Verfahrensgang

AG Nauen (Beschluss vom 24.02.2015; Aktenzeichen 20 F 129/14)

 

Tenor

I. Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerde gegen den Beschluss des AG Nauen vom 24.02.2015 - 20 F 129/14 - gewährt.

II. Auf die Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung seiner weiter gehenden Beschwerde wird der Beschluss des AG Nauen vom 24.02.2015 - 20 F 129/14 - abgeändert:

Die Jugendamtsurkunde des Jugendamts des Landkreises... zum Aktenzeichen 512103.180897. Fü - Urkunden-Nr. W 279/2000 - vom 03.08.2000 wird dahin abgeändert, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin für die Zeit von Februar 2015 bis Januar 2016 keinen Unterhalt, für die Zeit Februar 2016 bis Juli 2016 einen Unterhalt in Höhe von monatlich 49 EUR und ab August 2016 keinen Unterhalt mehr schuldet.

Der weiter gehende Antrag wird abgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Wert der Beschwerde: bis 6.000 EUR.

III. Der Beschwerdegegnerin wird mit Wirkung ab dem 12.10.2015 Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des AG Nauen vom 24.02.2015 - 20 F 129/14 - unter Beiordnung von Rechtsanwältin... bewilligt.

 

Gründe

I. Der beschwerdeführende Antragsteller begehrt gegenüber der Antragsgegnerin, seiner am...08.1997 geborenen Tochter, die Streichung einer titulierten Unterhaltspflicht.

Mit Jugendamtsurkunde vom 03.08.2000 (vgl. 64) verpflichtete er sich, an die Antragsgegnerin 186,4 % des jeweiligen Regelbetrages abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Am...12.2000 wurde eine Schwester der Antragsgegnerin geboren, deren Vater der Antragsteller ebenfalls ist.

Im Jahre 2014 trennte er sich von der Kindesmutter und zog aus der bisher gemeinsamen Wohnung aus.

Der Antragsteller verdiente bei Titulierung im Jahre 2000 als Bauingenieur 5.500 EUR. Nach einer betriebsbedingten Kündigung zum 31.12.2000 und erfolglosen bundesweiten Bewerbungen verdiente er im Versicherungsgewerbe bis Mitte 2007 ein vergleichbares Einkommen in verschiedenen selbständigen Tätigkeiten, die jeweils wegen unzureichenden Provisionsaufkommens gekündigt wurden. In der Folgezeit arbeitete er bis Oktober 2009 in einem Callcenter, sodann bis Juli 2011 wiederum als selbständiger Verkaufsberater, von August 2011 bis August 2013 erneut in einem Callcenter, bis er von September 2013 bis Dezember 2013 arbeitslos war und in dieser Zeit als Pizzafahrer arbeitete. Im April 2014 war er kurzfristig als Bauleiter beschäftigt, wobei das Beschäftigungsverhältnis noch im ersten Probemonat gekündigt wurde. Im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages erzielte er von Oktober bis Dezember 2014 bei der Firma... ein Nettoeinkommen von monatlich 1.002,14 EUR. Auf Vermittlung des Jobcenters schloss er am 14.01.2015 mit einem Berufsfortbildungswerk eine Vereinbarung über die Teilnahme an einer Aktivierungsmaßnahme gemäß § 45 SGB III und begann am 16.01.2015 eine von der Arbeitsagentur finanzierte Umschulung zum Lokführer.

Der Antragsteller hat gemeint, aufgrund veränderter Umstände nicht mehr leistungsfähig zu sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Den Antragsteller treffe eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB und er habe die Erfüllung hinreichender Erwerbsobliegenheiten nicht dargetan.

Der Antragsteller hat gegen den ihm am 19.03.2015 zugestellten Beschluss am 21.04.2015 beim AG Beschwerde eingelegt, nach Hinweis des Vorsitzenden vom 29.04.2015, ihm zugegangen am 07.05.2015, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist als unzulässig zu verwerfen, am 07.05.2015 Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist erbeten und am 11.05.2015 die Beschwerde erneut beim AG eingelegt.

Mit seiner gegen den angefochtenen Beschluss gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller die Streichung seiner Unterhaltspflicht uneingeschränkt weiter. Das AG habe zu Unrecht einen Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit angenommen. In Ansehung ihrer während des Beschwerdeverfahrens eingetretenen Volljährigkeit habe die Antragsgegnerin überdies unzureichend zu den Haftungsverhältnissen ihrer Eltern vorgetragen.

Der Antragsteller beantragt der Sache nach, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und in der Sache, unter Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 03.08.2000 vor dem Jugendamt des Landkreises... zum Aktenzeichen 512103.180897. Fü, UR: W 279/2000, wird der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf 0 gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen und die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt nach Eintritt ihrer Volljährigkeit zu den Einkommensverhältnissen ihrer Mutter vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwec...

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