Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 16.8.2016 - 2.2 F 95/16 teilweise abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 für die Kinder V... und R... B... in Abänderung der Urkunde des Jugendamtes ... vom 27.6.2006 - Urk.-Reg. SRB 46/2006 und der Urkunde des Jugendamtes ... vom 27.06.2006 - Urk.-Reg. SEE 45/2006 - 9.555,65 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Antragsteller. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Antragsteller zu 1/10 und der Antragsgegner zu 9/10.

4. Der Beschwerdewert wird auf 10.328 EUR festgesetzt,

 

Gründe

I. Der Antragsteller macht gegenüber dem Antragsgegner übergegangene Unterhaltsansprüche geltend für die Zeit von Februar 2015 bis April 2016 geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater des am ....5.2002 geborenen R... B... und der am ....2.2001 geborenen V... B..., die beide im Haushalt der Mutter leben. Der Antragsteller hat der Mutter im Unterhaltszeitraum Leistungen nach SGB II gewährt. Der Antragsgegner ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau ein am ....1.2010 geborenes Kind. Er hat sich mit Jugendamtsurkunden vom 27.6.2006 in Abänderung bereits bestehender Unterhaltstitel verpflichtet, an seine Kinder V... und R... monatlich jeweils 100 EUR Unterhalt zu zahlen (Bl. 132 f., 134 f.).

Mit Beschluss vom 16.8.2016, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis 30.4.2016 wegen übergegangener Kindesunterhaltsansprüche einen Betrag von 10.328 EUR zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.

Er trägt vor:

Der Leistungsantrag sei im Hinblick auf die mit den Urkunden des Jugendamtes ... vom 27.6.2006 titulierten Unterhaltsforderungen als unzulässig abzuweisen.

Der Antragsteller habe mit Schriftsatz vom 23.9.2015 den Unterhalt für die Vergangenheit abschließend beziffert, so dass er den mit der Antragserweiterung vom 25.1.2016 geltend gemachten Unterhalt nur für die Zukunft verlangen könne.

Über die mit den Jugendamtsurkunden titulierten Unterhaltsverpflichtungen hinaus sei er, der Antragsgegner, nicht leistungsfähig. Seine tatsächlichen Einkünfte habe er teilweise aus überobligatorischer Tätigkeit realisiert, indem er eine Krankheitsvertretung übernommen habe. Er sei in seiner Arbeitsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen erheblich eingeschränkt, weshalb allenfalls die Erzielung des Mindestlohns realistisch sei.

Der Familienunterhalt, den er seiner Ehefrau schulde, sei auch dann tatsächlich zu decken, wenn er wie hier wegen des Vorrangs seiner minderjährigen Kinder bereits rechnerisch seiner Frau keinen Unterhalt zahlen könne. Der Antragsteller müsse eine Vergleichsberechnung vorlegen. Seine Frau sei weder unterhalts- noch sozialrechtlich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Im Übrigen habe sein Sohn D... einen erhöhten Betreuungsbedarf wegen einer schweren Sprach- und Entwicklungsstörung, der eine Arbeitstätigkeit seiner Frau im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unmöglich gemacht habe.

Es sei ihm, dem Antragsgegner, unmöglich, seinen Arbeitsplatz ohne Benutzung seines Pkw zu erreichen. Die einfache Wegstrecke von seinem Wohnort zu seinem Arbeitsplatz sei mindestens 35 km lang. Der Routenplaner erfasse nur das öffentliche Verkehrsnetz bis zur ... Straße/W...straße. Bis dorthin müsse er von zuhause 27,1 km zurücklegen. Sein Arbeitslatz liege 9,5 km vom Bahnhof E... entfernt. Auf dem Betriebsgelände müsse er 4,5 km von den Dusch- und Umkleideräumen bis zum konkreten Arbeitsort zurücklegen. Er könne aus gesundheitlichen Gründen selbst die vom Amtsgericht unterstellten Strecken nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen. Seit einer Herzoperation im Jahr 2013 leide er an Herzrhythmusstörungen. Außerdem habe er eine Arthrose an seinem linken Knie und Diabetes. Er verweise auf das sozialmedizinische Gutachten vom 27.3.2014 (Bl. 354 f.). Im Übrigen habe es zu den von ihm abgeleisteten Schichten überwiegend keine Zugverbindung gegeben, so unter anderem wenn er - wie häufig - am Wochenende eingesetzt gewesen sei (siehe Schichtpläne, Bl. 352 f.). Ein Umzug nach E... sei ihm nicht zumutbar gewesen, weil er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zunächst nur befristet auf ein Jahr und im Anschluss nur für die Dauer der Produktion des Hochofens angestellt gewesen sei (siehe Arbeitsverträge vom 6.2.2015, Bl. 356 ff. und vom 29.3.2016, Bl. 361 ff.). Zudem müsse sein Sohn D... eine Sprachheilschule in F... besuchen, die es in E... nicht gebe.

Eine Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben mit seiner Ehefrau sei ausgeschlossen, weil nur er Einkünfte erziele.

Er bestreite, dass der Antragsteller Leistungen in Höhe von 342 EUR je Kind erbracht habe.

Ein Anspruchsübergang sei ausgeschlossen, weil dieser für ihn eine unbill...

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