Leitsatz (amtlich)

1. Zur Arbeitslosigkeit von Juristen nach AFG § 101 Abs 1 in der Zeit zwischen Ablegung der 1. Juristischen Staatsprüfung und dem Eintritt in den Vorbereitungsdienst als Referendar.

2. Für das Merkmal der Arbeitslosigkeit iS AFG § 101 Abs 1 ist nicht entscheidend, daß der Antragsteller für eine unbestimmte oder bestimmte, aber nicht unbedeutende Dauer für eine Arbeitnehmertätigkeit in Betracht kommt (Fortführung von BSG 1976-03-11 7 RAr 93/74).

3. Als abgeschlossen iS von AVAVG § 145 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst b S 2 ist ein Hochschulstudium dann anzusehen, wenn die für den gewählten Studiengang vorgeschriebene Prüfung erfolgreich abgelegt worden ist. Auf die Exmatrikulation kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

4. AlhiV § 2 Nr 2 vom 1974-08-07 (BGBl 1 1974, 1929) ist auf vor ihrem Inkrafttreten (1974-09-01) liegende Sachverhalte nicht anwendbar.

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den Begriff der Arbeitslosigkeit kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller nach der Gesamtschau seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt. Maßgebend ist allein der Zustand der faktischen Beschäftigungslosigkeit in der Zeit, für die der Antragsteller Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder Arbeitslosenhilfe begehrt, ohne daß hierfür bestimmte zeitliche Mindestgrenzen aufgestellt werden können.

 

Orientierungssatz

Arbeitslos iS von AFG § 101 Abs 1 sind diejenigen Arbeitnehmer, die in diesem Zeitraum dem Kreis von Personen zuzurechnen sind, die, wären sie nicht ohne Beschäftigung, eine abhängige Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfange ausüben würden. Es ist für den Begriff der Arbeitslosigkeit weder erforderlich, daß der Antragsteller vor Eintritt der faktischen Arbeitslosigkeit eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hat, noch, daß er nach deren Beendigung (hauptberuflich) eine solche ausüben wird.

 

Normenkette

AFG § 101 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 103 Fassung: 1969-06-25, § 168 Fassung: 1969-06-25; AVAVG § 75 Abs. 1 Fassung: 1967-03-10, § 145 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Buchst. b S. 2 Fassung: 1959-12-07; AlhiV § 2 Nr. 2 Fassung: 1974-08-07

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. April 1975 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Leistungen der Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit nach Ablegung seiner ersten juristischen Staatsprüfung bis zur Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst.

Der im Juni 1949 geborene Kläger studierte von 1968 bis 1973 Rechtswissenschaften an der Freien Universität B und legte am 7. März 1973 die erste juristische Staatsprüfung ab. Mit Rücksicht auf seine Mitversicherung in der Krankenversicherung seines Vaters sah er zunächst von einer Exmatrikulation ab. Am 12. März 1973 beantragte der Kläger die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Berlin. An demselben Tage beantragte er bei der Beklagten Alhi und wies mit Schreiben vom 14. März 1973 darauf hin, daß er am 1. August in den juristischen Vorbereitungsdienst übernommen werde. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Alhi mit der Begründung ab, daß der Kläger einerseits seine Universitätsausbildung ohne eine Exmatrikulation nicht abgeschlossen habe und andererseits als Hochschulabsolvent, der für die Ausübung des angestrebten Berufs einen sogenannten praktischen Teil wie die hier in Frage stehende Referendarzeit absolvieren sowie eine zweite Staatsprüfung ablegen müsse, weder Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sei, noch den Ersatztatbestand des § 145 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Satz 2 des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) erfülle (Bescheid vom 6. April 1973; Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 1973). Der Kläger wurde am 1. August 1973 in den juristischen Vorbereitungsdienst übernommen.

Durch Urteil vom 24. Januar 1974 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger antragsgemäß Alhi zu gewähren.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. April 1975). Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß der Kläger in dem hier in Frage stehenden Zeitraum weder arbeitslos gewesen sei noch die kleine Anwartschaft (§ 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG) erfüllt habe. Der Begriff "Arbeitnehmer" im Sinne von § 101 AFG setze zwar nicht notwendig voraus, daß eine Arbeitnehmertätigkeit bereits ausgeübt worden sei. In einem solchen Fall müsse der Antragsteller aber zum Ausdruck bringen, daß seine Lebensgrundlage im Zeitpunkt der Antragstellung und künftig in einem Arbeitsverhältnis bestehen solle. Demgegenüber habe der Kläger während der streitbefangenen Zeit keinen Zweifel daran gelassen, daß er sich zum nächstmöglichen Termin seiner weiteren Ausbildung zum Volljuristen widmen wollte, die mit seiner Ernennung zum Beamten untrennbar verbunden gewesen sei. Von vornherein habe der Kläger nicht als arbeitslos gelten können, weil der angestrebte Status eines Beamten nicht dem eines Arbeitnehmers im Sinne des AFG entspreche.

Ebensowenig erfülle der Kläger die Voraussetzungen der sogenannten kleinen Anwartschaft nach § 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG. Für den zukünftigen Volljuristen eröffne sich der Weg zum Leistungsbezug in der Arbeitslosenhilfe erst dann, wenn er die zweite Staatsprüfung bestanden habe. Die Vorschrift des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG sei im Sinne der Bestimmung des § 2 Nr. 2 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO) vom 7. August 1974 (BGBl I 1929) auszulegen, wonach in den Fällen, in denen für den angestrebten Beruf nach dem Universitätsbesuch noch eine zusätzliche Ausbildung oder praktische Tätigkeit vorgesehen sei, die Ausbildung erst nach Beendigung dieser zusätzlichen Ausbildung oder praktischen Tätigkeit als abgeschlossen gelte.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger, daß das LSG die Vorschrift des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG bei der Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs außer acht gelassen habe. Diese Vorschrift, die ausdrücklich eine Beschäftigung als Arbeitnehmer fingiere, müsse nach § 242 Abs. 37 AFG als Bestandteil der Definition des Arbeitnehmerbegriffs in § 101 AFG angesehen werden. Ihre Voraussetzungen seien hier erfüllt. Er habe die Hochschulausbildung im Sinne von § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG mit Ablegung des ersten Staatsexamens abgeschlossen. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei eindeutig und lasse deshalb für eine Auslegung in Anlehnung an die Regelung des § 2 Nr. 2 AlhiVO vom 7. August 1974 keinen Raum. Der Regelung der AlhiVO sei zu entnehmen, daß der Verordnungsgeber damit gerade von der bisher durch das AVAVG gebotenen Behandlung von Hochschulabsolventen habe absehen wollen. Anderenfalls wäre die Bestimmung des § 2 Nr. 2 AlhiVO entbehrlich gewesen. Dem LSG sei zwar darin beizupflichten, daß nur derjenige Arbeitnehmer im Sinne von § 101 AFG sei, der glaubhaft seinen ernsten Willen zum Ausdruck bringe, als Arbeitnehmer tätig zu werden. Hierbei habe aber das Berufungsgericht zu Unrecht allein darauf abgestellt, daß er seine weitere Ausbildung zum Volljuristen zum nächstmöglichen Termin habe fortsetzen wollen. Entscheidend sei vielmehr, daß er durch die Arbeitslosmeldung am 12. März 1973 und durch die Bitte um Vermittlung zumutbarer Arbeit den ernsthaften Willen bekundet habe, seinen Lebensunterhalt für einen Zeitraum von mehr als 4 1/2 Monaten mit Entgelt aus abhängiger Arbeit zu bestreiten.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zugelassene Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet.

Entgegen der Auffassung des LSG war der Kläger vom Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung an arbeitslos im Sinne von § 101 AFG. Nach § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG ist arbeitslos im Sinne dieses Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine geringfügige Beschäftigung ausübt. § 101 Abs. 1 Satz 2 AFG bestimmt, daß der Arbeitnehmer jedoch nicht arbeitslos ist, wenn er erstens eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger oder Selbständiger ausübt, die die Grenze des § 102 AFG überschreitet, oder zweitens mehrere geringfügige Beschäftigungen oder Tätigkeiten entsprechenden Umfangs ausübt, die zusammen die Grenze des § 102 AFG überschreiten. Nach § 102 AFG ist eine Beschäftigung nicht mehr geringfügig, wenn sie - von gelegentlichen Abweichungen von geringer Dauer abgesehen - entweder der Natur der Sache nach oder nach dem Arbeitsvertrag mehr als 20 Stunden wöchentlich beträgt. Ergänzende, hier aber nicht interessierende Sonderregelungen trifft § 102 Abs. 2 AFG.

Der Kläger war vom 12. März 1973 an (Arbeitslosmeldung) als Arbeitnehmer im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist Arbeitnehmer in diesem Sinn derjenige, der im Zeitpunkt der Antragstellung und während der Zeit der anschließenden Arbeitslosigkeit dem Kreis von Personen zuzurechnen ist, die andernfalls in dieser Zeit eine abhängige Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang ausüben würden (vgl. Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 93/74 -). Auch Juristen, die die erste Staatsprüfung bestanden haben und in naher Zukunft ihren Vorbereitungsdienst antreten wollen, sind für den dazwischenliegenden Zeitraum der faktischen Beschäftigungslosigkeit als arbeitslos im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen, sofern sie anderenfalls einer Tätigkeit als Arbeitnehmer nachgegangen wären.

Für die Anerkennung der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 101 AFG ist es zunächst nicht wesentlich, daß vor Eintritt der faktischen Arbeitslosigkeit eine abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits mit Urteil vom 18. Februar 1964 (BSGE 20, 190, 193) und vom 4. Februar 1965 (Praxis 1965, 188) im Anschluß an BSGE 15, 287 dargelegt. Diese Entscheidungen haben ungeachtet dessen; daß sie zu § 75 Abs. 1 AVAVG ergingen, insoweit auch heute noch Geltung (vgl. Urteil des Senats vom 11. März 1976 - 7 RAr 93/74 -). Auch der Umstand, daß ein Jurist nach Hochschulabschluß und erstem Staatsexamen - wie der Kläger - früher oder später den Vorbereitungsdienst beginnen und sich der zweiten Staatsprüfung unterziehen wird, hindert nicht, ihn in der dazwischenliegenden Zeit faktischer Beschäftigungslosigkeit als Arbeitnehmer im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen. Die Rechtsprechung des Senats zur Einheit von aus Studium und Vorbereitungsdienst bestehenden Ausbildungsgängen im Rahmen der Förderung der beruflichen Umschulung (vgl. z. B. BSGE 37, 223) kann hier - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht herangezogen werden, weil es bei § 47 AFG um die Förderung der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme selbst geht, hier aber um Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit während oder neben einer Ausbildungszeit. Dabei kann es sogar dahinstehen, ob der Vorbereitungsdienst als Teil einer Gesamtausbildung - bestehend aus Studium und Referendariat -- anzusehen ist (für wissenschaftliche Ausbildung im Sinne des § 172 Abs. 1 Nr. 5 der Reichsversicherungsordnung - RVO -, vgl. BSGE 10, 176; 11, 278, 282, 17, 206, 208, zur Abgrenzung zwischen Ausbildung und Fortbildung vgl. das Urteil des Senats vom 15. Juni 1976 - 7 RAr 131/74 -). Jedenfalls schließt allein der Umstand, daß eine Ausbildung fortgesetzt werden soll, es nicht aus, daß Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG überhaupt begründet wird.

Dies folgt bereits daraus, daß auch während einer Ausbildung - parallel hierzu - eine abhängige, entgeltliche Beschäftigung ausgeübt werden kann, z. B. von Werkstudenten oder von Arbeitnehmern, die noch während des Fortbestehens ihres Beschäftigungsverhältnisses ein Studium aufnehmen. Nicht jede neben einer Ausbildung (Studium) ausgeübte Beschäftigung löst dabei auch die Versicherungsfreiheit nach § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO aus, sondern nur dann, wenn die Ausbildung gegenüber dem Beschäftigungsverhältnis überwiegt (vgl. BSGE 27, 192; 18, 254; BSG SozR § 172 RVO Nrn. 13, 14; BSG vom 10. September 1975 - 3/12 RK 15/74 -). Darüber hinaus sind als Arbeitnehmer im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG neben den Arbeitern und Angestellten auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Lehrlinge, Anlernlinge, Volontäre, Praktikanten) anzusehen. Daß sich ihr Arbeitsverhältnis je nach Vertrag mehr oder weniger zugleich als Ausbildungsverhältnis darstellt und ihre Vergütung regelmäßig weniger als Gegenleistung für geleistete Dienste oder Arbeiten als vielmehr als Beitrag zum Lebensunterhalt und zur Ausbildung zu verstehen ist, steht dem nicht entgegen (vgl. Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, Rd-Nr. 4, § 101; vgl. auch Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, Rd-Nr. 5 zu § 75). Sie sind Arbeitnehmer im Sinne des Beitragsrechts (§ 168 Abs. 1 Satz 1 AFG) und als solche regelmäßig auch beitragspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit - BA - (Schönefelder/Kranz/Wanka, Rd-Nr. 13 zu § 168). Sie sind insbesondere aber auch Arbeitnehmer im Sinne der Vermittlung (§ 13 in Verbindung mit § 29 AFG; vgl. Schönefelder/Kranz/Wanka, Rd-Nr. 25 zu § 13 und Rd-Nr. 2 zu § 29). Dabei kann dem Gesetz keine Einschränkung dahin entnommen werden, daß die Ausbildung auf einen typischen Arbeitnehmerberuf ausgerichtet sein muß und eine Abgrenzung zwischen praktischer und der nach § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO grundsätzlich versicherungsfreien wissenschaftlichen Ausbildung vorzunehmen ist (zur Abgrenzung vgl. BSG SozR Nrn. 12 und 7 zu § 172 RVO; BSGE 11, 278). Letzteres ist insbesondere deshalb zu verneinen, weil z. B. die Anerkennung der vorübergehenden Tätigkeit von Assistenzärzten, Volkswirten und Rechtsreferendaren als wissenschaftliche Ausbildung nicht darauf beruht, daß es an praktischer Arbeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses fehlt.

Diese sich gerade im Rahmen der praktischen Arbeit vollziehenden Ausbildungsabschnitte sind vielmehr als wissenschaftliche Ausbildung lediglich deshalb versicherungsfrei, weil sie einem als wissenschaftlich erklärten Berufsziel zuzuordnen und gemeinsam mit dem Studium Voraussetzung für die "Bestallung", "Approbation", "Zulassung", und damit einer auf wissenschaftlichen Erkenntnissen gegründeten Berufstätigkeit sind (vgl. für Zahnärzte - Dentisten BSG SozR Nrn. 7 und 8 zu § 172 RVO). Nicht allein der Ausbildungszweck eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern seine Ausgestaltung im Einzelfall, insbesondere der besondere Status des "Auszubildenden", könnte für den Arbeitnehmerbegriff im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG Bedeutung gewinnen.

Aus diesem Grunde hindert der Umstand, daß der Kläger im vorliegenden Falle zur Zeit der Arbeitslosmeldung am 12. März 1973 noch nicht exmatrikuliert war, nicht die Annahme seiner Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG. Für die Frage, ob eine Ausbildung fortdauert oder beendet bzw. unterbrochen ist, kommt es allein auf die tatsächlichen Gegebenheiten an, insbesondere darauf, ob der Betreffende noch lehrplanmäßig am Unterricht teilnimmt (vgl. BSG SozR Nr. 13 zu § 172 RVO). Mit Ablegung der für den Studiengang des Juristen vorgeschriebenen Prüfung war die Hochschulausbildung des Klägers als tatsächlich beendet anzusehen. Allerdings kann es für den hier streitigen Sachverhalt dahinstehen, ob der Rechtsreferendar während der Zeit der Ableistung seines Vorbereitungsdienstes oder wenigstens für die Zeit danach als (potentieller) Arbeitnehmer im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen ist. Arbeitnehmereigenschaft im Sinne dieser Vorschrift setzt nicht voraus, daß eine Arbeitnehmertätigkeit für die Zukunft im Sinne des zeitlich Unbegrenzten oder jedenfalls für eine gewisse nicht unbedeutende Dauer erstrebt wird. Der Entschluß, von einem bestimmten Zeitpunkt ab dauernd oder vorübergehend nicht mehr als Arbeitnehmer tätig zu sein, braucht die Arbeitnehmereigenschaft für die vorausgehende Zeit nicht auszuschließen.

Wie der Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 93/74 - entschieden hat, ist es für das Merkmal der "Arbeitslosigkeit" nicht (mehr) erforderlich, daß der Antragsteller nach der Gesamtschau seiner wirtschaftlichen Verhältnisse "berufsmäßig" in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt. Diese in § 75 Abs. 1 AVAVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl I 321) vorgenommene Einschränkung des Arbeitnehmerbegriffs als Teilmerkmal der für den Anspruch erforderlichen Voraussetzung "arbeitslos" ist in § 101 AFG nicht mehr enthalten. Dadurch ist nicht nur eine redaktionelle, sondern - wie der Senat mit näherer Begründung dargelegt hat - gegenüber dem früheren Recht echte Rechtsänderung eingetreten, da jedenfalls die Absicht, eine Änderung nicht vorzunehmen, im Gesetz keinen Ausdruck gefunden hat (vgl. BSG aaO). Für ein bewußtes Abgehen vom berufsmäßigen Arbeitnehmerbegriff spricht darüber hinaus, daß z. B. § 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG eine dem § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 3 AVAVG entsprechende Regelung nicht mehr enthält, wonach nur gelegentlich - d. h. nicht berufsmäßig - ausgeübte Beschäftigungen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alhi führten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Nachweis der berufsmäßigen Arbeitnehmereigenschaft für den Regelfall durch den Nachweis der vom Gesetz für den Leistungsbezug geforderten Anwartschaftszeiten geführt wurde (vgl. hierzu Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Rd-Nr. 18 zu § 145 AVAVG und Rd-Nr. 6 zu § 75 AVAVG).

Für die Auslegung des § 101 Abs. 1 AFG ist sonach lediglich sein Wortlaut sowie seine Stellung im System der Anspruchsvoraussetzungen maßgebend. Hiervon ausgehend ist nach der oben angegebenen Entscheidung des Senats als Arbeitnehmer im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG derjenige anzusehen, der im Zeitpunkt der Antragstellung und während der Zeit der anschließenden Arbeitslosigkeit (faktischen Beschäftigungslosigkeit) dem Kreis der Personen zuzurechnen ist, die anderenfalls in dieser Zeit eine abhängige Beschäftigung von mehr als geringfügigem Umfang ausüben würden.

Ist der Arbeitnehmerbegriff im Sinne des § 101 AFG jedoch nicht mehr vom Nachweis der "Berufsmäßigkeit" abhängig, so bedeutet dies, daß auch gelegentliche Beschäftigungen Arbeitnehmereigenschaften zu begründen vermögen, d. h. - in Anlehnung an § 168 RVO - Beschäftigungen, die von Personen, für welche die Ausübung berufsmäßiger Arbeitnehmertätigkeit nicht den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Existenz bietet, aus persönlichem Anlaß, in der Regel für kurz befristete Zeit oder nur gelegentlich zur Aushilfe ausgeübt werden (zur Abgrenzung von berufsmäßigen und gelegentlichen Beschäftigungen vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Rd-Nr. 25 zu § 145 AVAVG und Rd-Nr. 6 zu § 75 AVAVG). Den Verhältnissen in der Vergangenheit und den Vorstellungen des Antragstellers für die weitere Zukunft kann dabei allenfalls Indizfunktion für die Frage zukommen, ob die Arbeitnehmereigenschaft für den Anspruchszeitraum gegeben ist, d. h., ob der Betreffende während des Zeitraums, für den er Leistungen begehrt, zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer bereit ist. Unmittelbar anspruchsbegründende oder anspruchsvernichtende Wirkung kann der Zeit vor der Antragstellung nur im Rahmen der Vorschriften über die Anwartschaftszeit, der weiteren Zukunft nur im Zusammenhang mit der Frage der Verfügbarkeit zukommen.

Etwas anderes läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß nach § 101 Abs. 1 AFG arbeitslos nur ein Arbeitnehmer ist, der "vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht".

Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 11. März 1976 (aaO) entschieden hat, ergibt sich aus dem Wort "vorübergehend", daß die faktische Beschäftigungslosigkeit (Arbeitslosigkeit) nicht endgültig sein darf. Arbeitslos ist demnach nicht, wer mit Eintritt einer bestimmten Arbeitslosigkeit für immer oder jedenfalls für unbestimmte Zeit aus dem Arbeitsleben als abhängig Beschäftigter ausgeschieden ist. Seine Beschäftigungslosigkeit ist nicht mehr "vorübergehend", sondern endgültig. Mit dieser Abgrenzung ist der Begriff "vorübergehend" in § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG abschließend ausgeschöpft.

Eine darüber hinausgehende Bedeutung wäre nur in dem Sinne denkbar, daß nicht nur die (faktische) Beschäftigungslosigkeit des Antragstellers, sondern auch das alternativ zur Arbeitslosigkeit mögliche Beschäftigungsverhältnis nicht nur vorübergehend sein darf. Nicht zulässig wäre jedenfalls eine Betrachtungsweise, jemanden, der in naher Zukunft keine Arbeitnehmertätigkeit mehr ausüben will, für die Zwischenzeit jedoch arbeitsbereit ist, aber keine Beschäftigung findet oder vermittelt bekommt, wegen des übergangslosen Einmündens der faktischen Arbeitslosigkeit in die Nichtarbeitnehmertätigkeit als nicht nur vorübergehend beschäftigungslos anzusehen. Dieses Ergebnis ist lediglich eine Folge fehlgeschlagener Vermittlungsbemühungen, die im Erfolgsfall den Zustand der Arbeitslosigkeit beseitigt und die Beschäftigungslosigkeit als nur vorübergehenden Zustand hätten erweisen können. Bis zur Beendigung seiner faktischen Beschäftigungslosigkeit ist der Antragsteller lediglich an dauernd, nicht aber dauernd im Sinne von endgültig nicht in einer Beschäftigung.

Ebenso ist eine Auslegung des Wortes "vorübergehend" dahin, daß die nach Lage der Dinge erstrebte Beschäftigung nicht nur vorübergehend sein darf, auszuschließen. Einmal bezieht sich der Begriff "vorübergehend" schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht auf das Beschäftigungsverhältnis, sondern auf den im Zeitpunkt der Antragstellung gegebenen Zustand der faktischen Beschäftigungslosigkeit, der vorübergehend bzw. durch das Beschäftigungsverhältnis ablösbar sein muß. Vorübergehend nicht in einer Beschäftigung stehen heißt lediglich, vorübergehend tatsächlich ohne Beschäftigung sein. Zur Kennzeichnung auch des angestrebten Beschäftigungsverhältnisses als nicht nur vorübergehend hätte es einer Definition dahin bedurft, daß arbeitslos der Arbeitnehmer ist, der vorübergehend nicht in einem nicht nur vorübergehenden Beschäftigungsverhältnis steht. Eine Ausdehnung des Wortes "vorübergehend" auch auf das Beschäftigungsverhältnis ist ohne diese direkte Bezugnahme nicht möglich. Dies hätte zur Voraussetzung, daß ein und demselben Begriff eine Doppelbedeutung für zwei völlig wesensverschiedene und sich zeitlich und rechtlich gegenseitig ausschließende Lebenssachverhalte zukommen könnte. Für die faktische Beschäftigungslosigkeit nämlich in der Weise, daß dieser Zustand zu beenden ist, für das Beschäftigungsverhältnis hingegen gerade in dem Sinne, daß eine zeitliche Begrenzung dieser Art nicht vorgenommen wird. Damit würden aber durch die einmalige Verwendung des Wortes "vorübergehend" zwei verschiedene und für den Begriff "Arbeitslosigkeit" rechtlich relevante Teilmerkmale erzeugt, was ohne eine ausdrückliche und klare gesetzliche Anordnung nicht zulässig ist.

Das Erfordernis zeitlicher Mindestgrenzen kann auch nicht dem Begriff "Beschäftigungsverhältnis" im Sinne des § 101 AFG entnommen werden. Möglich wäre dies nur dann, wenn als Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Vorschrift nur das versicherungspflichtige bzw. beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis anzusehen wäre. In diesem Fall könnte es entsprechend § 168 Abs. 2 a RVO, wonach gelegentliche, nach der Natur der Sache oder im voraus durch Vertrag auf nicht mehr als drei Monate beschränkte Beschäftigungsverhältnisse (Nebenbeschäftigungen) nicht versicherungspflichtig sind, zur Erfüllung des Merkmals Arbeitslosigkeit auf den Willen des Antragstellers zur Aufnahme einer Beschäftigung von mehr als drei Monaten ankommen. Eine solche Auslegung verbietet sich aber schon deshalb, weil der Gesetzgeber, sofern er sonst an die Entrichtung oder Nichtentrichtung von Beiträgen Rechtsfolgen knüpft, dies auch ausdrücklich bestimmt, wie z. B. in der die Anwartschaftszeit für das Arbeitslosengeld betreffenden Bestimmung des § 104 AFG, wo ausdrücklich von einer "die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168)" die Rede ist. Demgegenüber stellt die dem § 104 AFG für den Bereich der Arbeitslosenhilfe entsprechende Vorschrift des § 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG nur auf die entlohnte, also nicht notwendig beitragspflichtige Beschäftigung ab. Im übrigen könnten aus der Beitragsfreiheit eines Beschäftigungsverhältnisses zeitliche Grenzen nur dann hergeleitet werden, wenn der Wille zur Aufnahme einer beitragsfreien Beschäftigung generell zum Ausschluß des § 101 Abs. 1 AFG führen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. So ist ein Arbeitnehmer von der Vollendung des 63. Lebensjahres an zwar beitragsfrei (§ 169 Nr. 2 AFG), damit aber nicht zugleich etwa grundsätzlich vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Wie sich aus § 107 Satz 1 Nr. 2 AFG ergibt, der die wegen Vollendung des 63. Lebensjahres beitragsfreie Beschäftigung der beitragspflichtigen Beschäftigung gleichstellt, ist diese Rechtsfolge vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigt worden. Im übrigen stellte sich die Frage, wie die aufgrund langjähriger Arbeitnehmertätigkeit als "berufsmäßige" Arbeitnehmer anzusehenden Personen zu behandeln wären. Da die Unterscheidung zwischen berufsmäßiger und gelegentlicher Beschäftigung im Bereich des § 101 Abs. 1 AFG nicht erlaubt ist, müßten eventuelle zeitliche Grenzen auch für sie gelten. Nach altem Recht hätte bei ihnen wegen der durch die Vergangenheit nachgewiesenen berufsmäßigen Arbeitnehmereigenschaft Arbeitslosigkeit aber selbst dann nicht verneint werden können, wenn für die Zukunft nur noch eine kurzfristige Beschäftigung angestrebt worden wäre. Der Fortfall der "berufsmäßigen Arbeitnehmereigenschaft" in § 101 AFG kann demgegenüber aber keine Verschlechterung bewirken.

Aus diesen Erwägungen kann auch die Definition des § 168 Abs. 1 AFG über den Begriff des Arbeitnehmers nicht herangezogen werden für die Auslegung des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG; denn hiernach werden nur beitragspflichtig Beschäftigte als Arbeitnehmer bezeichnet. Diese Sonderregelung für das Beitragsrecht ist ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung auf die ihrem Inhalt und Umfang nach weitergehenden Leistungsbereiche des AFG nicht übertragbar. Die systematischen Unterschiede zwischen den §§ 168 ff und § 101 AFG werden auch dadurch deutlich, daß für die Bestimmung des Begriffs der Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers in § 101 AFG mehrere geringfügige Beschäftigungen zusammengerechnet werden (§ 101 Abs. 1 Nr. 2 AFG), ihre Beitragspflicht aber stets getrennt beurteilt wird (§ 169 Nr. 6 Satz 2 AFG). Wer demnach nur durch mehrere - jede für sich - geringfügige Beschäftigungen die Grenze von 20 Arbeitsstunden in der Woche überschreitet, geht der Versicherungsleistung verlustig, er ist nicht mehr "arbeitslos"; der so Beschäftigte erwirbt hieraus aber keine neue Anwartschaft auf die Versicherungsleistung.

Lassen sich sonach weder aus Wortlaut und Stellung des § 101 AFG noch aus anderen Regelungsbereichen, wie dem Beitragsrecht, überzeugende zeitliche Grenzen für die Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs finden, so folgt daraus ebenfalls, daß dem Wort "vorübergehend" in § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG ein über die Sinnbedeutung "nicht endgültig" hinausgehender Gehalt nicht beigemessen werden kann (a. A. Schönefelder/Kranz/Wanka, Rd-Nr. 12 zu § 101 AFG). Dies war sogar nach altem Recht nicht anders; denn Anforderungen an die Dauer einer Arbeitnehmertätigkeit wurden nicht aus dem Wort "vorübergehend" in § 75 Abs. 1 AVAVG, sondern ausschließlich aus dem berufsmäßigen Arbeitnehmerbegriff hergeleitet, der - wie dargelegt - in das AFG jedoch nicht übernommen worden ist. Wenn es in § 75 Abs. 1 AVAVG hieß, daß als "arbeitslos derjenige anzusehen ist, der berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht ...", so wird daraus ersichtlich, daß der Gesetzgeber den Status als Arbeitnehmer durch die Arbeitslosigkeit als solche nicht als berührt ansah. Unter diesem Blickwinkel konnte auch dem Wort "vorübergehend" in § 75 Abs. 1 AVAVG eine konkrete Zeitbestimmung nicht entnommen werden; es war nur in dem Sinne zu verstehen, daß diese "berufsmäßige" Arbeitnehmertätigkeit lediglich vorläufig unterbrochen worden ist, der Versicherte jedoch nicht endgültig aus dem Kreis der Arbeitnehmer ausscheidet (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Rd-Nr. 9 zu § 75 AVAVG). Dem Wort "vorübergehend" in § 101 Abs. 1 AFG eine andere Bedeutung beizumessen, hieße folglich, den Begriff des "berufsmäßigen Arbeitnehmers" auf diesem Wege wieder in das AFG einzuführen.

Das vom Senat gewonnene Ergebnis ist darüber hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen, geboten. Selbst bei Zugrundelegung eines festen zeitlichen Rahmens der (voraussichtlichen) Beschäftigungslosigkeit des Antragstellers als Maßstab für seine Arbeitnehmereigenschaft (z. B. von drei Monaten) müßte das Verfahren im Einzelfall unklar bleiben. So wäre es fraglich, welche rechtlichen Folgen eintreten, wenn die zunächst bei Antragstellung im voraus angenommene mögliche Dauer einer Arbeitnehmertätigkeit unbestimmt würde bzw. umgekehrt. Für den im vorliegenden Fall angesprochenen Personenkreis von Hochschulabsolventen wird es im Zeitpunkt der Antragstellung kaum regelmäßig feststellbar sein, ob überhaupt und gegebenenfalls wann die Übernahme in einen etwa erforderlichen Vorbereitungsdienst erfolgt. Soweit zeitliche Beschränkungen in Betracht kommen, ist hier das Merkmal der Verfügbarkeit (§ 103 AFG) das ausreichende Korrektiv. Hierfür reicht es nämlich nicht aus, daß der Antragsteller arbeitsbereit ist; er muß vielmehr bereit sein, eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, also auch eine hinsichtlich ihrer Dauer übliche Tätigkeit aufzunehmen. Soweit der Anspruch an diesem Merkmal nicht scheitert, erscheint es mit dem Grundgedanken eines Systems zum Schutz gegen Folgen der Arbeitslosigkeit unvereinbar, den arbeitslosen Arbeitnehmer über § 101 Abs. 1 AFG von jenem Schutz auszuschließen, jedenfalls den Mißerfolg von Vermittlungsbemühungen einseitig allein dem Arbeitslosen aufzubürden, obwohl das Gesetz ihn gerade in den Versicherungsschutz einbeziehen will, wie die Ersatztatbestände zur Begründung einer Anwartschaft auf Alhi nach § 145 Abs. 1 Nr. 4 b AVAVG (heute § 134 Abs. 3 in Verbindung mit der AlhiVO) zeigen. Soweit dabei Personen in den Genuß von Leistungen kommen können, die zu keiner Zeit Beiträge entrichtet haben und voraussichtlich auch nicht entrichten werden, ist dies kein im Rahmen des § 101 Abs. 1 AFG zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Für den Bereich der Arbeitslosenhilfe können diese Erwägungen schon deshalb nicht durchgreifen, weil die Arbeitslosenhilfe nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln finanziert wird. Im übrigen muß die vom Gesetz gewünschte Auslese für die Vergangenheit insoweit durch die Vorschriften über die Anwartschaftszeit als ausreichend angesehen werden.

Für das Merkmal der Arbeitslosigkeit im Sinne des Gesetzes ist somit nicht entscheidend, daß der Antragsteller für eine unbestimmte oder bestimmte, aber nicht unbedeutende Dauer für eine Arbeitnehmertätigkeit in Betracht kommt. Seine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG wird vielmehr - wie dargelegt - allein durch die nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffende Feststellung begründet, daß er für die Zeit seiner voraussichtlichen faktischen Beschäftigungslosigkeit dem Kreis von Personen zuzurechnen ist, die anderenfalls eine abhängige Beschäftigung mehr als geringfügigen Umfanges ausüben würden. Die in seiner Antragstellung und sonstigen Erklärungen zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung kann hierfür neben ihrer Bedeutung für die Verfügbarkeit nach § 103 AFG als Anhalt dienen.

Vorliegend bedeutet dies, daß der Kläger im Zeitpunkt seiner Antragstellung zunächst arbeitslos im Sinne des § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG war. Das LSG hat jedoch - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - keine Feststellungen darüber getroffen, wie lange die Arbeitslosigkeit des Klägers angedauert hat, ob er gegebenenfalls noch vor seinem Eintritt in den Vorbereitungsdienst eine die Arbeitslosigkeit ausschließende anderweitige Beschäftigung aufgenommen hat (vgl. Bl. 24 der Verwaltungsakten). Das LSG wird diese Feststellungen nachzuholen haben, ebenso wie Feststellungen zur Bedürftigkeit (§§ 134 Abs. 1 Nr. 3, 137 ff AFG) und zur Verfügbarkeit (§ 103 AFG) des Klägers.

Entgegen der Auffassung des LSG scheitert der Anspruch des Klägers nicht an der Erfüllung der Anwartschaftszeit.

Zwar hat der Kläger nicht den Nachweis einer mindestens zehnwöchigen entlohnten Beschäftigung innerhalb des der Arbeitslosmeldung vorausgehenden Jahres erbracht. Er hat jedoch den einer entlohnten Beschäftigung gleichgestellten Ersatztatbestand einer abgeschlossenen Hochschulausbildung nach der Bestimmung des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG erfüllt, der nach § 245 Abs. 37 AFG über den 30. Juni 1969 hinaus zumindest bis zum Inkrafttreten der AlhiVO vom 7. August 1974 (BGBl I 1929) bis 31. August 1974 weiter galt (vgl. §§ 13, 15 der AlhiVO).

Nach § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG steht eine abgeschlossene oder endgültig aufgegebene Ausbildung auf Hoch- oder anerkannten Fachschulen einer Beschäftigung als Arbeitnehmer gleich.

Insoweit abweichend bestimmt § 2 Nr. 2 der am 1. September 1974 in Kraft getretenen AlhiVO, daß in Fällen, in denen für den angestrebten Beruf eine zusätzliche Ausbildung oder praktische Tätigkeit vorgesehen ist, die Ausbildung erst nach Beendigung dieser zusätzlichen Ausbildung oder praktischen Tätigkeit als abgeschlossen gilt.

Diese Regelung kann mangels einer die Rückwirkung regelnden Bestimmung für die nach altem Recht zu beurteilenden Sachverhalte jedoch keine Bedeutung gewinnen; insbesondere ist § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG rückschauend auch nicht dahin auszulegen, daß eine abgeschlossene Ausbildung auf einer Hochschule nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann als Ersatztatbestand gelten sollte, sofern mit dem Hochschulstudium zugleich auch ein vom Arbeitsmarkt anerkannter oder vom Antragsteller gewünschter Berufsabschluß vermittelt wurde. Der § 145 AVAVG stellt nicht auf die abgeschlossene Ausbildung oder abgeschlossene Berufsausbildung, sondern ausdrücklich auf die abgeschlossene Ausbildung auf Hoch- oder anerkannten Fachschulen ab. Als abgeschlossen ist ein Hochschulstudium aber dann anzusehen, wenn die für den gewählten Studiengang vorgeschriebene Prüfung erfolgreich abgelegt worden ist. Aus diesem Grunde hindert - wie bereits ausgeführt - die bei Antragstellung noch fehlende Exmatrikulation des Klägers nicht die Annahme der abgeschlossenen Hochschulausbildung. Daß der Abschluß des Hochschulstudiums als solcher im Rahmen des § 145 Abs. 1 Nr. 4 b Satz 2 AVAVG ausreicht, wird auch durch § 2 Nr. 4 der Ersten Verordnung zur Durchführung der Alhi vom 31. Juli 1956 (BGBl I 727), der in § 3 Nr. 1 der Fünften Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 22. Mai 1958 (BGBl I 377) übernommen wurde, deutlich. Danach stehen einer entlohnten Beschäftigung auch gleich die der Berufsausbildung dienenden nicht entlohnten und selbständigen Tätigkeiten, die im Anschluß an eine abgeschlossene Ausbildung auf Hoch- oder anerkannten Fachschulen ausgeübt werden und im Rahmen der Berufsausbildung vorgeschrieben oder üblich sind. Dieser ergänzenden Bestimmung hätte es nicht bedurft, wenn der Begriff "abgeschlossenes Hochschulstudium" nicht seinem Wortsinn nach ausgelegt werden sollte.

Wegen der noch fehlenden Feststellungen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1649292

BSGE, 76

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