Leitsatz (amtlich)

Beim Zusammentreffen mehrerer Ansprüche auf Krankenpflege, die alle nach den maßgebenden gesetzlichen Vorschriften subsidiär sind, kann die Rangfolge dieser Ansprüche nicht durch Satzungsrecht der KK bestimmt werden. Gewährt daher eine KK Familienkrankenpflege als Mehrleistung an "sonstige Angehörige" iS des RVO § 205 Abs 3, so kann sie nicht den Anspruch auf die Mehrleistung auch gegenüber solchen anderweitigen Ansprüchen auf Krankenpflege ausschließen, die nach der gesetzlichen Ordnung nachrangig sind.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine KK kann in ihrer Satzung die Gewährung der Familienkrankenpflege als Mehrleistung an "sonstige Angehörige" iS des RVO § 205 Abs 3 nicht einschränken. Ein Anspruch nach dem BVG, dem HkG, dem HHG oder einem anderen Versorgungsgesetz gilt als anderweitiger gesetzlicher Anspruch auf Krankenpflege, der den Anspruch auf Familienhilfe nach der Satzung nicht ausschließt.

2. Die Satzung kann die als Mehrleistung anzusehende Familienkrankenpflege für "sonstige Angehörige" auf einen Teil der Krankenpflege, zB auf ärztliche Handlung oder Arzneimittel, beschränken.

 

Normenkette

RVO § 205 Abs. 3 Fassung: 1930-12-01; BVG; HkG; HHG

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 1962 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Vertreterversammlung der klagenden Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) beschloß im Februar 1956, durch Satzungsbestimmung den Anspruch der Versicherten auf Familienkrankenpflege auf "sonstige Angehörige" i. S. des § 205 Abs. 3 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu erstrecken. Diese Satzungsbestimmung (§ 25 der Satzung) wurde am 22. März 1956 von dem Oberversicherungsamt (OVA) bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach in folgender Fassung genehmigt:

"(1) Versicherte erhalten ärztliche Behandlung zeitlich unbegrenzt, und zwar

als Regelleistung :

a) für den unterhaltsberechtigten Ehegatten,

b) für die unterhaltsberechtigten Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr,

c) für unterhaltsberechtigte Kinder, die sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, nach vollendetem 18. Lebensjahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr,

als Mehrleistung :

d) für die unterhaltsberechtigten Pflegekinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr,

e) für unterhaltsberechtigte Pflegekinder, die sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, nach vollendetem 18. Lebensjahr,

f) für die Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Pflegeeltern,

g) ferner für die Tochter, Schwester, Schwägerin und sonstige weibliche Verwandte, die an Stelle der Ehefrau den Haushalt führen, sofern die Ehefrau nicht vorhanden oder zur Führung des Haushalts nachweislich nicht in der Lage ist,

solange sie sich gewöhnlich im Inland aufhalten und nicht anderweitig einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege haben. Für Pflegekinder und für die unter Buchstaben f) und g) aufgeführten Personen gilt ein Anspruch nach dem Bundesversorgungs-, dem Heimkehrer-, dem Häftlingshilfe- oder einem anderen Versorgungsgesetz als anderweitiger gesetzlicher Anspruch, der den Anspruch auf Familienhilfe nach dieser Satzung ausschließt.

Bei Pflegekindern und in den Fällen nach Buchstaben f) und g) ist Voraussetzung, daß diese Personen mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, von ihm ganz oder überwiegend und ohne Entgelt unterhalten werden und auf diesen Unterhalt nach ihren eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen angewiesen sind."

Mit Anordnung vom 29. August 1957 gab das OVA jedoch der klagenden AOK auf, den Abschnitt

"Für Pflegekinder und für die unter Buchstaben f) und g) aufgeführten Personen gilt ein Anspruch nach dem Bundesversorgungs-, dem Heimkehrer-, dem Häftlingshilfe- oder einem anderen Versorgungsgesetz als anderweitiger gesetzlicher Anspruch, der den Anspruch auf Familienhilfe nach dieser Satzung ausschließt"

zu streichen.

Es hielt diese Satzungsbestimmung für gesetzwidrig, weil die gesetzlichen Krankenkassen gegenüber Personen, die Ansprüche nach den genannten Versorgungsgesetzen haben, nach § 205 RVO zuerst leistungspflichtig seien. Diese gesetzliche Regelung könne nicht durch Bestimmungen der Kassensatzung umgangen oder ausgeschaltet werden, weil für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung der Rahmen ihrer eigenen Rechtsetzungsbefugnis fest abgegrenzt sei und es ihnen danach nicht zustehe, in den Geltungsbereich höherrangiger Rechtsnormen, wie sie Bundesgesetze darstellten, einzugreifen.

Gegen diese Anordnung hat die AOK vor dem Sozialgericht (SG) Klage erhoben mit dem Antrage,

die Anordnung aufzuheben.

Sie ist der Auffassung, daß die Krankenkasse bei der Einführung von Mehrleistungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten deren Umfang bestimmen und sie davon abhängig machen könne, daß bestimmte Voraussetzungen gegeben seien bzw. fehlten. Es müsse lediglich beachtet werden, daß bei Gleichheit der tatsächlichen Verhältnisse und Gleichheit der Rechtslage ein Versicherter oder eine Gruppe von Versicherten nicht anders behandelt werden dürfe als die übrigen Versicherten. Die in § 25 der Satzung enthaltene Einschränkung sei nach dem mit der Erweiterung des Personenkreises verfolgten Zweck, unversorgten Familienangehörigen zu helfen, logisch und notwendig.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. April 1959 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der AOK zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 21. Februar 1962). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Familienkrankenpflege nach § 205 RVO werde für Familienangehörige gewährt, soweit sie nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege hätten. Auch nach den in der umstrittenen Satzungsbestimmung genannten Gesetzen (Bundesversorgungsgesetz - BVG -, Heimkehrergesetz - HKG -, Häftlingshilfegesetz - HHG -) bestehe für die von ihnen erfaßten versorgungsberechtigten Personen ein Anspruch auf Heilbehandlung oder Krankenbehandlung nur dann, wenn die Krankenbehandlung nicht anderweitig sichergestellt sei. Es stünden sich somit - abgesehen von dem Anspruch der Kriegsbeschädigten auf Heilbehandlung für anerkannte Versorgungsleiden - Regelungen gegenüber, die jeweils einen Anspruch auf Krankenhilfe nur subsidiär einräumten. Daß in diesen Fällen die Ansprüche auf Grund der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der Familienkrankenpflege nach § 205 RVO vorgingen, entspreche dem fürsorgerechtlichen Charakter, welcher der Krankenbehandlung innewohne, die nach den obengenannten Versorgungsgesetzen für die nicht als Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen gewährt werde; es gelte hier der das Fürsorgerecht allgemein beherrschende Grundsatz der Subsidiarität gegenüber allen anderen gesetzlichen Ansprüchen, insbesondere solchen aus der sozialversicherungsrechtlichen Selbsthilfe (Hinweis auf BSG 13, 135, 137).

Die Auffassung der Klägerin, daß ihre Vorleistungspflicht gegenüber dem umstrittenen Personenkreis bei Mehrleistungen durch ihre Satzung ausgeschlossen werden könne, sei unzutreffend. Eine Satzung dürfe hinsichtlich der Mehrleistungen nichts enthalten, was gesetzlichen Vorschriften zuwiderlaufe. Die Satzung der Klägerin sei gesetzeswidrig, weil sie gegen den in den erwähnten Versorgungsgesetzen statuierten Grundsatz der Subsidiarität verstoße.

Gegen dieses Urteil hat die klagende AOK Revision eingelegt mit dem Antrage,

die Urteile des SG Bayreuth vom 29. April 1959 und des Bayerischen LSG vom 21. Februar 1962 sowie die Anordnung des OVA vom 29. August 1957 aufzuheben.

Zur Begründung hat die Klägerin im wesentlichen ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) sei es zulässig, den Anspruch auf Mehrleistungen von allgemein gültigen, alle Mitglieder gleichmäßig treffenden, vom Willen der Krankenkasse unabhängigen Bedingungen oder Einschränkungen abhängig zu machen. Die Klägerin habe im Sinne der angeführten Rechtsprechung in der Satzung genau festgelegt, welchem Personenkreis und unter welchen Voraussetzungen die genau bezeichnete Mehrleistung zu gewähren sei.

Die angebliche Gesetzwidrigkeit der streitigen Satzungsbestimmung könne auch nicht damit begründet werden, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder nicht beachtet sei. Die Mehrleistung habe sich nur auf diejenigen Familienangehörigen erstrecken sollen, für die der Versicherte eine Hilfe durch seine Krankenkasse nötig habe, weil sie anderweitig nicht versorgt seien. Um diese Versicherten zu entlasten, habe die Vertreterversammlung den Anspruch auf Familienkrankenpflege auf den genannten Personenkreis ausgedehnt, keineswegs aber zu dem Zwecke, den Bund oder andere Stellen von ihrer Verpflichtung nach den verschiedenen Versorgungsgesetzen zu befreien.

Das beklagte OVA hat die Zurückweisung der Revision beantragt. Es hält das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend. Im übrigen hat es darauf hingewiesen, daß es die Änderung der streitigen Satzungsbestimmung nicht deswegen angeordnet habe, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Die Klägerin habe jedoch übersehen, daß bei der Festlegung von Mehrleistungen nur Abgrenzungen vorgenommen werden dürften, die ihren Grund in dem Versicherungsverhältnis selbst hätten.

Die Revision der klagenden AOK ist nicht begründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen die angefochtene Aufsichtsanordnung des OVA als rechtmäßig angesehen.

Nach § 323 i. V. m. § 179 Abs. 3 Satz 1 RVO sind die durch die Satzung bestimmten Mehrleistungen nur soweit zulässig, wie es das Zweite Buch der RVO vorsieht. Die Krankenkassen unterliegen demnach keinen Beschränkungen in der Frage, ob sie Mehrleistungen einführen wollen. Wie diese Mehrleistungen aber ihrer Art nach beschaffen sein dürfen, bestimmt die RVO. Im Rahmen der ihrer Art nach festgelegten Mehrleistungen ist es der Krankenkasse unbenommen, Mehrleistungen auch in beschränktem Umfange zuzubilligen; denn § 179 Abs. 3 Satz 1 RVO gibt für die Einführung von Mehrleistungen nur eine Höchstgrenze an (vgl. die amtliche Begründung zum Entwurf einer Reichsversicherungsordnung, "Zu § 193" - entspricht inhaltlich dem jetzigen § 179 -; Reichstags-Drucks., 12. Legislatur-Periode, II. Session 1909/10 "Zu Nr. 340", S. 154). Im gleichen Sinne hat der Kommissionsbericht über den Entwurf einer RVO zur Familienhilfe ausgeführt, daß zweifellos die Satzung auch nur einen Teil der unter die Krankenpflege fallenden Leistungen - z. B. nur Arznei oder nur ärztliche Behandlung - gewähren könne; diese Freiheit der Satzungsbestimmung ergebe sich aus dem allgemeinen Grundsatz, daß im Rahmen der verliehenen Befugnis die Satzung das Maß der Leistungen bestimme, daß sie also statt des erlaubten maius ("Mehr") auch nur das minus ("Weniger") gewähren könne; hingegen werde für die Gewährung der Leistungen eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Kassenmitgliedern nicht zulässig sein (Reichstags-Drucks. Nr. 946, 12. Legislatur-Periode, II. Session 1909/1911, § 218 S. 102).

Die im vorliegenden Fall maßgebliche gesetzliche Ermächtigung für die von der klagenden AOK in § 25 ihrer Satzung festgelegte Mehrleistung der ärztlichen Behandlung für bestimmte Familienangehörige ist § 205 Abs. 3 RVO. In dieser Vorschrift ist der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich die Krankenkasse u. a. bei Erstreckung der Familienkrankenpflege auf "sonstige Angehörige, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, von ihm ganz oder überwiegend unterhalten werden und sich im Inland aufhalten" (aaO Satz 1), bewegen darf. Der hier verwandte Begriff der "Familienkrankenpflege" ist inhaltlich durch Abs. 1 des § 205 RVO bestimmt, in dem sie als Regelleistung für den dort genannten Personenkreis - den unterhaltsberechtigten Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Kinder - vorgeschrieben ist. Dabei ist als - negative - Voraussetzung festgelegt, daß die genannten Personen "nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege haben" (§ 205 Abs. 1 Satz 1 RVO). Die Subsidiarität der Familienkrankenpflege gehört demnach zu ihrem Wesen, auch wenn sie als Mehrleistung gewährt wird.

Ob Subsidiarität in diesem Sinne gegeben ist, kann jedoch zweifelhaft sein, wenn nämlich die anderweite gesetzliche Regelung, die einen Anspruch auf die Sachleistung der Krankenpflege gewährt (vgl. dazu BSG 11, 30, 32), auch ihrerseits nur einen subsidiären Anspruch gewährt. Indessen ist auch in diesem Falle des Zusammentreffens zweier Ansprüche, die im wesentlichen auf die gleiche Leistung gerichtet sind und nur hilfsweise gewährt werden sollen, davon auszugehen, daß das Gesetz die Rangfolge dieser Ansprüche geregelt hat. Das kann ausdrücklich - wie im Falle des Zusammentreffens des Anspruches auf Familienkrankenpflege nach § 205 RVO mit dem des Empfängers von Unterhaltshilfe auf Krankenversorgung nach § 276 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) idF des Elften Änderungsgesetzes vom 29. Juli 1959 (BGBl I 545) - geschehen (vgl. dazu BSG 19, 260, 261). Mangels einer ausdrücklichen Regelung muß nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Regelungen im Wege der Auslegung festgestellt werden, welcher Anspruch vorrangig ist (vgl. BSG 13, 134, 136 f für den Fall des Zusammentreffens mit einem fürsorgerechtlichen Anspruch und BSG, Urt. vom 28. April 1965 - 3 RK 48/62 -, SozR BVG § 10 Nr. 3 für den Fall des Zusammentreffens mit dem Anspruch eines Schwerbeschädigten auf Heilbehandlung nach § 10 Abs. 5 BVG aF). In jedem Falle schließt die gesetzliche Regelung der Vorrangsfrage aus, daß die Krankenkasse die Frage satzungsrechtlich regelt.

Das gilt auch für den Fall, daß die klagende Krankenkasse mit der vom OVA beanstandeten Satzungsbestimmung nur eine zweifelhafte Rechtslage authentisch interpretieren wollte. In Wahrheit stellt eine solche Interpretation nicht Auslegung, sondern Rechtsetzung dar, nur mit der Besonderheit, daß das neue ergänzende Recht so gelten soll, als wäre sein Inhalt schon in dem ausgelegten Gesetz enthalten gewesen (so der erkennende Senat in BSG 15, 127, 131 unter Hinweis auf Ennecerus/Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl. Bd. 1 § 53 Abs. 2 S. 223). Demnach kann eine in einem Bundesgesetz enthaltene Vorschrift nur unter den Voraussetzungen, die für eine Änderung dieses Bundesgesetzes gelten, nicht aber durch nachrangiges Satzungsrecht authentisch interpretiert werden.

Die beanstandete Satzungsbestimmung wäre nach alledem nur Rechtens, wenn sie eine ohnehin kraft Gesetzes bestehende Rechtslage inhaltlich richtig wiedergäbe. Dann wäre sie zwar überflüssig, aber unschädlich. Das kann aber nur für einen Teil der in der genannten Satzung aufgeführten Ansprüche - Ansprüche "nach dem Bundesversorgungs-, dem Heimkehrer-, dem Häftlingshilfe- oder einem anderen Versorgungsgesetz" - angenommen werden. So ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Anspruch des Schwerbeschädigten auf Heilbehandlung nach § 10 Abs. 5 BVG aF gegenüber dem Anspruch auf Familienkrankenpflege vorrangig (BSG vom 28. April 1965; SozR BVG § 10 Nr. 3).

Auf der anderen Seite steht fest, daß der Anspruch des Empfängers von Unterhaltshilfe auf Krankenversorgung nach § 276 IAG gegenüber dem Anspruch auf Familienkrankenpflege nach § 205 RVO nachrangig ist (vgl. BSG 19, 260). Die Leistungen nach dem IAG haben trotz der ihnen in hohem Maße anhaftenden fürsorgerechtlichen Züge Entschädigungscharakter wie die Leistungen nach dem Heimkehrer- oder dem Häftlingshilfegesetz (vgl. BSG aaO S. 264); wie diese ist daher das IAG ein "Versorgungsgesetz" i. S. des § 25 der Satzung der klagenden AOK. Insofern widerspricht die genannte Satzungsbestimmung demnach dem zwingenden Recht.

Darüber hinaus kann aber nicht ausgeschlossen werden, daß noch weitere Ansprüche auf Krankenpflege nach anderen "Versorgungsgesetzen", die nicht in § 25 der Satzung der klagenden AOK ausdrücklich aufgeführt sind, ebenso wie der Anspruch auf Krankenversorgung nach § 276 LAG dem Anspruch auf Familienkrankenpflege nach § 205 RVO nachgehen. Angesichts der damit begründeten Zweifel über das Ausmaß der Rechtswidrigkeit der fraglichen Satzungsbestimmung - nämlich welche Ansprüche nach anderweiten gesetzlichen Regelungen im einzelnen tatsächlich den Anspruch auf Familienkrankenpflege nach der Satzung der klagenden AOK ausschließen - ist es gerechtfertigt, daß das OVA die gesamte Satzungsbestimmung beanstandet hat. Den Interessen der klagenden AOK ist dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß diejenigen Ansprüche auf Krankenpflege nach anderweiten gesetzlichen Vorschriften, die den satzungsmäßigen Anspruch auf Familienkrankenpflege ausschließen, diese gesetzliche Wirkung auch ohne Festlegung im Satzungsrecht entfalten.

Demnach war die Revision der klagenden AOK gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

BSGE, 142

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