Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorrang von Anschluß-Arbeitslosenhilfe vor originärer Arbeitslosenhilfe. Bemessung der Arbeitslosenhilfe. Umdeutung des Leistungsantrags. Streitgegenstand bei neuem Leistungsfall

 

Orientierungssatz

1. Die Anschlußarbeitslosenhilfe aus § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst a AFG mit der Folge aus § 136 Abs 2 S 1 Nr 1 AFG hat Vorrang vor der originären Arbeitslosenhilfe. Eine Folge hiervon kann sein, daß für den Arbeitslosen ein wegen der insoweit möglicherweise günstigeren Bemessungsregelung nach § 136 Abs 2 S 1 Nr 2 oder 3 AFG höherer Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe nicht zum Tragen kommt, solange sein Anspruch auf Anschluß-Arbeitslosenhilfe gemäß § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst a AFG Bestand hat (vgl BSG 1980-09-23 7 RAr 82/79).

2. Bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit ist unabhängig von dem dafür benutzten Vordruck oder gewählten Ausdruck regelmäßig davon auszugehen, daß der Antragsteller diejenige Leistung begehrt, die ihm zusteht (vgl BSG 1979-11-15 7 RAr 75/78 = SozR 4100 § 100 Nr 5).

3. Haben nach Klageerhebung Verwaltungsakte einen angefochtenen Bescheid zwar nicht unmittelbar abgeändert oder ersetzt, werden sie dennoch Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Abs 1 SGG, wenn sie mit dem angefochtenen Verwaltungsakt in einem die Anwendung des § 96 Abs 1 SGG rechtfertigenden inneren Zusammenhang stehen. Dies ist der Fall, wenn sie auf denselben tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen beruhen.

 

Normenkette

AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst a, § 135 Abs 2, § 136 Abs 2 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-12-21, § 136 Abs 2 S 1 Nr 2 Fassung: 1977-12-12, § 136 Abs 2 S 1 Nr 3 Fassung: 1977-12-12; SGG § 96 Abs 1 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 25.01.1982; Aktenzeichen L 10 Ar 1384/80)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.09.1980; Aktenzeichen S 15 Ar 522/79)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) als sie ihm bewilligt wurde.

Der Kläger unterbrach sein im Wintersemester 1968/69 an der Universität F begonnenes Ethnologie-Studium im Herbst 1974 und war vom 1. Oktober 1974 bis 3. Juni 1976 als Betriebswerker beitragspflichtig beschäftigt. Auf seine Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 30. Juni 1976 bewilligte ihm die Beklagte unter Berücksichtigung des Eintritts einer Sperrzeit ab 2. Juli 1976 Arbeitslosengeld (Alg) für 234 Wochentage. Das Alg wurde nach dem aus der Tätigkeit als Betriebswerker zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt von wöchentlich 445,-- DM bemessen. Der Kläger bezog Alg bis zum 14. August 1976; für die Zeit vom 16. August bis 30. September 1976 wurde das Alg unter Anrechnung auf die Bezugsdauer wegen Meldeversäumnis und mangelnder Verfügbarkeit versagt. Ab Wintersemester 1976/77 setzte der Kläger sein Studium fort, das er am 14. Februar 1979 durch Promotion zum Dr. phil. abschloß.

Der Kläger meldete sich am 19. Februar 1979 arbeitslos und beantragte auf dem dafür vorgesehenen Vordruck die Gewährung von Alhi. Die Beklagte sah diesen Antrag als einen solchen auf Gewährung von Alg an und bewilligte dem Kläger diese Leistung ab 19. Februar 1979 für eine verbliebene Restbezugszeit von 156 Tagen; der Bemessung legte sie dabei zunächst ein dynamisiertes Entgelt von 545,-- DM wöchentlich zugrunde, ab 4. Juni 1979 ein dynamisiertes Entgelt von 570,-- DM wöchentlich (Bescheid vom 19. März 1979). Wegen Erschöpfung des Alg-Anspruchs am 18. August 1979 beantragte der Kläger die Zahlung von Alhi und bat, seine Promotion bei der Höhe der Alhi zu berücksichtigen. Die Beklagte bewilligte daraufhin Anschluß-Alhi ab Montag, dem 20. August 1979 nach einem Bemessungsentgelt von 570,-- DM wöchentlich unter Anrechnung bestimmter Teile des Einkommens des Vaters des Klägers (Bescheid vom 27. August 1979).

Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, daß seine Alhi entsprechend seiner Ausbildung nach BAT IIa zu bemessen sei, was einem Gehalt von monatlich 3.338,57 DM entspreche, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 1979).

Durch Urteil vom 26. September 1980 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi nach der Tarifgruppe BAT IIa zu gewähren. Es hat die Berufung in den Gründen des Urteils zugelassen und ausgeführt, daß der Anspruch des Klägers nach §§ 136 Abs 2, 112 Abs 7 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu bemessen sei, da der Kläger eine Anwartschaft auf Alhi nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG erworben habe.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Der Kläger war vom 1. Mai 1980 bis 30. September 1980 als wissenschaftlicher Angestellter bei der Universität M tätig. Auf seine erneute Arbeitslosmeldung und Antragstellung hat ihm die Beklagte ab 1. Oktober 1980 erneut Alhi bis 31. Oktober 1980 nach einem Bemessungsentgelt von 570,-- DM wöchentlich bewilligt (Bescheid vom 9. Januar 1981). Den Widerspruch des Klägers hiergegen hat sie als unzulässig verworfen, da der Bescheid vom 9. Januar 1981 nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei (Widerspruchsbescheid vom 13. März 1981). Durch Bescheid vom 11. Januar 1982 hat sie die Bewilligung für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 1980 dahin abgeändert, daß nach Anwendung von § 112a AFG der Bemessung der Alhi ein Entgelt von 595,-- DM wöchentlich zugrunde zu legen sei. Der Kläger hat am 1. November 1980 eine Tätigkeit bei der Universität B aufgenommen.

Durch Urteil vom 25. Januar 1982 hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert und die Klage gegen den Bescheid vom 27. August 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1979 und die Klage gegen den Bescheid vom 11. Januar 1982 abgewiesen. Das LSG hat die Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Bescheid vom 9. Januar 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 1981 sei nach §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, der wiederum durch den Bescheid vom 11. Januar 1982 nach §§ 153, 96 SGG ersetzt worden sei. Zwar beträfen diese Bescheide einen neuen Leistungsfall. Da der Kläger aber durch seine Beschäftigung vom 1. Mai 1980 bis 30. September 1980 keinen neuen Anspruch auf Alhi erworben hätte, sei die frühere Bemessungsgrundlage maßgeblich geblieben, damit aber weiterhin die streitige Rechtsfrage, wegen der die Klage erhoben worden sei. Dies rechtfertige nach dem Sinn des § 96 SGG die Einbeziehung des Bescheides vom 11. Januar 1982 in das Verfahren; über ihn habe das LSG im Klageverfahren zu entscheiden.

In der Sache sei die Berufung der Beklagten begründet. Dem Kläger stehe Alhi nur auf der Grundlage des Arbeitsentgelts zu, das zuletzt für die Bemessung seines Anspruchs auf Alg maßgeblich gewesen sei. Dies folge aus § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a iVm § 136 Abs 2 Nr 1 AFG. Der Kläger habe innerhalb eines Jahres vor dem ersten Tag nach Erschöpfung des Alg-Anspruchs, an dem die weiteren Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs erfüllt gewesen seien (dem 20. August 1979) Alg bezogen, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen sei. Der Bescheid über die Bewilligung von Alg vom 19. März 1979 sei gem § 77 SGG bindend geworden. Nach § 135 Abs 2 AFG erlösche der Anspruch auf Anschluß-Alhi nicht durch Erfüllung der Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b oder c oder nach einer Rechtsverordnung gem § 134 Abs 3 AFG. Da die Voraussetzungen des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG und des § 112 Abs 8 AFG nicht vorlägen, richte sich der Alhi-Anspruch des Klägers nach dem Arbeitsentgelt, das zuletzt für seinen Alg-Anspruch gegolten habe. Die angefochtenen Verwaltungsakte seien demnach nicht zu beanstanden; soweit es um die Anrechnung von Unterhaltsansprüchen gehe, habe der Kläger weder sie noch das Urteil des SG angegriffen.

Eine Bemessung seiner Alhi nach § 112 Abs 7 AFG könne der Kläger auch nicht gem § 136 Abs 2 Satz 2 AFG verlangen. Diese Vorschrift setze für den Anspruch auf Anschluß-Alhi voraus, daß der Kläger nicht mehr das Arbeitsentgelt erzielen könne, welches zuletzt der Bemessung der Alhi zugrunde gelegen habe. Das sei hier nicht der Fall; der Kläger könne sogar ein noch höheres Arbeitsentgelt erzielen. Die Nichtanwendung des § 112 Abs 7 AFG in Fällen der Bemessung einer Anschluß-Alhi sei schließlich mit Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar.

Mit der Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der §§ 112 Abs 7, 134, 136 AFG und trägt dazu vor: Bereits auf seinen Antrag vom 19. Februar 1979 hätte die Beklagte ihm anstelle von Alg Alhi bewilligen müssen. Entweder durch Ausübung entlohnter Beschäftigung oder durch Ableisten des Wehrdienstes im letzten Jahr vor Beginn seines Studiums hätte er nämlich die Anwartschaft auf Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG erfüllt. Schon damals hätte deshalb die Alhi-Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG erfolgen müssen unter Zugrundelegung eines Gehalts nach BAT IIa. Zu Unrecht habe die Beklagte stattdessen Alg auf der Grundlage seines Entgelts als Chemiearbeiter bewilligt. Er habe den Bewilligungsbescheid lediglich aus Unwissenheit nicht angefochten. Das ändere an dessen Unrichtigkeit jedoch nichts, so daß er keine Bindungswirkung für die spätere Alhi-Bewilligung habe auslösen können. § 136 Abs 2 Nr 1 AFG stelle folglich keinen Hinderungsgrund für eine nunmehr richtige Alhi-Bemessung gem § 112 Abs 7 AFG dar; schließlich handele es sich bei Alg und Alhi um selbständige Ansprüche. All dieses gelte ferner für die Bemessung des Alhi-Anspruchs für Oktober 1980.

Die Entscheidung des Senats vom 18. März 1982 - 7 RAr 46/81 -, auf die der Kläger hingewiesen wurde, sei demgegenüber nicht einschlägig. Der Anspruch des Klägers auf Alg sei bei der Antragstellung vom 19. Februar 1979 nämlich bereits erloschen gewesen, weil er in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 19. Februar 1976 bis 19. Februar 1979 nicht sechs Monate lang in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Anders als in dem vom Senat entschiedenen Falle hätte deshalb sein Antrag als solcher auf Alhi behandelt werden müssen. Seine fehlerhafte Behandlung durch die Beklagte als Alg-Antrag hätte dann auch nicht zu der falschen Bemessung seiner späteren Alhi-Ansprüche führen können.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LSG sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 1982 aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 26. September 1980 zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Alhi unter Einstufung in die Tarifgruppe BAT IIa zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 43/79 -).

Die Beteiligten sind mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das LSG hat seine Entscheidung zutreffend auf die erst während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide der Beklagten vom 9. Januar 1981 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 1981) und vom 11. Januar 1982 ausgedehnt und hierüber als erstinstanzliches Gericht (BSGE 18, 231 = SozR SGG § 96 Nr 17) entschieden; denn diese sind gem §§ 153 Abs 1, 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Diese Frage ist auch ohne ausdrückliche Rüge hier von Amts wegen zu prüfen, weil der Kläger jedenfalls gegen den Bescheid vom 11. Januar 1982, der vollinhaltlich an die Stelle des Bescheides vom 9. Januar 1981 getreten ist, keinen Widerspruch eingelegt hat, so daß es insoweit an der grundsätzlich unverzichtbaren Prozeßvoraussetzung der Durchführung eines Verfahrens gem § 78 SGG fehlen könnte. Eines Vorverfahrens bedurfte es jedoch nicht, denn § 96 Abs 1 SGG findet Anwendung.

Nach dieser Vorschrift wird auch ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn er nach Klageerhebung ergeht und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Nach § 153 Abs 1 SGG gilt diese Regelung auch für das Berufungsverfahren. Die oben genannten Verwaltungsakte haben zwar den angefochtenen Bescheid vom 27. August 1979 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1979) nicht unmittelbar abgeändert oder ersetzt; sie betreffen, wie das LSG zutreffend erkannt hat, einen neuen Leistungsfall, nämlich das Begehren auf Wiederbewilligung von Alhi nach Beendigung einer Zwischenbeschäftigung (vgl BSGE 44, 164, 173 = SozR 4100 § 134 Nr 3). Gleichwohl stehen diese Entscheidungen der Beklagten mit dem angefochtenen Verwaltungsakt in einem die Anwendung des § 96 Abs 1 SGG rechtfertigenden inneren Zusammenhang. Sie beruhen nämlich ihrem Inhalt nach wie jener hinsichtlich der Bemessung der dem Kläger zugebilligten Alhi auf denselben tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen; die Beklagte ist dort wie hier davon ausgegangen, daß gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG für die Höhe der Alhi das Arbeitsentgelt maßgeblich sei, welches zuletzt der Bemessung des Alg-Anspruchs des Klägers zugrundegelegen hat, weil der Kläger weder für seinen Anspruch ab 20. August 1979 noch ab 1. Oktober 1980 eine die bisherige Bemessung verdrängende neue Anwartschaft auf Alhi erworben habe. Für beide Leistungsansprüche ist die Beklagte nach der in den Bescheiden vom 27. August 1979, vom 9. Januar 1981 und 11. Januar 1982 getroffenen Regelung davon ausgegangen, daß sie sich auf dieselbe Anwartschaft gründen, nämlich den Alg-Bezug bis 18. August 1979 als einem solchen iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG. Gerade die Frage, ob dieses der Rechtslage entspricht, ist jedoch von Anfang an zwischen den Beteiligten streitig. Nach dem Inhalt der genannten Bescheide kann sie deshalb nur einheitlich beantwortet werden. Dies rechtfertigt die Anwendung des § 96 Abs 1 AFG. Daß die genannten Bescheide zwei durch eine fünfmonatige Beschäftigung unterbrochene Leistungsbezugszeiten betreffen, tritt demgegenüber zurück. Das gilt jedenfalls dann, wenn die jeweiligen Leistungsbewilligungen auf dieselbe Anwartschaft und Anspruchsgrundlage zurückgeführt werden, damit auf ein und dasselbe dem Grunde nach fortbestehendes Dauerrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, wie es hier angenommen worden ist (vgl BSG SozR 1500 § 96 Nrn 6, 7, 14; SozR 4100 § 134 Nr 11; Urteile des Senats vom 14. August 1980 - 7 RAr 100/79 - und vom 23. Juni 1981 - 7 RAr 6/80 -, insoweit nicht veröffentlicht).

Dem LSG ist ferner darin beizupflichten, daß dem Kläger weder ab 20. August 1979 noch ab 1. Oktober 1980 ein höherer Alhi-Anspruch zusteht, als er bewilligt wurde. Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, daß insoweit die jeweiligen Erhöhungen der bewilligten Alhi als Folge der Dynamisierung des für die frühere Alg-Bewilligung maßgeblichen Arbeitsentgelts nach § 112a AFG zutreffend erfolgt sind und auch die Berücksichtigung des Einkommens des Vaters des Klägers gem § 138 AFG nicht zu beanstanden ist. Dies ist zwischen den Beteiligten im übrigen nicht streitig.

Für die Höhe der streitigen Alhi-Ansprüche ist die Beklagte zutreffend von § 136 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 und § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG ausgegangen. Nach § 136 Abs 1 AFG beträgt die Alhi 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts nach Abs 2. Nach § 136 Abs 2 Nr 1 AFG (in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes vor Inkrafttreten des 5. Änderungsgesetzes zum AFG vom 23. Juli 1979 - BGBl I 1189) ist im Falle des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat oder ohne die Vorschrift des § 112 Abs 5 Nr 2a AFG oder des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte. Die Voraussetzungen für die letztgenannten Vorschriften liegen nach den Feststellungen des LSG nicht vor.

Soweit es den Anspruch des Klägers auf Alhi ab 20. August 1979 betrifft, steht fest, daß der Kläger iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf diese Leistung vorausging, Alg bezogen hat, ohne daß der Alg-Anspruch nach § 119 Abs 3 AFG erloschen ist. Der Kläger hat bis 18. August 1979 Alg bezogen und ab 20. August 1979 antragsgemäß Alhi erhalten. Als für deren Bemessung maßgebliches Arbeitsentgelt war deshalb gem § 136 Abs 2 Nr 1 AFG das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat. Ob der Kläger am 20. August 1979 auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b oder c AFG erfüllt hat, kann dahinstehen; denn die Anspruchsbegründung aus § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG mit der Folge aus § 136 Abs 2 Nr 1 AFG hätte demgegenüber in jedem Falle Vorrang, wie der Senat bereits im Urteil vom 23. September 1980 - 7 RAr 82/79 - entschieden hat. Dies ergibt sich sowohl aus der Reihenfolge der Anspruchsgründe in § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a bis c AFG als auch aus der Regelung in § 135 Abs 2 AFG, wonach der Anspruch auf die sog Anschluß-Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG nicht dadurch erlischt, daß zugleich die Voraussetzungen auf die sog originäre Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b oder c oder nach einer Rechtsverordnung gem § 134 Abs 3 AFG erfüllt sind. Dies entspricht darüber hinaus der erklärten Absicht des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks V/2291, Begründung zu § 134 Abs 2 des Entwurfs eines AFG - S 86 -) und ist einhellige Meinung im Schrifttum (vgl Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand: September 1982, Erl 5 zu § 135; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, Stand: August 1973, RdNr 8 zu § 135; Krebs, Komm zum AFG, Stand: Juli 1982, RdNr 8 zu § 135; Schmidt in Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand: September 1980, RdNr 5 zu § 135). Eine Folge hiervon kann zwar sein, daß für den Arbeitslosen ein wegen der insoweit möglicherweise günstigeren Bemessungsregelung nach § 136 Abs 2 Nrn 2 oder 3 AFG höherer Anspruch auf originäre Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b oder c oder Abs 3 AFG nicht zum Tragen kommt, solange sein Anspruch auf Anschluß-Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG Bestand hat. Dieses Ergebnis ist vom Gesetzgeber aber bewußt in Kauf genommen worden und verstößt nicht gegen Grundsätze der Verfassung, wie der Senat schon mehrfach entschieden hat (vgl Urteile vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 43/79 -, vom 23. September 1980 - 7 RAr 82/79 -, vom 12. Mai 1982 - 7 RAr 88/80 - nicht veröffentlicht - und vom 18. März 1982 - 7 RAr 46/81 - SozR 4100 § 112 Nr 20).

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht deshalb begründet, weil ihm die Beklagte, wie er meint, ab 19. Februar 1979 anstelle der beantragten Alhi zu Unrecht Alg bewilligt habe, so daß es für seinen Alhi-Anspruch ab 20. August 1979 schon aus Rechtsgründen an den Voraussetzungen für die Anschluß-Alhi nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG gefehlt habe, danach vielmehr originäre Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c AFG mit der Folge einer entsprechenden Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG (§ 136 Abs 2 AFG) zu bewilligen gewesen wäre. Der Senat hat zwar entschieden, daß der Anspruch auf Anschluß-Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG den rechtmäßigen Vorbezug von Alg voraussetzt (BSGE 47, 241, 246 = SozR 4100 § 134 Nr 11). Der Senat hat jedoch gleichzeitig ausgeführt, daß ein Alg-Vorbezug - ungeachtet des Vorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen hierfür - als rechtmäßig anzusehen ist, wenn die Alg-Zahlung aufgrund eines bindenden Bescheides erfolgt ist und dieser Bescheid auch später nicht von der Beklagten aufgehoben worden ist. So war es hier. Die Alg-Zahlung an den Kläger ab 19. Februar 1979 erfolgte aufgrund des bindend gewordenen Bescheides (§ 77 SGG) vom 19. März 1979, der auch später nicht aufgehoben wurde.

Im übrigen trifft aber die Auffassung des Klägers nicht zu, daß die damalige Alg-Bewilligung rechtswidrig gewesen sei. An die formblattmäßige Bezeichnung seines Antrags vom 19. Februar 1979 als Alhi-Antrag war die Beklagte nicht gebunden. Bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit ist unabhängig von dem dafür benutzten Vordruck oder gewählten Ausdruck regelmäßig davon auszugehen, daß der Antragsteller diejenige Leistung begehrt, die ihm zusteht, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung schon entschieden hat (BSGE 49, 114, 116 = SozR 4100 § 100 Nr 5 mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß nur die ausdrücklich bezeichnete Leistungsart beantragt werde. Solche Anhaltspunkte fehlen hier, und zwar schon deshalb, weil die Beklagte gerade wegen des noch bestehenden Anspruchs auf Alg für dessen verbliebene Dauer dem Kläger Alhi hätte gar nicht bewilligen dürfen. Nach § 134 Abs 1 Nr 2 AFG setzt der Anspruch auf Alhi nämlich voraus, daß der Antragsteller keinen Anspruch auf Alg hat, weil er die Anwartschaftszeit nach § 104 AFG nicht erfüllt.

Der Kläger verkennt die Bedeutung des § 134 Abs 1 Nr 2 AFG, wenn er meint, ein Anspruch auf Alhi sei allein aufgrund dieser Regelung bereits deshalb entstanden, weil er im Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 19. Februar 1979 keine Anwartschaft auf Alg durch beitragspflichtige Beschäftigung in einer vom 19. Februar 1979 zurückzurechnenden Rahmenfrist nach § 104 AFG erworben hatte; folglich komme es auf die Konkurrenz der Anspruchstatbestände nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a zu Buchst b und c AFG nicht an. Der § 134 Abs 1 Nr 2 AFG betrifft nicht nur die Erfüllung der Anwartschaftszeit in der Rahmenfrist, die sich aus der jeweils letzten Arbeitslosigkeit mit entsprechender Antragstellung und Arbeitslosmeldung, hier also der vom 19. Februar 1979, errechnet. Dieser Termin ist zwar maßgeblich, wenn der Arbeitslose in dem dem ersten Tag der (zuletzt eingetretenen) Arbeitslosigkeit vorausgehenden Zeitraum von drei Jahren die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt, also ua in einem die Anwartschaftszeit begründenden Umfange beitragspflichtig beschäftigt war (§ 104 Abs 2 und 3 AFG). Ist dies, wie hier, jedoch nicht der Fall, hat der Arbeitslose aber zu einem früheren Zeitpunkt die Anwartschaftszeit auf Alg erfüllt und steht ihm daraus ein noch nicht untergegangener (Rest-) Anspruch auf Alg zu, dann ist auch dadurch - im für den Alhi-Anspruch negativen Sinne - die Voraussetzung des § 134 Abs 1 Nr 2 AFG erfüllt, nämlich, daß der Arbeitslose (noch) einen Anspruch auf Alg hat, weil er - in bezug auf diesen - die Anwartschaftszeit (§ 104 AFG) erfüllt. Dies folgt einmal aus dem in der Regelung des § 134 Abs 1 Nr 2 AFG zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der Subsidiarität des Alhi-Anspruchs gegenüber einem existierenden Alg-Anspruch, aber auch aus der Verweisung auf § 104 AFG und damit dessen Absatz 2, wonach die Rahmenfrist (nur) dem ersten Tag derjenigen Arbeitslosigkeit vorausgeht, an dem die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg erfüllt sind, nämlich die des § 100 AFG, also ua auch eine ausreichend lange beitragspflichtige Beschäftigung (§ 104 Abs 1 AFG) in der betreffenden Rahmenfrist (vgl dazu Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, Stand Juni 1982, Erl 8 zu § 104).

Der Kläger hatte bei seiner Arbeitslosmeldung am 30. Juni 1976 die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg für 234 Wochentage erfüllt. Leistungen aufgrund dieser Anwartschaft standen ihm bei Arbeitslosigkeit folglich solange zu, als der Anspruch nicht durch Erfüllung verbraucht war (§ 110 Nr 1 AFG), als er keinen neuen Anspruch auf Alg erworben hatte (§ 125 Abs 1 AFG) oder als nicht seit Entstehung des Anspruchs drei Jahre verstrichen waren (§ 125 Abs 2 AFG; vgl dazu Urteil des Senats vom 9. Dezember 1982 - 7 RAr 116/81 -). Für den dem Kläger aufgrund seiner Arbeitslosmeldung vom 30. Juni 1976 ab 2. Juli 1976 bewilligten und am 19. Februar 1979 noch für 156 Wochentage zustehenden Alg-Anspruch trifft nach den Feststellungen des LSG keiner dieser Umstände zu. Der Kläger hatte von dem Gesamtanspruch von 234 Wochentagen bis dahin nur 78 Tage verbraucht, inzwischen keinen neuen Anspruch auf Alg erworben und mit seinem Antrag vom 19. Februar 1979 die Dreijahresfrist des § 125 Abs 2 AFG gewahrt. Er hatte also am 19. Februar 1979 noch einen Anspruch auf Alg, weil er die Rahmenfrist (dafür) erfüllt. Folglich hätte die Beklagte mit Rücksicht auf § 134 Abs 1 Nr 2 AFG einen Alhi-Anspruch ab 19. Februar 1979 ablehnen müssen. Sie hat stattdessen zu Recht den zustehenden Alg-Anspruch für die verbliebene Restbezugszeit bewilligt. War sonach der laufende rechtmäßige Alg-Anspruch am 18. August 1979 erschöpft (§ 110 Nr 1 AFG), konnte dem Kläger daran anschließend nur Anschluß-Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG zustehen und bewilligt werden.

Dasselbe gilt auch für den Alhi-Anspruch ab 1. Oktober 1980. Durch die Beschäftigung vom 1. Mai 1980 bis 30. September 1980 konnte der Kläger zwar einen Anspruch auf originäre Alhi gem § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG erfüllt haben, da sie mehr als 10 Wochen umfaßte. Da er aber dadurch keinesfalls einen neuen Anspruch auf Alg erworben haben konnte (§ 104 AFG in der hier maßgeblichen Fassung verlangte dafür eine Beschäftigung von mindestens 26 Wochen oder 6 Monaten) und seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi (hier: 30. April 1980) bei der erneuten Antragstellung am 30. September 1980 (zum 1. Oktober 1980) ein Jahr noch nicht vergangen war, war der am 20. August 1979 entstandene Anspruch auf Anschluß-Ahli (§ 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG) zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen (§ 135 Abs 1 AFG). Er ging damit auch einem etwa entstandenen Anspruch auf originäre Alhi nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b (oder c) AFG weiterhin vor, wie schon ausgeführt wurde. Folglich verblieb es auch hinsichtlich seiner Bemessung bei der Regelung in § 136 Abs 2 Nr 1 AFG; dh, nach entsprechender Dynamisierung (§ 112a AFG) war das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hatte. Die Beklagte ist zutreffend so verfahren.

Auf die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG - dh hier Bemessung der Alhi nach einem seiner Berufsausbildung entsprechenden Arbeitsentgelt - kann sich der Kläger schließlich nicht wegen der Regelung in § 136 Abs 2 Satz 2 AFG berufen. Ohne daß es dazu einer weiteren Begründung bedarf, ist dem LSG darin beizupflichten, daß die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG durch § 136 Abs 2 Satz 2 AFG nur gestattet wird, wenn der Arbeitslose das nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG eigentlich in Betracht kommende Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen kann, sondern nur noch ein niedrigeres. Das ist nach den Feststellungen des LSG jedoch nicht der Fall.

Das LSG hat nach allem zu Recht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Das LSG hat zwar im Tenor seiner Entscheidung nicht ausdrücklich auch die Klage gegen den gem § 96 Abs 1 SGG in das Verfahren einbezogenen Bescheid vom 9. Januar 1981 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 1981) abgewiesen. Es durfte sich insoweit aber damit begnügen, die Klage gegen den Bescheid vom 11. Januar 1982 abzuweisen, da dieser bereits den oben genannten Bescheid betreffend die Alhi-Bewilligung für den Monat Oktober 1980 vollinhaltlich ersetzt und damit beseitigt hatte.

Die Revision des Klägers kann deshalb keinen Erfolg haben und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658576

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