Leitsatz (amtlich)

1. Nach AFG § 134 Abs 2 S 2 ist der Anspruch auf Alhi nicht ausgeschlossen, solange der Arbeitslose hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit noch eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann.

2. Nach Unterbrechung der Arbeitslosigkeit durch eine Zeit der mehr als geringfügigen Beschäftigung setzt der Anspruch auf Alg oder Alhi für die Zeit einer erneuten Arbeitslosigkeit einen neuen Antrag und eine neue Arbeitslosmeldung voraus.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Feststellung der Üblichkeit von Teilzeitbeschäftigungen können nicht die Grundsätze herangezogen werden, die von der - inzwischen aufgegebenen - Rechtsprechung des Großen Senats des BSG zu der Frage entwickelt wurden, wann einem Rentenversicherten der Arbeitsmarkt verschlossen ist.

2. Der Bezug von Leistungen nach dem BAföG steht der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht generell entgegen.

3. Wer neben seiner wissenschaftlichen Ausbildung weniger als 20 Stunden wöchentlich einer Beschäftigung nachgeht, ist seinem Erscheinungsbild nach Student und damit nach AFG § 169 Nr 1 iVm RVO § 172 Abs 1 Nr 5 beitragsfrei (Umkehrschluß BSG 1975-06-26 3/12 RK 14/73 = Dienstbl BA C AFG § 168 (Nr 1980a).

4. Ein eindeutig auf Leistungen für den Fall der Arbeitslosigkeit gerichteter Antrag umfaßt neben Arbeitslosengeld auch Arbeitslosenhilfe.

 

Normenkette

AFG § 100 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25, § 134 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1969-06-25, § 104 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 169 Nr. 1; RVO § 172 Abs. 1 Nr. 5; BAföG

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Entscheidung vom 31.10.1975; Aktenzeichen L 5 Ar 3/75)

SG Bremen (Entscheidung vom 16.10.1974; Aktenzeichen S Ar 105/72)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 31. Oktober 1975 insoweit aufgehoben, als der Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 3. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1972 begehrt. In diesem Umfange wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1946 geborene Kläger, der den Kaufmannsgehilfenbrief besitzt, studierte seit dem 1. April 1969 in B Wirtschaftswissenschaften. Er bezog später Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Neben dem Studium war er vom 1. Mai 1970 bis zum 31. Dezember 1971 bei der Firma ... Transport GmbH, sowie vom 1. Juli bis zum 31. August 1972 ganztags bei den Vereinigten Flugzeugtechnischen Werken und später noch bei anderen Firmen beschäftigt. Am 3. Januar 1972 beantragte der Kläger das Arbeitslosengeld (Alg) und gab dazu an, wegen seines Studiums könne er, mit Ausnahme der Semesterferien, nur halbtags, nämlich von 13.00 bis 18.00 Uhr erwerbstätig sein. Mit dem weiteren Antrag vom 1. Februar 1972 begehrte der Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) für den Fall, daß seinem Begehren auf Zahlung des Alg nicht entsprochen werde.

Das Arbeitsamt B lehnte mit Bescheid vom 16. Februar 1972 den Antrag auf Gewährung von Alg ab mit der Begründung, der Kläger habe innerhalb der gesetzlichen Rahmenfrist von 3 Jahren nicht mindestens 26 Wochen oder 6 Monate versicherungspflichtig gearbeitet. Mit weiterem Bescheid vom 15. Mai 1972 lehnte das Arbeitsamt auf den Antrag des Klägers auf Alhi ausdrücklich ab. Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte durch den einheitlichen Widerspruchsbescheid vom 16. November 1972 als unbegründet zurück. Mit Urteil vom 16. Oktober 1974 hat das Sozialgericht (SG) Bremen die Klage abgewiesen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung, mit der der Kläger Aufhebung des Urteils des SG und der oben genannten Bescheide sowie Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg, hilfsweise Alhi beantragt hatte, durch Urteil vom 31. Oktober 1975 zurückgewiesen und ausgeführt: Ein Anspruch auf Alg könne schon aus dem Grunde nicht entstanden sein, weil der Kläger keine versicherungspflichtige Tätigkeit innerhalb der Rahmenfrist des § 104 Abs. 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ausgeübt habe. Für ihn bestehe nämlich Versicherungsfreiheit sowohl in der Krankenversicherung als auch in der Arbeitslosenversicherung gem. §§ 168, 169 Nr. 1 AFG, 172 Abs. 1 Nr. 5 Reichsversicherungsordnung (RVO). Der Kläger gehöre zu denjenigen Personen, die während ihrer wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf gegen Entgelt tätig seien. Nach dem Sinn des § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO, sei die Beschäftigung, die ein Student während des Studiums ausübe um seinen Lebensunterhalt zu erarbeiten, versicherungsfrei, solange er ernstlich die Absicht habe, das Studium zu beenden. Hierzu hat das LSG festgestellt, aus einer Aufschlüsselung der geleisteten Stunden ergebe sich, daß der Kläger bei der Firma ... Transport GmbH während des Semesters 16 bzw. 17 Stunden wöchentlich erwerbstätig gewesen sei; lediglich in den Semesterferien habe er eine höhere Stundenzahl geleistet. Mit Rücksicht darauf, daß der Kläger während des Studiums durchschnittlich 20 Vorlesungsstunden besuchte und dieser Stundenzahl eine entsprechende Anzahl von Stunden für das häusliche Studium hinzugerechnet werden müßten, könne nicht festgestellt werden, daß die Teilzeittätigkeit bei der Fa. ... Transport GmbH das versicherungsrechtliche Erscheinungsbild des Klägers geprägt habe.

Auch ein Anspruch auf Zahlung von Alhi stehe dem Kläger nicht zu. Für die Erfüllung des Tatbestandes der Arbeitslosigkeit i.S. des § 101 AFG sei Voraussetzung, daß eine berufsmäßige und hauptsächliche Arbeitnehmertätigkeit ausgeübt worden sei. Da die wissenschaftliche Ausbildung des Klägers den überwiegenden Teil einer normalen Arbeitszeit in Anspruch nehme, erfülle der Kläger das Merkmal der Berufsmäßigkeit nicht.

Darüber hinaus habe der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Die Einschränkung des Klägers, außer in den Semesterferien lediglich in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr arbeiten zu können, entspreche nicht mehr den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Einen derartigen Arbeitsmarkt habe es für männliche Arbeitnehmer zur Zeit der Antragstellung durch den Kläger nicht gegeben, weil das Verhältnis der Zahl von entsprechenden Interessenten zur Zahl der offenen Teilzeitarbeitsplätze ungünstiger als 100 : 75 gewesen sei. Außerdem entfalle der Anspruch auf Alhi auch deshalb, "weil die Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 AFG dann nicht als erfüllt anzusehen sind, wenn der Kläger nur mit Einschränkungen hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit imstande ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben (§ 134 Abs. 2 Satz 2 AFG)".

Der Kläger hat die zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung der §§ 100 Abs. 1, 101, 103, 104, 134, 168, 169 Nr. 1 AFG, 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO und führt aus: Zu Unrecht habe das LSG einen Anspruch auf Zahlung von Alg verneint. Seine Tätigkeit bei der ... Transport GmbH habe sein versicherungsrechtliches Erscheinungsbild ebenso geprägt wie die nachfolgenden Tätigkeiten. Auf jeden Fall sei aber der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Alhi begründet. Daß sein Studium den überwiegenden Teil der "normalen" Arbeitszeit in Anspruch genommen habe, sei nicht ersichtlich. Zu Unrecht habe das LSG die Verfügbarkeit verneint. Träfe die Auffassung des LSG zu, könnte ein Teilzeitbeschäftigter nie Ansprüche auf "Arbeitslosenentgelt" erwerben. In einem Handels- und Dienstleistungszentrum wie Bremen gebe es auch einen Arbeitsmarkt für Teilzeitbeschäftigte.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landessozialgerichts Bremen vom 31. Oktober 1975 das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 16. Oktober 1974 und die Bescheide der Beklagten vom 16. Februar, 15. Mai und 16. November 1972 aufzuheben,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 3. Januar 1972 - mit Ausnahme der Zeiten vom 1. Juli bis zum 31. August 1972, vom 18. Juni bis zum 31. August 1973 und vom 18. Februar bis zum 13. April 1974 - Alg, hilfsweise Alhi in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

hilfsweise, das Urteil des LSG aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und teilweise i.S. der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.

Soweit der Kläger den Bescheid vom 16. Februar 1972 anficht und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg begehrt, ist die Revision unbegründet. Diese Rechtsfolge rechtfertigt sich bereits deshalb, weil davon auszugehen ist, daß der Bescheid vom 16. Februar 1972 durch teilweise Klagerücknahme gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger nämlich seinen Antrag auf die Aufhebung der Bescheide vom 15. Mai und 16. November 1972 sowie Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi beschränkt. Damit hat er gleichzeitig die Klage hinsichtlich des Alg zurückgenommen. Er hatte in der Klageschrift zwischen Alg und Alhi deutlich unterschieden und den Bescheid vom 16. Februar 1972 ausdrücklich in seinen Antrag einbezogen. Im Schriftsatz vom 16. Juli 1974 hatte er den Antrag "neu" formuliert und nur Alhi begehrt. Das Weglassen der Benennung des Bescheides vom 16. Februar 1972 und des Begehrens auf Gewährung von Alg im mündlich gestellten Antrag kann deshalb keinesfalls als offenbare Unrichtigkeit gewertet werden. Dementsprechend hat das SG sich auch zutreffend nur mit dem Alhi-Antrag befaßt. Die Rücknahme der Klage hinsichtlich des Bescheides vom 16. Februar 1972 hat zur Folge, daß der Bescheid nach dem Ablauf der Widerspruchsfrist nicht mehr angefochten werden kann (vgl. BSGE 23, 147, 151). Auch die Erweiterung der Klage in der Berufungsinstanz ändert nichts daran, daß die Bindungswirkung eingetreten ist.

Letztlich kann aber dahingestellt bleiben, ob durch eine Klagerücknahme der Bescheid vom 16. Februar 1972 bindend geworden ist, denn der Bescheid ist auch deshalb rechtmäßig, weil der Alg-Anspruch gemäß § 100 AFG nicht begründet ist. Der Kläger hat die Anwartschaftszeit des § 104 AFG nicht erfüllt.

Nach § 104 AFG hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist sechsundzwanzig Wochen oder sechs Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind oder nach § 105 AFG als erfüllt gelten. Der Kläger hat sich am 3. Januar 1972 arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt. Die Rahmenfrist umfaßt daher hier die Zeit vom 3. Januar 1969 bis zum 2. Januar 1972. In dieser Zeit hat der Kläger nicht 26 Wochen oder 6 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. Beitragspflichtig sind lt. § 168 Abs. 1 AFG Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, soweit sie nicht nach § 169 AFG oder einer Rechtsverordnung nach § 173 Abs. 1 AFG beitragsfrei sind.

Der Kläger war nach den Vorschriften der RVO versicherungsfrei in der Krankenversicherung und damit auch beitragsfrei in der Arbeitslosenversicherung (§ 169 Nr. 1 AFG), denn er war während seiner wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf gegen Entgelt tätig (§ 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO).

Wie der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) schon wiederholt entschieden hat, gilt die Versicherungsfreiheit während der wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf im wesentlichen für die sogen. Werkstudenten, das sind "Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen" (BSG SozR 2200 § 172 Nr. 2; BSG 33, 229, 230; vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung I/2 S. 322 b I). Die Beschäftigung ist demgemäß versicherungsfrei, wenn das Studium Haupt-, die Beschäftigung Nebensache ist (Peters, Handbuch der Krankenversicherung II/1 Anm. 5 b); nur dann handelt es sich um einen Werkstudenten, der unter § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO fällt. In seiner Entscheidung vom 31. Oktober 1967 hat das BSG zu der vergleichbaren Norm des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) klargestellt, daß die dort geregelte Versicherungsfreiheit nur Studenten erfassen solle, die neben ihrem Studium einer ihm nach Zweck und Dauer untergeordneten Beschäftigung nachgingen. Wer seinem "Erscheinungsbild" nach zum Kreis der Beschäftigten gehöre, werde durch ein gleichzeitiges Studium nicht versicherungsfrei; Versicherungsfreiheit bestehe vielmehr nur für solche Personen, deren Zeit und Arbeitskraft ganz oder überwiegend durch ihr Studium in Anspruch genommen werde (BSG 27, 192, 195). Diesen Grundsatz hat das BSG inzwischen auf § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO übertragen (BSG SozR 2200 § 172 Nr. 2 und 3), womit es sich in Übereinstimmung mit der Literatur befindet (Brackmann, aaO; Peters, aaO). Es hat weiter ausgeführt: In dem Fall, daß jemand mehr als 20 Stunden wöchentlich beschäftigt ist, brauchten Arbeitgeber und Krankenkasse nicht zu ermitteln, wieviel Zeit der Betreffende auf eine daneben betriebene wissenschaftliche Ausbildung verwende (BSG SozR 2200 § 172 Nr. 3). Allein die Tatsache, daß die Beschäftigung in dem genannten zeitlichen Umfang ausgeübt werde, mache den Betreffenden seinem Erscheinungsbild nach zu einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigten. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG hat der Kläger während des Studiums durchschnittlich 20 Vorlesungsstunden besucht. Offensichtlich war es dem Kläger möglich, seine Beschäftigung bei der ... Transport GmbH so zu gestalten, daß der erfolgreiche Besuch der Vorlesungen gesichert war. Die Beschäftigung wurde so den Erfordernissen des Studiums - als der hauptsächlichen Tätigkeit des Klägers - angepaßt, mit der Folge, daß während des Semesters der Kläger lediglich 16 bis 17 Stunden neben dem Studium arbeiten konnte. Dies spricht dafür, daß der Kläger seinem gesamten Erscheinungsbild nach in erster Linie Student war und sich nach seinen persönlichen Verhältnissen und Einsatzmöglichkeiten überwiegend (20 Stunden Studium im Vergleich zu 16 bis 17 Stunden Beschäftigung) der Ausbildung widmen konnte. Da Ermittlungen dahingehend, wieviel Zeit ein Beschäftigter auf eine daneben betriebene wissenschaftliche Ausbildung verwendet, im Falle eines zum wesentlichen Teil aus häuslicher Arbeit bestehenden Studiums wenig erfolgversprechend sind (BSG aaO), ist folgender Umkehrschluß gerechtfertigt: Die Tatsache, daß jemand neben seiner wissenschaftlichen Ausbildung weniger als 20 Stunden wöchentlich beschäftigt ist, macht den Betreffenden seinem Erscheinungsbild nach zu einem Studenten, ohne daß dies noch besonders begründet zu werden braucht.

Zu Recht ist das LSG davon ausgegangen, daß das so geprägte versicherungsrechtliche Erscheinungsbild des Klägers nicht dadurch verändert worden ist, daß er während der Semesterferien mit einer höheren Stundenzahl bei der ... Transport GmbH beschäftigt war. Die in der vorlesungsfreien Zeit geleistete höhere Zahl von Arbeitsstunden hat den Status des Klägers als Student nicht beeinflußt. Beschäftigungen während der Semesterferien - Zeiten, in denen für viele Studenten eine Beschäftigung in Anbetracht des Studiums überhaupt nur möglich ist - sollen von der Versicherungsfreiheit in erster Linie erfaßt sein. Etwas anderes kann nur gelten, falls die Ausbildung für diese Zeit, etwa durch vorübergehende Exmatrikulation, unterbrochen würde, was hier nicht geschehen ist (vgl. BSG SozR Nr. 13 zu § 172). Die Semesterferien sind in der Regel der Zeitraum, während der sich der Student die Mittel zum weiteren Studium oder zum Lebensunterhalt verdienen kann und will. Dies ist der typische Werkstudent, der hauptsächlich von der Befreiungsvorschrift erfaßt werden soll. Bei einer entgegengesetzten Auffassung wäre ein Anwendungsbereich des § 172 Abs. 1 Nr. 5 AFG kaum noch vorhanden.

Diesem Ergebnis stehen die Entscheidungen des BSG vom 26. Juni 1975 (SozR 2200 § 172 Nr. 3) und vom 10. September 1975 - 3/12 RK 15/74 (= SozR 2400 § 2 AVG Nr. 3) nicht entgegen, da in den dort entschiedenen Fällen jeweils Beschäftigungen über 20 Stunden, die gerade auch während des Semesters geleistet wurden, in Frage standen. Das Vorbringen der Revision, daß vor allem auch die nachfolgenden Beschäftigungen des Klägers dessen versicherungsrechtliches Erscheinungsbild geprägt hätten, ist unbeachtlich. Nach den vom Kläger nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gem. § 163 SGG gebunden ist, verrichtet der Kläger "nach wie vor" nur nebenbei Erwerbstätigkeiten und ist in der Hauptsache Student. Allgemein fehlt es für einen Alg-Anspruch hinsichtlich der Zeit nach dem 30. Juni 1972 schließlich auch an wirksamen Anträgen und Arbeitslosmeldungen - siehe die Ausführungen zur Alhi.

Hinsichtlich des Anspruchs auf Gewährung von Alhi für die Zeit vom 3. Januar bis zum 30. Juni 1972 ist die Sache nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen. Dieser Anspruch kann gemäß § 134 Abs. 1 AFG begründet sein.

Zwar hat der Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG ausdrücklich einen Antrag auf Alhi erst am 1. Februar 1972 gestellt, doch muß als Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung und Antragstellung dennoch der 3. Januar 1972 angesehen werden. Der Antrag auf Alg schließt nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung den Antrag auf Alhi ein (vgl. BSG SozR Nr. 7 zu AVAVG § 177 a F; Hennig - Kühl-Heuer, Kommentar zum AFG, Anm. 3 a zu § 134; Schönefelder-Kranz-Wanka, Kommentar zum AFG § 134 Rdnr. 15 und § 100 Rdnr. 18), falls eindeutig zu erkennen ist, daß der Antragsteller Leistungen für den Fall der Arbeitslosigkeit begehrt. Davon ist hier auszugehen, zumal auch die Beklagte schon den Antrag vom 3. Januar 1972 unter dem Gesichtspunkt der Alhi geprüft hat.

Für die Prüfung des Merkmals der Arbeitslosigkeit ist nach § 134 Abs. 2 Satz 1 AFG die Vorschrift des § 101 AFG entsprechend anzuwenden, da Besonderheiten der Alhi gegenüber dem Alg insoweit nicht entgegenstehen. Danach ist arbeitslos ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine geringfügige Beschäftigung ausübt.

Das LSG hat das Vorliegen dieser Voraussetzung mit der Begründung verneint, für die Erfüllung des Tatbestandes der Arbeitslosigkeit sei Voraussetzung, daß der Antragsteller berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflege, der Kläger jedoch in der Hauptsache Studierender sei, gerade auch in Anbetracht der Tatsache, daß er Mittel nach dem BAföG beziehe.

Diese Auslegung von § 101 AFG stimmt mit der Rechtsprechung des Senats, an der er festhält, nicht überein. Danach ist es für das Merkmal der Arbeitslosigkeit nicht (mehr) erforderlich, daß der Antragsteller nach der Gesamtschau seiner wirtschaftlichen Verhältnisse "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt" (BSG SozR 4100 § 101 Nr. 1; bestätigt in BSG SozR 4100 § 101 Nr. 2; Urteil vom 27. Januar 1977 - 7 RAr 137/75 -). Diese auf § 75 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. April 1957 zurückgehende Einschränkung des Arbeitnehmerbegriffs als Teilmerkmal der für den Anspruch erforderlichen Voraussetzung "arbeitslos" ist in § 101 AFG nicht mehr enthalten. Wie der Senat mit eingehender Begründung dargelegt hat, ist dadurch gegenüber dem früheren Recht eine echte Rechtsänderung eingetreten. Als Arbeitnehmer i.S. des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG ist nunmehr derjenige anzusehen, der im Zeitpunkt der Antragstellung und während der Zeit der anschließenden faktischen Beschäftigungslosigkeit dem Kreis der Personen zuzurechnen ist, die anderenfalls in dieser Zeit eine abhängige Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang ausüben würden. Die Tatsache der Immatrikulation an einer Hochschule steht demgemäß der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen; auch während einer solchen Ausbildung kann eine abhängige, entgeltliche Beschäftigung ausgeübt werden.

Der Kläger hat mit seiner Arbeitslosmeldung, der Antragstellung und seinen sonstigen Angaben seine Bereitschaft zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung zum Ausdruck gebracht. Nach den Feststellungen des LSG ist er bereit, auch während des Semesters täglich fünf Stunden abhängig zu arbeiten, so daß er eine Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang (§ 102 AFG) ausüben würde. Damit ist der Kläger dem Kreis der Arbeitnehmer i.S. von § 101 AFG zuzurechnen.

Der Kläger hat in der Zeit vom 3. Januar bis zum 30. Juni 1972 möglicherweise der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden (§§ 134 Abs. 2 Satz 1, 103 Abs. 1 Satz 1 AFG).

Das LSG geht davon aus, daß der Kläger ernstlich bereit war, eine Beschäftigung auszuüben. Dabei hat es sich um die Bereitschaft gehandelt, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen, die er ausüben kann. Dieser Bereitschaft steht es nicht entgegen, daß der Kläger offensichtlich auf eine Beschäftigung im Raume Bremen angewiesen war. Grundsätzlich umfaßt der Begriff "allgemeiner Arbeitsmarkt" in räumlicher Hinsicht den gesamten Geltungsbereich des AFG (BSG 11, 16, 19; ABA 1971, 325; SozR Nr. 12 zu § 76 AVAVG; Krebs, Kommentar zum AFG, § 103 Rdnr. 3; Hennig-Kühl-Heuer, aaO § 103, 2). Die Vermittlungsbemühungen der Beklagten haben sich auf das gesamte Bundesgebiet zu erstrecken. Dementsprechend muß der Arbeitslose auch zu einer Arbeit außerhalb seines Wohnortes bereit sein, was vorliegend jedenfalls für die Zeit des Semesters, während der der Kläger als Student augenscheinlich Hochschulveranstaltungen besuchen will, zumindest fraglich ist. Beschäftigungen außerhalb Bremens sind insoweit für den Kläger aber nicht zumutbar i.S. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG. Die Arbeitsbereitschaft ist trotz Einschränkungen nicht nur dann gegeben, wenn die Einschränkungen zwingenden Charakter haben. Es genügt, daß es dem Arbeitslosen aus wichtigem Grund nicht zugemutet werden kann, die Einschränkungen zu beseitigen (BSG vom 30. Juni 1977 - 12 RAr 90/76 -). Vom Kläger konnte nicht erwartet werden, daß er sein Studium, von dessen Absolvierung seine weitere berufliche Zukunft abhängt, aufgab, um im gesamten Geltungsgebiet des AFG vermittelt werden zu können. Aus dem gleichen Grund durfte der Kläger seine Arbeitsbereitschaft auch zeitlich mit Rücksicht auf das Studium einschränken. Beschäftigungen, die sich zeitlich mit Hochschulveranstaltungen überschnitten, waren unzumutbar. Darüber hinaus gibt es eine Grenze der zumutbaren Belastung durch Studium und Erwerbstätigkeit einschließlich Vorbereitungszeit und Wegezeiten, die jedenfalls nicht über 60 Stunden wöchentlich liegt (BSG 30. Juni 1977 - 12 RAr 90/76 -). Diese Grenze hatte der Kläger mit der von ihm angebotenen Arbeitszeit von 25 Stunden, den 20 Vorlesungsstunden und der vom LSG festgestellten entsprechenden Anzahl von Stunden für das häusliche Studium bereits überschritten.

Die Feststellungen des LSG reichen aber für eine abschließende Entscheidung nicht aus, soweit es um die objektive Verfügbarkeit des Klägers geht.

Trotz der Immatrikulation durfte der Kläger eine Beschäftigung i.S. §§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG ausüben, weil durch die Einschreibung als Student keine persönliche Bindung eintritt, die die rechtliche Zulässigkeit einer Arbeitsaufnahme beseitigt (BSG Urteil vom 25. November 1971 - 5 RKn 70/69 -;). Entscheidend ist, daß der Kläger durch die Immatrikulation nicht gehindert war und ist, eine ihm von der Beklagten vermittelte Beschäftigung aufzunehmen.

Ebensowenig kann daraus, daß der Kläger Mittel nach dem BAföG erhält, auf dessen fehlende Verfügbarkeit geschlossen werden. Wohl bestimmt § 2 Abs. 5 BAföG, daß Ausbildungsförderung nur geleistet wird, falls die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im allgemeinen voll in Anspruch nimmt. Dies gilt aber eben nur "im allgemeinen", d.h. wenn im Einzelfall ein Auszubildender dank besonderen Vorwissens oder besonderer Fähigkeiten für seine Ausbildung nicht die gesamte Arbeitskraft benötigt, entfällt die Ausbildungsförderung nicht. Durch diese Regelung soll ein Nebenverdienst nicht ausgeschlossen werden, was ferner noch daraus folgt, daß nach § 23 BAföG vom Einkommen des Auszubildenden bestimmte Beträge anrechnungsfrei bleiben (vgl. Rothe-Blanke, Kommentar zum BAföG, § 2 Nr. 15). Bestätigt wird diese Auffassung weiterhin dadurch, daß zum Einkommen gem. § 21 Abs. 3 Ziff. 4 BAföG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Einkommensverordnung vom 21. August 1974 (BGBl I S. 2078) sowohl Alg als auch Alhi zählen. Allerdings hat der Kläger in einem Schreiben an den Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst bezüglich der beanspruchten Leistungen nach dem BAföG betont, durch sein Studium an der Universität gänzlich in Anspruch genommen zu sein. Dieses Schreiben stammt aber vom 3. Januar 1973; es könnte daher höchstens die Verfügbarkeit nach diesem Zeitpunkt ausschließen. Das gleiche gilt für die am 7. Mai 1974 ausgestellte Bescheinigung von Prof. Dr. H, nach deren Inhalt der Kläger in sieben Fächern Studienleistungen erbracht hat.

Gegen die Verfügbarkeit des Klägers zur Zeit seiner Antragstellung und der anschließenden Arbeitslosigkeit bis zum 30. Juni 1972 spricht nicht die Änderung des § 118 AFG durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 1975, in Kraft getreten am 1. Oktober 1975. Nach dem neuen Absatz 2 des § 118 AFG ruht nunmehr der Anspruch auf Alg während der Zeit, in welcher der Arbeitslose als ordentlicher Studierender eine Hochschule besucht. Die Beklagte ist ebenso wie das LSG Niedersachsen in seinem Urteil vom 24. Mai 1976 - 7 Ar 75/75 - zu Unrecht der Ansicht, der Gesetzgeber habe damit eine die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung bestehende Rechtslage klargestellt (und nicht verändert), daß Studenten der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stünden, weil bei ihnen eine tatsächliche Bindung durch das Studium vorausgesetzt sei.

Diese Meinung kann sich allerdings auf die Begründung zum Entwurf des KVSG stützen, in der es heißt, der neue § 118 Abs. 2 AFG stelle klar, daß Studenten, wie nach geltendem Recht, während der Dauer ihres Studiums keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten (BT-Drucks. 7/3640 zu § 5 a, S. 8). Dagegen spricht aber folgendes: Fehlte bei Studierenden schlechthin die Verfügbarkeit, so wäre § 118 Abs. 2 AFG eigentlich überflüssig, da ein Anspruch auf Alg oder Alhi dann sowieso nicht in Betracht käme. § 118 Abs. 2 AFG ordnet lediglich das Ruhen des Anspruchs an und setzt somit dessen Bestand voraus. Mithin geht das Gesetz selbst davon aus, auch Studenten könnten die Voraussetzungen bezüglich des Erwerbs eines Anspruchs auf Alg oder Alhi erfüllen (so im Ergebnis auch Hennig-Kühl-Heuer, aaO § 118, Anm. 8; anders wohl Schönefelder-Kranz-Wanka, aaO Rndnr. 2). Aus der Neufassung des § 118 AFG kann somit nicht geschlossen werden, daß es bei Studenten an der Verfügbarkeit fehlt. Die Verfügbarkeit muß vielmehr im Einzelfall festgestellt werden. Insoweit ist die Sache aber nicht entscheidungsreif.

Die Bedingungen, unter denen ein Arbeitsloser Beschäftigungen ausüben kann, müssen gem. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sein. Nach § 103 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AFG gilt die Nr. 1 der Vorschrift allerdings nicht hinsichtlich der Arbeitszeit. Die Verfügbarkeit ist nach dieser Regelung nicht davon abhängig, daß die Arbeitszeit, die der Arbeitslose ableisten kann, ihrer Dauer nach (vgl. BSG-Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 RAr 20/74 -; SGb 1971, 520) üblich ist. In Abweichung von § 103 AFG trifft § 134 Abs. 2 Satz 2 AFG eine Sonderregelung bezüglich der Dauer der Arbeitszeit: Keinen Anspruch auf Alhi hat, wer nur mit Einschränkung hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit imstande ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Diese Vorschrift schließt indessen den Anspruch des Klägers trotz der Einschränkung der Verfügbarkeit auf eine Arbeitszeit von 13.00 bis 18.00 Uhr während des Semesters nicht aus. Vielmehr hängt der Anspruch davon ab, ob diese Arbeitszeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich ist.

Allerdings vertritt das LSG die Auffassung, der Anspruch auf Alhi sei bei jeder Einschränkung der Verfügbarkeit hinsichtlich der Arbeitszeit ausgeschlossen, auch wenn die eingeschränkte Arbeitszeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich ist (so auch Schönefelder-Kranz-Wanka, aaO § 134 Rndnr. 5; LSG Stuttgart, Urteil vom 15. April 1975 - 5 a Ar 515/74 - nicht rechtskräftig). Das bedeutet im Ergebnis, daß Teilzeitarbeitskräften keine Alhi zustehen soll.

Dem steht seit Dezember 1970 eine gegenteilige Verwaltungspraxis gegenüber, die darauf zurückgeht, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung unter Aufgabe seiner ursprünglichen Meinung gebeten hatte, künftig davon auszugehen, daß es einem Anspruch auf Alhi nicht entgegensteht, wenn der Arbeitslose zwar nicht die volle, wohl aber eine arbeitsmarktübliche kürzere Arbeitszeit erbringen kann (Runderlaß des Präsidenten der BA vom 4. Dezember 1970 - 449/70.4 - Dienstbl. A der BA S. 1217). Diese Auslegung wird auch in der Literatur befürwortet (Hennig-Kühl-Heuer aaO § 134 Bem. 3 b: widersprüchlich Krebs aaO vgl. § 134 Rndnr. 7, Rndnr. 31).

Der Wortlaut des § 134 Abs. 2 Satz 2 AFG ist insoweit nicht eindeutig. Er würde die enge Auslegung nahelegen, wenn die Bezeichnung der Beschäftigung als eine solche "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" nur eine zitatartige Wiederholung des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG wäre. Andererseits wäre es möglich, die Einschränkungen hinsichtlich der Arbeitszeit auf die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu beziehen, so daß mit dem Satz nur Einschränkungen hinsichtlich der üblichen Dauer der Arbeitszeit gemeint wären.

Die Gesetzesmaterialien sprechen nicht eindeutig für die eine oder die andere Auslegung. Im Regierungsentwurf zum AFG heißt es, daß Alhi nur solchen Personen gewährt werden soll, die "weder durch eine Einschränkung ihrer geistigen oder körperlichen Leistungsfähigkeit noch durch persönliche Bedingungen gehindert sind, die volle übliche Arbeitszeit zu arbeiten" (BT-Drucks. V/2291 zu § 132 Abs. 2 S. 85). Die Bezeichnung der Arbeitszeit als "volle" legt die Vermutung nahe, daß die volle tarifliche Arbeitszeit gemeint ist. Andererseits hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zu § 132 des Entwurfs gegenüber dem Bundesrat die Erklärung abgegeben, Abs. 2 Satz 2 sei nicht so zu verstehen, daß Anspruch auf Alhi nur derjenige habe, der eine normale Arbeitszeit zu leisten vermöge. Bei einer richtigen Auslegung der Vorschrift könne Alhi gewährt werden, wenn der Arbeitslose zeitlich noch eine den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes entsprechende Beschäftigung ausüben könne (S. 162 des Berichts über die 340. Sitzung des Bundesrates vom 20. Juni 1969).

Der Senat gibt der weiten Auslegung des § 134 Abs. 2 Satz 2 AFG den Vorzug, weil damit eine Schlechterstellung des auf Alhi angewiesenen Personenkreises im Vergleich zu dem bei Inkrafttreten des AFG geltenden Recht vermieden wird (Hennig-Kühl-Heuer aaO, § 134, Anm. 3 b). Nach §§ 144 Abs. 1 Satz 2, 76 Abs. 1 AVAVG war die Verfügbarkeit als Voraussetzung eines Anspruchs auf Alhi (§ 145 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG), wie beim Alg (§ 74 Abs. 1 AVAVG), in jedem Fall zu bejahen, wenn der Arbeitslose unter anderem nach seinem Leistungsvermögen imstande und nicht durch sonstige Umstände gehindert war, eine mehr als geringfügige (§ 66 AVAVG) Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, sofern er für die Vermittlung als Arbeitnehmer in Betracht kam. Danach konnten mehr als halb- bis unter vollschichtig einsatzfähige Teilzeitarbeitskräfte wie der Kläger ohne weiteres auch Anspruch auf Alhi erwerben, soweit entsprechende Arbeitsplätze üblich waren. Wenn der Gesetzgeber diese Regelung zum Nachteil der Arbeitslosen hätte ändern wollen, wäre es naheliegend gewesen, daß eine solche Absicht in den Materialien deutlich zum Ausdruck gekommen wäre. Die Bundesregierung hat aber zum Vergleich des alten und des neuen Rechts insoweit nur hervorgehoben, die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers würden gegenüber dem geltenden Recht nicht - wie es nach § 94 des Entwurfs (Vorläufer des § 103 AFG) beim Alg geschehen solle - herabgesetzt, weil sich dies mit dem Fürsorgecharakter und der Abgrenzung zur Sozialhilfe nicht verwirklichen ließ (BT-Drucks, V/2291 S. 58).

Für die weitere Auslegung des § 134 Abs. 2 Satz 2 AFG spricht schließlich der Zusammenhang mit der Ausgangsbestimmung des § 103 AFG. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG ist die Grundvorschrift für die objektive Verfügbarkeit. Danach braucht der Arbeitslose nur imstande zu sein, Beschäftigungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Es liegt nahe, daß die Betreuung der Personen, die diese Voraussetzung erfüllen, durch Gewährung von Alg aber auch von Alhi dem Arbeitsamt obliegt und nicht dem Sozialamt. Trotz der Beschränkung auf Teilzeitarbeit gehörte der Kläger, der mehr als geringfügig arbeiten konnte, zum Kreis der Arbeitnehmer, wie oben dargestellt. Das Risiko, daß die Beschäftigungsmöglichkeiten (Arbeitsplätze) unter den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen vorhanden sind aber von dem verfügbaren Arbeitslosen nicht wahrgenommen werden können, z.B. weil sie nicht frei sind, wird typischerweise durch Alg oder Alhi gedeckt. Demgemäß kommt es für den Anspruch des Klägers auf Alhi darauf an, ob seine Einschränkung auf Beschäftigungen von 13.00 bis 18.00 Uhr während des Semesters und ganztags während der Semesterferien den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprach.

Im Urteil des LSG ist dazu ausgeführt, Halbtagsbeschäftigungen für männliche Arbeitnehmer hätten nicht den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprochen, weil das Verhältnis der Zahl der entsprechenden Interessenten zur Zahl der offenen Teilzeitarbeitsplätze ungünstiger als 100 : 75 gewesen sei. Wegen der beschränkten Ausgleichsfähigkeit des Klägers ist das LSG bei Prüfung der Üblichkeit zwar zutreffend vom örtlichen Bereich des Klägers ausgegangen, doch können diese Ausführungen im übrigen nicht zu einer Bindung des BSG führen, weil die Vorinstanz von einem unrichtigen Begriff der üblichen Arbeitsbedingungen ausgegangen ist. "Übliche Bedingungen" brauchen nach der Rechtsprechung des BSG zwar nicht in der Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse vorzuliegen, müssen aber in einer beachtlichen Zahl gegeben sein, aus der eine entsprechende Übung entnommen werden kann (BSG Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 RAr 20/74 -; SGb 1974, 520;). Um das Bestehen einer Übung zu erfassen, ist zu berücksichtigen, in welchem zahlenmäßigen Umfang Arbeitsverhältnisse der betreffenden Art überhaupt vorhanden sind. Solche Feststellungen hat das LSG nicht getroffen. Vielmehr hat es fälschlicherweise die - inzwischen aufgegebene - Rechtsprechung des Großen Senats des BSG (BSG 30, 167; Beschluß vom 10. Dezember 1976 - GS 2/75) zur Frage, wann einem Rentenversicherten der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist, auf das Problem der Bestimmung der Üblichkeit der Bedingungen des Arbeitsmarktes übertragen. Bindende Feststellungen zur Frage der Üblichkeit von Teilzeitbeschäftigungen bestehen mithin nicht. Der Rechtsstreit ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Ermittlungen nachgeholt werden können.

Die Verfügbarkeit des Klägers ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen des LSG auch nicht für die Zeit der Semesterferien. Der Kläger war in dieser Zeit zu ganztägiger Arbeit imstande, stand damit aber lediglich in einem festen zeitlichen Rahmen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Zur Verfügbarkeit gehört nicht nur, daß die möglichen Beschäftigungen hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit üblich sind. Auch die Gesamtdauer der Beschäftigung muß üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts entsprechen (BSG SozR 4100 § 101 Nr. 2). Zu der Frage, ob die Üblichkeit gegeben ist, d.h. ob auf den für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt Arbeitsverhältnisse unter der Bedingung der Beschränkung auf den Zeitraum der Semesterferien in nennenswertem Umfang eingegangen zu werden pflegten, fehlen Feststellungen des LSG, die nach Zurückverweisung nachzuholen sind. Verneint das LSG diese Frage, bejaht es aber andererseits die Üblichkeit von Teilzeitbeschäftigungen, so bestünde auch für die Semesterferien ein entsprechend § 136 Abs. 2 Satz 3 AFG zu bemessender Anspruch auf Alhi, da davon auszugehen ist, daß die Bereitschaft des Klägers auf Ganztagsbeschäftigung diejenige auf Teilzeitbeschäftigung umfaßt.

Zur objektiven Verfügbarkeit des Klägers gehört des weiteren, daß neben der Dauer auch Lage und Verteilung der Arbeitszeit den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechen. Dies wird das LSG noch feststellen müssen. Gegeben wäre die Verfügbarkeit des Klägers schon dann oder insoweit, als auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt regelmäßig jedenfalls auch von 13.00 bis 18.00 Uhr gearbeitet wird und diese Stunden zur allgemeinen Tagesarbeitszeit gehören.

Der Kläger erfüllt weitere Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi. Er hat keinen Anspruch auf Alg, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat (§ 134 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Erfüllt ist dagegen die Anwartschaftszeit für die Alhi nach § 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG, weil er innerhalb eines Jahres vor Antragstellung mindestens 10 Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden hat, wobei die geringfügigen Beschäftigungen während des Semesters nicht eingerechnet sind. Neben Feststellungen des LSG zur Frage der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung (§§ 134, Abs. 1 Nr. 1, 103 AFG) fehlen hingegen auch solche zur Bedürftigkeit des Klägers (§§ 134 Abs. 1 Nr. 3, 137 ff AFG). Unbegründet ist die Revision, soweit der Kläger Alhi über den 30. Juni 1972 hinaus begehrt. Vom 1. Juli 1972 bis zum 31. August 1972 war er ganztags beschäftigt und hat mangels Arbeitslosigkeit die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger hat auch für die folgende Zeit keinen Anspruch auf Alhi, denn er hat sich dafür weder arbeitslos gemeldet noch Alhi beantragt. Nach Unterbrechung der Arbeitslosigkeit durch eine Zeit der mehr als geringfügigen Beschäftigung setzt der Anspruch auf Alg oder Alhi für die Zeit einer erneuten Arbeitslosigkeit eine neue Arbeitslosmeldung und einen neuen Antrag voraus. Schon nach der Überschrift des 4. Abschnitts des AFG ist die Arbeitslosigkeit das Risiko, bei dessen Eintritt Alg und Alhi gewährt werden. Wenn dieses Risiko durch Arbeitsaufnahme weggefallen ist, entsteht bei danach wieder eintretender Arbeitslosigkeit ein neuer Leistungsfall; er setzt voraus, daß alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, auch der Antrag und die Arbeitslosmeldung, die sich auf den konkreten Leistungsfall beziehen müssen. Ob dies auch gilt, wenn nicht die Arbeitslosigkeit sondern die Verfügbarkeit vorübergehend weggefallen ist, kann dahingestellt bleiben.

Somit hätte der Anspruch des Klägers auf Alhi für die Zeit ab 1. September 1972 einen neuen Antrag und eine neue Arbeitslosmeldung beim zuständigen Arbeitsamt vorausgesetzt, die beide fehlen. Das Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren erfüllt die Voraussetzungen nicht.

Die Revision ist deshalb nur hinsichtlich des Alhi-Anspruchs für die Zeit vom 3. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1972 i.S. der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet und im übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil des LSG vorbehalten, in dem über die Kosten auch insoweit zu entscheiden sein wird, als der Senat die Revision zurückgewiesen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1652183

BSGE, 164

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