Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 14.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus, Az. 3 O 338/19, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.105,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2019 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs VW Passat 2,0 Liter TDI 103 kW, Fahrzeug-Identnummer ....

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.

4. Der Gebührenstreitwert beider Instanzen beträgt bis zu 32.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. Dieselabgasskandal kaufrechtliche Mangelgewährleistungs- sowie deliktische Schadenersatzansprüche geltend.

Die Klägerin bestellte am 29.07.2011 bei der VW-Autohaus ... GmbH in ... ein Neufahrzeug VW Passat Variant 2.0 l TDI (FIN.: ...) zum Preis von 31.968,49 EUR. Der Verkauf des Fahrzeugs erfolgte im Namen der Beklagten. Nach Auslieferung des Fahrzeugs im November 2011 wurde dieses am 05.01.2012 erstmals zugelassen.

In dem vom Kläger erworbenen Pkw ist ein von der Beklagten hergestellter Motor des Typs EA 189, EU 5-Abgasnorm, verbaut. Der Motor war mit einer Software ausgestattet, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im tatsächlichen Fahrbetrieb befindet. Ersterenfalls wird ein Prüfmodus (Modus 1) aktiviert, in dem die Abgasrückführungsrate höher ist - der Nox-Ausstoß damit geringer - als im Fahrbetrieb (Modus 0). Im Oktober 2015 verlangte das Kraftfahrt-Bundesamt von der Beklagten die Nachrüstung der Motoren zur Beseitigung der seines Erachtens unzulässigen Abschalteinrichtung. Die Beklagte entwickelte ein Software-Update, das dazu führt, dass der Motor nur noch im Modus 1 betrieben wird. Bis Ende 2016 gab das Kraftfahrt-Bundesamt für alle Fahrzeugmodelle der Beklagten das Update als geeignete Nachrüstungsmaßnahme frei. Im gleichen Jahr informierte die Beklagte die Klägerin über den Einbau der o.a. Abschalteinrichtung und forderte sie zur Teilnahme an einer Rückrufaktion zwecks Einbaues des Software-Updates auf. Die Klägerin ließ das Motorsteuerungs-Update am 23.11.2016 ihrem Fahrzeug aufspielen, dessen Laufleistung am 22.06.2021, dem Tag der mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug, 158.244 km betrug.

Im Jahr 2014 ist bei dem Fahrzeugtyp VW Passat Variant ein Modellwechsel zum Nachfolgemodell B 8 erfolgt. Das Nachfolgemodell verfügt über eine geänderte Motorisierung mit vom Ausgangsmodell abweichender Motorleistung, die die Grenzwerte der Euro-6-Abgasnorm einhält.

Bereits erstinstanzlich hat die Klägerin von der Beklagten die Nachlieferung eines mangelfreien, fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das klagegegenständliche Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verlangt sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für etwaige weitergehende Schäden und ihres Annahmeverzugs mit der Rücknahme des mangelhaften Pkw begehrt. Hilfsweise hat sie die Rückzahlung des vollen Kaufpreises, zu verzinsen ab Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kaufgegenstandes geltend gemacht. Sie hat sich darauf berufen, das Software-Update habe negative Auswirkungen auf die Motorleistung, den Kraft- und Betriebsstoffverbrauch, auf Geräusch-, Kohlendioxid- und Stickstoffemissionen und infolge erhöhten Verschleißes auf die Lebensdauer ihres Autos. Mit Klageerhebung hat sie die Rückgabe des von ihr gekauften Pkw gegen Nachlieferung angeboten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein mangelfreies, fabrikneues Fahrzeug VW Passat Variant Comfortline aus der aktuellen Produktion mit zumindest den folgenden technischen Merkmalen und Ausstattungen

  • Motorisierung: 2,0 l TDI mit mindestens 103 kW
  • 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG
  • Farbe: Light-Brown-Metallic, Schwarz/schwarz/schwarz/Perlgrau
  • Klimaanlage "Climatronic" mit automatischer Umluftschaltung mittels Luftgüte-Sensor
  • Navigationsfunktion "RNS 315" (für "RCD 310")
  • Winterpaket
  • "RCD 310" für Navigationsfunktionen
  • Kulanzregelung für Modellpflege KW 45/11 - Modellpreise
  • Lehnenfernentriegelung mit gedämpfter Klappung
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