Jedes Gebäude hat über mindestens einen gut passierbaren ersten Rettungsweg zu verfügen. Aber genau die gute Passierbarkeit wird durch eine verschlossene Tür, welche sich nur noch unter Zuhilfenahme eines Schlüssels öffnen lässt, in erheblichem Maße eingeschränkt.

Vielmehr drohen sogar besondere Gefahren, wenn sich viele Personen in dem Gebäude aufhalten und im Notfall über keinen Schlüssel verfügen. In der extremen Situation eines Hausbrands können Panikzustände und äußere Umstände (Rauchentwicklung) dazu beitragen, dass Menschenmassen auf die verschlossene Haustür zuströmen und es zu keiner geordneten Öffnung derselben durch einen Schlüsselinhaber kommen kann.

Die von den Bundesländern erlassenen Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften sehen für Versammlungs- oder Verkaufsstätten ebenfalls vor, dass Türen auf Fluchtwegen nicht verschlossen werden dürfen.

Dies lässt sich auch auf Häuser mit mehreren Wohneinheiten und Gebäude übertragen, in denen sich entweder aufgrund der generellen hohen Bewohnerzahl oder z. B. aufgrund einer größeren Feier eine Vielzahl von Menschen aufhält.

Türen, die ins Freie führen, müssen jederzeit zu öffnen sein. Hieraus folgt, dass Haustüren aus brandschutzrechtlichen Gründen nicht verschlossen werden dürfen.

Türen, die nur mit einem Schlüssel in einem Schlüsselkasten neben den Türen zu öffnen sind, verstoßen gegen die Arbeitsstättenverordnung, wenn zur Entnahme des Schlüssels die Frontscheibe des Kastens zerschlagen werden muss.[1]

Das Abschließen der Haustüre ist aus den genannten Gründen baurechtlich problematisch, da der erste Rettungsweg nicht mehr ohne Hilfsmittel zu benutzen ist. Darüber hinaus ist das Abschließen der Haustür versicherungstechnisch entbehrlich, da der Sicherungsbereich in einem Mehrfamilienhaus an der Wohnungstür endet.

Da Haustürschließanlagen existieren, die ein Verschließen des Hauseingangs zulassen und dennoch ein Öffnen durch flüchtende Bewohner ohne Schlüssel ermöglichen, entspricht es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer beschließen, in den Nachtstunden die Haustür verschlossen zu halten. In Notsituationen kann sich die verschlossene Haustür für flüchtende Personen als tödliche Falle entpuppen. Ein derartiger Beschluss überschreitet das Ermessen der Wohnungseigentümer deutlich.[2]

Dem kann auch nicht das Sicherheitsinteresse einzelner Bewohner entgegenstehen. Insbesondere zumal in den meisten Hausordnungen ein Verschließen der Hauseingangstür je nach Jahreszeit zwischen 20 und 22 Uhr gefordert ist, was sich logisch sowieso nicht erklären lässt, da die Gefahr eines Einbruchs tagsüber, in einem eher verlassenen Haus zumindest nicht geringer ist.

Fazit: Kein Bewohner darf gezwungen werden, die Haustüre abzuschließen. Entsprechende Regelungen einer Hausordnung sind gemäß § 134 BGB in Verbindung mit der bauordnungsrechtlichen Generalklausel unwirksam. Vielmehr stellt das Abschließen der Hauseingangstür einen Rechtsverstoß dar. Jedem Bewohner, unabhängig ob Eigentümer oder Mieter, stehen demnach Unterlassungsansprüche und im Schadensfall auch Schadensersatzansprüche gegen den Störer zu.

[2] LG Frankfurt a. M., Urteil v. 12.5.2015, 2-13 S 127/12.

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