Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 5. Juli 1995 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 29. Oktober 1992 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt Kostenerstattung für eine vertragsärztlich nicht zugelassene Behandlung (Akupunktur).

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Sie leidet seit frühester Kindheit an Hauterkrankungen, die nunmehr von den behandelnden Ärzten als Neurodermitis mit ausgeprägten atopischen Ekzemen (auch „Neurodermitis disseminata”, „endogenes Ekzem”) bezeichnet werden. Die hautärztliche Behandlung mit verschiedenen Salben, Cortisonspritzen und Cortisontabletten sowie sechs ambulante Badekuren auf der Insel Amrun und drei Krankenhausbehandlungen brachten immer nur vorübergehende Besserung.

Vom 26. September 1988 bis zum 8. November 1993 wurde die Klägerin (mit Unterbrechungen) von der Ärztin Dr. H. mit den Mitteln der Akupunktur behandelt. Im Ergebnis übernahm die Beklagte die der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten für die Zeit bis Ende September 1990. Mit Bescheid vom 13. Juni 1990 (Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 1990) lehnte sie jedoch eine Kostenerstattung für die Behandlung nach diesem Zeitpunkt ab und berief sich u.a. auf einen Beschluß der Arbeitsgemeinschaft nach § 19 des Vertrags zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Verbänden der Angestellten-Krankenkassen und Arbeiter-Ersatzkassen (EKV-Ä), wonach die Akupunktur keine Vertragsleistung der Ersatzkassen sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 1992 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil sowie die angefochtenen Bescheide antragsgemäß aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.210 DM (nebst Zinsen) für Behandlungskosten in der Zeit vom 15. Oktober 1990 bis zum 21. Dezember 1992 zu zahlen. Nach Meinung des LSG ergibt sich der Anspruch daraus, daß der Klägerin während der Zeit von 1957 bis 1990 mit den herkömmlichen Methoden der Schulmedizin keine dauernde Heilung oder Linderung habe verschafft werden können, während die bis November 1993 durchgeführte Akupunktur-Behandlung zu einer Heilung geführt habe. Die Akupunktur sei keine besondere Therapierichtung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), sondern eine Außenseitermethode. Eine generelle Ablehnung derartiger Methoden sei im Gesetz auch nach dem Inkrafttreten des SGB V nicht enthalten, wie sich vor allem aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V ergebe. Deshalb seien nach den Regeln der ärztlichen Kunst auch Methoden in Betracht zu ziehen, die nicht allgemein anerkannt seien, wenn damit nach medizinisch-wissenschaftlichem Erkenntnisstand eine Besserung mit nicht ganz geringer Erfolgsaussicht möglich erscheine und anerkannte Methoden fehlten oder im Einzelfall ungeeignet seien. Bei der Klägerin hätten sich die herkömmlichen Therapien letztlich als erfolglos erwiesen. Die Ursache der Neurodermitis sei unbekannt. Die Besserung durch Akupunktur sei möglich erschienen, wobei wegen der Ungewißheit über die Ursache der Erkrankung kein wissenschaftlicher Wirkungsnachweis verlangt werden könne. Es genüge, daß Untersuchungen, Berichte und Statistiken über die Wirksamkeit der Akupunktur auch bei neurodermitischen Erkrankungen vorlägen. Der behandelnde Arzt habe im allgemeinen eine Besserung durch Akupunktur bestätigt; die Berichte der Ärztin Dr. H., von der die Akupunktur durchgeführt worden sei, ließen auch im konkreten Fall den Heilungserfolg erkennen. Eine Verschlechterung des Krankheitszustands im Juli 1993 habe demgegenüber keine Bedeutung. Jedenfalls sei es unter der bis zum 8. November 1993 fortgeführten Therapie zur Heilung gekommen.

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 2, 12, 27, 28 SGB V. Das angefochtene Urteil widerspreche auch der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Leistungspflicht bei nicht anerkannten Methoden, wonach die Wirksamkeit am Behandlungserfolg in einer größeren Zahl von Fällen und nicht mehr am Einzelfall zu messen sei. Wegen der generellen Wirksamkeit der Akupunktur habe das LSG auf Fundstellen verwiesen, die keine entsprechenden Angaben enthielten, so daß es der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht nachgekommen sei. Außerdem habe es die Grenzen der freien Beweiswürdigung verletzt, indem es bestimmte Klinikaufenthalte entgegen den Abschlußberichten als erfolglos werte, während es Berichte des behandelnden Arztes über Verschlimmerungen als unbedeutend beurteile oder – trotz entsprechender Hinweise der Beklagten – überhaupt nicht erwähne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG vom 5. Juli 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 29. Oktober 1992 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von 5.210 DM nebst Zinsen, welche sie für die Akupunktur-Behandlung vom 15. Oktober 1990 bis 21. Dezember 1992 bei Dr. H. aufgewendet hat. Ein solcher Anspruch kann nicht daraus hergeleitet werden, daß die Beklagte zuvor, in der Zeit von September 1988 bis September 1990, gleichartige Behandlungen durch dieselbe Ärztin bezahlt hatte. Die insoweit verfügten Kostenerstattungen beziehen sich auf anfangs 25 und später jeweils 15 Sitzungen, zwischen denen nach den Feststellungen des LSG behandlungsfreie Intervalle lagen. Unter diesen Umständen konnte das Verhalten der Beklagten nicht als Kostenübernahme für die gesamte Behandlung verstanden werden. Auch die Klägerin hat es nicht in diesem Sinne aufgefaßt, denn sie hat ihren Antrag auf Fortsetzung der Kostenerstattung vor allem auf medizinische Erwägungen gestützt und ihr Begehren auf die bis zum Dezember 1992 durchgeführten 77 weiteren Sitzungen beschränkt.

Als denkbare Anspruchsgrundlage bleibt nur § 13 Abs. 3 (früher: Abs. 2) SGB V. Danach sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, daß die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Voraussetzung 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Voraussetzung 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbstbeschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, daß die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems – sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels – einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (Senatsurteil vom 24. September 1996 – BSGE 79, 125, 126f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 S. 51f.).

Da für eine Unaufschiebbarkeit der Akupunktur-Behandlung i.S. des § 13 Abs. 3 Voraussetzung 1 SGB V nichts ersichtlich ist, kann die Klägerin mit ihrem Begehren nur durchdringen, wenn die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Überprüfung ist grundsätzlich vom therapeutischen Gesamtkonzept des behandelnden Arztes und nicht von der einzelnen medizinischen Maßnahme (Injektion, Massage, Medikament usw) auszugehen (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95, zur Veröffentlichung bestimmt). Auch eine Behandlungsserie von gleichartigen Maßnahmen darf erstattungsrechtlich nur dann in Einzelleistungen aufgespalten werden, wenn ihr unterschiedliche medizinische Zielsetzungen oder getrennte Therapie-Entscheidungen zugrundeliegen. Denn als Teil einer aus mehreren Elementen bestehenden Behandlung ist die einzelne Maßnahme im Blick auf die gesetzlichen Ziele der Gesundheitsverbesserung und Krankheitsbekämpfung nach § 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V krankenversicherungsrechtlich in der Regel nur zu rechtfertigen, weil sie mit den übrigen Maßnahmen therapeutisch zusammenwirken soll. Ausgehend hiervon ist im Falle der Klägerin die getrennte erstattungsrechtliche Beurteilung der nach dem 24. September 1990 in Anspruch genommenen Leistungen gerechtfertigt. Zwar hat die Akupunktur-Behandlung nach den Feststellungen des LSG insgesamt vom September 1988 bis November 1993 gedauert. Den Erstattungsentscheidungen der Beklagten und den vom LSG erwähnten Behandlungspausen entnimmt der Senat jedoch, daß als „therapeutische Einheit” regelmäßig 15, ausnahmsweise 25 Sitzungen anzusehen sind. Von daher besteht kein Anlaß, die durch die Erstattungsentscheidungen der Beklagten vorgenommene und von der Klägerin akzeptierte Zäsur zum 24. September 1990 in Frage zu stellen. Ob die weiteren Behandlungen auf getrennten Therapie-Entscheidungen beruhen, so daß erstattungsrechtlich von mehreren getrennt zu beurteilenden „Leistungen” auszugehen wäre, und ob deshalb jeweils eigene Ablehnungen der Krankenkasse vorliegen müßten, kann offenbleiben, weil der Senat die materiellen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs verneint.

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V sind nicht erfüllt, weil die Beklagte die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Die Akupunktur-Behandlung bei Neurodermitis gehört nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Das ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL). § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477) schreibt vor, daß neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft nach § 19 EKV-Ä zur Akupunktur, mit der die Beklagte ihre Ablehnung ursprünglich gerechtfertigt hatte, ist durch die Richtlinien des neuen Rechts überholt, denn diese enthalten auch für die Ersatzkassen und ihre Mitglieder (vgl. § 92 Abs. 7 i.V.m. § 83 Abs. 1 SGB V bzw. – vor dem 1. Januar 1993 – § 83 Abs. 3 SGB V) eine abschließende Regelung über die Anwendung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung.

Die Akupunktur ist eine neue Behandlungsmethode i.S. von § 135 SGB V. Allerdings erläutert das Gesetz nicht näher, wann eine Behandlungsmethode als „neu” anzusehen ist. Nach dem Normzweck muß danach unterschieden werden, ob eine Methode schon bisher zur vertragsärztlichen Versorgung gehört hat. Der Bundesausschuß soll darüber wachen, daß die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf unwirksame oder unwirtschaftliche Untersuchungs- und Behandlungsverfahren ausgedehnt wird. Von daher kann es nicht darauf ankommen, wann das betreffende Verfahren entwickelt und erstmals eingesetzt wurde – sonst könnte der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ohne Qualitätsprüfung allein durch Zeitablauf erweitert werden. Vielmehr ist, wovon auch der Bundesausschuß in Ziff 4 der NUB-RL i.d.F. vom 4. Dezember 1990 ausgeht, die Beschränkung auf „neue” Methoden als Abgrenzung zu denjenigen medizinischen Maßnahmen zu verstehen, deren Qualität aufgrund der tatsächlichen Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung bereits feststeht oder unterstellt wird. Diese Auslegung wird durch die neuere Rechtsentwicklung bestätigt. Durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl. I 1520) ist den Bundesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen aufgegeben worden, (auch) die von Vertragsärzten bereits bisher abrechenbaren Leistungen auf ihren diagnostischen oder therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Ergibt sich dabei, daß eine Leistung den genannten Anforderungen nicht genügt, so ist sie von der weiteren Anwendung in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschlossen (§ 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V). Mit der Unterscheidung zwischen neuen und bereits eingeführten Leistungen macht das Gesetz deutlich, daß die Abgrenzung danach erfolgen soll, ob eine Methode schon bisher Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war oder nicht.

Als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörig und damit „neu” i.S. des § 135 Abs. 1 SGB V sieht der Bundesausschuß gemäß Ziff 5 der NUB-RL solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten oder die dort zwar aufgeführt sind, deren Indikationen aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren haben (zu letzterem vgl. Urteil des 6. Senats des BSG vom 20. März 1996 – BSG SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 S. 2 ff; zum Verhältnis von NUB-RL und EBM-Ä ferner BSGE 79, 239 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 14). Ob allein durch die Prüfung anhand des EBM-Ä alle noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zählenden neuen Methoden verläßlich erfaßt werden können oder ob es, etwa im Streit um die Anerkennung einer neuartigen Arzneimitteltherapie, weiterer Kriterien bedarf, braucht aus Anlaß des vorliegenden Rechtsstreits nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist die Akupunktur bisher nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums, denn sie ist im EBM-Ä nicht aufgeführt. Die Arbeitsgemeinschaft nach § 19 EKV-Ä hat sie als Vertragsleistung ausgeschlossen (ErsK 1984, 259). Die Innungskrankenkassen Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg führen gemäß § 63 SGB V seit 1. Januar 1995 bzw. seit 1. Juli 1996 Modellversuche mit Akupunktur durch (vgl. KV 1996, 257ff.).

Die demnach erforderliche Anerkennung der Akupunktur durch den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen liegt nicht vor; der Bundesausschuß hat sich zwar mit der Akupunktur unter dem Gesichtspunkt der Schmerztherapie befaßt, er hat aber die Wirksamkeitsbelege nicht für ausreichend gehalten, um die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen (Auskunft an den Senat vom 19. August 1996). Damit liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für den Einsatz neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht vor. § 135 Abs. 1 SGB V bezweckt die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung; es soll gewährleistet werden, daß neue medizinische Verfahren nicht ohne Prüfung ihres diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden. Das ist zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor unwirtschaftlicher Behandlung gleichermaßen wichtig wie zum Schutz des Versicherten vor unerprobten Methoden, deren Nebenwirkungen von ihren Befürwortern nicht immer richtig eingeschätzt werden. Die Regelung ist deshalb in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefaßt: Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuß sie als zweckmäßig anerkannt hat.

Allerdings befaßt sich § 135 SGB V vordergründig nicht mit den Leistungsansprüchen der Versicherten. Als Teil des Vierten Kapitels des SGB V über die „Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern” legt die Vorschrift vielmehr in erster Linie für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Zahnärzte fest, unter welchen Voraussetzungen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht und abgerechnet werden dürfen. Trotzdem wird durch § 135 SGB V ebenso wie durch andere kassenarztrechtliche Vorschriften, die bestimmte Arten von Behandlungen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausschließen oder ihre Anwendung an besondere Bedingungen knüpfen, zugleich der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt: Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Kassenleistung abrechnen, weil sie nach den NUB-RL ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur „Behandlung” i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die der Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen kann.

Im Kern ist diese Frage in § 2 Abs. 2 SGB V entschieden. Satz 1 der Vorschrift beschränkt den Anspruch des Versicherten grundsätzlich auf Sach- und Dienstleistungen, über die nach Satz 2 mit den Leistungserbringern entsprechend den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge abzuschließen sind. Nach der darin zum Ausdruck kommenden Konzeption soll durch das Leistungserbringungsrecht im Vierten Kapitel des SGB V gewährleistet werden, daß den Versicherten die gesamte Krankenpflege als Sachleistung zur Verfügung gestellt wird. Dementsprechend haben die zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern zu schließenden Verträge und die als Bestandteil dieser Verträge von den Bundesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen zu beschließenden Richtlinien die für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung notwendigen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungen vollständig und abschließend zu erfassen. Wenn die Vertragspartner oder die Bundesausschüsse in diesem Zusammenhang zum Erlaß leistungskonkretisierender oder leistungsbeschränkender Vorschriften ermächtigt werden, kann das nur bedeuten, daß durch diese Vorschriften die im Dritten Kapitel des SGB V nur in Umrissen beschriebene Leistungsverpflichtung der Krankenkasse präzisiert und eingegrenzt werden soll.

Das zeigt sich auch daran, daß das Gesetz für beide Bereiche dieselben inhaltlichen Kriterien vorgibt. § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V verlangen übereinstimmend einen Versorgungsstandard nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Die Merkmale in § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind ebenfalls gleich: Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Geringfügige Unterschiede im Wortlaut einzelner Vorschriften beruhen auf der besonderen Betonung bestimmter Merkmale im jeweiligen Zusammenhang und bedeuten keine inhaltliche Abweichung. Der Verwirklichung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten dienen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch die in § 135 Abs. 1 SGB V angesprochenen Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Als Vorschriften zur Qualitätssicherung haben die NUB-RL vor allem den Zweck, den im Gesetz nicht näher umschriebenen allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) näher zu bestimmen. Gerade der in § 2 Abs. 1 Satz 3, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V geforderte Qualitätsstandard kann im Verhältnis zwischen Krankenkasse und Versichertem nicht anders definiert werden als zwischen Vertragsarzt und Krankenkasse bzw. Kassenärztlicher Vereinigung.

Die systematischen Zusammenhänge zwischen dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB V bestätigen dieses Ergebnis und widerlegen zugleich die in der Rechtsprechung (LSG Niedersachsen, Urteil vom 30. August 1995, NZS 1996, 74, 77 = Breith 1996, 191, 197) und im Schrifttum (Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, § 106 RdNr 105; Estelmann/Eicher, SGb 1991, 247, 256) anzutreffende These von einem Vorrang des Leistungsrechts vor dem Leistungserbringungsrecht. Der Versicherte darf seinen Leistungsanspruch nur innerhalb der Vorgaben des Leistungserbringungsrechts verwirklichen, denn er ist im Regelfall durch § 15 Abs. 1, § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V darauf beschränkt, sich die benötigte ärztliche und zahnärztliche Versorgung bei den zugelassenen Ärzten oder Zahnärzten zu beschaffen, die ihrerseits an die Vorgaben des Vierten Kapitels und speziell der gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB V über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen abzuschließenden Verträge gebunden sind (§ 95 Abs. 3 Satz 2 SGB V). In der Person des Leistungserbringers sind beide Bereiche miteinander verzahnt; mit der Abgabe der Leistung an den Versicherten erfüllt der Arzt sowohl die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse als auch seine eigene, aus der Kassenzulassung folgende Verpflichtung, sozialversicherte Patienten nach Maßgabe der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Vorschriften zu behandeln. Bei einem derartigen Ineinandergreifen verschiedener Rechtsbeziehungen würden unterschiedliche Leistungsstandards zu unüberbrückbaren Widersprüchen führen.

Die Auffassung, das Leistungserbringungsrecht sei dem Leistungsrecht untergeordnet, verkennt im übrigen die Bedeutung, die der Entscheidung des behandelnden Arztes für die Entstehung und den Umfang von Leistungsansprüchen im Krankenversicherungsrecht zukommt. Sie unterstellt, daß sich dem Dritten Kapitel des SGB V mittels Gesetzesauslegung durchsetzbare Ansprüche auf konkrete medizinische Maßnahmen entnehmen lassen, die mit den einschlägigen Ergebnissen des Leistungserbringungsrechts verglichen werden und diese im Falle der Unvereinbarkeit verdrängen können (so in der Tendenz auch Entscheidungen des 3. Senats des BSG zur Rechtslage vor dem 1. Januar 1989: vgl. BSGE 63, 102 = SozR 2200 § 368e Nr. 11; BSGE 64, 255 = SozR 2200 § 182 Nr. 114; BSGE 70, 24 = SozR 3-2500 § 12 Nr. 2). Diese Auffassung hat die neuere Rechtsprechung jedoch aufgegeben. Danach ergeben sich aus den Vorschriften des Dritten Kapitels nur ausnahmsweise konkrete Leistungsansprüche. In der Regel wird dem Versicherten dort lediglich ein ausfüllungsbedürftiges Rahmenrecht auf „Behandlung” durch einen Arzt oder Zahnarzt oder auf „Versorgung” mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Aussicht gestellt. Zwar sind die geschuldeten Leistungen insofern noch näher umschrieben, als sie nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V hinsichtlich Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, nach § 12 Abs. 1 SGB V ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sein und nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmten Zielen dienen müssen. Damit sind jedoch die Voraussetzungen der Leistungspflicht nur sehr vage bezeichnet; welche Behandlungsmaßnahmen sich daraus für den erkrankten Versicherten im einzelnen ergeben, bedarf der näheren Konkretisierung. In der Regel erlauben die genannten Merkmale lediglich die negative Ausgrenzung von Maßnahmen, die nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, weil sie bestimmten Mindestanforderungen nicht genügen (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 27 Nr. 6). Positiv verdichtet sich das gesetzliche Rahmenrecht erst dann zum durchsetzbaren Einzelanspruch, wenn der – an Stelle der Krankenkasse kraft gesetzlichen Auftrags handelnde – Leistungserbringer festgelegt hat, welche Sach- oder Dienstleistungen zur Wiederherstellung oder Besserung der Gesundheit notwendig sind (inzwischen ständige Rechtsprechung: vgl. BSGE 73, 271, 279ff. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 18 ff; BSGE 78, 154, 155 = SozR 3-2500 § 39 Nr. 3 S. 8 f; Senatsurteil vom 24. September 1996 – SozR 3-2500 § 30 Nr. 8 S. 32 f; siehe auch BSGE 77, 194, 200, 203 = SozR 3-2500 § 129 Nr. 1 S. 7, 10; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4 S. 19f.). Insofern erfüllt der behandelnde Arzt nicht nur die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse; vielmehr begründet und konkretisiert er sie auch. Da er dabei an die Vorschriften des Kassenarztrechts einschließlich der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gebunden ist, ergibt sich zwangsläufig, daß diese auch den für Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte gleichermaßen verbindlichen Umfang des Leistungsanspruchs bestimmen (vgl. § 2 Abs. 4 SGB V). Durch das Leistungserbringungsrecht wird der leistungsrechtliche Anspruchsrahmen in materieller und formeller Hinsicht abgesteckt; außerhalb dieses Rahmens hat der Versicherte grundsätzlich keine Leistungsansprüche (so auch Schlenker, SGb 1992, 530, 533f.).

Daß speziell die Regelung des § 135 Abs. 1 SGB V i.V.m. den NUB-RL unmittelbar das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung gestaltet, ist durch die zwischenzeitlich erfolgten Änderungen und Ergänzungen leistungsrechtlicher Bestimmungen im 2. GKV-NOG nochmals verdeutlicht worden. Der durch dieses Gesetz neu geschaffene § 56 SGB V eröffnet den Krankenkassen die Möglichkeit, ihr Leistungsangebot durch Satzungsregelung über den gesetzlichen Leistungsumfang hinaus zu erweitern und dabei, wie sich aus § 56 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 135 Abs. 1 Satz 4 SGB V i.d.F. des 2. GKV-NOG ergibt, auch solche Leistungen vorzusehen, die nach Einschätzung der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen den Anforderungen für eine Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens nicht in vollem Umfang entsprechen. Ferner können die Kassen nach § 63 Abs. 2 SGB V i.d.F. des 2. GKV-NOG Modellversuche zu Leistungen durchführen, die bisher nicht Gegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung sind, wobei jedoch nach Abs. 4 a.a.O. solche Leistungen ausgenommen sind, über deren Eignung die Bundesausschüsse in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine ablehnende Entscheidung getroffen haben. Beide Regelungen setzen voraus, daß der Versicherte grundsätzlich auf die nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 SGB V zulässigen neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden beschränkt ist. Mit der Ersetzung des Wortes „abrechnen” durch das Wort „erbringen” in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber des 2. GKV-NOG auch terminologisch klargestellt, daß es sich nicht um eine bloße Abrechnungsvorschrift, sondern um eine den Leistungsumfang der Krankenversicherung konkretisierende Regelung handelt.

Ein Vorrang des Leistungsrechts in dem Sinne, daß der Versicherte sich eine nach den Vorschriften des Kassenarztrechts ausgeschlossene Behandlung unter Berufung auf deren Zweckmäßigkeit dennoch auf Kosten der Krankenkasse beschaffen könnte, läßt sich angesichts dieser rechtlichen Gegebenheiten auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V herleiten. Die dortige Regelung schafft lediglich die rechtliche Grundlage dafür, daß der Versicherte ausnahmsweise eine privatärztliche Behandlung auf Kostenerstattungsbasis in Anspruch nehmen kann, wenn die Krankenkasse infolge eines Versagens des Beschaffungssystems nicht in der Lage ist, eine notwendige Behandlung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit ist nicht Ausdruck einer Verdrängung des „minderwertigen” Leistungserbringungsrechts durch das „höherrangige” Leistungsrecht, sondern dient dazu, unbeabsichtigte oder unvorhergesehene Versorgungslücken zu schließen. Zwar müssen dazu bestimmte Regeln des Sachleistungssystems durchbrochen werden, doch ändert das nichts daran, daß der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in derselben Weise mit leistungserbringungsrechtlichen Vorschriften verzahnt ist wie andere Leistungsansprüche. Soweit der angesprochene Zweck die Abweichung nicht rechtfertigt, bleibt die Bindung an die im Vierten Kapitel des SGB V festgelegten Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung auch in den Anwendungsfällen dieser Vorschrift erhalten. In Anbetracht der aus § 2 Abs. 2 SGB V ersichtlichen Zielvorstellung eines lückenlosen Sachleistungssystems wäre es nicht verständlich, wenn das Gesetz einerseits dazu ermächtigte, Leistungen generell als nicht notwendig, unzweckmäßig oder unwirtschaftlich von der vertragsärztlichen Versorgung auszuschließen, andererseits aber dem Versicherten die Möglichkeit beließe, sich dieselben Leistungen auf Kosten der Krankenkasse außerhalb des Sachleistungssystems zu verschaffen. Die mit § 135 SGB V bezweckte Aufstellung verbindlicher Qualitätsstandards für die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Versorgung hätte keinen Sinn, wenn diese Standards für selbstbeschaffte Leistungen nicht gelten würden.

Der Ausschluß nicht anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt kein Verfassungsrecht.

Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist es nicht zu beanstanden, daß § 135 Abs. 1 SGB V die für die vertragsärztliche Behandlung freigegebenen neuen Methoden nicht selbst nennt, sondern insoweit auf die NUB-RL verweist. Die gesetzliche Ausschlußregelung knüpft damit in zulässiger Weise an untergesetzliche Rechtsvorschriften an, zu deren Erlaß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen ermächtigt. Verfassungsrechtlich bedenklich wäre die beschriebene Gesetzestechnik allerdings, wenn es sich bei den NUB-RL und anderen Richtlinien der Bundesausschüsse, wie früher von der Rechtsprechung angenommen, um rein verwaltungsinterne Durchführungsbestimmungen ohne Außenwirkung handelte (so noch BSGE 63, 102, 105 = SozR 2200 § 368e Nr. 11 S. 28 [Arzneimittelrichtlinien]; BSGE 63, 163, 165ff. = SozR 2200 § 368p Nr. 2 S. 7ff. [Arzneimittelrichtlinien]; ähnlich BSGE 73, 271, 287 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 27 [Heil- und Hilfsmittelrichtlinien]). Da § 135 Abs. 1 SGB V in der Art einer dynamischen Verweisung auf die NUB-RL in ihrer jeweiligen Fassung Bezug nimmt, würde dann die Entscheidung, ob eine neue Behandlungsmethode zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf, im Ergebnis einer zu außenwirksamer Rechtsetzung nicht befugten Verwaltungsinstanz überlassen und damit der Gewaltenteilungsgrundsatz berührt. Ob eine Normsetzung durch Verweisung auf verwaltungsinterne Regelungen dennoch in bestimmten Grenzen zulässig sein kann, bedarf hier keiner Vertiefung, weil sich der Rechtscharakter der Richtlinien mit dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 gewandelt hat. Nach den Vorschriften dieses Gesetzes sind die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht mehr bloße dem Innenrechtsbereich des Leistungserbringungsrechts zuzuordnende Verwaltungsvorschriften, die nach Maßgabe der jeweiligen Satzung von den Krankenkassen und den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten beachtet werden sollen (so früher § 368p Abs. 3 RVO). Gemäß § 92 Abs. 7, § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind sie nunmehr in die Bundesmantelverträge und die Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung eingegliedert und nehmen an deren normativer Wirkung teil. Für die vertragsunterworfenen Krankenkassen und Vertragsärzte setzen sie unmittelbar verbindliches, außenwirksames Recht (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 2 SGB V und dazu im einzelnen Urteil des 6. Senats des BSG vom 20. März 1996 – BSGE 78, 70, 75 = SozR 3-2500 § 92 Nr. 6 S. 30 m.w.N.).

Die im Schrifttum gegen die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände (von Zezschwitz, Freundesgabe für Söllner, 1990, 645; Papier, VSSR 1990, 123, 130 ff; Wimmer, NJW 1995, 1577; ders, MedR 1996, 425; Ossenbühl, NZS 1997, 497) werden vom Senat nicht geteilt. Die Richtlinien der Bundesausschüsse sind Teil eines umfassenden Gefüges untergesetzlicher Normen, die von den zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gebildeten Körperschaften der Krankenkassen und (Zahn) Ärzte aufgrund gesetzlicher Ermächtigung gemeinsam zu dem Zweck erlassen werden, eine den Vorgaben des Gesetzes entsprechende ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die dabei praktizierte Form der Rechtsetzung durch Kollektivverträge (Normsetzungsverträge) zwischen Krankenkassenverbänden und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie ergänzende Regelungen, die von gemeinsamen Gremien der (Zahn) Ärzte und Krankenkassen beschlossen werden, hat in der gesetzlichen Krankenversicherung eine lange, in die vorkonstitutionelle Zeit zurückreichende Tradition. Sie hat ihren Grund in zwei tragenden Prinzipien des deutschen Krankenversicherungsrechts, nämlich auf der einen Seite dem Sachleistungsgrundsatz und auf der anderen Seite dem Leitbild des freiberuflich tätigen Arztes als Träger der ambulanten medizinischen Versorgung. Ihrer Verpflichtung, den Versicherten die benötigten Leistungen als Naturalleistungen kostenfrei zu verschaffen und sich dazu der Mitwirkung niedergelassener Ärzte und anderer selbständiger Leistungserbringer zu bedienen, können die Krankenkassen nur durch Abschluß entsprechender Verträge mit den Leistungserbringern nachkommen. Das zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung und zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung bereits Anfang der dreißiger Jahre entwickelte und seither historisch gewachsene öffentlich-rechtliche System kollektivvertraglicher Beziehungen zwischen den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden und den Körperschaften der Ärzte und Zahnärzte setzt die Zuweisung von Normsetzungsbefugnissen an die Vertragspartner voraus; denn es kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn die in Gesamtverträgen und Mantelverträgen vereinbarten Regelungen nicht nur die vertragschließenden Körperschaften, sondern auch die durch sie repräsentierten Vertragsärzte und Versicherten binden. Zwar sieht das Grundgesetz die Schaffung materiellen Rechts durch Normenverträge nicht vor. Auch kann diese Art der Rechtserzeugung ungeachtet der Bezeichnung des Regelungskonzepts als „gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen” nicht dem Bereich der autonomen Rechtsetzung zugeordnet werden, der im wesentlichen mitgliedschaftlich strukturierten Körperschaften zur eigenverantwortlichen Regelung der sie selbst betreffenden Angelegenheiten vorbehalten ist. Indessen vermag der Senat dem Grundgesetz keinen numerus clausus zulässiger Rechtsetzungsformen in dem Sinne zu entnehmen, daß neben den ausdrücklich genannten Instrumenten des formellen Gesetzes und der Rechtsverordnung sowie den vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Regelungstypen der autonomen Satzung und der Tarifvertragsnormen weitere Formen der Rechtsetzung schlechthin ausgeschlossen wären. Er hält deshalb, wie er im Urteil vom 16. September 1997 (1 RK 32/95, zur Veröffentlichung bestimmt) in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 6. Senats des Bundessozialgerichts (BSGE 78, 70, 77ff. = SozR 3-2500 § 92 Nr. 6 S. 32ff.) näher ausgeführt hat, die gesetzliche Ermächtigung zu gemeinsamer Rechtsetzung durch die Körperschaften der Krankenkassen und Ärzte bzw. von diesen gebildete Ausschüsse im Ergebnis für verfassungsgemäß.

Handelt es sich nach alledem bei den NUB-RL um untergesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind, so ist dem Versicherten, der sich eine vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen nicht empfohlene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft, im Kostenerstattungsverfahren der Einwand abgeschnitten, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen bzw. lasse einen Behandlungserfolg zumindest als möglich erscheinen. Von der anderslautenden Rechtsprechung zur Rechtslage vor Inkrafttreten des SGB V (BSGE 70, 24 = SozR 3-2500 § 12 Nr. 2; BSGE 64, 255 = SozR 2200 § 182 Nr. 114 jeweils mwN; für das Recht der privaten Krankenversicherung daran anknüpfend: BGHZ 133, 208, 215 = LM AVBf. Krankheitskosten- u Krankenhaustagegeldvers Nr. 26 Bl 3; zur Rechtslage im Beihilferecht vgl. BVerwG Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 15 S. 9 = NJW 1996, 801, 802; Buchholz 238.927 BVO NW Nr. 6 = NJW 1985, 1413) hat sich der Senat bereits im Urteil vom 5. Juli 1995 teilweise distanziert (BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 5). Soweit er dort allerdings den Einwand zugelassen hat, die neue Methode sei generell und nicht nur im konkreten Einzelfall zweckmäßig, hält er an seiner Rechtsauffassung nicht fest. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Bundesausschuß die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder ob – wie im Fall der Akupunktur – über die Anerkennung bisher nicht entschieden wurde. Das Gesetz schließt eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bundesausschusses, sondern ausdrücklich auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es soll sichergestellt werden, daß neue Behandlungsweisen erst nach ausreichender Prüfung in dem dafür vorgesehenen Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt werden.

Ein Kostenerstattungsanspruch kann allerdings ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht. Ein solcher Systemmangel kann (auch) darin bestehen, daß das Anerkennungsverfahren trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. Die Ermächtigung in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V besagt nicht, daß es dem Bundesausschuß freigestellt ist, ob und wann er sich mit einem Antrag auf Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode befassen und hierzu eine Empfehlung abgeben will. Ebensowenig kann es im Belieben der antragsberechtigten Körperschaften und Verbände stehen, ob überhaupt ein Verfahren vor dem Bundesausschuß in Gang gesetzt wird. Das präventive Verbot in § 135 Abs. 1 SGB V dient allein dem Zweck der Qualitätssicherung; nur soweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluß ungeprüfter und nicht anerkannter Heilmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Grundsätzlich zählen aber, wie die ausdrückliche Erwähnung des medizinischen Fortschritts in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V belegt, auch neue medizinische Verfahren zum Leistungsumfang der Krankenversicherung. Soweit sie sich als zweckmäßig und wirtschaftlich erweisen, dürfen sie den Versicherten nicht vorenthalten werden. Dem muß das Verfahren vor dem Bundesausschuß gerecht werden. Es muß gewährleisten, daß bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Wird die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke muß zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Abs. 3 SGB V geschlossen werden.

Ob das Fehlen einer Aussage zur Akupunktur in den NUB-RL Folge eines Systemmangels in dem beschriebenen Sinne sein könnte, kann der Senat unentschieden lassen, denn er muß die Klage unabhängig von etwaigen Versäumnissen des Bundesausschusses oder der nach § 135 Abs. 1 SGB V antragsberechtigten Stellen abweisen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die bei der Klägerin angewandte Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

Eine ausfüllungsbedürftige Lücke in den NUB-RL und ein daraus sich ergebender Anspruch auf Kostenerstattung ist vor allem dann denkbar, wenn – bei unterstellter Untätigkeit des Bundesausschusses – über eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zu befinden ist, von deren Wirksamkeit das Gericht überzeugt werden kann. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen für die Drogensubstitution mit dem Hustenmittel Remedacen hat der Senat in diesem Sinne davon abhängig gemacht, ob der Erfolg der Ersatzdroge in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden kann (BSGE 76, 194, 199 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 5 S. 12). An diesem Erfordernis ist grundsätzlich festzuhalten. Die dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten sind beachtlich, sie können in der Regel aber – nötigenfalls mit Hilfe von Sachverständigen – überwunden werden. Bei der Drogensubstitution zur Bekämpfung von Heroinsucht ist die „Therapie” auf die Veränderung des Verhaltens des Patienten gerichtet; dabei spielen medizinische Zusammenhänge (etwa mögliche Nebenwirkungen) eine Rolle, sie stehen aber nicht im Vordergrund. Bei einem Massenphänomen wie der Drogensucht ist der Rückgriff auf soziologische Datenerhebungen denkbar, die den Gerichten den hier erforderlichen Wirksamkeitsnachweis erleichtern können. Die Forderung nach einem derartigen Nachweis liegt vor allem auch dann nahe, wenn die streitige Methode mit anerkannten Methoden verglichen werden kann.

Die allgemeine Eignung einer Akupunktur-Behandlung zur Heilung von Neurodermitis oder zur dauerhaften Beseitigung der Symptome eines Krankheitsbildes, wie es bei der Klägerin aufgetreten ist, läßt sich nicht nachweisen, so daß mit dieser Begründung eine den Anspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V auslösende Lücke in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu rechtfertigen ist. Davon geht auch das LSG aus, denn es hält einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis wegen der Ungewißheit über die Ursache der Neurodermitis nicht für möglich. Die Belege des LSG für eine Erfolgsaussicht der durchgeführten Therapie gehen über pauschale Hinweise nicht hinaus (vgl. Dokumentation der besonderen Therapierichtungen und natürlichen Heilweisen in Europa [DbT], Bd I Halbbd 2 S. 963ff., S. 1023 ff; Bd II S. 149 ff; Bd V Halbbd 1 S. 457 ff; sowie Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort „Akupunktur”) und enthalten zur Neurodermitis keinerlei Aussagen. Die bereits erwähnten Modellversuche in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg sollen die Wirksamkeit der Akupunktur prüfen; unabhängig davon, ob sie sich speziell mit der Behandlung von Neurodermitis-Kranken befassen, spricht dieses Untersuchungsziel dagegen, daß es ausreichende anderweitige Wirksamkeitsbelege gibt.

Anders als bei der Drogensubstitution stößt ein Wirksamkeitsnachweis für eine Behandlung der Neurodermitis auf erhebliche Schwierigkeiten. Eine Verhaltensänderung ist als Therapie nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen, weil bisherige Erkenntnisse die Krankheit auf eine erbliche Veranlagung i.V.m. allergischen Reaktionen gegen die verschiedensten Stoffe zurückführen; die Bedeutung der dabei regelmäßig festzustellenden Störungen des Immunsystems und des vegetativen Nervensystems ist im einzelnen unklar (Ruzicka in: Braun-Falco ua, Dermatologie und Venerologie, 4. Aufl., Berlin 1995, 449-451; Orfanos ua, Therapie der Hautkrankheiten, Berlin 1995, 206 f; Rassner, Dermatologie, 3. Aufl., München 1990, 101 f; Illing/Groneuer, Neurodermitis -atopische Dermatitis, Stuttgart 1991, 25ff.). Der Verlauf der Krankheit ist individuell sehr unterschiedlich, was psychisch bedingt sein könnte; außerdem gibt es immer wieder Fälle, in denen die Symptome auf unerklärliche Weise vorübergehend oder – vor allem bei fortschreitendem Alter – auf Dauer von selbst verschwinden (Obert, Neurodermitis, 2. Aufl., Heidelberg 1993, 28f. mwN; Illing/Groneuer, a.a.O., 19, 42 ff; Rassner, a.a.O., 100; Haidvogl, Padiatrie und Padologie 1990 [25], 389ff.). Die allgemein anerkannten Behandlungsmethoden beschränken sich darauf, die Belastung durch Allergene zu mindern und dennoch auftretende Hautveränderungen symptomatisch zu bekämpfen (Orfanos ua, a.a.O., 208-224; Illing/Groneuer, a.a.O., 77-103). Der in dieser Weise äußerlich „geheilte” Patient ist vor einem erneuten Schub der Krankheit niemals sicher, denn der „Erfolg” der angewandten Mittel ist meistens nur für einen Teil der Krankheitsfälle und immer nur für eine vorübergehende Zeitspanne beobachtet worden; er kann regelmäßig nicht von Spontanremissionen unterschieden werden. Wie unsicher die Behandlung der Neurodermitis mit anerkannten Methoden ist, kann an der großen Zahl der erörterten Therapiemöglichkeiten abgelesen werden (vgl. stellvertretend Orfanos ua, a.a.O.).

Werden anerkannte Behandlungsmethoden nur mit derart massiven Vorbehalten eingesetzt, können ähnliche Vorbehalte nicht genügen, um die Kostenerstattung für noch nicht empfohlene Methoden auszuschließen. Denn das Gesetz verlangt lediglich einen Standard, der dem allgemein anerkannten „entspricht”. Umgekehrt kann die fehlende medizinische Erkenntnis nicht bedeuten, daß jede Behandlungsmethode von der Krankenkasse zu bezahlen ist. Die Grundsätze des § 12 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V verbieten es, die Erprobung neuer Methoden oder die medizinische Forschung zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu rechnen (vgl. Begründung zum Fraktionsentwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237 S. 157). Dem entspricht der Vergütungsabschlag für Forschung und Lehre bei ambulanten Krankenhausleistungen der Polikliniken nach § 120 Abs. 3 Satz 2 SGB V. Im 10. Abschnitt des Dritten Kapitels SGB V sind zwar Erprobungsregelungen vorgesehen, die nach § 63 Satz 1 SGB V auch neue Leistungen beinhalten können; die am 1. Juli 1997 in Kraft getretene Neufassung schließt Leistungen ausdrücklich mit ein, zu denen der Bundesausschuß noch nicht ablehnend Stellung genommen hat (vgl. § 63 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Keinesfalls ist jedoch die Erprobung neuer Behandlungsmethoden bei einzelnen Versicherten gemeint, denn sie muß nach der ursprünglichen Fassung durch Satzung, nach der Neufassung durch Vereinbarungen mit den Leistungserbringern rechtlich abgesichert sein. Außerhalb dieses engen Rahmens dürfen die Finanzmittel der Solidargemeinschaft für die Erprobung schon deshalb nicht eingesetzt werden, weil unerprobte Methoden – wenn ihnen überhaupt eine Wirkung zukommt – auch unbekannte Nebenwirkungen haben können, für deren gesundheitliche Folgen wiederum die Krankenversicherung aufzukommen hat. Der Grundsatz, daß die gesetzlichen Krankenkassen für die Erprobung neuer Methoden nicht aufzukommen haben, verdient gerade bei unerforschten Krankheiten besondere Beachtung; bei Erkrankungen, deren Verlauf erklärt und mit geeigneten Mitteln beeinflußt werden kann, besteht weit seltener Veranlassung, Versuche mit unerprobten Methoden anzustellen.

Um bei der Prüfung des Kostenerstattungsanspruchs für eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode einerseits dem Gebot gerecht zu werden, dem erkrankten Versicherten alle gleichermaßen geeigneten Mittel zugute kommen zu lassen, ohne andererseits gegen das Verbot zu verstoßen, die Krankenkasse für Erprobungen einstehen zu lassen, gibt es nur zwei mögliche Ansätze: Entweder die Gerichte setzen sich mit der medizinisch-wissenschaftlichen Qualität der in Rede stehenden Methoden inhaltlich auseinander, um eine bisher nicht zustandegekommene Entscheidung des Bundesausschusses vorwegzunehmen bzw. zu ersetzen, oder sie beschränken sich auf die Prüfung, ob der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, daß eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuß veranlaßt gewesen wäre. Das richtet sich nicht nach medizinischen Kriterien (Wirksamkeit, Plausibilität, Erfolg im Einzelfall usw), sondern nach der tatsächlichen Verbreitung in der Praxis und in der fachlichen Diskussion.

Diesem zweiten Ansatz folgt der Senat. Das Gesetz fragt nicht danach, welchen Qualitätsstandard der Richter aus eigener Anschauung oder aufgrund sachverständiger Beratung für anerkennungswürdig hält, sondern welcher Standard allgemein anerkannt ist und ob die zu beurteilende Methode diesem Standard entspricht. Damit bezieht es sich auf den Charakter der Medizin als Erfahrungswissenschaft. Erfolgreiche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden setzen sich über kurz oder lang in der medizinischen Ausbildung, bei den praktizierenden Ärzten, bei den Leistungsträgern und im Kreis der Patienten durch (in dieser Richtung auch – allerdings unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Vertretbarkeit – Estelmann/Eicher, SGb 1991, 253). Ohne ein Mindestmaß an Anerkennung kann eine Methode das Stadium der medizinischen Erprobung bzw. Forschung noch nicht überwunden haben. Die dadurch den Gerichten auferlegte Zurückhaltung in der medizinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die „richtige” Heilmethode hat in § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V ihre Entsprechung. Das Verbot des Ausschlusses von Methoden der besonderen Therapierichtungen ist Ausdruck der Neutralität des Staates gegenüber unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen, die in der Bevölkerung – auch aufgrund ihrer weltanschaulichen Prägung – breite Resonanz gefunden haben. Damit wird die Fragestellung von den auf dieser Ebene nicht mehr allgemeingültig zu beantwortenden wissenschaftlichen Grundsatzfragen auf den tatsächlichen Verbreitungsgrad verlagert. Nur auf diesem Wege ist es möglich, den sinnvollen Einsatz der von den Versicherten und ihren Arbeitgebern zur gesetzlichen Krankenversicherung aufgebrachten Gel DMittel nachvollziehbar zu überprüfen.

Eine eigene medizinische Beurteilung von Behandlungsmethoden durch die Gerichte ist demgegenüber fragwürdig. Abgesehen von dem Eingriff in Kompetenzen des Bundesausschusses können wissenschaftstheoretische Grundlagen im Streit sein oder es müssen neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse interpretiert und bewertet werden. Es kann aber – auch mit sachverständiger Unterstützung – nicht Sinn eines Gerichtsverfahrens sein, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen.

Die Problematik wird gerade im Fall der Klägerin deutlich. Dabei stehen Schwierigkeiten im Vordergrund, die sich aus den in vieler Beziehung gegensätzlichen Anschauungen westlicher und chinesischer Medizin ergeben und die einem Qualitätsvergleich erhebliche Hindernisse in den Weg legen (vgl. Lewith/Machin, Pain 1983, 111; Vincent/Richardson, Pain 1986, 1-4 mwN; Kubiena, Zeitschrift für ärztliche Fortbildung Jena 1996, 159). Zwar hat die Medizinforschung inzwischen die chinesische Medizin und insbesondere die Akupunktur weltweit zu ihrem Gegenstand gemacht; die methodischen Grundlagen für den Vergleich und die Bewertung verschiedener Behandlungsmethoden untereinander sind jedoch nicht ausdiskutiert. Beispielsweise ergab eine Nachprüfung früher veröffentlichter Untersuchungen zum Einsatz von Akupunktur bei Übelkeit auf Grund von chirurgischen Eingriffen, Chemotherapie oder Schwangerschaft einen statistisch bedeutsamen Einfluß dieser Methode, während ähnliche Überprüfungen für Asthma, chronischen Schmerz, und Suchtkrankheiten die Prüfer nicht überzeugten; dabei konnte nicht ausgeschlossen werden, daß die unergiebigen Schlußfolgerungen mit den methodischen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Akupunktur zusammenhingen (Vickers, Journal of the Royal Society of Medicine 1996, 303, 305 mwN; ähnlich zur Schmerztherapie: Richardson/Vincent, Pain 1986, 15, 35 f; Lewith/Machin, Pain 1983, 111; vgl. bei Asthma: Kleijnen ua, Thorax 1991, 799 mit Überprüfung von z.B. Fung ua, Lancet 1986, 1419). Auch die wohl neueste Untersuchung enthält weder eine eindeutige Erklärung für die beobachteten Wirkungen von Akupunktur noch eine klare Empfehlung zu ihrer Anwendung; statt dessen wird die weitere Erforschung befürwortet (Vickers a.a.O., 310). Es wird sogar die Meinung vertreten, daß die meisten westlichen Akupunkteure umlernen müßten, weil sie vor allem infolge von Übersetzungsfehlern die wesentlichen Grundlagen der chinesischen Akupunktur mißverstanden hätten (Schnorrenberger, Compendium Anatomicum Acupuncturae, Berlin 1996, S. 1-5). Werden durch eine Behandlungsmethode Fragen des geschilderten Schwierigkeitsgrades aufgeworfen, muß die eigenständige Beurteilung von Qualität und Wirksamkeit der streitigen Methode und der Vergleich mit einer anerkannten Methode die Gerichte medizinisch-wissenschaftlich überfordern.

Soweit die Qualität einer neuen Behandlungsmethode infolge eines Systemmangels ausnahmsweise vom Gericht beurteilt werden muß, weil der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die ihm nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, § 135 Abs. 1 SGB V obliegende Aufgabe ohne sachlichen Grund nicht wahrgenommen hat, ist deshalb nicht auf medizinische Kriterien, sondern allein darauf abzustellen, ob sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird. Zwar müssen die Gerichte dann über die Kostenerstattung für eine neue Therapie nach anderen Voraussetzungen entscheiden als der Bundesausschuß über deren Anerkennung; das ist jedoch als Folge des Systemmangels hinzunehmen.

Eine hinreichende Verbreitung im beschriebenen Sinne hat die Akupunktur zur Behandlung der Neurodermitis bislang nicht gefunden. Es mag neben der Ärztin der Klägerin eine Reihe von weiteren Ärzten geben, die Akupunktur bei Neurodermitis anwenden; die Auswertung der verfügbaren Fachliteratur ergibt jedoch, daß dabei eher von Erprobungen gesprochen werden muß als von gezielten Behandlungen auf den der Akupunktur eigenen Grundlagen. Im Gegensatz zu pauschalen Auflistungen der Anwendungsgebiete mit eher werbendem Charakter geht der Senat davon aus, daß die Akupunktur nicht für sämtliche Krankeitszustände in gleicher Weise geeignet ist. Aufstellungen ihrer hauptsächlichen Indikationsgebiete und ihrer objektivierten klinischen Wirkungen enthalten keine Hinweise auf Hauterkrankungen oder Neurodermitis (Bannerman, World Health: The magazine of the WHO, 1979, 27; Bahr, Einführung in die wissenschaftliche Akupunktur, 1992, S. 20f., 113 ff; Schnorrenberger, DbT Bd I Halbbd 2, S. 975-1008; vgl. auch Beschluß des obersten Sanitätsrats in Österreich vom Dezember 1988 über die Anerkennung der Akupunktur bei bestimmten Erkrankungen, mitgeteilt in Bahr a.a.O., 180). Vor allem aber schließen die erreichbaren Nachweise in der Fachliteratur nach Zahl und Inhalt aus, daß die internationale Fachdiskussion über den Einsatz von Akupunktur bei Neurodermitis oder atopischem Ekzem einen Stand erreicht hat, der eine Lücke in der vertragsärztlichen Versorgung begründen könnte. In MEDLINE, einer der größten Datenbanken von Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften, finden sich seit 1987 zwar nahezu 2700 Aufsätze zum Stichwort Akupunktur und über 12500 zu Dermatitis bzw. zum atopischen Ekzem, jedoch nur etwa zwanzig Aufsätze, die sich aus beiden Bereichen qualifizieren. Läßt man die Berichte über Kontakterkrankungen (durch Akupunkturnadeln oder Pflanzengift) und diejenigen über den Einsatz von Elektro- oder Laser-Akupunktur bzw. den von Akupunktur neben anderen Mitteln (Kombinationsmethoden) außer Betracht, bleiben sieben Veröffentlichungen, von denen sich nur eine (aus China) mit der Wirkung von Akupunktur bei Neurodermitis befaßt, während die anderen entweder verwandte Erkrankungen (Allergien, Dermatosen, Asthma) oder nur einzelne Aspekte der Neurodermitis (Juckreiz, Gefäßnerven, Immunsystem) untersuchen. Die im Revisionsverfahren vorgelegten Hinweise aus früheren Jahren sind für die Fragen, die durch die Behandlung der Klägerin aufgeworfen werden, aus den aufgezeigten Gründen ebenfalls nicht einschlägig. Soweit die neueren westeuropäischen Äußerungen nicht die Laser- oder Elektro-Akupunktur (im Kindesalter) betreffen, geben sie nur allgemeine Hinweise bzw. Warnungen bei einer Reihe von verschiedenen Erkrankungen (Lewith, Practitioner 1990 [234], 123 ff; Kay/Lessof, Clinical and experimental Allergy 1992 [22] Suppl 3, 1ff.) oder halten beim kombinierten Einsatz von Akupunktur, Homöopathie und Diät (ebenfalls bei Kindern) Spontanheilungen ausdrücklich für möglich (Haidvogl, Padiatrie und Padologie 1990 [25], 389ff.). Nach einem Erfahrungsbericht aus der Zeit vor dem Beginn der Behandlung der Klägerin haben sich in einem Institut für Akupunktur in Wien in den Jahren 1976-78 von über tausend Patienten drei mit Akupunktur gegen Neurodermitis behandeln lassen; verwertbare Angaben über den Erfolg wurden nicht registriert (Kubiena, Akupunktur bei Asthma, allergischen und dermatologischen Erkrankungen, 3. Aufl., Heidelberg 1992, S. 15, 20). Insgesamt lassen die veröffentlichten Literaturmeinungen erkennen, daß sich die Fachdiskussion jedenfalls in Westeuropa an die Behandlung von Neurodermitis erst allmählich herantastet; in den USA scheint jede wissenschaftliche Resonanz zu fehlen. Bei einer häufig auftretenden Erkrankung wie der Neurodermitis, von der bis zu 5% der Bevölkerung betroffen sein sollen (Orfanos ua, Therapie der Hautkrankheiten, Berlin 1995, 204; vgl. auch Braun-Falco ua, Dermatologie und Venerologie, 4. Aufl., Berlin 1995, 449), kennzeichnet dieser Befund die fragliche Behandlungsmethode als Randerscheinung und bestätigt – jedenfalls hinsichtlich der Neurodermitis – die bereits erwähnten Vorbehalte gegen die derzeitigen Möglichkeiten der Akupunktur durch westliche Ärzte (vgl. nochmals Schnorrenberger, Compendium Anatomicum Acupuncturae, Berlin 1996, S. 1-5).

Weitergehende Schlüsse hinsichtlich der Verbreitung können aus der Zulassung der Akupunktur in anderem Zusammenhang nicht gezogen werden. Die Aufnahme der Akupunktur in die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zum 1. Januar 1996 (vgl. BGBl. I 1995, 1861 – Gebührenziffern 269, 269a) sagt wegen des ausdrücklichen Zusatzes „zur Behandlung von Schmerzen” über den Einsatz bei Neurodermitis nichts aus. Im sozialen Entschädigungsrecht dürfen Schädigungsfolgen auf Kosten der Versorgungsverwaltung mit Akupunktur behandelt werden; im übrigen wird auf den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen verwiesen (vgl. RdSchr des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 1. Dezember 1996 – VI 3-52322, BArbBl 2/1997, 96 und vom 13. Februar 1997 – IV 3-52211/52322, BArbBl 4/1997, 80). Für die Neurodermitis läßt sich daraus eine Anerkennung nicht ableiten, denn als Schädigungsfolge kommt diese Erkrankung praktisch nicht in Betracht.

Mangels ausreichender Resonanz in der medizinischen Fachdiskussion ist die vertragsärztliche Versorgung hinsichtlich der Neurodermitis nicht lückenhaft, so daß die Beklagte der Klägerin auch keine Kostenerstattung schuldet. Ein anderes Ergebnis läßt sich nicht damit begründen, daß nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch die Behandlungsmethoden sowie die Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen zum Leistungsumfang der Krankenversicherung gehören. Dabei kann offenbleiben, ob die Akupunktur als Behandlungsmethode einer besonderen Therapierichtung zuzurechnen ist oder ob ihr für sich genommen die Eigenschaft einer solchen zukommt.

Der Begriff der „besonderen Therapierichtung” ist zwar im Gesetz nicht definiert. Indessen zeigt schon die Unterscheidung zwischen Behandlungsmethode auf der einen und besonderer Therapierichtung auf der anderen Seite, daß es nicht zulässig ist, die beiden Begriffe gleichzusetzen. Mit der Erwähnung der besonderen Therapierichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 2, § 34 Abs. 2 Satz 3 und § 92 Abs. 2 Satz 4 SGB V wollte der Gesetzgeber vermeiden, daß bewährte Therapierichtungen, wie die Homöopathie, die antroposophische Medizin oder die Phytotherapie aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen würden (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des GRG, BT-Drucks 11/3480 S. 30, 34, 49). Die genannten Beispiele belegen, daß unter einer Therapierichtung nicht eine einzelne alternative oder unkonventionelle Behandlungsmethode zu verstehen ist. Vielmehr ist damit das umfassende, zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen bestimmte therapeutische Konzept gemeint, das auf der Grundlage eines von der naturwissenschaftlich geprägten „Schulmedizin” sich abgrenzenden, weltanschaulichen Denkansatzes größere Teile der Ärzteschaft und weite Bevölkerungskreise für sich eingenommen hat (so im Ansatz auch Senatsurteil vom 16. Juli 1996 – BSGE 79, 41, 47 = SozR 3-2500 § 34 Nr. 5 S. 33). Ohne das zuletzt genannte Erfordernis der Akzeptanz müßte im Streitfall die medizinisch-wissenschaftliche Tragfähigkeit des Denkansatzes einer Therapierichtung überprüft werden. Dazu kann das Gericht – insbesondere bei Erkrankungen, deren Behandlung über gesicherte medizinische Erkenntnisse hinausreicht – aus den bereits aufgezeigten Gründen nicht berufen sein. Insoweit ist es neben dem Merkmal der Verbreitung auf die Prüfung beschränkt, ob der besondere Denkansatz über nachprüfbare Kriterien verfügt, die es erlauben, eine „kunstgerechte” Anwendung von einem Behandlungsfehler zu unterscheiden. Nur auf diesem Wege wird ohne medizinisch-wissenschaftliche Überforderung des Gerichts vermieden, daß die Leistungen der besonderen Therapierichtungen jeglicher Qualitätskontrolle entzogen werden, obwohl ihre Qualität und Wirksamkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V in gleicher Weise wie bei allen anderen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen.

Die Akupunktur kann keiner der im Gesetz genannten besonderen Therapierichtungen zugeordnet werden. Ob sie als eigenständige Therapierichtung aufgefaßt werden kann, ist deshalb zweifelhaft, weil sich die Akupunktur von ihrem eigenen Verständnis her nur als Teil der umfassenden Traditionellen Chinesischen Medizin sieht. Jedenfalls löst eine Behandlung auch im Rahmen einer besonderen Therapierichtung die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nur dann aus, wenn die angewandte Methode innerhalb der Therapierichtung anerkannt ist (vgl. § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.d.F. des 2. GKV-NOG). Hat sich eine besondere Methode bei den Vertretern des entsprechenden Therapiekonzepts nicht durchgesetzt, ist eine Versorgungslücke auch insoweit ausgeschlossen. Die bereits erwähnten Äußerungen in der Fachliteratur stammen größtenteils von Ärzten, die das Therapiekonzept der Akupunktur grundsätzlich befürworten; da es auch in diesem Kreis kaum Stimmen gibt, die sich mit der Behandlung der Neurodermitis auseinandersetzen, kann nur auf fehlende Akzeptanz innerhalb der (möglichen) Therapierichtung geschlossen werden. Mangels Verbreitung hat die Beklagte die Akupunktur auch unter diesem Gesichtspunkt zu Recht abgelehnt.

Das gefundene Ergebnis verletzt keine Grundrechte der Klägerin. Aus Art 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG folgt zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen und im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts zu gewährleisten, daß dem Erkrankten die Letztentscheidung über die in seinem Fall anzuwendende Therapie belassen wird. Daraus ergibt sich jedoch, wie das Bundesverfassungsgericht zuletzt mit Beschlüssen vom 5. März 1997 (ua 1 BvR 1071/95 = NJW 1997, 3085 = Breith 1997, 764) erneut bekräftigt hat, kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung oder Finanzierung bestimmter Gesundheitsleistungen. Der Umfang des Krankenbehandlungsanspruchs ist vielmehr durch die Leistungsgesetze bestimmt und begrenzt. Liegt keine Behandlung mit einer erfahrungsgemäß wirksamen, sondern die Erprobung einer vorerst unsicheren Methode vor, kann der Grundrechtsschutz nicht tangiert sein. Ähnliches gilt unter dem Gesichtspunkt der Therapiefreiheit als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, denn dieses kann sich nicht auf Erprobungen beziehen. Insoweit ist das Interesse der Beitragszahler am sinnvollen Einsatz der Mittel höher zu bewerten als das Interesse des Erkrankten an medizinischen Versuchen.

Da das LSG den Anspruch zu Unrecht bejaht hat, muß dessen Urteil aufgehoben und durch Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des SG wiederhergestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

MedR 1998, 230

SozSi 1998, 395

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