Normenkette

BGB § 1606 Abs. 3 S. 2, § 1612b; EStG § 64 Abs. 3 S. 1, § 74

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Aktenzeichen 97 F 106/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die am 6.11.1979 geborene, volljährige Antragstellerin ist seit Oktober 1999 Studentin, der Beklagte ist ihr Vater. Auf Grund des Beschlusses des AG C. vom 29.5.1995 schuldet der Beklagte der Antragstellerin einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 460 DM. Die Mutter der Klägerin ist erwerbsunfähig und bezieht keine Einkünfte.

Die Klägerin erhält monatliche BAföG-Zahlungen i.H.v. 371 DM.

Das staatliche Kindergeld bezieht die Mutter.

Die Klägerin trägt vor, im Haus D.-straße … in W., dessen Miteigentümerin ihre Mutter ist und in welchem sie bereits zuvor gelebt hatte, nunmehr einen eigenen Hausstand in einer Einliegerwohnung zu haben.

Die Klägerin meint, ausgehend von einem monatlichen Unterhaltsbedarf von 1.020 DM bis Juni 2001 und von 1.085 DM ab 1.7.2001 sowie unter Berücksichtigung der ihrerseits bezogenen BAföG-Zahlungen stehe ihr gegen ihren Vater ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 514 DM bzw. 579 DM zu, da lediglich das hälftige Kindergeld auf ihren Anspruch anzurechnen sei.

Die Klägerin hat für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Klageantrag angekündigt, den Beklagten unter Abänderung des Beschlusses des AG Cottbus vom 29.5.1995 zu verurteilen, an die Klägerin einen monatlichen im Voraus fälligen Unterhalt i.H.v. 514 DM für den Zeitraum 1.10.2000 bis 30.6.2001 und i.H.v. 579 DM ab dem 1.7.2001 zu zahlen.

Der Beklagte bestreitet, dass die Antragstellerin einen eigenen Hausstand führe, da ihm dies bislang nicht mitgeteilt worden und ihre Anschrift mit der bisherigen identisch sei.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin müsse sich das gesamte Kindergeld auf ihren Anspruch anrechnen lassen.

Das AG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin müsse sich das gesamte von ihrer Mutter bezogene Kindergeld anrechnen lassen, da die – grundsätzlich barunterhaltspflichtige – Mutter zumindest verpflichtet sei, das Kindergeld der Klägerin im vollen Umfang zur Verfügung zu stellen.

Hiergegen richtet sich die „Beschwerde” der Klägerin mit der Begründung, seit dem 1.7.1998 erfolge die Anrechnung des Kindergeldes auch bei volljährigen Kindern nach § 1612b BGB. Der Bedarf des volljährigen Kindes sei nicht mehr um das Kindergeld, sondern nur um etwa anzurechnendes Einkommen des Kindes zu kürzen. Auch der Haftungsanteil des Elternteiles, der das Kindergeld nicht beziehe, sei um die Hälfte des auf das Kind entfallenden Kindergeldes zu kürzen, der Haftungsanteil des anderen Elternteils sei um das hälftige Kindergeld zu erhöhen.

Wenn auch der häufig vorkommende Fall, dass der Elternteil, der das Kindergeld für das volljährige Kind beziehe, nicht barunterhaltspflichtig sei, weil sein anrechenbares Einkommen den angemessenen Selbstbehalt unterschreite, nicht ausdrücklich geregelt sei, sei auch auf diesen Fall § 1612b Abs. 1 BGB anzuwenden, wonach das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sei.

Dieses Ergebnis sei auch sachgerecht, da auch im vorliegenden Fall die Kindesmutter das Kindergeld keinesfalls ausschließlich für sich verwende, sondern den ihr zugute kommenden Kindergeldanteil mit von der Antragstellerin zu erbringenden Mietzinszahlung verrechne.

II. Die als sofortige Beschwerde auszulegende „Beschwerde” der Klägerin vom 11.3.2002 gegen den Beschluss des AG Cottbus vom 6.3.2002 ist zulässig, insb. innerhalb der Notfrist von einem Monat gem. §§ 569 Abs. 1 S. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Auch der erforderliche Streitwert der Hauptsache von über 600 Euro (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, 24. Aufl., § 127 Rz. 3) ist erreicht.

Zur Entscheidung über die Beschwerde war gem. § 568 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO der Senat in der vom Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung berufen, nachdem das Verfahren vom Einzelrichter auf den Senat mit Beschluss vom 19.6.2002 übertragen worden war.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, der Klägerin ist keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage besteht nicht die insofern erforderliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Rechtsverteidigung bzw. -verfolgung zum Erfolg führen kann (vgl. dazu Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rz. 19 m.w.N.).

Die Abänderungsklage der Klägerin ist unbegründet, da ihr kein – über die im Beschluss vom 29.5.1995 titulierte Forderung hinausgehender – Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht.

Wie das AG zutreffend ausgeführt hat, muss sich die Klägerin das an ihre Mutter ausgezahlte staatliche Kindergeld voll auf ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten anrechnen lassen.

Der Senat folgt dabei i.E. der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach § 1612b Abs. 1 BGB einer vollen Anrechnung des Kindergeldes dann nicht entgegensteht, wenn ein – an sich barunterhaltspflichtiger – Elternte...

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