Leitsatz (amtlich)

1. Die Bescheide der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse von KZÄV (ErsKVtr-Zahnärzte § 13) betreffend "Angelegenheiten der Kassenzahnärzte" iS des SGG § 12 Abs 3 S 2 auch insoweit, als sie die Richtigstellung der Honorarforderungen von Vertragszahnärzten zum Gegenstand haben.

2. Zu den "zahnärztlichen Leistungen", die den Versicherten "nach den gesetzlichen Bestimmungen" zu gewähren sind (§ 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührentarifs A ErsKVtr-Zahnärzte), gehört nicht das Warten des Vertragszahnarztes auf einen Patienten zum vereinbarten Behandlungstermin.

3. Die fernmündliche Erkundigung eines (Zahn)Arztes bei einem anderen Arzt nach bestimmten Ergebnissen aus dessen Behandlung ist keine "mündliche Beratung zweier oder mehrerer Ärzte oder Zahnärzte" iS der Nr 12 des Gebührenverzeichnisse der GOÄ.

 

Normenkette

SGG § 12 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1953-09-03; RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1911-07-19; EKV-Z § 13 Fassung: 1963-11-29; GOÄ Nr. 12 Fassung: 1965-03-18, Nr. 24 Fassung: 1965-03-18

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 20. August 1969 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger ist Zahnarzt. Er ist Mitglied der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) und an der Ersatzkassenpraxis beteiligt. Seine Tätigkeit für die Ersatzkassen regelt der - seit 1. Oktober 1963 gültige - Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) einerseits und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. (VdAK) sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e. V. (AEV) andererseits vom 29. November 1963 (Ersatzkassenvertrag -EKV-Zahnärzte). In § 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührentarifs A - Anlage 1 zum EKV-Zahnärzte - ist u. a. vereinbart, daß zahnärztliche Leistungen, die den Mitgliedern und ihren anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, aber weder in diesem Gebührentarif noch im Gebührentarif B - Anlage 2 - genannt sind, nach dem Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vom 18. März 1965 bewertet werden.

Durch Prüfbescheid vom 19. Februar 1968 berichtigte der VdAK-Prüfungsausschuß bei der beklagten KZV das Honorar des Klägers aus der Ersatzkassenpraxis für das Quartal IV/67 um einen Betrag von 90 DM. Dieser setzt sich aus fünfzehn Verweilgebühren von je 6 DM zusammen, die der Kläger nach Nr. 24 a i. V. m. A III 2 c letzter Satz des Gebührenverzeichnisses der GOÄ für das Ausbleiben von Ersatzkassenpatienten zum vereinbarten Behandlungstermin in Rechnung gestellt hat. Durch weiteren Prüfbescheid vom 21. Mai 1968 strich der VdAK-Prüfungsausschuß auch für das Quartal I/68 fünfzehn vom Kläger wie vor berechnete Verweilgebühren in Höhe von insgesamt 89,80 DM, ferner einen Betrag von (3 x 8,40 DM =) 25,20 DM, den der Kläger nach Nr. 12 a des Gebührenverzeichnisses der GOÄ für fernmündliche Beratungen mit behandelnden Ärzten seiner Ersatzkassenpatienten berechnet hatte. Der VdAK-Prüfungsausschuß war der Ansicht, eine Ersatzkasse sei zur Zahlung von Verweilgebühren nicht verpflichtet, weil sie für die Versäumnisse ihrer Mitglieder dem Vertragszahnarzt gegenüber nicht einzustehen habe. Die fernmündliche Besprechung mit behandelnden Ärzten sei keine mündliche Beratung (Konsilium) i. S. der Nr. 12 a des Gebührenverzeichnisses der GOÄ.

Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.

Das Landessozialgericht (LSG) hat im wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch des Klägers auf die Verweilgebühren scheitere daran, daß er insoweit zahnärztliche Leistungen i. S. des § 2 des Gebührentarifs A zum EKV-Zahnärzte nicht erbracht habe. Noch weniger könne bei Ausbleiben eines Patienten zum vereinbarten Behandlungstermin von einer Leistung gesprochen werden, die den Ersatzkassenmitgliedern und ihren anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren sei. Nach §§ 507 Abs. 1, 508 i. V. m. §§ 179, 182 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) hätten die Ersatzkassen ihren versicherungspflichtigen Mitgliedern u. a. Krankenhilfe in Gestalt ärztlicher Behandlung zu gewähren. Der durch das Nichterscheinen des Mitgliedes dem (Zahn)Arzt zugefügte Zeitverlust sei aber keine ärztliche Behandlung i. S. des § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Ebensowenig seien es die für die Behandlung des ausgebliebenen Patienten etwa getroffenen vorbereitenden Maßnahmen und Aufwendungen. Die Streichung der Beratungsgebühren sei deshalb zu Recht erfolgt, weil nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 12 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ die Beratungsgebühr nur bei einer mündlichen, nicht aber bei einer fernmündlichen Beratung der Ärzte entstehe. Darüber hinaus habe der Kläger nur Diagnosen und Befunde der behandelnden Ärzte eingeholt, mit diesen also keine Beratung i. S. eines ärztlichen Konsiliums gepflogen (Urteil vom 20. August 1969).

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision macht der Kläger geltend: Schon die mannigfachen Vorbereitungen auf den Behandlungstermin seien zahnärztliche Leistungen, die nach dem EKV-Zahnärzte zu vergüten seien. § 615 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei der allgemeine Rechtsgrundsatz zu entnehmen, daß auch für das Bereithalten der Arbeitskraft eine Vergütung geschuldet werde. Einer fernmündlichen Beratung, die in einer Erwägung und Bestimmung der Behandlungsmethode bestehe, könne die Beratungsgebühr nicht versagt werden.

Der Kläger beantragt,

1. die Urteile des LSG Hamburg vom 20. August 1969 und des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 1969 sowie die Widerspruchsbescheide des VdAK-Beschwerdeausschusses vom 10. September und 2. Dezember 1968 aufzuheben,

2. die Prüfbescheide des VdAK-Prüfungsausschusses vom 19. Februar und 21. Mai 1968 insoweit abzuändern, als sie die Honorarabrechnungen des Klägers aus der Ersatzkassenpraxis für die Quartale IV/67 und I/68 gekürzt haben.

Die Beklagte und der beigeladene Verband der Angestelltenkrankenkassen e. V. beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die beigeladene Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hat weder Anträge gestellt noch Ausführungen gemacht.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Der erkennende Senat hat vorab geprüft, ob er mit zwei Kassenzahnärzten als ehrenamtlichen Beisitzern vorschriftsmäßig besetzt war. Er hat diese Frage bejaht. Die vorliegende Streitsache gehört zu den "Angelegenheiten der Kassenärzte (Kassenzahnärzte)" (§ 12 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 33 Satz 2, § 40 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Diese sind von den "Angelegenheiten des Kassenarztrechts" (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) danach abzugrenzen, ob die angefochtenen Verwaltungsakte in den Aufgabenbereich der kassenärztlichen (kassenzahnärztlichen) Selbstverwaltung oder in die Zuständigkeit der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kassenärzte (Kassenzahnärzte) und der Krankenkassen fallen. Dafür ist wiederum entscheidend, ob im Verwaltungsverfahren eine ausschließlich mit Kassenärzten (Kassenzahnärzten) besetzte Stelle zu entscheiden hatte oder ob auch Vertreter der Krankenkassen stimmberechtigt mitwirken mußten (vgl. u. a. BSG 21, 237, 238; 26, 16, 17; 27, 154, 155; 28, 5, 6, 84, 85; SozR Nr. 13 zu § 12 SGG; zuletzt BSG 30, 83, 84). Die nach § 13 EKV-Zahnärzte gebildeten Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse, die im vorliegenden Fall die angefochtenen Bescheide erlassen haben, sind allein aus Vertragszahnärzten als stimmberechtigten Mitgliedern zusammengesetzt; ein Vertreter des VdAK-Ortsausschusses kann an den Sitzungen des Beschwerdeausschusses nur mit beratender Stimme teilnehmen (§ 13 Nr. 2 letzter Satz des Vertrages). Dementsprechend sind die Bescheide auch im gerichtlichen Verfahren allein unter Hinzuziehung zahnärztlicher Beisitzer nachzuprüfen.

Das LSG hat die Berufung mit Recht als zulässig angesehen. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Richtigstellung der Honoraranforderung des Klägers für die Quartale IV/67 und I/68. Da die Honorarzahlungen sich in vierteljährlichen Abständen wiederholen, haben die angefochtenen Bescheide Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen i. S. des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG zum Gegenstand (BSG 11, 102, 108; 17, 89, 92; SozR Nr. 21 zu § 144 SGG; Beschluß des Senats vom 2. Juni 1969 - 6 RKa 2/69 -). Nach dieser Bestimmung wäre die Berufung nur ausgeschlossen gewesen, wenn sich der vorliegende Rechtsstreit auf Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen (drei Monaten) beschränken würde. Das ist aber nicht der Fall. Der Kläger begehrt vielmehr die Aufhebung von Prüf- und Widerspruchsbescheiden, die sich auf Honorarforderungen für einen Zeitraum von insgesamt zwei Quartalen, also für einen längeren Zeitraum als drei Monate, beziehen (vgl. BSG 11, 102, 108; 17, 89, 92; SozR Nr. 21 zu § 144 SGG).

Gegen die Zuständigkeit der im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Prüfungseinrichtungen bestehen keine Bedenken. Sie ergibt sich aus § 13 Nrn. 1 und 2 i. V. m. § 14 EKV-Zahnärzte. Danach sind der Prüfungs- und der Beschwerdeausschuß nicht darauf beschränkt, "die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen" zu überwachen (vgl. § 368 n Abs. 4 RVO; BSG 21, 235, 236; 26, 174, 175 f, 177, 178 f; 27, 146, 147 f). Vielmehr sind sie "berechtigt und ggf. verpflichtet, in den Fällen, in denen die vertraglichen Bestimmungen nicht beachtet worden sind, die Abrechnungen entsprechend zu berichtigen" (§ 14 Satz 3 EKV-Zahnärzte). Diese von § 368 n Abs. 4 und 5 RVO abweichende vertragliche Zuständigkeitsregelung ist wirksam (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Dezember 1969, Teil II, Anm. 5 c zu § 368 RVO).

Auch in der Sache ist der Auffassung des LSG beizutreten. Die angefochtenen Berichtigungen der Honoraranforderungen sind zu Recht erfolgt.

§ 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührentarifs A zum EKV-Zahnärzte verweist - in Ergänzung der dem Vertrage anliegenden Gebührentarife A und B - nicht schlechthin auf das Gebührenverzeichnis der GOÄ. Dieses wird vielmehr ausdrücklich nur insoweit zum Vertragsbestandteil erklärt, als es zahnärztliche Leistungen zu bewerten gilt, die den Versicherten "nach den gesetzlichen Bestimmungen" zu gewähren sind. Diese Einschränkung stellt klar, daß der Begriff der zahnärztlichen Leistungen hier nicht die gesamte, nach der GOÄ zu vergütende Berufstätigkeit der Zahnärzte umfaßt; er meint nur die - von den Ersatzkassen nach § 507 Abs. 1 i. V. m. § 179 Abs. 1 und 2 RVO als gesetzliche Mindestleistung geschuldete - "zahnärztliche Behandlung" i. S. des § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO, die nach § 182 Abs. 2 RVO ausreichend und zweckmäßig sein muß, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Danach kann allerdings der Vertragszahnarzt für einen außergewöhnlichen, in den Leistungsansätzen selbst nicht berücksichtigten Zeitaufwand eine Vergütung fordern, wenn er eine tätige, "nach der Beschaffenheit des Krankheitsfalles" gebotene Bereitschaft beim Kranken entfaltet (A III 2 c Satz 1 des Geb-Verzeichnisses der GOÄ); denn diese gehört notwendig zu der nach der RVO zu gewährenden (zahn)ärztlichen Behandlung. Demgegenüber ist jedoch das vergebliche Warten des Vertragszahnarztes auf einen zu bestimmter Zeit bestellten Ersatzkassenpatienten kein Bestandteil einer (zahn)ärztlichen Behandlung. Es ist ein Zeitaufwand, auf den der Versicherte nicht einmal nach bürgerlichem Vertragsrecht, geschweige denn nach der RVO Anspruch hat (vgl. §§ 615 Satz 2, 642 Abs. 2 BGB). Mithin fehlt es insoweit an den Voraussetzungen, unter denen § 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührentarifs A zum EKV-Zahnärzte auf das Gebührenverzeichnis der GOÄ verweist: an einer zahnärztlichen Leistung, die dem Versicherten "nach den gesetzlichen Bestimmungen" zu gewähren ist.

Die Richtigkeit dieser - von den Vorinstanzen geteilten - Auffassung bestätigt § 5 Satz 2 des EKV-Zahnärzte, wonach die Vertragskassen verpflichtet sind, die Anspruchsberechtigten auf die Einhaltung der vereinbarten Behandlungszeiten hinzuweisen. Dieser Verpflichtung hätte es kaum bedurft, wenn die Vertragskassen die Haftung für die Säumnis der Versicherten übernommen hätten. Gegen die Übernahme einer solchen Haftung spricht auch, daß die in § 9 des Arzt/Ersatzkassen-Vertrages vereinbarte Gebührenordnung (Ersatzkassen-Adgo), die gleichzeitig mit dem EKV-Zahnärzte - am 1. Oktober 1963 - in Kraft getreten ist, eine Verweilgebühr nur für das sogen. echte, "nach der Beschaffenheit des Krankheitsfalles" erforderliche Verweilen des Arztes vorsieht (§ 14 Abs. 1 Ersatzkassen-Adgo; vgl. auch Brück/Guillemet, Kommentar zur Ersatzkassen-Adgo, Stand 1. Juli 1969, Anm. 1 zu § 14). Im Zweifel ist nämlich nicht anzunehmen, daß die Ersatzkassen für den Bereich der zahnärztlichen Versorgung bei gleicher Sach- und Interessenlage weitergehende Vergütungspflichten übernommen haben. Einen gewissen Hinweis auf das von den Vertragsbeteiligten in der vorliegenden Frage Gewollte vermag schließlich auch der Beschluß Nr. 16 der Technischen Kommission zu geben, die nach § 1 Satz 2 der Vereinbarung über die Bildung einer Technischen Kommission (Anlage 5 zum Bundesmantelvertrag (Zahnärzte) - BMV-Zahnärzte - vom 2. Mai 1962) die Aufgabe hat, Zweifelsfragen, die sich aus dem BMV-Zahnärzte und seinen Anlagen, insbesondere aus den Positionen der Bewertungsmaßstäbe und ihren Erläuterungen ergeben, durch verbindliche Auslegung der in Frage kommenden Bestimmungen zu klären. Jener Beschluß ist zu dem - § 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührentarifs A zum EKV-Zahnärzte in der Fassung entsprechenden - § 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Bewertungsmaßstabs für die kassenzahnärztlichen Leistungen (BEMA) ergangen und besagt: "Erscheint ein Patient nicht oder nicht zur vereinbarten Zeit, so kann der Zahnarzt Nr. 24 Bugo-Ä nicht zu Lasten der Krankenkassen abrechnen." Er interpretiert also § 2 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA dahin, daß die Bezugnahme auf das Gebührenverzeichnis der GOÄ den unter A III 2 c letzter Satz genannten Fall - Nichterscheinen des Kranken zu der mit dem Arzt vereinbarten Zeit - ausschließt. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist dabei der Gedanke maßgebend, daß die Versichertengemeinschaft nicht für Leistungsstörungen einzustehen hat, die in den persönlichen Verantwortungsbereich des einzelnen Versicherten fallen.

Auch die Berichtigung der Beratungsgebühren, die der Kläger nach Nr. 12 a des Gebührenverzeichnisses der GOÄ für fernmündliche Rücksprachen mit behandelnden Ärzten seiner Ersatzkassenpatienten berechnet hat, ist nicht zu beanstanden. Nach jener Position kann für die "mündliche Beratung zweier oder mehrerer Ärzte oder Zahnärzte" eine Gebühr in Rechnung gestellt werden.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat der Kläger im Rahmen der fernmündlichen Rücksprachen mit den behandelnden Ärzten seiner Ersatzkassen-Patienten nur Diagnosen, Anamnesen und Befunde dieser behandelnden Ärzte eingeholt. Er hat mit diesen also keine Beratung i. S. eines Konsiliums gepflogen. Ein Konsilium ist nach ärztlichem Sprachgebrauch die Besprechung zweier oder mehrerer Ärzte nach vorausgegangener Untersuchung des Kranken zwecks Stellung der Diagnose oder Festlegung des Heilplans, nicht aber die bloße Erkundigung eines Arztes (Zahnarztes) bei einem anderen Arzt nach bestimmten Ergebnissen aus dessen Behandlung. Dieser - auch für Nr. 12 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ geltenden - Begriffsbestimmung entspricht nicht die gelegentliche Aussprache zwischen Ärzten über einen Kranken (vgl. Brück aaO, Anm. 1 zu Nr. 12 des Gebührenverzeichnisses; Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, 4. Aufl., Stand November 1968, Band II, Abschn. IV S. 112 s 2 (2. Fußnote); Feststellung Nr. F 17 der Bugo-Auslegungskommission vom 4. Januar 1967, DOK 1967, 139; Empfehlung 29 der GOÄ-Kommission der Partner des BMV-Ärzte vom 18./19. März 1969, zit. bei Hoffmann, Ärztliches Gebühren- und Vertragsrecht, Stand 1. April 1969, Band 1, Teil 1 S. 10/2 - Anm. 21 -; vgl. auch die zahlreichen Nachweise von Stellungnahmen der Praxis bei Wieglow/Roth, Die Kassenarztgebühren, 5. Aufl., Stand März 1969, Band III Anm. 1 zu Nr. 12 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ und Brück, Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 2. Band, 2. Aufl., Stand 1. Januar 1969, Arbeitsunterlagen zu Nr. 12 GOÄ S. 1 f).

Auch die Ersatzkassen-Adgo, die der GOÄ als Vorbild gedient hat, kennzeichnet in § 15 Abs. 1 das Konsilium als Fall einer "mündlichen Beratung zweier oder mehrerer Vertragsärzte gemeinsam am Bett des Kranken". Im Unterschied zur Ersatzkassen-Adgo hat allerdings die GOÄ die "mündliche Beratung zweier oder mehrerer Ärzte oder Zahnärzte" nicht ausdrücklich in diesem überkommenen Sinne erläutert. Es wäre jedoch verfehlt, daraus auf einen weiteren, die Erkundigung nach Untersuchungsergebnissen einbeziehenden Begriffsinhalt zu schließen. Nr. 12 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ stimmt nahezu wörtlich mit Nr. 6 der Preußischen Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte (Preugo) vom 1. September 1924 überein. Die Preugo aber legte - wie s. Zt. allgemein anerkannt war - den Begriff der "mündlichen Beratung" so zugrunde, wie ihn ein Erlaß vom 21. Juli 1836 umschrieben hatte, nämlich als "das Zusammenwirken zu einer bestimmten Stunde, behufs Beratung über die fernere Behandlung desselben" (zit. nach Joachim/Korn, Die Preußische Gebührenordnung ... vom 1. September 1920, 1921, Anm. 2 zu Nr. 7; vgl. ferner Brück, Kommentar zur Preugo, 3. Aufl., Stand 1. April 1962, Anm. 4 zu Nr. 6; Hardt, Die Preugo, 14. Aufl. 1941, Anm. zu Nr. 6; Borntraeger/Bundt, Preußische Gebührenordnung ..., 15. Aufl. 1935, Anm. a zu Nr. 6; Förster, Die Preußische Gebührenordnung ... vom 15. Mai 1896, 6. Aufl. 1915, Note 74).

Ob diese enge Definition noch heute mit Rücksicht auf die fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten - z. B. Konferenzschaltung - Geltung beanspruchen kann, brauchte der Senat nicht zu erörtern, da der Kläger bei den behandelnden Ärzten seiner Ersatzkassen-Patienten im Rahmen der Rücksprache nur Diagnosen, Anamnesen und Befunde erfragt hatte.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 33

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