/70).

Die an den Kläger gerichtete, Sch. betreffende Beitragsforderung der Beklagten beruht nicht auf der Annahme einer unständigen Beschäftigung des Sch. Gemäß §§ 118 Abs. 2, 127 AVG i. d. F. des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) haben unständig Beschäftigte ihre Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung selbst zu entrichten; der Arbeitgeber hat seinen Beitragsanteil dem unständig Beschäftigten zu zahlen (§ 127 Abs. 4 AVG). Gemäß § 67 Abs. 1 AVAVG i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl. I 1957, 321, 706) sind unständige Beschäftigungen in der Arbeitslosenversicherung ohnehin versicherungsfrei gewesen. Der Kläger durfte daher nicht dazu herangezogen werden, der Beklagten für Sch. Beiträge zu entrichten. Der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist, soweit er Sch. betrifft, als rechtswidrig aufzuheben.

Im Falle der Beigeladenen G (G.) hat das LSG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, sie sei "künstlerischer Sprecher" gewesen (Seite 7 des angefochtenen Urteils); an anderer Stelle hat es festgestellt, sie sei "Sprecherin und Gestalterin von Kinderfunksendungen" gewesen. "Daneben" habe sie in Einzelverträgen 35.383,- DM bezogen. Die Dauer der Inanspruchnahme sei je nach der Art der Sendung verschieden gewesen (aaO). Im Ergebnis hat das LSG die Beschäftigung der Beigeladenen G. als eine unselbständige ständige Beschäftigung angesehen und deshalb für versicherungspflichtig erklärt.

Diese Entscheidung ist aufgrund der wenigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu rechtfertigen. Die Feststellungen sind insofern zumindest widersprüchlich, wenn nicht gar unzutreffend, als das LSG von einer Tätigkeit der Beigeladenen G. als "künstlerischer Sprecher" und "daneben" einer solchen aufgrund von Einzelverträgen ausgegangen ist. Schon bei der Höhe der festgestellten "Nebenbezüge" von 35.383,- DM drängen sich Zweifel auf. Die Kennzeichnung der verschiedenen Beschäftigungen der G. beim Kläger als "künstlerischer Sprecher" und "Sprecher und Gestalterin von Kinderfunksendungen" ist nicht so eindeutig und klar, daß man bereits anhand dieser Beschäftigungsangaben die Merkmale der Versicherungspflicht feststellen könnte. Ein abschließendes Urteil zur Frage der Versicherungspflicht der G. läßt sich nur finden, wenn genaue und ins einzelne gehende Feststellungen zu den angegebenen verschiedenen Beschäftigungen getroffen worden sind. So ist es von Belang zu wissen, welche Sprecheraufgaben G. erhalten und durchgeführt hat, wie ihre Einsätze als Sprecherin von Kinderfunksendungen beschaffen waren, was unter "Gestalterin von Kinderfunksendungen" zu verstehen ist und ob die Aufgaben einer "Sprecherin und Gestalterin von Kinderfunksendungen" voneinander zu trennen sind oder ob sie eine Einheit bilden und daher beide Aufgaben in einem wahrgenommen wurden. Immerhin könnte die Feststellung des LSG, G. sei auch "Gestalterin von Kinderfunksendungen" gewesen, dafür sprechen, daß diese möglicherweise selbst Kindergeschichten, Märchen u. ä. verfaßt hat. Sollte sich herausstellen, daß G. in diesem Sinne Autorin war, könnte sie insoweit selbständig und daher nicht versicherungspflichtig tätig gewesen sein. Demgegenüber könnten die Sprechertätigkeiten der Beigeladenen G. unselbständige Beschäftigungen gewesen sein, wenn bei genauer Sachverhaltsüberprüfung ähnliche Verhältnisse wie bei dem Beigeladenen Sch. feststellbar sein sollten. Ob derartige Beschäftigungen ebenfalls unständige waren, läßt sich anhand der bisherigen Feststellungen nicht beurteilen, wenngleich die Erwähnung der Einzelverträge darauf hinzuweisen scheint, daß die Beigeladene G. vom Kläger von Fall zu Fall herangezogen worden ist.

Um die notwendigen sicheren Feststellungen treffen zu können, ist der Rechtsstreit insoweit an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Berufungsgericht wird die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben. Es wird sich hierzu eine ins einzelne gehende Anhörung der Beigeladenen G. über deren verschiedene Tätigkeiten beim Kläger in der streitigen Zeit angelegen sein lassen. Dabei wird es die Personalunterlagen der Beigeladenen G., die Programme, etwaige Manuskripte und sonstige Aufzeichnungen, Abrechnungsunterlagen u. ä. beizuziehen haben und sich Gewißheit über die Art und Weise der Einsätze der Beigeladenen G. beim Kläger durch Vernehmung von Vorgesetzten und Mitarbeitern verschaffen müssen. Bei der gesamten neuen Sachaufklärung wird das Berufungsgericht sich stets die Merkmale von selbständiger und unselbständiger Beschäftigung vor Augen halten müssen.

In gleicher Weise wird das LSG aufgrund der hier ausgesprochenen Zurückverweisung im Falle des Beigeladenen B (B.) zu verfahren haben. Auch hier reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine Entscheidung über die Versicherungspflicht des B. nicht aus. Das LSG hat festgestellt, B. sei vom 1. Dezember 1962 ab als ständiger Mitarbeiter der Sportredaktion des Klägers bei der Beklagten gemeldet gewesen; neben der Tätigkeit in der Sportredaktion habe er in den Monaten Dezember 1962 sowie Mai bis August 1963 an den Wochenenden Sportreportagen durchgeführt, und zwar ohne die Leitung eines Regisseurs; er habe die Reportagen frei gestalten und auch keinen Einfluß darauf nehmen können, welche Teile der Reportagen später gesendet wurden (Seite 14 aaO). Das LSG hat aufgrund seiner Feststellungen eine selbständige, nicht versicherungspflichtige Nebentätigkeit angenommen (Seite 16 aaO.).

Ob dies zutreffend entschieden ist, hängt nicht zuletzt von näheren Einzelheiten ab, insbesondere dazu, welche Aufgaben der Beigeladene B. aufgrund seiner Hauptbeschäftigung in der Sportredaktion wahrzunehmen hatte. Es könnte sein, daß die an Wochenenden durchgeführten Sportreportagen sich in nichts oder nur geringfügig von denjenigen in der Hauptbeschäftigung unterschieden und daher versicherungsrechtlich nach den Grundsätzen des Urteils des Senats vom 22. Juni 1972 - 12/3 RK 82/68 - zu beurteilen wären. Das LSG wird dies durch Anhörung des Beigeladenen B., Beiziehung von Programmen, Redaktions- und sonstigen Unterlagen, Vernehmungen von Vorgesetzten und Mitarbeitern des B. aufklären müssen. Dabei wird es dem Werdegang des B. Aufmerksamkeit widmen müssen, da dies für Feststellungen dahin von Belang sein könnte, ob B. auch noch in der Ostredaktion tätig gewesen ist, wie dieser es selbst schriftlich im zweiten Rechtszug (Bl. 136, 137 der LSG-Akten) angegeben, das LSG aber nicht festgestellt hat. Sollte sich ergeben, daß B. in der Ostredaktion gearbeitet hat, werden hierzu nähere Einzelheiten über die dortige Arbeitsweise erforderlich sein, insbesondere dazu, ob er insoweit auf Kenntnisse und Fähigkeiten, die er als Student an der Universität des Saarlandes erworben haben könnte, zurückgreifen und deshalb eigene Manuskripte anfertigen konnte. Insoweit könnte er selbständig tätig gewesen sein.

Wegen der hinsichtlich des Beigeladenen B. ausgesprochenen Zurückverweisung erübrigt es sich, auf die Anschlußrevision der Beklagten, die allein den Beigeladenen B. betrifft, einzugehen.

Im Falle des Verstorbenen X (X.) hat das LSG festgestellt, dieser sei am 1. Dezember 1961 als Sprecher und Regisseur beim Kläger angestellt und seitdem auch von diesem bei der Beklagten gemeldet worden, nicht aber für die Monate Oktober und November 1961, obschon er in dieser Zeit fast täglich regelmäßig beschäftigt gewesen sei und dafür in diesen beiden Monaten bei einem durchschnittlichen arbeitstäglichen Einsatz von etwa 4 bis 5 Stunden mit einem Verdienst von 30,- bis 100,- DM je nach Sendung eine Vergütung von 4.390,- DM erhalten habe (Seite 7 f. des angefochtenen Urteils). An anderer Stelle hat das LSG u. a. festgestellt, X. habe ein festes Einkommen im wesentlichen vom Kläger bezogen. Es hat angenommen, X. sei in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen, weil er im Dezember 1961 fest angestellt worden sei, aber bereits im Oktober und November 1961 regelmäßig beim Kläger beschäftigt gewesen sei, so daß seine Anmeldung eigentlich zwei Monate früher hätte erfolgen müssen (Seite 8 f. aaO). Das LSG hat für die beiden genannten Monate die Versicherungspflicht des X. in der Angestelltenversicherung bejaht.

In diesem Falle ist die Aufhebung der X. betreffenden Entscheidung des LSG und die Zurückverweisung deshalb geboten, weil aus den Feststellungen nicht hervorgeht, ob das Einkommen des X. für das Jahr 1961 die damalige Pflichtversicherungsgrenze in der Angestelltenversicherung von 7.920,- DM nicht erreichte oder möglicherweise überstieg. Die dazu fehlenden Feststellungen wird das LSG noch zu treffen haben. Bei dieser Überprüfung wird es ferner dem Umstand Beachtung schenken müssen, daß X. nach Angaben der Beklagten in den beiden Monaten auch als Autor gegen Honorar herangezogen worden sein soll. Sollte X. ganz oder teilweise als Autor in Betracht kommen, wären jedenfalls die dafür gezahlten Honorare aus dem Betrag von 4.390,- DM herauszunehmen; insoweit könnte keine unselbständige versicherungspflichtige Tätigkeit angenommen werden.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669623

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