Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzansprüche wegen Verfügungen eines Ehegatten über Vermögenswerte des anderen Ehegatten sind keine familienrechtliche Streitigkeit.

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 4 O 133/06)

AG Cottbus (Aktenzeichen 53 F 205/06)

 

Tenor

Zum zuständigen Gericht wird das LG Cottbus - Zivilkammer - bestimmt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin. Diese behauptet, der Beklagte habe unberechtigt über das eheliche Vermögen im Ganzen verfügt. Insoweit stehen der Klägerin ihrer Auffassung nach Ansprüche gem. §§ 823, 1363 ff. BGB auf Erstattung des hälftigen Verfügungsbetrages zu.

Das LG Cottbus hat sich mit Beschluss vom 1.8.2006 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gem. § 281 ZPO an das nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG zuständige AG - FamG - Cottbus verwiesen. Mit Beschluss vom 22.8.2006 hat das AG - FamG - Cottbus die Übernahme des Verfahrens mit der Begründung, es handele sich nicht um eine Familiensache, abgelehnt und dem OLG Brandenburg zur Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO vorgelegt.

II.1. Das AG - FamG - Cottbus hat zutreffend dem Senat den Streit über die Zuständigkeit zur Entscheidung vorgelegt. Das Brandenburgische OLG ist gem. §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO für die Entscheidung über einen Zuständigkeitsstreit berufen. Diese Vorschriften finden bei den die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Gerichte betreffenden negativen Kompetenzkonflikten entsprechende Anwendung (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 2a). Streitigkeiten zwischen einem Prozessgericht (Zivilgericht) und einem FamG werden durch den Familiensenat des OLG entschieden (OLG Rostock v. 10.9.2003 - 10 WF 142/03, FamRZ 2004, 956 [957]).

2. Das AG - FamG - Cottbus hat auch in der Sache zutreffend seine eigene sachliche Zuständigkeit verneint.

a) Zunächst kann die Zuständigkeit der Familienabteilung des AG Cottbus nicht aufgrund der Regelung des § 281 ZPO festgestellt werden. Zwar sind auf Grundlage dieser Norm getroffene Verweisungen bei Unzuständigkeit bindend (vgl. § 281 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO). Dies gilt aber nicht, wenn das LG eine Nichtfamiliensache an das FamG verweist, da insoweit dann nur das AG als solches, dort aber nicht das FamG an die Verweisung gebunden ist (BGH v. 5.3.1980 - IV ARZ 2/80, MDR 1980, 564 = FamRZ 1980, 557).

b) Aber auch eine allgemeine Zuständigkeit des AG kann aus dem Verweisungsbeschluss des LG nicht hergeleitet werden, da dieser nicht bindend ist.

aa) Dies gilt bereits deshalb, weil das LG keine ausreichende Begründung für die Verweisung abgegeben hat. Zwar bedarf es einer eingehenden Begründung angesichts der Unanfechtbarkeit grundsätzlich nicht. Floskelhafte Formulierungen ohne jeglichen Begründungsinhalt wie z.B. es handelt sich um eine Familiensache stellen aber keine ausreichende Begründung dar, weshalb der Beschluss dann als willkürlich und ohne Bindungswirkung anzusehen ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 281 Rz. 43). Nichts anderes kann dann gelten, wenn - wie es hier der Fall ist - das verweisende Gericht im Verweisungsbeschluss allein auf eine Norm Bezug nimmt, ohne hierzu jegliche Ausführungen zu tätigen.

bb) Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass das LG ohne nachvollziehbare Begründung von einer bisher einhelligen Meinung abweicht, wie aus den nachfolgenden Ausführungen hervorgeht. In diesem Fall bindet die Verweisung aber gleichfalls nicht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 281 Rz. 43).

Es handelt sich bei dem vorliegenden Verfahren nicht um eine Familiensache im Sinne der §§ 621 Abs. 1 Ziff. 8 ZPO bzw. 23b Abs. 1 Ziff. 9 GVG. Nach diesen Vorschriften sind dem FamG Streitigkeiten über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht ausschließlich zugewiesen. Der Streit über Schadensersatzansprüche wegen Verfügungen eines Ehegatten über Vermögenswerte des Anderen hat rein zivilrechtlichen Charakter und stellt damit keine Familiensache dar, selbst dann nicht, wenn diese Forderung möglicherweise zum Endvermögen der Ehegatten im Zugewinnausgleich gehören würde (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 621 Rz. 25).

Daran ändert auch nichts, dass in diesem Zusammenhang möglicherweise die Vorschrift des § 1365 BGB zu berücksichtigen ist. Diese Vorschrift verhält sich im Wesentlichen zur Vertretungsbefugnis. Die Anspruchsgrundlage einer eventuellen Schadensersatzpflicht regelt diese Norm ebenso wenig wie das eheliche Güterrecht, vielmehr ist eine solche Schadensersatzpflicht aus allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften - insb. denjenigen der §§ 280 ff., 823 ff. BGB - abzuleiten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1606219

FamRZ 2007, 293

OLG-NL 2006, 260

OLGR-Ost 2007, 277

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge