Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. Rüge der nicht hinreichenden Urteilsbegründung. Unterlassene Beweisaufnahme. Beschränkung der Berechnungsfähigkeit bei kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten auf Fälle mit Durchführung mindestens eines Hausbesuchs pro Quartal

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die als Verfahrensmangel innerhalb der Revisionsnichtzulassungsbeschwerde vorgebrachte Rüge, das Urteil des Berufungsgerichts sei nicht hinreichend begründet, weil das Berufungsgericht eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vortrag, Hausbesuche bei chronisch psychisch Kranken seien regelmäßig oder in der Mehrzahl der Fälle kontraindiziert, nicht vorgenommen habe, läuft dann leer, wenn das Berufungsgericht hinreichend deutlich macht, dass nach seiner Rechtsauffassung für die allein zu entscheidende Frage, ob den Klägern Honorar für die Leistungen nach Nr. 14 EBM-Ä zusteht, die medizinische Beurteilung, wann bei psychisch kranken Versicherten ein Hausbesuch medizinisch notwendig bzw. wann er kontraindiziert ist, nicht erheblich ist.

2. Für die Beurteilung, ob in einer unterlassenen Beweisaufnahme ein Verfahrensfehler zu sehen ist oder nicht, ist von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auszugehen. Wenn es aus dessen Sicht auf die beantragte Beweiserhebung nicht angekommen ist, stellt deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel dar.

3. Die Frage, ob ein Missbrauch und/oder ein Überschreiten des dem Bewertungsausschuss im Rahmen der Bewertung ärztlicher Leistung zustehenden Gestaltungsspielraums vorliegt, wenn die Berücksichtigung einer medizinischen Kontraindikation bei der Aufnahme einer zusätzlichen Leistungsvoraussetzung in der Legende oder Präambel einer Leistung unterblieben ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist zwar klärungsfähig, jedoch nicht klärungsbedürftig, weil ihre Beantwortung auf der Grundlage der zur Auslegung von Leistungspositionen der vertragsärztlichen Gebührenordnungen ergangenen Rechtsprechung des BSG möglich ist, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

4. Die Beschränkung der Berechnungsfähigkeit der Nr. 14 EBM-Ä bei den kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten auf Fälle, in denen im Quartal mindestens ein Hausbesuch durchgeführt werden muss, ist sachgerecht. Der Normgeber hat die ihm bei der Ausgestaltung des EBM-Ä zukommende Gestaltungsfreiheit (vgl. dazu BSGE 89, 259, 264) nicht überschritten.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 3, 1; EBM-Ä Nr. 14

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen L 2 RJ 574/02)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 22.10.2004; Aktenzeichen 1 BvR 528/04, 1 BvR 550/04, 1 BvR 551/04, 1 BvR 627/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Beschwerdeverfahren als Gesamtschuldner zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berichtigte in den Honorarabrechnungen der in einer Gemeinschaftspraxis als Nervenärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kläger den Ansatz der mit 1800 Punkten bewerteten Leistung Nr 14 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) in den Quartalen IV/1998 bis III/1999 in 45, 21, 16 und 14 Fällen. Die Beklagte setzte die Nr 14 EBM-Ä immer dann ab, wenn zu den fünf Arzt-Patient-Kontakten im Behandlungsfall nicht mindestens ein Besuch nach Nr 25, 26 oder 32 EBM-Ä gehört hatte und abgerechnet worden war. Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben.

Im Berufungsrechtszug haben die Kläger geltend gemacht, die Regelung in Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä, wonach die Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä nur berechnungsfähig ist, wenn bei Patienten, die älter als 12 Jahre sind, mindestens ein Hausbesuch im Behandlungsfall durchgeführt worden ist, sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Bei dem von ihnen betreuten Patientenklientel seien Hausbesuche in aller Regel kontraindiziert. Von der Leistungslegende der Gebührenordnungsposition gehe deshalb ein Anreiz aus, Leistungen zu erbringen, die nicht nur nicht notwendig, sondern für den betroffenen Patienten schädlich seien.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Der Inhalt der Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä sowie der Regelung des Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä seien eindeutig. Die kontinuierliche Betreuungsleistung könne nur berechnet werden, wenn zu den mindestens fünf Kontakten zwischen Arzt und Patient auch ein Hausbesuch gehört habe. Soweit das nicht der Fall sei, könnten die Kläger zwar die gegenüber ihren Patienten erbrachten einzelnen Leistungen, nicht aber die besondere Betreuungs- und Koordinationsleistung nach Nr 14 EBM-Ä berechnen. Den Beweisanträgen der Kläger, mit dem diese geklärt wissen wollten, ob ein Hausbesuch bei dem Patientenklientel ihrer Praxis, insbesondere bei psychisch erkrankten Patienten, die noch allein lebten, medizinisch kontraindiziert sei, habe nicht nachgekommen werden müssen. Die Anwendung von Vorschriften der Gebührenordnung sei dem Beweis durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich (Urteil vom 16. Juli 2003).

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger Verfahrensmängel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend und berufen sich auf die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht nicht auf Verfahrensfehlern, und die Entscheidung des Rechtsstreits führt nicht auf Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.

Soweit die Kläger als Verfahrensmangel rügen, das Urteil des Berufungsgerichts sei nicht hinreichend begründet, kann ihnen nicht gefolgt werden. Die Kläger vermissen eine nähere Auseinandersetzung des LSG mit ihrem Vortrag, Hausbesuche bei chronisch psychisch Kranken, die schwerpunktmäßig in der Praxis der Kläger versorgt und betreut werden, seien regelmäßig oder in der Mehrzahl der Fälle kontraindiziert. Dieser Vorwurf ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat hinreichend deutlich gemacht, dass nach seiner Rechtsauffassung für die allein zu entscheidende Frage, ob den Klägern Honorar für die Leistungen nach Nr 14 EBM-Ä zusteht, die medizinische Beurteilung, wann bei psychisch kranken Versicherten ein Hausbesuch medizinisch notwendig bzw wann er kontraindiziert ist, nicht erheblich ist. Dem Urteil lässt sich zwanglos entnehmen, dass das Berufungsgericht der Auffassung ist, allein der Umstand, dass die Kläger – was sie selbst nicht in Abrede stellen – in den von den Honorarberichtigungen betroffenen Behandlungsfällen keinen Hausbesuch bei ihren Patienten vorgenommen haben, rechtfertige die von der Beklagten vorgenommene Honorarberichtigung. Dass die Kläger diesen Standpunkt für falsch halten, belegt nicht den Vorwurf, die Begründung des LSG-Urteils sei unter dem von den Klägern für maßgeblich gehaltenen Gesichtspunkt unzureichend. Die Begründung eines Urteils verfolgt den Zweck, den Beteiligten deutlich zu machen, aus welchen Erwägungen das Gericht eine bestimmte Entscheidung getroffen hat. Zugleich soll sie erkennen lassen, dass das Gericht die zentralen Argumente der Beteiligten gewürdigt hat. Das ist ausweislich der Begründung des berufungsgerichtlichen Urteils geschehen.

Unbegründet ist die Beschwerde auch, soweit die Kläger als Verfahrensmangel geltend machen, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Die Kläger haben dazu im Berufungsrechtszug detaillierte Beweisanträge gestellt, denen das LSG nicht gefolgt ist. Dafür kann es sich jedoch auf eine “hinreichende Begründung” iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG stützen. Für die Beurteilung, ob in einer unterlassenen Beweisaufnahme ein Verfahrensfehler zu sehen ist oder nicht, ist von der Rechtsauffassung des LSG auszugehen. Wenn es aus dessen Sicht auf die beantragte Beweiserhebung nicht angekommen ist, stellt deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel dar (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, 2002, § 160 RdNr 16b). So liegen die Dinge hier. Die von den Klägern in den Mittelpunkt ihrer Sachaufklärungsanträge gestellte Frage, ob Hausbesuche im Rahmen der kontinuierlichen Betreuung von psychisch erkrankten Patienten medizinisch notwendig sind, hat sich für das LSG nach dessen Rechtsauffassung nicht gestellt. Das LSG ist der Auffassung, für die Regelung in Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä, wonach die Berechnungsfähigkeit der Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä davon abhängt, dass zumindest ein Hausbesuch im Behandlungsfall durchgeführt worden ist, sprächen sachliche Gründe. Der Bewertungsausschuss als Normgeber habe insoweit die Grenzen der ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit nicht verletzt. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung besteht kein Anlass, der von den Klägern aufgeworfenen medizinischen Frage näher nachzugehen.

Unbegründet ist die Beschwerde schließlich auch, soweit die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen geltend machen. Die Frage, “ob ein Missbrauch und/oder ein Überschreiten des dem Bewertungsausschuss im Rahmen der Bewertung ärztlicher Leistung zustehenden Gestaltungsspielraums vorliegt, wenn die Berücksichtigung einer medizinischen Kontraindikation bei der Aufnahme einer zusätzlichen Leistungsvoraussetzung in der Legende oder Präambel einer Leistung unterblieben ist”, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist zwar klärungsfähig, jedoch nicht klärungsbedürftig, weil ihre Beantwortung auf der Grundlage der zur Auslegung von Leistungspositionen der vertragsärztlichen Gebührenordnungen ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) möglich ist, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Mit ihrem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Vergütung der von ihnen in den streitbefangenen Quartalen erbrachten Betreuungsleistungen nach Nr 14 EBM-Ä können die Kläger auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG von vornherein keinen Erfolg haben. Selbst wenn der Leistungsausschluss, der im Absatz 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä hinsichtlich der Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä dahingehend normiert ist, dass die Leistung nach Nr 14 EBM-Ä nur berechnungsfähig ist, wenn zumindest ein Hausbesuch durchgeführt worden ist, mit höherrangigem Recht unvereinbar sein sollte, ergäbe sich daraus kein Anspruch der Kläger auf Vergütung der Leistungen nach Nr 14 EBM-Ä im streitbefangenen Zeitraum. Sie könnten vielmehr allenfalls eine Verpflichtung der Beklagten erreichen, über ihren Anspruch auf Honorierung der Betreuungsleistungen nach einer entsprechenden Neuregelung im EBM-Ä erneut zu entscheiden. Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 – B 6 KA 9/98 R – (BSGE 83, 218 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 21) dargelegt, dass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot auch bei untergesetzlichen Normen nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz (GG) zur Folge habe. Das Gericht könne die die Norm ausführende Verwaltungsbehörde allenfalls zur Neubescheidung nach Vorliegen der Neuregelung verurteilen. Jede andere Beurteilung dieser Rechtsfrage scheidet auch dann aus, wenn nicht primär ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des GG gerügt, sondern die Ungültigkeit einer untergesetzlichen Norm auf andere Gründe gestützt wird. Nach der Vorstellung der Kläger erhielte die Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä bei Nichtanwendung des Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II einen anderen Inhalt, als ihr der Bewertungsausschuss als Normgeber (§ 87 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫) hat geben wollen. Nach den in den vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Stellungnahmen und Auskünften ist nicht zweifelhaft, dass sich der Bewertungsausschuss bei der zum 1. Januar 1998 erfolgten Änderung der Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä und der Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Leistungsposition auf kontinuierlich betreuungsbedürftige, chronisch psychotische Patienten (Manie, Depression, Schizophrenie) der Problematik einer möglichen Mengenausweitung bewusst war. Er hat dieser Gefahr dadurch Rechnung getragen, dass zeitgleich mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Nr 14 EBM-Ä die Einschränkung in Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II hinsichtlich der Notwendigkeit eines Hausbesuchs eingeführt worden ist. Beide Neuregelungsakte können nicht voneinander getrennt werden. Wenn die Leistungsbedingung (Hausbesuch) entfällt, kann auch die Erweiterung der Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä um den hier allein betroffenen Personenkreis der kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten nicht mehr zur Anwendung kommen. Insoweit liegt eine einheitliche Regelungskonzeption vor, aus der nicht Teile (Leistungseinschränkungen) herausgenommen werden können, während andere Teile weiter anzuwenden sind. Die vertragsärztlichen Gebührenordnungen dienen nämlich auch dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen (BSG SozR 3-5533 Nr 505 Nr 1 mwN). Es ist deshalb Aufgabe des Bewertungsausschusses und nicht der Gerichte, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen.

Selbst mit einem in ihrem Hauptantrag möglicherweise enthaltenen Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, über die Honoraransprüche für die Leistungen nach Nr 14 EBM-Ä in den streitbefangenen Quartalen nach einer Neuregelung durch den Bewertungsausschuss neu zu entscheiden, könnten die Kläger keinen Erfolg haben, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Die Beschränkung der Berechnungsfähigkeit der Nr 14 EBM-Ä bei den kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten auf Fälle, in denen im Quartal mindestens ein Hausbesuch durchgeführt werden muss, ist sachgerecht. Der Normgeber hat die ihm bei der Ausgestaltung des EBM-Ä zukommende Gestaltungsfreiheit (dazu allg BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192) nicht überschritten.

Mit der Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä wird der besondere Aufwand eines Vertragsarztes für die kontinuierliche haus- oder nervenärztliche, psychiatrische oder neurologische Betreuung eines in der familiären bzw häuslichen Umgebung versorgten (ua) kontinuierlich betreuungsbedürftigen, chronisch psychotischen Patienten (Manie, Depression, Schizophrenie) einschließlich Anleitung und Führung der Bezugs- und Betreuungsperson(en), einschließlich aller Koordinierungsmaßnahmen mit ggf einbezogenen sozialen Diensten honoriert. Wenn der Normgeber in diesem Zusammenhang in Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä die Anwendbarkeit dieser Betreuungsleistung auf Patienten beschränkt, bei denen aus medizinischen Gründen im Behandlungsfall mindestens ein Hausbesuch erforderlich ist, hat er sich von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Denn die Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä lässt erkennen, dass durch diese mit 1800 Punkten bewertete Leistung der besondere Betreuungs- und Behandlungsaufwand gegenüber Patienten honoriert werden soll, die gesundheitlich stark eingeschränkt sind und spezifischer Versorgung bedürfen.

In der Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä ist von einem “in der familiären bzw häuslichen Umgebung versorgten” Patienten die Rede, sodass schon fraglich ist, ob Patienten, die – wie die Kläger dies schildern – einer häuslichen Betreuung überhaupt nicht bedürfen, sondern aus eigenem Antrieb regelmäßig eine vertragsärztliche nervenärztliche Praxis aufsuchen können, von der Leistungslegende erfasst sind. Diese Bedenken verstärken sich, wenn in die Betrachtung einbezogen wird, dass der Personenkreis, der von der Nr 14 EBM-Ä erfasst ist, außer den chronisch psychotischen Patienten solche Personen umfasst, die zB an fortgeschrittenem Morbus Alzheimer leiden, die als geistig Behinderte andauernd betreuungsbedürftig sind oder bei denen es sich um mehrfach behinderte Kinder oder Jugendliche, zB mit spastischer Di- oder Tetraplegie, handelt. Ob es in nennenswerter Zahl Patienten gibt, die einerseits die besonders engen Voraussetzungen der Betreuungsbedürftigkeit im familiären bzw häuslichen Umfeld erfüllen, bei denen andererseits aus medizinischen Gründen schlechterdings kein Hausbesuch erforderlich ist, weil sie in der Lage sind, von sich aus die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung zu sehen und in den gebotenen Abständen vertragsärztliche Praxen aufzusuchen, kann dahinstehen. Jedenfalls kann es sich in solchen Fällen aus der maßgeblichen Sicht des Normgebers nur um Sonderfälle handeln. Wenn in diesen Fällen der Betreuungsaufwand tatsächlich geringer ist als in den von der Leistungslegende der Nr 14 EBM-Ä im Kern erfassten Konstellationen, weil zwar mehrere Arzt-Patienten-Kontakte im Behandlungsfall stattfinden, ein Hausbesuch aber medizinisch keinesfalls notwendig ist, ist es gerechtfertigt, die Vergütung der vertragsärztlichen Betreuung auf die einzelnen erbrachten Leistungen zu beschränken und die zusätzliche Vergütung von 1800 Punkten nicht zu gewähren. Es ist jedenfalls nicht willkürlich oder sonst evident sachwidrig, dass der Normgeber des EBM-Ä die Erforderlichkeit eines Hausbesuchs als Indiz für die Notwendigkeit der Erbringung der Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä genommen hat.

Auch soweit die Kläger die Rechtsmäßigkeit der Abrechnungsregelung in Abs 8 der Präambel zu Abschnitt B II EBM-Ä unter dem Gesichtspunkt der Honorarverteilungsgerechtigkeit, des Gleichbehandlungsgebotes und der angemessenen Vergütung vertragsärztliche Leistungen thematisieren, besteht kein Klärungsbedarf in einem Revisionsverfahren. Die Kläger gehen schon in der Formulierung ihrer Rechtsfrage zu Unrecht davon aus, dass ihnen “grundsätzlich” ein Honorar für die Betreuungsleistung nach Nr 14 EBM-Ä zustehe, das dann durch ein “weiteres Abrechnungserfordernis” ausgeschlossen werde. Zu keinem Zeitpunkt war die Leistung nach Nr 14 EBM-Ä für Betreuungsleistungen bei psychotischen Patienten ohne Erbringung eines Hausbesuches berechnungsfähig.

Dass schließlich das objektiv-rechtliche Gebot der angemessenen Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (§ 72 Abs 2 SGB V) nicht allein dadurch verletzt sein kann, dass die Kläger in zuletzt 14 Fällen im Quartal keine Vergütung für Leistungen nach Nr 14 EBM-Ä erhalten können, liegt auf der Hand, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedurfte. Ob den Heilbehandlungsansprüchen der psychisch erkrankten Patienten nach § 27 SGB V, auf die sich die Kläger in diesem Zusammenhang berufen, Rechnung getragen wird, liegt ua an dem Behandlungsverhalten der Kläger, das sich an den medizinischen Notwendigkeiten zu orientieren hat.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Absätze 1 und 4 SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden und der hier noch anwendbaren Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1576219

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