Leitsatz (redaktionell)

1. Zuwendungen der BA für den Erwerb eines Kfz durch einen Blinden.

2. Im Rahmen des AFG § 57 ist es nicht Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit, Nachteile auszugleichen, die sich für Behinderte daraus ergeben, daß sie weit entfernt vom Arbeitsplatz wohnen. Zur Erforderlichkeit der Förderung des Erwerbs von Kraftfahrzeugen durch Schwerbehinderte.

3. Der Anspruch nach AFG § 57 ist mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (SGG § 54 Abs 4) zu verfolgen.

 

Normenkette

AFG § 57 Fassung: 1969-06-25; RehaAnO § 86 Fassung: 1970-07-02; SGG § 54 Abs. 4

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Dezember 1974 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe die Beklagte den Kläger beim Erwerb eines Personenkraftwagens (Pkw) zu unterstützen hat.

Der 1942 geborene Kläger ist praktisch blind. Er wohnt in K und arbeitet als Masseur im St. J - Krankenhaus in K. Seine Frau fährt ihn von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück.

Am 7. November 1972 kaufte der Kläger eine VW Limousine 1302 für insgesamt 6.623,06 DM. In diesem Betrag sind die Kosten für einen Rückfahrscheinwerfer mit 37,84 DM zuzüglich 11 % Mehrwertsteuer enthalten. Der Kläger ließ an dem Fahrzeug einen Unterbodenschutz mit Hohlraumversiegelung für 190,- DM anbringen.

Die Hauptfürsorgestelle beim Landessozialamt R gewährte dem Kläger ein zinsloses Darlehen von 4.000,- DM für die Beschaffung eines Pkw. Vom Blindenverein für K und Umgebung e. V. erhielt er für denselben Zweck ein zinsloses Darlehen in Höhe von 500,- DM; ferner bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Zuschuß von 2.000,- DM.

Der Kläger beantragte am 21. März 1973 beim Arbeitsamt, ihm einen Zuschuß zu den Kosten des Fahrzeuges zu bewilligen.

Mit Bescheid vom 16. August 1973 gewährte das Arbeitsamt dem Kläger einen Betrag von 84,- DM. Auf den Widerspruch bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger einen Zuschuß von 584,- DM und wies im übrigen den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1973).

Der Kläger hat in seiner Klageschrift zunächst begehrt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, "ihm einen entsprechenden Zuschuß" zum Erwerb seines Pkw zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger nur noch beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Das SG hat mit Urteil vom 18. Januar 1974 die Bescheide der Beklagten insoweit aufgehoben, als das Arbeitsamt verpflichtet werde, über den Zuschuß für den Rückfahrscheinwerfer erneut zu entscheiden. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsamt hat darauf dem Kläger 37,84 DM für den Rückfahrscheinwerfer und 4,16 DM für die auf ihn entfallende Mehrwertsteuer gezahlt.

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die - vom SG zugelassene - Berufung des Klägers mit Urteil vom 16. Dezember 1974 das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit sich die Beklagte im Hinblick auf die Gewährung eines Darlehens von 4.000,- DM durch die Hauptfürsorgestelle gehindert gesehen habe, eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob dem Kläger weitergehende Leistungen zum Zwecke der Beschaffung eines Kfz zu gewähren seien. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt:

Die Anfechtungsklage sei auch insoweit begründet, als sich die Beklagte wegen der Gewährung eines Darlehens in Höhe von 4.000,- DM durch die Hauptfürsorgestelle gehindert sehe, eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob dem Kläger weitergehende Leistungen zum Zwecke der Beschaffung eines Pkw zu gewähren seien. Nach §§ 58 Abs. 1, 37 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) seien zwar Leistungen nur zu gewähren, soweit nicht andere öffentlich-rechtliche Stellen verpflichtet seien, derartige Leistungen zu erbringen. Die Hauptfürsorgestelle habe jedoch keine Leistungen gewährt, die denen der Beklagten gleichartig seien. Ein zinsloses Darlehen, auch mit sehr günstigen Tilgungsraten, sei einem Zuschuß nicht gleichwertig. Soweit die Beklagte durch Dienstanweisung eine andere Verwaltungspraxis vorsehe, befinde sie sich nicht im Einklang mit dem Gesetz.

Die Voraussetzungen der Ermessensnorm im übrigen lägen vor. Es gehöre nicht zu den Voraussetzungen der Norm, daß der Kläger ohne Beschäftigung sei und das Fahrzeug brauche, um eine Arbeit aufnehmen zu können. Es könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 1 AFG bei der unmittelbaren Anwendung auf Arbeitsuchende, die nicht behindert seien, so auszulegen sei. Bei der in § 58 Abs. 1 AFG vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung für die Förderung Behinderter gelte dies jedoch nicht.

Im übrigen sei die Berufung unbegründet.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 53 Abs. 3, 37 i. V. m. §§ 57, 58 Abs. 1 AFG in der bis zum 30. September 1974 gültigen Fassung und §§ 2 Abs. 1, 85 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter vom 2. Juli 1970 (ANBA 1970, 637 - A-Reha -). Sie trägt vor:

Zu Unrecht nehme das LSG an, daß die Hauptfürsorgestelle dem Kläger nicht "solche Leistungen" (§ 37 AFG) gewährt habe, wie sie - die Beklagte - sie Behinderten zu erbringen habe. Maßstab des Vergleichs könne nur die Zweckbestimmung, die Eignung sein, den gesetzlichen Zweck zu erreichen, nicht jedoch die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit für den Empfänger. Das Darlehen der Hauptfürsorgestelle sei aber eine auf den Zweck der Eingliederung Behinderter gerichtete Leistung, ebenso wie der vom Kläger begehrte Zuschuß der Beklagten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 18. Januar 1974 zurückzuweisen.

Der Kläger ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteile vom 11. März 1976 - 7 RAr 45/75 und 7 RAr 148/74), kommt bei einem Behinderten, der sich in fester Arbeit befindet und auch keinen Wechsel seines Arbeitsplatzes beabsichtigt, zu einem solchen auch nicht gezwungen ist, ein Anspruch aus den §§ 58, 53 AFG (als Ermessensleistung) nicht in Betracht. In solchen Fällen besteht nach § 57 AFG ein Rechtsanspruch auf die vom Kläger begehrte Leistung. Nach dieser Vorschrift hat die Bundesanstalt (BA) zur beruflichen Eingliederung der Behinderten geeignete Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder herzustellen, selbst zu treffen, soweit nicht ein anderer Träger zuständig ist. Da insoweit ein Rechtsanspruch auf Leistung besteht, ist die zuletzt vom Kläger erhobene reine Anfechtungsklage unzulässig (vgl. BSGE 8, 3, 5 ff; BSGE 36, 181, 190; Peters/Sautter/Wolff, § 54 S. 185 - 8). Bei dem Begehren einer Leistung, auf die - wie hier - ihrer Art nach ein Rechtsanspruch besteht, ist allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs. 4 SGG). Eine dem entgegen erhobene reine Anfechtungsklage könnte, wenn sie begründet wäre, allein zur Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes führen und damit hinsichtlich der begehrten Leistung eine neuerliche Verwaltungsentscheidung erfordern. Dies aber kommt einer Zurückverweisung der Sache an die Verwaltung gleich, was unzulässig ist (vgl. BSGE 2, 94; 9, 277, 280 und 285, 288; 19, 112, 113) und einen wesentlichen Mangel im gerichtlichen Verfahren darstellt. Würde feststehen, daß der im Prozeß erklärte Wille des Klägers nur auf die Erhebung der Anfechtungsklage ging, so müßte die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Der Senat hält es im vorliegenden Fall nicht für tunlich, insoweit bereits abschließend zu entscheiden, weil nach dem prozessualen Verlauf fraglich ist, ob der Kläger tatsächlich von seinem ursprünglichen Begehren, wie es in der Klageschrift zum Ausdruck gekommen ist, Abstand nehmen wollte, ob er also statt der Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes und seinem Leistungsbegehren nur noch - ohne die Leistung zu fordern - die Aufhebung des Verwaltungsaktes gewollt hat. Abgesehen von dem Vorbringen in der Klageschrift ist aus dem sonstigen Verhalten des Klägers aller Wahrscheinlichkeit nach anzunehmen, daß er trotz der Änderung seines Antrages vor dem SG weiterhin eine gerichtliche Entscheidung auch über die Leistungsverpflichtung der Beklagten erstreiten wollte. Insoweit hält der Senat es für erforderlich, daß das LSG entsprechende Feststellungen trifft. Schon aus diesem Grunde ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz geboten.

Sofern das LSG zu einer Sachentscheidung kommen sollte, wird es in materieller Hinsicht folgendes zu beachten haben: Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Anspruches ist § 57 AFG in der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) geltenden Fassung. Wenn es in dieser Vorschrift heißt, daß die BA zur beruflichen Eingliederung der Behinderten geeignete Maßnahmen ..., die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder herzustellen, selbst zu treffen hat, so ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der geeigneten und erforderlichen Maßnahme und der Erhaltung, Besserung oder Herstellung der Erwerbsfähigkeit des Behinderten bestehen muß. Ob bei einer Erblindung die Anschaffung eines Pkw als eine geeignete und erforderliche Maßnahme mit der Folge der Erhaltung, Besserung oder Herstellung der Erwerbsfähigkeit ist, erscheint zumindest fraglich. Während bei Behinderungen, welche die Fähigkeit der selbständigen Fortbewegung beeinträchtigen, regelmäßig ein Pkw ein geeignetes und erforderliches Mittel in bezug auf die Erwerbsfähigkeit darstellt - dieser Behinderte ist zumeist nicht oder nur schwer in der Lage, seinen Arbeitsplatz durch die Inanspruchnahme anderer (öffentlicher) Verkehrsmittel zu erreichen -, ist eine solche Lage bei einem behinderten Erblindeten grundsätzlich nicht anzunehmen. Zwar ist ein Blinder, um sich in einer für ihn fremden Umgebung ohne Gefährdung bewegen zu können, auf eine Hilfe in Form der Führung - zumeist durch eine Begleitperson - angewiesen, er ist aber in der Lage, im Hinblick auf seine Erwerbsfähigkeit seinen Arbeitsplatz ohne Pkw mit der Begleitperson entweder zu Fuß oder durch Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel zu erreichen. Grundsätzlich gleicht also der Pkw nicht die Folgen der Behinderung aus, etwa wie dies bei einem Gehbehinderten der Fall ist. Das ist auch dann nicht anders, wenn Arbeitsplatz und Wohnung räumlich weit voneinander entfernt sind. Es ist nicht Aufgabe der Beklagten, jedenfalls nicht im Rahmen des § 57 AFG, Nachteile auszugleichen, die sich für den Behinderten daraus ergeben, daß er weit entfernt vom Arbeitsplatz wohnt. Dennoch sind ganz besondere Umstände denkbar, unter denen ein Sehbehinderter wegen seiner Behinderung zur Erreichung des Arbeitsplatzes einen Pkw benötigt. So könnte bei besonders schlechten Verkehrsbedingungen ein Blinder deshalb eines Fahrzeuges bedürfen, weil die Begleitperson, auf die er angewiesen ist, nur eine begrenzte Zeit aufwenden kann, um ihn zum Arbeitsplatz ... zu bringen und von dort abzuholen; insoweit können auch die persönlichen Verhältnisse der ständigen Begleitperson zu berücksichtigen sein. Hierzu wird das LSG noch Feststellungen treffen müssen.

Dem geltend gemachten Anspruch steht nicht entgegen, daß der Kläger für den gleichen Zweck einen Zuschuß von der BfA erhalten hat. Zwar enthält § 57 AFG den Grundsatz der Subsidiarität der Beklagten gegenüber anderen Rehabilitationsträgern. Wie der Senat in den bereits genannten Entscheidungen ausgesprochen hat, bewirkt diese Bestimmung jedoch ebenso wie § 37 AFG nicht einen absoluten Ausschluß der nachrangigen Leistung. Die Förderungspflicht der Beklagten entfällt lediglich in dem Umfang, in dem die andere Stelle vorrangig verpflichtet ist. Darüber hinaus bleibt dem Berechtigten der Anspruch auf den übersteigenden Teil der nachrangigen Leistung nach dem AFG erhalten (vgl. auch BSG in SozR 4100 § 37 Nr. 1).

Art und Umfang der Maßnahmen, die die Beklagte zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes zu treffen hat, sind in § 57 AFG allerdings nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich dies im Einzelfall jedoch aus dem Ziel der beruflichen Rehabilitation und den in § 57 AFG weiterhin aufgestellten und gerichtlich voll überprüfbaren Voraussetzungen, daß die betreffenden Maßnahmen "geeignet" und "erforderlich" sein müssen. Insoweit ist eine für das Gericht bindende Konkretisierung durch die A-Reha 1970 nicht erfolgt. Eine Befugnis, Voraussetzungen, Art und Umfang der nach § 57 AFG zu gewährenden Leistungen im Wege autonomen Satzungsrechts näher zu bestimmen, war der Beklagten nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Recht nicht gegeben. Soweit die Bestimmungen der A-Reha 1970 jedoch dem Sinn und Zweck des § 57 AFG entsprechen und seine Begriffsinhalte sachgerecht ausschöpfen, bestehen keine Bedenken, sie zur Auslegung des Gesetzes heranzuziehen (vgl. Urteile des Senats vom 11. März 1976 - 7 RAr 148/74 und 7 RAr 45/75).

Als eine in diesem Rahmen sachgerechte Regelung ist es anzusehen, wenn die Beklagte nach § 86 Abs. 1 A-Reha 1970 sich an den Kosten für den Erwerb eines für den Behinderten zweckmäßigen Beförderungsmittels beteiligt, sofern der Behinderte für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle wegen der Art und Schwere der Behinderung auf ein Fahrzeug angewiesen ist. Die Beklagte könnte den Anspruch des Klägers nicht deswegen verneinen, weil der vom Kläger gekaufte VW 1302 möglicherweise nicht zweckmäßig im Sinne dieser Regelung ist, etwa weil er zu aufwendig wäre.

Der Begriff "zweckmäßiges Beförderungsmittel" bedeutet im Hinblick auf § 57 AFG, daß der Pkw ein "geeignetes" Mittel zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit bzw. des Arbeitsplatzes sein muß. Als geeignet anzusehen ist es dann, wenn es den Behinderten in die Lage versetzt, seinen Arbeitsplatz zu erreichen, und zwar in einer Weise, die sowohl dem allgemeinen Bedürfnis eines Kraftfahrers nach Sicherheit, wie auch den besonderen Bedürfnissen des Behinderten Rechnung trägt. Insoweit ist die Tauglichkeit des Beförderungsmittels nach Art und Beschaffenheit in technischer, funktioneller und ausstattungsmäßiger Sicht angesprochen.

Die Zweckmäßigkeit des Fahrzeugs im Sinne von "geeignet" wird nicht dadurch beseitigt, daß es von anderer Art und deshalb teurer ist als das den genannten Anforderungen bereits entsprechende (billigere) Fahrzeug, solange dadurch den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit in dem genannten Sinne noch entsprochen wird. Dies gilt selbst dann, wenn sich in dem Preis kostensteigernde Besonderheiten niederschlagen, die für das mit der Beschaffung des Kfz im Rahmen der beruflichen Rehabilitation verfolgte Ziel nicht zwingend notwendig sind; denn zusätzliche Gebrauchsvorteile oder Gebrauchsmöglichkeiten berühren nicht die Tauglichkeit eines Fahrzeuges zu dem Zwecke, den Behinderten sicher und in einer seiner Behinderung angemessenen Weise zur Arbeitsstelle zu bringen und dadurch seinen Arbeitsplatz zu sichern. Die Maßnahme der Beklagten im Sinne des § 57 AFG besteht hier nämlich nicht in einer Sachleistung, sondern ist der Kostenzuschuß zum Erwerb eines Pkw. Die Beklagte hat dem Behinderten nicht ein zweckmäßiges Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, sondern im Rahmen des bestehenden Anspruchs die Erstattung der für ein solches Fahrzeug gegebenenfalls aufzuwendenden Kosten zu übernehmen. Dies wird auch deutlich aus dem Wortlaut des § 86 A-Reha in der Fassung der 7. Änderungsanordnung (ÄndAO) vom 10. September 1974 (ANBA 1975, 319). Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist für die Berechnung der Zuwendungen der Bemessungsbetrag maßgebend, der sich ergibt aus den Kosten des preisgünstigsten, behinderungsgerechten Beförderungsmittels bei angemessener Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Behinderten. Übersteigen die tatsächlichen Beschaffungskosten den Bemessungsbetrag, so bleibt der übersteigende Betrag mit Ausnahme der Kosten für die behinderungsbedingte technische Ausstattung unberücksichtigt. Danach kann also der Ankauf eines teureren Pkw's den Förderungsanspruch insgesamt nicht ausschließen; lediglich der Mehraufwand ist nicht förderungsfähig. Wenn diese Fassung des § 86 A-Reha 1974 auf den vorliegenden Fall auch noch nicht anwendbar ist, so würde eine andere Auslegung des § 57 AFG zu einem mit den Grundsätzen der Berufsförderung nach dem AFG nicht mehr zu vereinbarenden Dirigismus der Beklagten und damit zu einem nicht gerechtfertigten Eingriff in die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Behinderten führen, der vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt und auch sonst nicht üblich ist. So wird z. B. die nach § 77 A-Reha 1970 mögliche Fahrkostenbeihilfe nicht davon abhängig gemacht, daß der Behinderte ein bestimmtes Beförderungsmittel tatsächlich benutzt. Die Kosten werden lediglich auf die preisgünstigste Möglichkeit festgelegt, nämlich auf die Fahrkosten der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten, regelmäßig verkehrenden öffentlichen Beförderungsmittels (vgl. § 77 Abs. 2 in Verbindung mit § 75 Abs. 2 A-Reha 1970). Dem Behinderten kann es somit grundsätzlich nicht verwehrt werden, ein Fahrzeug zu erwerben, das ihm mehr als einen durchschnittlichen Fahrkomfort und eine größere Verkehrssicherheit bietet, zumal da er den Pkw auch privat benutzen darf. Es muß grundsätzlich seiner Entscheidung überlassen bleiben, wie er die hierfür erforderlichen Mehrkosten finanziert und welche Finanzierungsquellen er sich zu diesem Zwecke erschließt. Sofern sich darin die Vermutung gründen könnte, daß er auf die Hilfe der Beklagten gar nicht angewiesen ist, ist dies ein Gesichtspunkt, der allein bei der noch zu prüfenden Frage, ob der Behinderte die erforderlichen Mittel selbst aufbringen kann, von Bedeutung ist. Auch eine etwaige Vermutung, der Behinderte könne sich beim Erwerb eines kostspieligeren Pkw's finanziell überfordern, berechtigt die Beklagte nicht, die Förderung im Ganzen als unzweckmäßig und ungeeignet abzulehnen. Mag es auch aus allgemeinen Gründen wünschenswert sein, den Behinderten von unvernünftigen Entscheidungen abzuhalten, so ist es doch der Beklagten verwehrt, mit ihren Maßnahmen im Rahmen der beruflichen Rehabilitation Ziele zu verfolgen, die vom Gesetzesauftrag nicht umfaßt werden. Zweck der Maßnahmen ist es, die Eingliederung zu sichern, also den Behinderten den Arbeitsplatz zu erhalten. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Beklagten, für geordnete wirtschaftliche Verhältnisse des Behinderten zu sorgen; dies auch dann nicht, wenn es darum geht, den angemessenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Wenn das Verschaffen einer angemessenen Existenzmöglichkeit letztlich Ziel der beruflichen Rehabilitation ist, so muß sich die Fürsorgepflicht des Rehabilitationsträgers darin erschöpfen, die unmittelbaren beruflichen und technischen Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Zwar ist es zur Erreichung des Rehabilitationserfolges nicht gänzlich ohne Bedeutung, welchen Pkw der Behinderte tatsächlich erwirbt. Das Recht der Beklagten auf Einflußnahme ist jedoch darauf zu begrenzen, die Tauglichkeit dieses Fahrzeuges für den angestrebten Rehabilitationserfolg zu überprüfen und die zweckentsprechende Verwendung zu gewährender Leistungen durch den Behinderten zu sichern. Nur insoweit besteht ein berechtigtes Interesse der Beklagten, auf die Entscheidung des Behinderten einzuwirken. Ein anderes als das billigste also gerade noch zweckmäßigste Fahrzeug ist demnach grundsätzlich kein anderes Mittel im Sinne der beruflichen Rehabilitation zur Behebung der diesem Ziel entgegenstehenden Sachlage. In extrem gelagerten Fällen mag es denkbar sein, daß die Quantität des Mittels einmal in eine andere Qualität umschlägt. Wann dies der Fall ist, kann vorliegend dahinstehen, weil der Kläger einen marktüblichen Pkw gekauft hat.

Dieser Auffassung steht nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Urteil vom 24. September 1969 entgegen (vgl. BVerwGE 34, 54). Nach dieser Entscheidung verlangt der Beschädigte eine qualitativ andere Hilfe, wenn er die Förderung eines Pkw's begehrt, dessen Anschaffungspreis die damals gültige Grenze von 8.000,- DM überschreitet. Die Entscheidung des BVerwG betrifft das Recht der Kriegsopferfürsorge. Dort gelten, wie sich aus jener Entscheidung ergibt, für die Förderung bei der Beschaffung von Kraftfahrzeugen für Behinderte starre Obergrenzen. Im Bereich des AFG ist dies anders; hier kommt es auf die individuelle Situation des Einzelfalles an; zahlenmäßig festgelegte Höchstgrenzen sind nicht vorgesehen (vgl. auch § 86 Abs. 2 A-Reha). Es handelt sich für beide Rechtsgebiete in dieser Beziehung demnach nicht um Rechtsvorschriften, die im Sinne der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 (BSGE 35, 293, 294) in ihrem Regelungsinhalt übereinstimmten. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat nach §§ 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl I 661) ist daher nicht geboten.

Das zweckmäßigste (preisgünstigste) Fahrzeug im Sinne des § 57 AFG ist allerdings der Maßstab für den Umfang der Förderung durch die Beklagte. Ihre Leistungspflicht könnte nur dann verneint werden, wenn der Kläger unter Berücksichtigung des Zuschusses der BfA die Kosten für das ausreichend geeignete Fahrzeug selbst hätte aufbringen können. Welches Fahrzeug hier für den Kläger in Betracht kommt, nämlich als Maß für den Umfang der Förderungspflicht der Beklagten, hat das LSG nicht festgestellt, weil es noch eine Ermessensentscheidung der Beklagten für erforderlich gehalten hat. Das LSG wird insoweit noch Feststellungen treffen müssen.

Wie der Senat bereits ferner entschieden hat (Urteile vom 11. März 1976 - 7 RAr 148/74 und 45/75 -), regelt die Vorschrift des § 57 AFG nicht nur den Nachrang der Beklagten gegenüber anderen Rehabilitationsträgern; sie begründet durch den Begriff der Erforderlichkeit auch die Subsidiarität der Leistungen der Beklagten gegenüber den wirtschaftlichen Mitteln des Behinderten. Es ist ein allgemeiner Grundsatz des AFG, daß der Antragsteller sich im eigenen Interesse um seine Belange zu bemühen und die Beklagte demzufolge nur insoweit Leistungen zu gewähren hat, als der Behinderte nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Von ihm kann daher eine Beteiligung an den Kosten grundsätzlich verlangt werden.

Nach Abzug der Leistungen dritter Seite, das ist hier der Zuschuß der BfA in Höhe von 2.000,- DM, muß infolgedessen weiter festgestellt werden, in welchem Umfange dem Kläger bei der Beschaffung des (preisgünstigsten) Pkw eine Eigenbeteiligung zumutbar ist. Dabei sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Behinderten zu berücksichtigen, also sowohl sein Vermögen als auch sein Einkommen. Dies entspricht einem allgemeinen Prinzip des AFG bei der Feststellung von Bedarf, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die - wie das Arbeitslosengeld und das Unterhaltsgeld - Lohnersatzfunktion haben und ohne Rücksicht auf Bedürftigkeit zu gewähren sind. So ist bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe das Vermögen als ein neben dem Einkommen zu berücksichtigender Faktor ausdrücklich erwähnt (§ 137 Abs. 2 AFG). Sein Einsatz ist aber auch bei der Förderung von Sachkosten vorgesehen, wie z. B. im § 45 AFG, der die Beklagte für den Bereich der Fortbildung und Umschulung ausdrücklich ermächtigt, selbst die notwendigen Kosten nur teilweise zu übernehmen.

Hat der Behinderte demnach bei der Anschaffung des Pkw Eigenmittel aus Vermögen und Einkommen einzusetzen, so besteht diese Verpflichtung allerdings nur, soweit dies ihm zumutbar ist. Das AFG enthält insoweit allerdings keine Regelungen im einzelnen darüber, in welchem Umfange dem Behinderten der Einsatz eigener Mittel zumutbar ist. Wie oben ausgeführt, sind die Regelungen der A-Reha 1970 (und etwaiger dazu ergangener Durchführungsbestimmungen) bei der Prüfung des Anspruchs eines Behinderten auf Leistungen nach § 57 AFG für die Gerichte nicht bindend. Der Senat ist der Auffassung, daß - mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im AFG - die Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nach den Grundsätzen der Sozialhilfe über die Hilfe in besonderen Lebenslagen (§§ 28, 76 ff, 88 ff BSHG), auf die auch die Kriegsopferfürsorge allgemein verweist (§ 25 a Abs. 6, 7 Bundesversorgungsgesetz - BVG -), zu beurteilen ist. Bei der Förderung des Behinderten nach dem AFG kann dieser keinesfalls schlechter gestellt sein, als er es bei der gleichen Sachlage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sein würde.

Die Gewährung eines Darlehens an den Behinderten zur Beschaffung eines Pkw's kann - wovon das LSG zu Recht ausgegangen ist - grundsätzlich nicht den von der Beklagten zu zahlenden Zuschuß mindern. Die Gewährung eines Darlehens von dritter Seite kann allenfalls die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung eines Darlehens beeinflussen. Demgegenüber stellt der Zuschuß eine andersartige Leistung dar, auf die ein Darlehen nicht verrechnet werden kann. Die Beklagte sieht zwar eine solche Verrechnung durch Verwaltungsregelung vor (vgl. Runderlaß Nr. 111/71, Dienstblatt A S. 348, 350), wenn sie bei der Berechnung der zu erbringenden Leistung davon ausgeht, daß in der Regel zwei Drittel der Beschaffungskosten als Zuschuß und ein Drittel als Darlehen zu gewähren sind und die Darlehen anderer Träger zunächst vom Darlehen und dann in Höhe des übersteigenden Teils vom Zuschuß abzieht. Diese Regelung entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Soweit dem Behinderten der Einsatz von Mitteln aus seinem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten ist, besteht für ihn ein echter Bedarf, dessen Deckung allein durch einen Zuschuß - als der nach § 57 AFG gebotenen "erforderlichen" Leistung - zu erfolgen hat. Darlehen könnten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn dem Behinderten zwar nicht im Zeitpunkt der Antragstellung, so doch langfristig gesehen - z. B. entsprechend § 84 Abs. 3 BSHG - der Einsatz von Mitteln zuzumuten ist, diese im Zeitpunkt des Bedarfs aber noch nicht zur Verfügung stehen. Die Darlehensgewährung würde dann nicht den Fall des echten Bedarfs, sondern nur einen etwaigen Bedarf nach einem Kredit betreffen. Diese Art der Förderung, die entsprechend § 53 Abs. 1 Satz 2 AFG auch im Rahmen des § 57 AFG als möglich und zulässig angesehen werden muß, könnte daher nur dann und insoweit Bedeutung gewinnen, als dem Behinderten der Einsatz eines Eigenanteiles aus seinen Mitteln zuzumuten ist. Daraus folgt, daß ein dem Behinderten gewährtes Darlehen von dritter Seite nur eine etwaige Verpflichtung der Beklagten ausschließen kann, dem Kläger in Höhe des ihm zugemuteten Eigenanteiles ein Darlehen zu gewähren, dies auch dann, wenn das Darlehen des Dritten ein mögliches Darlehen der Beklagten betragsmäßig übersteigt. Da ein Darlehen vom Behinderten grundsätzlich zurückzuzahlen ist, er diese Mittel im Endeffekt also selbst aufbringen muß, würde ein anderes Verfahren wirtschaftlich im Ergebnis zu einer Herabsetzung der Einkommensgrenze sowie des Schonbetrages beim Vermögenseinsatz und damit zu einer vom Gesetz nicht gewollten Inanspruchnahme des Behinderten führen. Sofern allerdings Teile der als Darlehen bezeichneten Leistungen Dritter "erlassen" werden, also vom Behinderten nicht zurückgezahlt zu werden brauchen, sind diese Teile als Zuschuß zu behandeln und daher in vollem Umfange bei der Errechnung des Zuschusses der Beklagten zu berücksichtigen.

Auch zu der Frage, ob und in welcher Höhe der Kläger Mittel aus seinem Einkommen für die Anschaffung des Pkw aufzubringen hat, wird das LSG noch weitere Feststellungen zu treffen haben. Bei der Berücksichtigung des Einkommens wird in § 86 Abs. 4 letzter Satz A-Reha 1970 auf die Begriffsbestimmung des Einkommens in § 22 A-Reha 1970 verwiesen. Danach sind als Einkommen anzusehen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Abzug der Steuern, der Beiträge zur Sozialversicherung und zur BA oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang. Diese Begriffsbestimmung stimmt im Prinzip mit den Regelungen in der Sozialhilfe überein (§ 76 BSHG). Da - wie oben ausgeführt - die Zumutbarkeit des Einsatzes eigenen Einkommens nach den Grundsätzen des BSHG entsprechend zu beurteilen ist, richtet sich auch der Umfang des auf den Behinderten entfallenden Eigenanteils nach den in den §§ 79, 81 Abs. 1 Nr. 3, 84 Abs. 3, 40 Abs. 1 Nr. 2 BSHG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Verordnung vom 27. Mai 1964 (BGBl I 339) enthaltenen Grundsätzen. Die von der Beklagten insoweit aufgestellte Tabelle (vgl. Anlage zum Runderlaß 111/71, Dienstblatt A der BA, 1971 S. 352), nach der sich - ausgehend vom monatlichen Nettolohn des Behinderten - der Eigenanteil in einem Prozentsatz der Beschaffungskosten des Pkw errechnet, ist für die Beurteilung einer zumutbaren Belastung des Behinderten ungeeignet, denn sie nimmt nicht in der erforderlichen Weise auf die Notwendigkeit Rücksicht, daß eine angemessene Lebensführung des Behinderten aus seinen laufenden Einkünften gewährleistet bleiben muß. Im übrigen ist die logische Beziehung nicht zu erkennen, die es unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit rechtfertigen könnte, das Maß der Eigenbeteiligung des Behinderten am Kaufpreis des jeweils in Betracht kommenden Fahrzeuges zu messen.

Der danach geforderte Einsatz von Mitteln hält sich ersichtlich nicht in den Grenzen des Zumutbaren, die auch bei der Anrechnung von Einkommen zu beachten sind und im wesentlichen dadurch bestimmt werden, daß der angemessene Lebensunterhalt des Behinderten nicht gefährdet wird. Er liegt erheblich über dem Betrag, der dem Behinderten nach den Bestimmungen des BSHG über die Hilfe in besonderen Lebenslagen im äußersten Falle zugemutet würde.

Nach § 84 Abs. 1 BSHG ist der Einsatz von Einkommen nur insoweit zuzumuten, als es die maßgebende Einkommensgrenze übersteigt und auch dies nur in angemessenem Umfange. Dabei wird der Einsatz von Mitteln grundsätzlich nur aus dem nach § 76 BSHG zu berücksichtigenden monatlichen Einkommen verlangt und dem Bedarf gegenübergestellt (sogen. Einmonatstheorie). Dies gilt im Prinzip auch bei einmaligen Leistungen, die einen Bedarf für längere Zeit abdecken (vgl. BVerwG FEVS 17, 367; Knopp/Fichtner, Komm. zum BSHG, Rdn. 7 zu § 79; Schellhorn, Komm. zum BSHG 1974, Rdn. 10 und 12 zu § 79). Eine Ausnahme hiervon ist allerdings nach § 84 Abs. 3 BSHG zulässig. Danach kann bei einmaligen Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen, deren Gebrauch für mindestens ein Jahr bestimmt ist, das Aufbringen der Mittel auch (zusätzlich) aus einem Einkommen verlangt werden, das innerhalb eines Zeitraumes von bis zu drei Monaten nach Ablauf des Monats, in dem über die Hilfe entschieden worden ist, erworben wird (vgl. Mergler/Zink, Komm. z. BSHG, Anm. 59 zu § 84). Diese Bestimmung wurde zwar erst durch das 3. ÄndG vom 25. März 1974 (BGBl I 777) in das BSHG eingefügt und sollte einer zu weitgehenden Freistellung des Hilfeempfängers bei einmaligen Leistungen zu Lasten der Bedarfsgemeinschaft entgegenwirken (vgl. Schellhorn aaO, Rdn. 29 zu § 84 BSHG). Der Senat hat jedoch keine Bedenken, den hierin zum Ausdruck kommenden Grundgedanken auch schon im vorliegenden Falle anzuwenden.

Die für die Inanspruchnahme aus dem Einkommen in der Sozialhilfe aufgezeigten Grenzen sind auch im Rahmen der Arbeitsförderung zu beachten, da sie die Maßstäbe für das im äußersten Fall Zumutbare setzen. Dies wird bei Anwendung der von der Beklagten aufgestellten Tabelle durchweg nicht beachtet. Durch die von der Beklagten getroffene Regelung im Vergleich zu einer an sozialhilferechtlichen Grundsätzen ausgerichteten Tabelle wird der Kreis der möglichen Anspruchsberechtigten erheblich begrenzt. Der Grund für die sich daraus ergebenden Unbilligkeiten ist letztlich darin zu sehen, daß die Beklagte sich nicht primär an dem Einkommen des Behinderten, sondern an den Kosten des Pkw orientiert und dementsprechend den Eigenanteil auch als Prozentsatz der Beschaffungskosten errechnet. Dies wird besonders deutlich, wenn man berücksichtigt, daß z. B. bei unterschiedlichen - notwendigen - Beschaffungskosten der Eigenanteil auch bei gleichem Einkommen unterschiedlich hoch sein kann. Schon von diesem Ergebnis her betrachtet, kann die Tabelle der Beklagten über zumutbaren Einsatz von Einkommen des Behinderten nicht als mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar angesehen werden. Auch aus diesem Grunde rechtfertigt es sich, auf die Grundsätze des BSHG zurückzugreifen. Danach bleibt beim Einkommen zunächst gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 3 BSHG ein monatlicher Grundbetrag unberücksichtigt; hinzutreten Kosten der Unterkunft (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 BSHG) und der im Einzelfall in Betracht kommende Familienzuschlag (§ 81 Abs. 3 BSHG). Der diesen Freibetrag des monatlichen Einkommens übersteigende Betrag ist als zumutbarer Anteil von dem Behinderten für die Beschaffung des Pkw aufzuwenden, wobei nach § 84 Abs. 1 BSHG grundsätzlich von dem Einkommen des Monats auszugehen ist, in dem die Bewilligung erfolgt. Nach § 84 Abs. 3 BSHG kann bei langlebigen Wirtschaftsgütern, wie es ein Pkw darstellt, die Aufbringung von Mitteln (zusätzlich) aus dem Einkommen weiterer dreier Monate verlangt werden (vgl. Mergler/Zink aaO). Ob dies im Einzelfall gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Umständen. In welchem Umfange der Kläger danach aus seinem Einkommen einen ihm zumutbaren Anteil zur Beschaffung des (preisgünstigsten) Pkw's zu erbringen hat, wird das LSG noch feststellen müssen.

Als Eigenmittel einzusetzen hat der Kläger ggf. ferner den Erlös aus dem Verkauf eines früheren Kfz. Dabei kann es dahinstehen, ob es sich insoweit um Einkommen oder Vermögen des Klägers handelt. In jedem Falle handelt es sich um die Erlangung zweckgebundener Mittel. Es ist nämlich üblich und entspricht der Lebenserfahrung, daß der Erlös aus dem Verkauf eines gebrauchten Pkw beim Ankauf eines neuen Pkw's eingesetzt wird.

Nach allem ... ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Das LSG wird, da nur die Beklagte Revision eingelegt hat, wegen des Verbots der reformatio in peius nicht zu einer weitergehenden Verurteilung der Beklagten gelangen können, als in dem angefochtenen und aufgehobenen Urteil.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1651529

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