Entscheidungsstichwort (Thema)

Plankrankenhaus. Krankenhausplan. Krankenhausbedarfsplan. Vorrang. Versorgungsvertrag. Privatklinik. Bedarfsgerechtigkeit. Bettenbedarf. Ermittlung. Berechnung. Landesverband. landwirtschaftliche Krankenkasse. Gartenbau-Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die Gartenbau-Krankenkasse kann die Aufgaben eines Landesverbandes der Krankenkassen nur auf Grund einer Vereinbarung mit den in einem Land ansässigen landwirtschaftlichen Krankenkassen wahrnehmen.
  • Zur Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit eines Nicht-Plankrankenhauses hinsichtlich des Bedarfs an Krankenhausbetten (Anschluß an BSG vom 29.5.1996 – 3 RK 26/95) und des Vorrangs der Plankrankenhäuser für die Deckung dieses Bedarfs (Anschluß an BSG vom 29.5.1996 – 3 RK 23/95).
 

Normenkette

SGB V §§ 109-110, 211; GG Art. 12; KVLG 1989 § 36; SGB X § 42; KHG § 8 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.05.1996; Aktenzeichen L 4 Kr 2301/95)

SG Stuttgart (Urteil vom 11.07.1995; Aktenzeichen S 10 Kr 3712/94)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Mai 1996 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 6) und 8). Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über den Abschluß eines Versorgungsvertrages.

Die Klägerin betreibt in Bad M… eine Privatklinik mit 26 Betten, die für die Indikationen “Diagnostik, Therapie, Vorsorge und Rehabilitation venöser, arterieller und lymphologischer Gefäßerkrankungen der Extremitäten” mit dem Schwerpunkt ganzheitlicher Behandlung chronischer lympho-venöser Erkrankungen” gewerberechtlich zugelassen ist. Es werden insbesondere chronische Krampfaderleiden operativ behandelt. Den Antrag auf Abschluß eines Versorgungsvertrages lehnten die beklagten Krankenkassen (KK) bzw. Krankenkassenverbände ab (Schreiben vom 24. August 1993). Das von der Klägerin betriebene Krankenhaus sei für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich; der Bettenbedarf in der Fachrichtung Chirurgie bzw der Therapie venöser Erkrankungen werde durch zugelassene Krankenhäuser abgedeckt. Das für die Krankenhausplanung zuständige Ministerium des Landes Baden-Württemberg genehmigte die Ablehnung. Auf im September 1994 erhobene Gegenvorstellungen hielten die Beklagten an ihrer ablehnenden Haltung fest. Die im November 1994 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart mit Urteil vom 11. Juli 1995 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ≪LSG≫ vom 10. Mai 1996). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hätten Versorgungsverträge nur dann zu schließen, wenn die bereits zur Leistungserbringung zugelassenen Krankenhäuser für die Versorgung der Mitglieder von KKen mit dem gesetzlich vorgesehenen Maß an Krankenhausbehandlung nicht genügen. In der Regel werde eine den Anforderungen genügende Versorgung schon durch die Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser gewährleistet. Ein nicht in den Krankenhausplan aufgenommenes Krankenhaus müsse schon besondere Gesichtspunkte anführen können, um das Bedürfnis für den Abschluß eines Versorgungsvertrages zu begründen. Ein solches Bedürfnis bestehe in Bezug auf die von der Klägerin betriebene Klinik nicht. Die zugelassenen Krankenhäuser könnten in Anbetracht ihrer Bettenzahlen und der Auslastungsgrade die von der Klägerin angebotene Kapazität ohne weiteres verkraften. Außerdem gehöre das Behandlungsangebot der Klägerin zum üblichen Spektrum des Fachgebietes Chirurgie. Entsprechende Operationen würden an den Krankenhäusern in der Umgebung der Klägerin auch zahlreich durchgeführt; eine Bedarfslücke sei danach nicht zu erkennen.

Die Klägerin rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung des § 109 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und des Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG). Die Beklagten hätten bei ihrer den Abschluß eines Versorgungsvertrages ablehnenden Entscheidung die Drittwirkung der Grundrechte, hier des Art 12 Abs 1 GG, beachten müssen. Danach müsse der Begriff der Bedarfsgerechtigkeit anders ausgelegt werden, als dies das LSG getan habe. Es sei insbesondere erforderlich gewesen, ein Auswahlverfahren der zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen KKen bereitstehenden Krankenhäuser zu entwickeln, das der Eingriffsintensität des Ausschlusses von der Behandlung von Kassenpatienten Rechnung trage. Der Antrag der Klägerin auf Abschluß eines Versorgungsvertrages sei abgelehnt worden, ohne das Bettenangebot der Klägerin im Gesamtangebot zu berücksichtigen. Die Beklagten hätten zuvor prüfen müssen, ob eine anteilige Verringerung der Kapazitäten aller bei der Bedarfsplanung zu berücksichtigenden Häuser den Interessen der öffentlichen Bedarfsplanung und denjenigen der Klägerin am Fortbestand ihrer Klinik gleichermaßen gerecht werde. Im Rahmen des § 109 Abs 2 SGB V hätten die Beklagten prüfen müssen, ob die von der Klägerin betriebene Klinik wegen ihrer besonderen Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit oder wegen sonstiger Umstände den Zielen der Krankenhausplanung im Vergleich zu den bestehenden Plankrankenhäusern besser gerecht werde. Die Beklagten seien nicht berechtigt gewesen, den Antrag der Klägerin auf Abschluß eines Versorgungsvertrages deshalb von vornherein zu verwerfen, weil es bereits ein Bettenüberangebot gebe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Mai 1996 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1995 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, mit ihr einen Versorgungsvertrag über 20 Betten für die in der Konzession des Bürgermeisteramts Bad M… vom 5. Juli 1994 genannten Behandlungen abzuschließen.

Die Beklagten und der Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet und war zurückzuweisen.

1. Die Klage ist nicht schon wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist hier die Anfechtungsklage (in Verbindung mit einer Leistungsklage) die richtige Klageart, da die Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrages ein Verwaltungsakt ist, wie der Senat im Urteil vom 29. Mai 1996 (3 RK 23/95, zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv≫) entschieden hat. Nach § 87 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Zustellung bzw Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung, wie hier, unterblieben, so ist die Einlegung eines Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig. Die Erhebung der Klage am 14. November 1994 war rechtzeitig. Die Entscheidung der Beklagten, mit der Klägerin keinen Versorgungsvertrag abzuschließen, wurde der Klägerin mit Bescheid vom 24. August 1993 mitgeteilt. Nachdem die Klägerin im September 1994 Gegenvorstellungen erhoben hatte, teilten die Beklagten der Klägerin mit Schreiben vom 14. Oktober 1994 mit, daß sie als Ergebnis der letzten Sitzung der Landesverbände der Krankenkassen (KKn) und der Verbände der Ersatzkassen (ErsKn) bzgl des Antrags auf Abschluß eines Versorgungsvertrages an der ablehnenden Entscheidung festhielten. Die Beklagten beriefen sich auf das “Ablehnungsschreiben vom 24. August 1993” sowie auf die Genehmigung der Ablehnung durch das Sozialministerium in dessen Schreiben vom 21. Oktober 1993. Das Schreiben der Beklagten vom 14. Oktober 1994 ist als Zweitbescheid anzusehen, der nach ständiger Rechtsprechung – im Gegensatz zur bloß wiederholenden Verfügung – als Verwaltungsakt anzusehen ist und die Rechtsbehelfsfrist erneut in Gang setzt (vgl BSG SozR Nr 35 zu § 77 SGG; BVerwGE 13, 99). Für eine Qualifizierung als wiederholende Verfügung spricht nicht schon die Tatsache, daß sich die Beklagten auf die ursprüngliche Entscheidung vom 24. August 1993 berufen haben. Maßgebend ist vielmehr, daß die Äußerung der Beklagten erkennen läßt, daß eine erneute Sachprüfung stattgefunden hat. Gegen die Wertung als Verwaltungsakt spricht schließlich nicht, daß die Beklagten nicht erneut eine Genehmigung der zuständigen Landesbehörde eingeholt, sondern sich auf die zur ursprünglichen Entscheidung erteilte Genehmigung berufen haben. Die Genehmigung der zuständigen Landesbehörde kann eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Ablehnungsentscheidung sein. Sie berührt die Rechtsqualität der von der Beklagten getroffenen Entscheidung jedoch nicht. Diese ist auch bei fehlender Genehmigung anfechtbar (vgl Urteil des Senats vom 29. Mai 1996, 3 RK 26/95, zVv).

2. Die Entscheidung der Beklagten, mit der Klägerin keinen Versorgungsvertrag abzuschließen, unterliegt nicht deshalb der Aufhebung, weil sie von einer unzuständigen Behörde getroffen worden ist. Behörde iS des § 1 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, wie der Senat bereits mit Urteil vom 29. Mai 1996 (3 RK 23/95) entschieden hat, bei Entscheidungen über den Abschluß von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern die Gesamtheit der in § 109 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Kassenverbände. Hierzu zählt die Krankenkasse für den Gartenbau nicht, wie das LSG im Ergebnis zutreffend dargelegt hat. Die Beklagte zu 7) hatte im vorliegenden Verfahren nicht die Stellung eines Landesverbandes der KKen. Sie gehört gemäß § 17 Abs 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) iVm § 790 Abs 1 Reichsversicherungsordnung -RVO- (Anlage 2, Nr 19) zu den landwirtschaftlichen Krankenkassen (LKK). Die Aufgaben der Landesverbände der KKen nach § 211 SGB V nimmt für die LKKn diejenige Kasse wahr, in deren Bezirk die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) ihren Sitz hat (§ 36 Satz 1 KVLG 1989), soweit die betroffenen KKen nichts Abweichendes vereinbaren (§ 36 Satz 2 KVLG 1989). Auf die Beklagte zu 7) ist die Regelung in Satz 1 nicht anwendbar. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung und aus ihrem Wortlaut. Die Anknüpfung der Zuständigkeit an den Sitz der KÄV dient dem Ziel, die Zuständigkeit nur einer LKK für die Wahrnehmung der Aufgaben der Landesverbände der KKn zu begründen. Dieses Ziel kann, ohne die Einbeziehung der Beklagten zu 7), zumindest in den Fällen erreicht werden, in denen in einem Land nur eine LKK oder mehrere LKKn und nur eine KÄV existieren. Bezieht man jedoch auch die Beklagte zu 7) in die Regelung des Satzes 1 ein, so könnte die Vorschrift das genannte Ziel nie erreichen. Denn in den Bezirk der bundesweit zuständigen Gartenbau-KK fallen die Sitze aller KÄVen in Deutschland. Es käme dann auch in denjenigen Ländern zu Doppelzuständigkeiten, in denen es auf Landesebene nur eine KÄV und nur eine LKK gibt. Hieraus wird deutlich, daß der Gesetzgeber im Rahmen des § 36 Satz 1 KVLG 1989 an die Bundeszuständigkeit der Beklagten zu 7) nicht gedacht hat. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des Satzes 1, denn dort wird der Singular verwand; es ist nur von der Zuständigkeit einer LKK die Rede. Eine Zuständigkeit der Beklagten zu 7) kann deshalb nicht aus § 36 Satz 1 KVLG 1989 abgeleitet werden. Dies steht jedoch einer Einbeziehung der Beklagten zu 7) in den Anwendungsbereich des Satzes 2 des § 36 KVLG nicht entgegen. Ihr kann deshalb durch Vereinbarung die Wahrnehmung der Aufgaben eines Landesverbandes übertragen werden; denn die Gartenbau-KK ist als bundesweit zuständige KK “betroffene KK” iS dieser Vorschrift, auch wenn sie nach Sinn und Zweck der in Satz 1 getroffenen Regelung nicht automatisch in jedem Land zuständig ist. In Baden-Württemberg hat allerdings eine abweichende Vereinbarung nicht bestanden.

Die unter Mitwirkung der Beklagten zu 7) handelnden Kassenverbände waren für die Ablehnungsentscheidung nicht zuständig. Der Zuständigkeitsfehler ist jedoch nicht so offensichtlich, daß er die Nichtigkeit des Bescheides begründet (§ 40 Abs 1 SGB X). Die Mitwirkung einer unzuständigen Kasse bzw eines unzuständigen Kassenverbandes hat allein auch nicht die Aufhebung des Bescheids zur Folge. Gemäß § 42 Satz 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (VA)'s nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Dies war vorliegend der Fall. Die angefochtene Entscheidung stand, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil des Senats vom 29. Mai 1996, 3 RK 26/95, zVv) nicht im Ermessen der Beklagten. Ein Fall der sachlichen Unzuständigkeit, der vorläge, wenn ein anderer als der sachlich zuständige Entscheidungsträger gehandelt hätte, der die Anwendbarkeit des § 42 Satz 1 SGB X ausschließt (vgl BSGE 57, 151, 153 = SozR 5548 § 1 Nr 1), ist nicht gegeben. Hinzu kommt, daß die Anfechtungsklage hier neben der auf Abschluß eines Versorgungsvertrages gerichteten Leistungsklage keine eigenständige Bedeutung hat. Die Klägerin hat an der isolierten Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten kein eigenständiges Rechtsschutzinteresse.

3. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß die beklagten Kassenverbände nicht verpflichtet sind, mit der Klägerin einen Versorgungsvertrag zu schließen. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V entgegen. Danach darf ein Versorgungsvertrag mit Krankenhäusern, die weder zu den Hochschulkliniken (§ 108 Nr 1 SGB V) noch zu den Plankrankenhäusern (§ 108 Nr 2 SGB V) zählen, nicht geschlossen werden, wenn sie für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich sind. Nach den Feststellungen des LSG ist die von der Klägerin betriebene Klinik nicht bedarfsgerecht. Diese Feststellungen sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden.

Die Revision geht zu Unrecht davon aus, die Beklagten hätten zur Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte der Klägerin, hier vor allem derjenigen aus Art 12 Abs 1 GG, bei ihrer Entscheidung auch beachten müssen, daß für die von der Klägerin betriebene Klinik eine höhere Nachfrage bestehe als für die vorhandenen Plankrankenhäuser mit dem selben Angebotsbereich. Dies verpflichte die Beklagten zumindest dazu, zwischen dem Behandlungsangebot der Klägerin und demjenigen der Plankrankenhäuser eine angemessene Auswahl zu treffen. Auch wenn ein Bettenüberhang bestehe, müßten die Beklagten zumindest prüfen, ob und auf welche Weise die von der Klägerin angebotenen Betten in die Versorgung einbezogen werden könnten. Die Revision verkennt mit diesen Erwägungen die Bedeutung des Begriffs “bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung” im Rahmen des § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V. Bei der Auslegung dieses Begriffs muß das gesamte Regelungskonzept der §§ 108 ff SGB V berücksichtigt werden, das seinerseits in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit den Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) steht.

Zwar verfolgen beide Regelungsbereiche gleichermaßen das Ziel, eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sicherzustellen. Für die Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit kommt es sowohl nach dem KHG wie auch nach § 109 SGB V auf den im Einzugsbereich des Krankenhauses bestehenden konkreten Bedarf an. Doch geht § 109 SGB V im Gegensatz zum KHG (BVerwGE 62, 86, 105; BVerwG, Urteil vom 14. November 1985 – 3 C 41/84 – DÖV 1986, 528 und BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1986 – 3 C 67/85 – NJW 1987, 2318) für den Abschluß des Versorgungsvertrages von einem Vorrang der zugelassenen Plankrankenhäuser aus. Für diese wird der Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 108 Nr 2 SGB V fingiert. Das schließt den Einwand der Revision aus, wegen der übereinstimmenden Formulierungen von § 8 Abs 2 KHG und § 109 Abs 2 SGB V müsse der Begriff der Bedarfsgerechtigkeit im Verfahren um die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan und beim Antrag auf Abschluß eines Versorgungsvertrages jeweils nach denselben Kriterien geprüft werden. Solange der bestehende Bedarf an Krankenhausbetten durch Plankrankenhäuser gedeckt wird, läßt der diesen in § 109 SGB V eingeräumte Vorrang auch für den Einwand, das einen Versorgungsvertrag begehrende Krankenhaus könne diesen Bedarf besser decken als die bereits zugelassenen Plankrankenhäuser, keinen Raum. Denn während die Nachfrage nach Leistungen eines Krankenhauses im Verfahren zur Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan von Bedeutung ist, weil dort ein Vorrang der bereits zugelassenen Plankrankenhäuser nicht vorgesehen ist, ist es den KK-Verbänden bei der Entscheidung über den Abschluß eines Versorgungsvertrages wegen des im Rahmen des § 109 SGB V bestehenden Vorrangs der Plankrankenhäuser verwehrt, die Nachfragesituation zugunsten eines um einen Versorgungsvertrag nachsuchenden Krankenhauses zu berücksichtigen, solange der Bedarf an Krankenhausbetten durch Plankrankenhäuser gedeckt wird. Der Bindung an die Vorgaben des Krankenhausplans können sich die Kassenverbände auch nicht durch die Möglichkeit der Kündigung von Plankrankenhäusern nach § 110 SGB V entziehen. Nach § 110 Abs 1 Satz 1 SGB V ist eine Kündigung nur aus den in § 109 Abs 3 Satz 1 SGB V genannten Gründen zulässig. Im vorliegenden Zusammenhang kommt die in Nr 1 dieser Vorschrift angesprochene Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung nicht in Frage, da die Gewähr vorhandener Plankrankenhäuser durch die gesteigerte Nachfrage nach dem Vertragskrankenhaus nicht in Zweifel gezogen wird. Nach § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V ist die Kündigung zulässig, wenn das Plankrankenhaus für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist. Diese Kündigungsmöglichkeit erlaubt es nur einen Überhang abzubauen. Sie erlaubt es nicht, mittels der Kündigung eine Bedarfslücke zu schaffen, um diese durch ein Krankenhaus mit höherer Nachfrage zu füllen. Eine Auslegung, die Bewerbung eines Krankenhauses mit höherer Nachfrage führe dazu, daß ein Plankrankenhaus mit geringerer Nachfrage vergleichsweise nicht mehr bedarfsgerecht sei und deshalb gekündigt werden könne, stünde im Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber gewollten Vorrang der Plankrankenhäuser.

Hieraus folgt, daß sich der Begriff der Bedarfsgerechtigkeit im Rahmen von § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V auf eine andere Größe bezieht als im Rahmen des KHG. Während das KHG vom Gesamtbedarf an Krankenhausbetten ausgeht, erfaßt § 109 SGB V von vornherein nur den im Zeitpunkt der Antragstellung eines Bewerbers von den Plankrankenhäusern nicht gedeckten Bedarf. Denn § 109 Abs 3 Nr 2 SGB V schließt den Abschluß eines Versorgungsvertrages von vornherein aus, wenn der Bedarf durch Plankrankenhäuser gedeckt ist. Diese Auslegung ergibt sich auch aus § 109 Abs 2 SGB V: Bei einer ungedeckten Bedarfslücke besteht für die Zulassung von Nicht-Plankrankenhäusern ein Ermessensspielraum der Kassenverbände, wenn sich um die Schließung der Lücke mehr Nicht-Plankrankenhäuser bewerben, als für den Bedarf benötigt werden (vgl Urteil vom 29. Mai 1996, 3 RK 23/95, zVv). Besteht dagegen eine Bedarfslücke nicht, so hat ein Nicht-Plankrankenhaus wegen des dem Zulassungsrecht des SGB V zugrundeliegenden Vorrangs der Plankrankenhäuser entgegen der Auffassung der Revision kein Wahlrecht zwischen dem Abschluß eines Versorgungsvertrages und dem Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan. Ist der Abschluß eines Versorgungsvertrages wegen fehlender Bedarfsgerechtigkeit des antragstellenden Krankenhauses nach § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V ausgeschlossen, so bleibt für eine Auswahlentscheidung der Krankenkassenverbände nach § 109 Abs 2 Satz 2 SGB V kein Raum.

Die Vorgaben der Krankenhausplanung können auch nicht im Hinblick auf die von der Revision geltend gemachte relativ geringe Größe des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses unberücksichtigt bleiben. Denn selbst wenn man davon ausgeht, daß es sich bei den der Krankenhausplanung zugrunde gelegten Bedarfszahlen in Anbetracht der Tatsache, daß die maßgebenden Kriterien einer exakten zahlenmäßigen Festlegung nur beschränkt zugänglich sind, nur um Annäherungswerte handelt, kann im Interesse eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs auf genau festgelegte Obergrenzen nicht verzichtet werden. Durch eine mit der Zulassung kleinerer Vertragskrankenhäuser verbundene zahlenmäßig zunächst als geringfügig erscheinende Überschreitung der Höchstgrenzen würden die Beklagten eine Verwaltungspraxis begründen, die sie wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes uU auch dann zur Zulassung weiterer Krankenhäuser verpflichtete, wenn die Bedarfszahlen schon erheblich überschritten wären.

Die Klägerin wird durch den Verweis auf die Möglichkeit der Antragstellung im Rahmen der staatlichen Krankenhausplanung nicht rechtlos gestellt. Der Senat hat bereits im Urteil vom 29. Mai 1996 (3 RK 23/95, zVv) dargelegt, daß hierdurch der Grundrechtsschutz der betroffenen Krankenhausträger hinreichend gewahrt wird. Die KK-Verbände können den Abschluß eines Versorgungsvertrages zudem nur dann unter Hinweis auf den durch Plankrankenhäuser gedeckten Bedarf ablehnen, wenn die hierfür erforderliche Berechnung zutrifft. Der Krankenhausplan entfaltet weder zum Umfang des Bedarfs noch zum Umfang des durch Plankrankenhäuser gedeckten Bedarfs eine Bindungs- oder Tatbestandswirkung für die Entscheidung über den Versorgungsvertrag. Der Krankenhausplan eröffnet den Kassenverbänden, soweit diese sich bei Anwendung des § 109 SGB V auf ihn berufen, auch keinen gerichtsfreien Beurteilungsspielraum. Der Krankenhausplan ist, wie der Senat mit Urteil vom 29. Mai 1996 (3 RK 26/95, zVv) entschieden hat, nur eine verwaltungsinterne Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkung, insbesondere ohne Bindungswirkung für die in § 109 SGB V genannten Kassenverbände. Die Feststellung des Bedarfs im Krankenhausplan unterliegt deshalb auch im Streit um den Abschluß eines Versorgungsvertrages der vollen Überprüfung durch die Gerichte.

Das Revisionsvorbringen des beigeladenen Landes gibt keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung der Rechtsstellung der Klägerin im Verfahren nach § 109 SGB V. Der Beigeladene betont einerseits die Notwendigkeit einer einheitlichen Krankenhausplanung für Plankrankenhäuser und Krankenhäuser mit Versorgungsvertrag. Andererseits sieht er in der unterschiedlichen Finanzierung der Investitionen einen grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Krankenhausarten. Dies spricht jedoch nicht gegen den vom Senat angenommenen Vorrang der zugelassenen Plankrankenhäuser bei der Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit eines Krankenhauses. Maßgebend ist, daß jedes Krankenhaus seine Aufnahme in den Krankenhausplan betreiben kann, auch wenn es an einer staatlichen Investitionsfinanzierung nicht interessiert ist. Das Ziel der Krankenhausplanung, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen (§ 1 Abs 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz), verpflichtet die hierfür zuständigen Länder, bei der Planungsentscheidung auch diejenigen Krankenhäuser zu berücksichtigen, die keine Investitionsförderung anstreben. Dies rechtfertigt es, auch diese Krankenhäuser darauf zu verweisen, ihre Rechte im Rahmen der staatlichen Krankenhausplanung geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 Satz 2 SGG. Für Billigkeitserwägungen zugunsten der Klägerin, auf die der Senat in Anbetracht der seinerzeit noch ungeklärten Rechtslage bei seiner Entscheidung im Verfahren 3 RK 23/95 (Urteil vom 29. Mai 1996, zVv) abgestellt hat, bestand kein Anlaß, wie mit der Klägerin erörtert. Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt und die zu entscheidenden Rechtsfragen sind mit dem genannten Verfahren weitgehend identisch. Zugunsten der Beklagten zu 7) kam eine Kostenerstattung wegen fehlender Zuständigkeit nicht in Betracht.

 

Fundstellen

KHuR 1997, 17

Breith. 1997, 749

SozSi 1997, 197

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