Leitsatz (amtlich)

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall kann der Umstand, dass der bei dem Unfall verletzte Motorradfahrer zwar einen Helm, jedoch keine oder nur zum Teil eine Schutzkleidung getragen hat, auch ohne eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung mindernd im Wege des Mitverschuldens (§ 254 BGB in Form des sog. Verschuldens gegen sich selbst) zu berücksichtigen sein (hier: Der geschädigte Motorradfahrer trug nur eine Stoffhose und erlitt infolge des Sturzes an den Beinen erhebliche Verletzungen)

 

Normenkette

BGB §§ 253-254

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 09.01.2009; Aktenzeichen 2 O 281/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 9.1.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Neuruppin, Az.: 2 O 281/08, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 16.12.1988 geborene Kl. befuhr am 22.9.2005 mit seinem Motorrad in N. die St.-straße in Richtung S. Dabei kam es zum Zusammenstoß mit dem in entgegengesetzter Richtung fahrenden Fahrzeug des Bekl. zu 1., der aus seiner Fahrtrichtung gesehen nach links in die F.-Straße einbiegen wollte. Das Fahrzeug des Bekl. zu 1. erfasste mit dem linken vorderen Kotflügel das linke Bein des Kl., der auf die Fahrbahn stürzte und sich dabei u.a. eine nicht dislozierte Avulsionsfraktur der ventralen distalen Tibia links, Riss- und Quetschwunden und einen Bluterguss im Bereich des Schienbeins zuzog. Die Bekl. zu 2. glich den materiellen Schaden des Kl. zu 100 % aus und leistete weitere Zahlungen i.H.v. insgesamt 14.000 EUR auf das vom Kl. geforderte Schmerzensgeld.

Der Kl. hat mit der Klage ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 11.000 EUR, eine monatliche Rente von 250 EUR sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle und materielle Schäden begehrt. Das LG hat dem Feststellungsbegehren entsprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger verlangt von den Beklagten ein Schmerzensgeld in Bezug auf einen Verkehrsunfall vom 22.9.2005, hinsichtlich dessen eine Alleinschuld des Beklagten zu 1. zwischen den Parteien nicht streitig ist. Der Kläger erlitt diverse im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils näher dargestellte Verletzungen, aufgrund derer er ein Schmerzensgeld i.H.v. 25.000 EUR sowie weitergehend eine Unterhaltsrente von monatlich 250 EUR für angemessen erachtet. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das LG hat die Klage unter Zuerkennung des Feststellungsbegehrens im Übrigen abgewiesen und gemeint, dass das von der Beklagten zu 2. gezahlte Schmerzensgeld von 14.000 EUR unter Berücksichtigung der von den Beklagten angeführten ähnlich gelagerten Fälle angemessen sei, um die bereits erlittenen immateriellen Schäden zu kompensieren. Eine Schmerzensgeldrente sei nicht zuzusprechen. Eine solche komme in der Regel nur bei schweren oder schwersten Dauerschäden in Betracht, wie z.B. einem Hirnschaden oder einer Querschnittslähmung, die hier nicht vorlägen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 19.1.2009 zugestellte Urteil mit einem am 17.2.2009 beim OLG Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.3.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er verfolgt sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter und macht geltend, dass das Urteil des LG keinerlei Hinweise dafür biete, nach welchen Kriterien das Schmerzensgeld bemessen worden sei. Die bloße Bezugnahme auf die von den Beklagten zitierten Entscheidungen in der Schmerzensgeldtabelle reiche nicht aus. Zu dem hier maßgeblichen Einzelfall, zu dem auch das Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2. gehöre, habe sich das LG nicht verhalten. Insbesondere seien die einzelnen dargestellten Unfallfolgen nicht gewürdigt worden. Ebenso habe das LG in Bezug auf die Schmerzensgeldrente den beim Kläger vorliegenden dauernden schweren Körperschaden nicht hinreichend gewürdigt. Die Feststellung des LG, die Verletzungen des Klägers seien bis auf die Narben weitestgehend gut verheilt, und es seien keine weiteren Dauerschäden zurückgeblieben, sei nicht nachvollziehbar. Bereits in der Klageschrift sei vorgetragen worden, dass das linke Bein extrem wetterfühlig sei und sowohl bei niedrigen Temperaturen als auch bei Wetterumschwüngen dem Kläger Schmerzen bereite. Er könne die Zehen nicht vollständig zum Körper anziehen und das linke Bein sei anfangs vom Knie an abwärts taub gewesen. Das Taubheitsgefühl habe sich zwar mit der Zeit gebessert, der Kläger habe aber nach wie vor auf dem Spann ein taubes...

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