Normenkette

BGB § 1360a Abs. 4; ZPO § 115 Abs. 3

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 30.11.2018 abgeändert:

1. Der Beschwerdeführerin wird Rechtsanwältin ..., Oranienburg, zu den Bedingungen einer im Amtsgerichtsbezirk Nauen niedergelassenen Rechtsanwältin beigeordnet.

Die von der Kindesmutter zu leistende Rate auf die Verfahrenskostenhilfe wird auf 54 EUR monatlich festgesetzt.

 

Gründe

1. Die Beschwerdeführerin wendet sich in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren zu einer Kindesschutzsache gegen die Höhe einer Ratenanordnung sowie gegen die unterlassene Beiordnung einer Verfahrensbevollmächtigten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt und eine Rate von monatlich 446 EUR festgesetzt. Um diesen Betrag liege das Einkommen des verfahrenskostenvorschusspflichtigen Ehemannes der Kindesmutter über seinem billigen Selbstbehalt.

Die Beschwerdeführerin hält die Festsetzung für überhöht, denn ihrem Ehemann sei im Falle einer eigenen Verfahrensführung eine Rate von nur 64 EUR aufzuerlegen. Die fehlende Beiordnung entbehre jeder Begründung.

2. Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Das von der Kindesmutter nach § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzende Vermögen umfasst den Verfahrenskostenvorschussanspruch gegen ihren Ehemann nach § 1360a Abs. 4 BGB. Diese Norm bestimmt einen gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall des Sonderbedarfs, bei dem der Verpflichtete nach dem unterhaltsrechtlichen Maßstab der Billigkeit in dem Maße in Anspruch zu nehmen ist, wie dies bei einer eigenen Verfahrensführung der Fall wäre (vgl. BGH FamRZ 2004, 1633 Rn. 20, juris; Senat, Beschluss vom 12. November 2018 - 13 UF 119/18 -, juris). Daran ist festzuhalten, denn eine Ratenzahlungsbelastung des vorschusspflichtigen Ehegatten oberhalb der Tabelle des § 115 ZPO widerspräche der Billigkeit nach § 1360a Abs. 4 S 1 BGB (vgl. Viefhus FamRZ 2004, 1633, 1636; Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1360A, Rn. 77 m.w.N.). Danach bedarf es zunächst einer unterhaltsrechtlichen Prüfung der Leistungsfähigkeit des verpflichteten Ehegatten und, soweit diese besteht, sodann einer hypothetischen verfahrenskostenrechtlichen Prüfung der Hilfsbedürftigkeit des Verpflichteten im Falle einer eigenen Verfahrensführung.

Diese hat das Amtsgericht unterlassen und zudem die diesbezüglichen Berechnungsansätze der Beschwerdeführerin rechtsfehlerhaft behandelt. Unter Berücksichtigung der ab 01.01.2019 geltenden Freibeträge errechnet sich in Fortführung des Rechenwerkes der Beschwerdeführerin (158 VK) gemäß der nur für sie anliegenden Berechnung eine Ratenhöhe von 54 EUR monatlich.

Das Einkommen der Kindesmutter einschließlich des von ihr bezogenen Kindergeldes führt bei der Berechnung der hypothetischen Ratenhöhe ihres Ehemannes lediglich zum Wegfall seines Ehegattenfreibetrages; im Übrigen ist es nicht als Vermögenswert einzustellen, da die Kindesmutter im Falle seiner Verfahrensführung mangels unterhaltsrechtlicher Leistungsfähigkeit nicht vorschusspflichtig wäre. Der Ansatz eines Wohnvorteils für das selbstgenutzte Eigentum ist im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren grundsätzlich verfehlt, wie sich aus der Behandlung der damit verbundenen Belastungen gerade ohne einen solchen Ansatz in Punkt H des amtlichen Formulars unmittelbar ergibt. Die Kosten der Unterkunft sind in der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Ehemannes zutreffend nur zu Hälfte angesetzt (46r VK), neben denen der Kindesmutter in gleicher Höhe (44 VK) und damit richtigerweise nach Kopfteilen berücksichtigt. Dass die Eheleute davon absehen, Einkommensteuererklärungen abzugeben (137 VK), stellt noch keinen klaren Missbrauchsfall dar, der alleine es rechtfertigen könnte, im Verfahrenskostenhilfeverfahren wegen offenkundiger Leichtfertigkeit ein fiktives Einkommen anzusetzen. Die Nichtabhilfe lässt sich auch nicht auf eine fehlende Glaubhaftmachung stützen, da das Amtsgericht die Kindesmutter hierzu schon nicht aufgefordert hatte (§ 118 Abs. 2 ZPO).

Sollten Steuererstattungen verschwiegen worden sein, wäre dies ggfls. als Aufhebungsgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu prüfen, nicht indessen im Bewilligungsverfahren (vgl. Senat, Beschluss vom 02. September 2016 - 13 WF 211/16 -, juris).

Die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter im Kindesschutzverfahren erfolgt nach § 78 Abs. 2, Abs. 3 ZPO.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13024313

FamRZ 2019, 1154

RVGreport 2019, 240

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