Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 06.06.1991; Aktenzeichen L 1 Kr 1217/89)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 6. Juni 1991 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Klägerin macht den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet sie die Frage, „ob die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Annahme der Selbständigkeit einer Berufsausübung dazu führen, daß verschiedene Dienstleistungen nicht in selbständiger Weise ausgeübt werden können, bejahendenfalls ob dies mit dem Grundrecht der Gewerbefreiheit nach Art 12 Grundgesetz (GG) in Übereinstimmung gebracht werden kann oder eine Gewichtung der Kriterien der Selbständigkeit geboten ist, die Art 12 GG Rechnung trägt”.

Der Senat mißt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art aufwirft, die klärungsbedürftig ist. Die Frage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 4). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zur Abgrenzung zwischen einer versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung und einer versicherungsfreien selbständigen Tätigkeit liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor (Nachweise bei Seewald im Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Juli 1991, § 7 SGB IV RdNrn 45 ff mit Einzelfällen in RdNr 125). In seiner Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht (BSG) die erforderlichen Abgrenzungskriterien entwickelt (vgl insbesondere BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr 8; BSG SozR 2200 § 1227 Nrn 17 und 19). Danach ist bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung einem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner nur dann entscheidende Bedeutung beizumessen, wenn bei der Beurteilung des gesamten Bildes der Tätigkeit ebenso viele (und gleichwertige) Kriterien für das eine oder das andere sprechen. Der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung hat sich das Landessozialgericht (LSG) angeschlossen. Das Grundrecht auf Gewerbefreiheit und Unternehmerfreiheit „im Sinne freier Gründung und Führung von Unternehmen” (Art 12 Abs 1 GG) wird durch die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung und ihr folgend das LSG vorgenommen hat, nicht verletzt, wenn sich nach den Umständen des Einzelfalles eine abhängige Beschäftigung ergibt. Selbst wenn danach manche Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen verrichtet werden können, wird dadurch ein Grundrecht der Klägerin nicht verletzt. Eine Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung im Lichte der Grundrechte ist von dem vorliegenden Verfahren nicht zu erwarten.

Hiernach war die Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) anzuordnen, war nicht angezeigt, weil sie sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1172947

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