Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung Arbeitslosengeld (Arbeitslosenhilfe). Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten

 

Orientierungssatz

1. Hat ein Arbeitsloser, bei dem die Höhe des Arbeitslosengeldes (der Arbeitslosenhilfe) von der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse abhängt, zu Beginn des Kalenderjahres keine Lohnsteuerkarte gehabt, wohl aber sein Ehegatte, so ist die Lohnsteuerklasse maßgebend, die nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu Beginn des Kalenderjahres zunächst einzutragen gewesen wäre, wenn er sich eine Lohnsteuerkarte hätte ausstellen lassen.

2. Die Lohnsteuerklasse, die erst eingetragen worden ist, nachdem sich der Arbeitslose eine Lohnsteuerkarte hat ausstellen lassen und nachdem nunmehr die Ehegatten die Steuerklassen gewechselt haben, kann erst ab Beginn des dem Antrag auf Steuerklassenwechsel folgenden Kalendermonats an berücksichtigt werden.

3. Auf die Gründe, die einen Arbeitslosen oder seinen Ehegatten veranlassen, sich eine Lohnsteuerkarte ausstellen zu lassen oder nicht, bzw eine von Amts wegen ausgestellte Lohnsteuerkarte zu behalten oder zurückzugeben, kommt es für die Anwendung der §§ 111, 113 AFG nicht an.

4. Für den Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten ist in § 113 Abs 2 AFG eine Sonderregelung getroffen worden, die die Anwendung des § 113 Abs 1 AFG insoweit ausschließt (vgl BSG 1980-08-14 7 RAr 39/79 = SozR 4100 § 113 Nr 1).

 

Normenkette

AFG § 111 Abs 2 S 2 Fassung: 1975-12-18, § 113 Abs 1 S 1 Fassung: 1975-12-18, § 113 Abs 1 S 2 Fassung: 1975-12-18, § 113 Abs 2 S 1 Fassung: 1980-08-16; EStG § § 38b, 39 Abs 5 S 4, § 39 Abs 5 S 3

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 13.07.1982; Aktenzeichen L 7 Ar 52/82)

SG Stade (Entscheidung vom 28.01.1982; Aktenzeichen S 6 Ar 115/81)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 26. Februar 1981 bis 31. Juli 1981.

Der 1942 geborene Kläger war bis Februar 1981 selbständig tätig. Er meldete sich am 26. Februar 1981 arbeitslos und beantragte Alhi. Seine Ehefrau war von 1975 bis 1980 mit einer Arbeitszeit von etwa 10 Stunden wöchentlich im Büro des Klägers als Gehilfin beschäftigt; 1981 war sie nicht mehr berufstätig. Bereits im September 1980 hatte sie von der Stadt B eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1981 erhalten, auf der für sie - wie bisher - die Lohnsteuerklasse III eingetragen war.

Nach anfänglicher Ablehnung des Leistungsantrags bewilligte die Beklagte dem Kläger auf seinen Widerspruch Alhi ab 26. Februar 1981 und legte dabei vorläufig die Leistungsgruppe D zugrunde. Zugleich forderte sie mit Schreiben vom 7. Juli 1981 zur endgültigen Feststellung des Leistungsanspruchs beim Kläger die Vorlage seiner Lohnsteuerkarte an. Der Kläger ließ sich daraufhin am 10. Juli 1981 bei der Stadt B. eine Lohnsteuerkarte für 1981 ausstellen, in der die Lohnsteuerklasse V eingetragen war. Auf seinen Antrag vom gleichen Tage änderte die Stadt B. die Eintragungen der Steuerklassen auf den Lohnsteuerkarten der Eheleute mit Wirkung ab 1. August 1981 wie folgt: beim Kläger von V nach III, bei seiner Ehefrau von III nach V. Nach Kenntnis hiervon bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi für die Zeit ab 1. August 1981 nach der Leistungsgruppe C (Bescheid vom 21. Juli 1981). Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Zugrundelegung der Leistungsgruppe C auch für die Zeit vom 26. Februar 1981 bis 31. Juli 1981 begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. August 1981).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung der oa Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi für die Zeit vom 26. Februar 1981 bis 31. Juli 1981 nach der Leistungsgruppe C unter Anrechnung der bereits gezahlten Alhi zu gewähren; es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 28. Januar 1982).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. Juli 1982). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Dem Kläger stehe für den streitigen Zeitraum gem §§ 111, 113 iVm § 134 Abs 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) nur Alhi nach der Leistungsgruppe D zu. Nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG komme es dafür auf die zu Beginn eines Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, eingetragene Lohnsteuerklasse an. Der Kläger habe sich allerdings erst ab 10. Juli 1981 eine Lohnsteuerkarte ausstellen lassen. Zu Beginn des Jahres 1981 habe er wegen seiner selbständigen Tätigkeit eine solche nicht gehabt. Für diesen im Gesetz nicht geregelten Fall müsse die Steuerklasse maßgeblich sein, die der Kläger erhalten hätte, wenn ihm zu Beginn des Jahres 1981 eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre. Dies wäre nach § 38b Nr 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Steuerklasse V gewesen, weil auf der Lohnsteuerkarte seiner Ehefrau für 1981 die Steuerklasse III eingetragen war. Erst mit Wirkung zum 1. August 1981 seien diese Klassen zwischen den Eheleuten antragsgemäß gewechselt worden (§ 39 Abs 5 Satz 4 EStG). Es sei auch nicht unbillig, daß die Beklagte hiernach gem § 113 Abs 2 AFG verfahren sei; denn der Kläger hätte diese Lohnsteuerklassenkombination bereits vor oder bei Stellung seines Alhi-Antrags wählen können, wenn er sich rechtzeitig eine Lohnsteuerkarte hätte ausstellen lassen.

Die vom SG angenommene Fiktion einer sachgerechten Steuerklassenkombination in Fällen dieser Art bereits zum Jahresbeginn - nämlich Klasse III für den Kläger, Klasse V für seine Ehefrau - werde dem Sinn der §§ 111, 113 AFG nicht gerecht. Sie stimme nicht mit dem Steuerrecht überein und würde dazu führen, daß für beide Ehegatten zeitweise von derselben Steuerklasse als Grundlage für einen etwaigen Leistungsanspruch gegen die Beklagte ausgegangen werden müßte.

Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 113 AFG und trägt dazu vor: Die Annahme des LSG treffe nicht zu, für den Kläger wäre zu Beginn des Jahres 1981 nur die Lohnsteuerklasse V in Betracht gekommen. Das LSG gehe dafür offenbar von einer - denkbaren - Antragstellung erst im Januar 1981 aus. Arbeitnehmer könnten Anträge auf Eintragung bestimmter Lohnsteuerklassen aber schon im jeweiligen Vorjahr stellen. Nur wenn ein solcher Antrag von der Ehefrau des Klägers 1980 für die Lohnsteuerkarte 1981 mit dem Begehren der Lohnsteuerklasse III gestellt worden wäre, träfe die Auffassung des LSG zu, dem Kläger hätte Anfang 1981 dann nur die Lohnsteuerklasse V zugestanden. Gerade das sei hier aber nicht geschehen. Der Ehefrau des Klägers sei die Lohnsteuerkarte vielmehr automatisch von der Gemeinde aufgrund der schon ein Jahr lang zurückliegenden Angaben zugesandt worden. Da die Ehefrau 1981 nicht mehr lohnsteuerpflichtig beschäftigt gewesen sei, sei die Lohnsteuerklasse III für sie auch nicht sinnvoll gewesen. Den Verhältnissen der beiden Ehegatten hätte mithin nur die Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III beim Kläger entsprochen; dies sei somit nach § 113 Abs 2 AFG schon ab Leistungsbeginn zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Stade vom 28. Januar 1982 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die Gründe des vom Kläger angefochtenen Urteils.

Beide Beteiligte sind mit Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1981 nur insoweit, als dem Kläger darin nicht die von ihm begehrte höhere Alhi bewilligt worden ist (§ 95 SGG). In anderer Hinsicht ist der Bescheid nicht angefochten worden. Aus dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich im übrigen, daß hinsichtlich der Höhe des dem Kläger zustehenden Leistungssatzes lediglich die Frage der dafür maßgeblichen Leistungsgruppe rechtlich umstritten ist, die übrigen die Leistungshöhe bestimmenden Faktoren zutreffend zugrunde gelegt worden sind.

Die Alhi beträgt 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iSd § 136 Abs 2 AFG (§ 136 Abs 1 AFG). Nach § 136 Abs 3 AFG bestimmt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die aus dem maßgeblichen - hier nicht streitigen - Arbeitsentgelt abzuleitenden Leistungssätze durch Rechtsverordnung; er hat dabei die auch für das Arbeitslosengeld (Alg) vorgesehenen Regelungen in § 111 Abs 2 Satz 2 bis 4 und Abs 3 zu beachten, hier idF des Haushaltsstrukturgesetzes-AFG (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113). Entsprechend der Eintragung in der Lohnsteuerkarte ist nach § 111 Abs 2 Nr 1 AFG die Zuordnung zu den sog Leistungsgruppen vorzunehmen, aus denen sich der maßgebliche Leistungssatz ergibt (vgl § 1 der hier maßgeblichen AFG-Leistungsverordnung 1981 vom 16. Dezember 1981 - BGBl I 2263). Der § 111 Abs 2 Nr 1 AFG stellt dabei ua auf die in der Lohnsteuerkarte der Arbeitslosen eingetragenen Lohnsteuerklasse ab.

Für den streitigen Zeitraum ist die Beklagte zu Recht von einer für den Anspruch des Klägers maßgeblichen Lohnsteuerklasse V ausgegangen, die eine Zuordnung zur Leistungsgruppe D zur Folge hatte (§ 111 Abs 2 Nr 1 Buchst d AFG). Die vom Kläger begehrte Zuordnung zur günstigeren Leistungsgruppe C scheitert am Fehlen des Eintrags der Lohnsteuerklasse III auf seiner Lohnsteuerkarte (§ 111 Abs 2 Nr 1 Buchst c AFG). Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 113 AFG, der hier in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1981 vom 16. August 1980 (BGBl I 1381) anzuwenden ist und für die Alhi entsprechend gilt (§ 134 Abs 2 Satz 1 AFG).

Nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG ist allerdings grundsätzlich die Lohnsteuerklasse maßgebend, die zu Beginn des Jahres auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist. Ihrem Wortlaut nach ist diese Regelung im Falle des Klägers nicht anzuwenden; denn der Kläger war zu Beginn des Jahres 1981, auf den es hier ankommt, überhaupt nicht im Besitz einer Lohnsteuerkarte, und er brauchte dies auch nicht zu sein, weil er noch bis Februar 1981 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hatte und deshalb bis dahin kein einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer mit Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit war (§§ 38, 39 EStG). Eine Lohnsteuerkarte wurde dem Kläger erst am 10. Juli 1981 ausgestellt.

Der § 113 AFG enthält für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung. Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten dafür jedoch eine Auslegung in der Weise, wie sie das LSG vorgenommen hat. Der Neufassung des § 111 Abs 2 Nr 1 AFG durch das HStruktG-AFG mit der darin enthaltenen grundsätzlichen Anbindung an die in der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragene Lohnsteuerklasse sollte gewährleisten, daß das Alg (entsprechend die Alhi) im Prinzip in allen Steuerklassen 68 vH (bei der Alhi 58 vH) des letzten regelmäßigen Nettoarbeitsentgelts beträgt (vgl BR-Drucks 575/75 S 52/53). Ziel der Änderung war mithin die Gleichbehandlung aller Leistungsbezieher (vgl dazu Eckert in Gemeinschaftskommentar zum AFG, § 111 RdNr 3). Auch die Maßgeblichkeit der zu Beginn des Anspruchsjahres eingetragenen Steuerklasse durch die ebenfalls mit dem HStruktG-AFG geschaffene Regelung in § 113 Abs 1 Satz 1 AFG sollte - neben Verwaltungsvereinfachungsgründen - ersichtlich diesem Ziel dienen. Individuellen Besonderheiten trägt das Gesetz durch die Zulassung der Berücksichtigung späterer Änderungen der Lohnsteuerklasse Rechnung (§ 113 Abs 1 Satz 2 und 3, Abs 2 AFG), wobei die Anbindung an steuerrechtliche Regelungen aufrechterhalten bleibt (vgl dazu BSGE 52, 227, 229 ff = SozR 4100 § 113 Nr 2).

Wenn der Gesetzgeber aber die Gewährleistung eines für alle Leistungsbezieher gleich hohen prozentualen Leistungssatzes des letzten Nettoarbeitsverdienstes durch die grundsätzliche Maßgeblichkeit der am Beginn des Anspruchs-Jahres in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse verwirklichen wollte, kann diesem Ziel in Fällen, in denen es an einem solchen Eintrag mangels notwendigen Vorhandenseins der Lohnsteuerkarte fehlt, nur dadurch Rechnung getragen werden, daß von der Steuerklasse ausgegangen wird, die bei Ausstellung einer Lohnsteuerkarte zu Beginn dieses Jahres eingetragen worden wäre (so auch Hennig/ Kühl/Heuer, Komm z AFG, ErgLfg 28, Anm 3 zu § 113; Clemens, SGb 1978, 40). Dies muß jedenfalls in den Fällen gelten, in denen - wie hier - für den Ehegatten des Arbeitslosen bereits zu Beginn dieses Jahres eine Lohnsteuerkarte mit einem bestimmten Steuerklassen-Eintrag ausgestellt worden ist. Das LSG weist zutreffend darauf hin, daß die Zugrundelegung einer Steuerklasse für den Arbeitslosen, die mit der für den Ehegatten eingetragenen Steuerklasse steuerrechtlich nicht korrespondiert, nicht nur dem den §§ 111, 113 AFG innewohnenden System der Anbindung an das Steuerrecht (vgl BSG aaO) widerspräche, sondern auch die ebenfalls vom Gesetz eindeutig nicht gewollte Folge hätte, daß bei beiden Ehegatten im Falle gleichzeitiger Leistungsansprüche wegen Arbeitslosigkeit Ansprüche nach derselben und günstigsten Leistungsgruppe zustehen könnten. Um dieses zu vermeiden, müßte dann auch für die leistungsberechtigte Ehefrau eine Lohnsteuerklasse fingiert werden, zudem eine andere als die tatsächlich eingetragene. Dies wäre weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck des § 113 Abs 1 AFG vereinbar.

Es konnte mithin nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen, zuzulassen, daß die Alhi eines Arbeitslosen allein deshalb nach der Leistungsgruppe C bemessen wird, weil er zu Beginn des maßgeblichen Jahres keine Lohnsteuerkarte benötigte und deshalb nicht hatte, wenn und solange für seine Ehefrau eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse III für dasselbe Jahr ausgestellt und ausgehändigt ist. Der Senat hat keinen Zweifel, daß der Gesetzgeber angesichts des dargestellten Plans des Gesetzes eine Regelung in dem oben angeführten Sinne für Fälle dieser Art getroffen hätte, wenn er die Unvollständigkeit im Ausdruck des § 113 AFG hierfür erkannt hätte. Er hält sich deshalb zu einer entsprechenden, lückenfüllenden Rechtsfortbildung für befugt (vgl dazu BSGE 54, 110, 112 = SozR 4100 § 112 Nr 21 mwN).

Das LSG hat festgestellt, daß die Ehefrau des Klägers bereits 1980 für 1981 eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse III erhalten hatte, die den steuerrechtlichen Verhältnissen entsprach (§§ 39, 38b Nr 3 Buchst a EStG). Der Kläger hätte mithin zu Beginn des Jahres 1981 nur eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse V erhalten können, wie es am 10. Juli 1981 zunächst auch geschehen ist (§ 38b Nr 5 EStG). Demgemäß hat die Beklagte für die Zeit ab 26. Februar 1981 die Alhi des Klägers zu Recht nach der Leistungsgruppe D berechnet (§ 111 Abs 2 Nr 1 Buchst d AFG).

An diesem Ergebnis ändert es nichts, daß die Ehefrau des Klägers 1981 nicht berufstätig war und ihr die Lohnsteuerkarte für dieses Jahr von der zuständigen Gemeinde "automatisch" ausgestellt worden ist. Die Gemeinden sind hierzu von Amts wegen verpflichtet (§ 39 EStG). Die Ehefrau des Klägers hätte diese Lohnsteuerkarte noch 1980 zurückgeben können, wenn sie schon damals beabsichtigte, 1981 nicht mehr als Arbeitnehmerin tätig zu sein. In diesem Falle wäre beim Kläger vom Beginn des Jahres 1981 von der Berechtigung zum Erhalt der Steuerklasse III auszugehen gewesen (§ 38b Nr 3 Buchst a aa EStG). Auf die Gründe, die einen Arbeitslosen oder seinen Ehegatten veranlassen, sich eine Lohnsteuerkarte ausstellen zu lassen oder nicht, bzw eine von Amts wegen ausgestellte Lohnsteuerkarte zu behalten oder zurückzugeben, kommt es für die Anwendung der §§ 111, 113 AFG nicht an. Diese Vorschriften gehen von der Situation aus, wie sie tatsächlich ist. Auch Änderungen der Verhältnisse im Laufe eines Jahres werden, soweit sie die eingetragene Lohnsteuerklasse betreffen, erst berücksichtigt, wenn sie durch Änderung der Eintragung deutlich sind (§ 113 Abs 1 Sätze 2 und 3, Abs 2 AFG).

Im Falle des Klägers trat eine solche Änderung erst mit Wirkung ab 1. August 1981 ein, der die Beklagte auch durch Bewilligung von Alhi nach Leistungsgruppe C von diesem Tage an Rechnung getragen hat. Da die Ehefrau des Klägers am 10. Juli 1981 noch eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse III in Händen hatte, durfte dem Kläger auf seinen Antrag an diesem Tage nur eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse V ausgestellt werden, wie es geschehen ist (§ 38b Nr 5 EStG). Die am gleichen Tage beantragten und vorgenommenen Änderungen der Steuerklassen für den Kläger von V nach III und seiner Ehefrau von III nach V (§ 39 Abs 5 Satz 3 EStG) stellen einen Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten iSd § 113 Abs 2 AFG dar, der vom Beginn des auf die Antragstellung folgenden Monats (1. August 1981) steuerrechtlich (§ 39 Abs 5 Satz 4 EStG) und leistungsrechtlich wirksam geworden ist (§ 113 Abs 2 Satz 1 AFG).

Demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf § 113 Abs 1 Satz 2 AFG berufen, wonach spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse mit Wirkung des Tages berücksichtigt werden, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für den Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten, wie er hier vorliegt (vgl BSGE 52, 227 = SozR 4100 § 113 Nr 2), in § 113 Abs 2 AFG eine Sonderregelung getroffen worden, die die Anwendung des § 113 Abs 1 AFG insoweit ausschließt (BSG SozR 4100 § 113 Nr 1).

Dem LSG ist schließlich darin beizupflichten, daß die gefundene Lösung keine Unbilligkeit enthält. In der Tat hätte der Kläger nach der Rechtslage bereits im Februar 1981 eine Lohnsteuerkarte mit der Leistungsgruppe III in Händen halten und diese der Beklagten vorlegen können, wenn er sich um diese in derselben Weise bemüht hätte, wie am 10. Juli 1981, nämlich bereits zu diesem Zeitpunkt auch in der Lohnsteuerkarte seiner Ehefrau die Steuerklasse von III nach V abgeändert worden wäre.

Das LSG hat nach allem die Klage zu Recht abgewiesen, so daß die Revision des Klägers keinen Erfolg haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659462

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