Normenkette

BGB § 1772 Abs. 1 Buchst. b, c

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus, Zweigstelle Guben, vom 26. September 2017 - Az. 230 F 83/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1. zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Mit notarieller Urkunde vom 17. März 2016 (UR-Nr. ...) der Notarin ... mit Amtssitz in ... hat die volljährige Beteiligte zu 1. (geboren am ...1991) die Annahme als Kind durch den Beteiligten zu 2. mit der Wirkung der Minderjährigenannahme beantragt. Der Annehmende ist der Ehemann der Mutter der Beteiligten zu 1; diese hat ihre Einwilligung zur Adoption erteilt.

Mit Beschluss vom 26. September 2017 hat das Amtsgericht den Adoptionsantrag wegen entgegenstehender überwiegender Interessen des Vaters zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen diese ihr am 30. September 2017 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer am 27. Oktober 2017 eingelegten Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Antragsziel unter Wiederholung und Vertiefung der aus ihrer Sicht für die sog. starke Volljährigenadoption streitenden Umstände beachtliche überwiegende Interessen ihres leiblichen Vaters in Abrede stellt. Es sei im Streitfall ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der über ein gutes Erwerbseinkommen verfügende und zudem vermögende Vater einst auf Unterhaltsleistungen durch sie angewiesen sein könnte. Ein etwaiger Unterhaltsanspruch ihres leiblichen Vaters werde im Übrigen auch nicht durchsetzbar sein, weil dieser ihr in den wenigen direkten Kontakten jeweils mit Bedrohungen und Beleidigungen begegnet sei und sie mit - vielfach verspäteten - Unterhaltsleistungen zu "Wohlverhalten" zu erpressen versucht habe. Beachtliche überwiegende Interessen des leiblichen Vaters stünden der begehrten Volladoption mithin nicht entgegen.

Der Vater verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung und tritt den Vorwürfen der Beteiligten zu 1. entgegen.

2. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Der Senat hat von der Durchführung einer erneuten mündlichen Anhörung der Beteiligten gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, weil davon keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren.

Das Amtsgericht hat den Ausspruch einer Annahme mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption gemäß § 1772 Abs. 1 BGB mit einer tatsächlich und rechtlich nicht zu beanstandenden Begründung abgelehnt; das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 1772 Abs. 1 Buchstaben b) und c) BGB kumulativ vorliegen, weil die Beteiligte zu 1. seit 2005 (im Alter von allerdings auch schon 14 Jahren) in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist und der Annehmende das Kind seiner Ehefrau annehmen will. Daraus allein folgt indes noch nicht notwendig, dass die beantragte Volladoption auszusprechen ist. Vielmehr stehen - wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat - überwiegende Interessen des leiblichen Vaters entgegen, § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Im Rahmen des § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Annehmenden, der Anzunehmenden und ihres leiblichen Vaters vorzunehmen. Richtig ist auch, dass die Interessen der leiblichen Eltern überwiegen müssen, eine Gleichwertigkeit allein also nicht ausreicht (MüKo-Maurer, BGB, 6. Aufl., § 1772 Rdnr. 7). Die Abwägung muss dem Erfordernis der sittlichen Rechtfertigung, der jede Volljährigenadoption bedarf, Rechnung tragen. Durch die Volladoption wird - anders als bei der normalen (sog. schwachen) Adoption eines Volljährigen - das rechtliche Band zwischen der Anzunehmenden und dem leiblichen Vater unwiderruflich zerschnitten; das Verwandtschaftsverhältnis und die sich aus diesem ergebenden Rechte und Pflichten wie Unterhaltsansprüche und das gesetzliche Erbrecht erlöschen. Maßstab dieser Prüfung der sittlichen Rechtfertigung ist dabei der Zweck der Volladoption: Das Kind, dessen Verbindung zur leiblichen Verwandtschaft faktisch oder rechtlich abgebrochen wird, soll eine vollwertige Ersatzfamilie erhalten, die ihm auch künftig eine ungestörte Entwicklung sichert (MüKo-Maurer, a.a.O.).

Im Fall einer Stiefvateradoption ändert sich allerdings an der tatsächlichen Situation im Regelfall wenig, da dem Kind nicht erst durch die Adoption die Möglichkeit gegeben wird, in einer Familie aufzuwachsen, die ihm gute Chancen für seine Entwicklung bietet (BGH FamRZ 2005, 891 - Rdnr. 13 bei juris). Unter dem Gesichtspunkt einer ungestörten Entwicklung ist den Interessen der Beteiligten zu 1. kein erhebliches Gewicht beizumessen. Die Beteiligte zu 1. erlebt seit 2005 ihre Mutter, den Annehmenden und dessen Tochter tatsächlich als ihre Familie und fühlt sich dieser uneingeschränkt zugehörig, obwohl sie nicht den Namen aller übr...

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