Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 29.09.1994; Aktenzeichen 3 O 207/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.09.1994 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin – 3 O 207/94 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Klägerin: 16.333,04 DM.

 

Tatbestand

Der Ehemann der Beklagten schloß am 17.01.1992 mit der Klägerin einen Leasingvertrag über einen Lkw Volvo F 16 ab. Der Anschaffungswert des Fahrzeugs wurde mit 130.061,– DM (ohne Mehrwertsteuer) angegeben. Die monatliche Leasingrate betrug 3.550,66 DM (ohne Mehrwertsteuer). Vor der Übergabe des Fahrzeugs, am 14.02.1992, unterzeichnete die Beklagte, die in dem Gewerbe des Ehemannes nicht mitarbeitete sondern zum damaligen Zeitpunkt arbeitslos war, eine mit „gesamtschuldnerische Mithaftung” bezeichnete Erklärung. Nach dem Text war das Schriftstück eine Anlage zu dem von dem Ehemann geschlossenen Leasingvertrag, mit diesem Vertrag jedoch nicht fest verbunden. Ob die Beklagte eine Abschrift des Leasingvertrags erhielt, ist streitig geblieben. In ihrer Erklärung übernahm die Beklagte gegenüber der Klägerin für alle Verpflichtungen des Leasingnehmers aus dem Leasingvertrag die gesamtschuldnerische Mithaftung. Zugleich erklärte sie, sämtliche Vertragsbedingungen und -konditionen seien ihr in vollem Umfang bekannt und würden anerkannt.

Wegen des weiteren Inhalts der Urkunden wird auf ihre in der Akte befindlichen Ablichtungen (Bl. 14 bis 16) Bezug genommen.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus ihrer Mithaftungserklärung wegen der Leasingraten für Mai, Juni, Juli und August 1993 in Anspruch, weil der Ehemann seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkam. Trotz am 15.10.1993 erfolgter Mahnung zahlte auch die Beklagte die Forderung in Höhe von insgesamt 16.333,04 DM (3.550,66 DM + 15 % Mehrwertsteuer × 4 Monate) nicht, wobei sie die Meinung vertreten hat, die Mithaftungserklärung genüge nicht den Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes und sei im übrigen auch wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.

Die Klägerin hat demgegenüber behauptet, die Beklagte sei geschäftlich nicht unerfahren, was auch daraus hervorgehe, daß sie Miteigentümerin eines Grundstücks sei. Sie habe aus dem Abschluß des Leasingvertrages auch Nutzen gezogen, da dieser Grundlage für die Einkommenserzielung für die Familie habe sein sollen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.333,04 DM nebst 12 % Zinsen aus 4.083,26 DM seit dem 01.05.1993, aus 4.083,26 DM seit dem 01.06.1993, aus 4.083,26 DM seit dem 01.07.1993 sowie aus weiteren 4.083,26 DM seit dem 01.08.1993 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 25,– DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Mithaftungserklärung verstoße gegen die guten Sitten, da ein grobes Mißverhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang und ihrer Leistungsfähigkeit vorliege. Sie sei in Geschäften völlig unerfahren und habe kein eigenes Interesse an dem Abschluß des Vertrages gehabt. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Beklagte über einen Volksschulabschluß verfügt, eine Ausbildung als Köchin abgebrochen hat und bei Abschluß der Verträge arbeitslos war. Sie lebt inzwischen von ihrem Ehemann getrennt, hat drei Kinder, von denen zwei Kinder in ihrem Haushalt leben. Sie ist Miteigentümerin des im Grundbuch von L. verzeichneten, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, gelegen in K. in einer Größe von 1.843 m², das die Beklagte früher gemeinsam mit ihrem Ehemann und den Kindern bewohnte. Das Grundstück ist mit Grundpfandrechten belastet. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung war die Eintragung von Pfandrechten in einer Höhe von 250.000,– DM bewilligt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Schuldbeitrittsvertrag sei wegen Verstoßes gegen §§ 125, 126 Abs. 2 BGB nichtig, weil er nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform abgeschlossen worden sei. Dieses Erfordernis ergebe sich aus dem Verbraucherkreditgesetz. Dieses Gesetz sei anzuwenden, weil der Vertrag für die Beklagte keinen gewerblichen Hintergrund gehabt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter verfolgt. Sie behauptet, der Beklagten sei von Anfang an mitgeteilt worden, der Leasingvertrag und damit die Aushändigung des Leasingobjekts hänge davon ab, daß sie die gesamtschuldnerische Mithaftungserklärung abgebe. Aus dem Text der Erklärung ergebe sich auch eindeutig, daß die Erklärung eine Anlage des Leasingvertrages darstelle. Im übrigen vertritt die Klägerin die Auffassung, das Verbraucherkreditgesetz sei nicht anzuwenden, da hinsichtlich der Interessenlage und Auswirkungen die Mithaftungserklärung einer Bürgschaft entspreche, für die das Gesetz nicht gelte.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 29.09.1994 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin – 3 O 207/94 – die Beklagte zu veru...

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