Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer wirksamen Unterhaltsbestimmung nach § 1612 Abs. 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Wille des Kindes, ohne eine Bevormundung durch die Eltern sein Leben frei und selbstbestimmend führen zu können, stellt für sich alleine keinen besonderen Grund i.S.d. § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB dar.

2. Das in pauschaler Weise abgegebene Angebot der Eltern, dem Kind Kost und Logis in ihrem Haus zur Verfügung zu stellen, stellt keine ordnungsgemäße Bestimmung gem. § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB dar.

3. Die nicht nachvollziehbare Ablehnungshaltung der Eltern ggü. dem Lebensgefährten des Kindes kann sich als besonderer Grund i.S.d. § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB darstellen.

 

Normenkette

BGB § 1612 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Senftenberg (Aktenzeichen 32 F 231/04)

 

Tenor

1. Der Antrag der Beklagten und Berufungskläger vom 13.10.2005 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen. Insoweit wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gewährt.

 

Gründe

A. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist schon deshalb zurückzuweisen, da die Bedürftigkeit der Beklagten nicht abschließend festgestellt werden kann.

So führen sie bei der DEBEKA Bausparkasse AG bzw. bei der Bardenia Bausparkasse AG Bausparverträge, die Ende des Jahres 2004 Guthaben von ca. 3.000 EUR auswiesen. Hinzu kommt, dass aktuell die vorbenannten Guthabenbestände angewachsen sein dürften, soweit seit Januar 2005 weitere Einzahlungen erfolgt sind.

Ferner führen beide Parteien bei der Deutschen Bank bzw. der Sparkasse N. Girokonten, über deren Guthaben sie weder in der hierfür vorgegebenen Spalte der Erklärung zur Prozesskostenhilfe Angaben getätigt, noch Belege darüber eingereicht haben.

Zudem ist die Angabe in der Zeile "sonstige Vermögenswerte", die die Beklagten mit nein beantwortet haben, nach derzeitigem Stand unrichtig. Beide Parteien führen bereits langjährige Lebensversicherungen, bei denen es zumindest unklar ist, ob es sich um kapitalbildende und daher der Vermögensbildung dienende Lebensversicherungen handelt.

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte ausweislich der von ihr eingereichten Verdienstabrechnungen vermögenswirksame Leistungen erhält und insoweit anspart, ohne dass hierbei näher ausgeführt wird, ob diese zugunsten eines der vorgenannten Verträge fließen bzw. ob es sich dabei möglicherweise um einen weiteren, nicht angegebenen Vertrag handelt.

B. Darüber hinaus besteht nach derzeitigem Stand in der Sache keine Aussicht auf Erfolg für die eingelegte Berufung, was ebenfalls zur Versagung der begehrten Prozesskostenhilfe führt.

I. Die Parteien streiten um die Abänderung des Bestimmungsrechts des § 1612 BGB sowie um Unterhaltszahlungen.

Die 1986 geborene Klägerin ist das eheliche Kind der Beklagten. Zur Familie gehört auch der weitere, noch minderjährige Sohn der Beklagten M R, der im Hause der Beklagten lebt.

Die Klägerin nimmt an der allgemeinen Schulausbildung teil. Sie geht zum Gymnasium, das sie voraussichtlich zum 30.6.2006 mit der Abschlussklasse verlässt.

Die Beklagte zu 1) ist als Verkäuferin tätig. Der Beklagte zu 2) ist vormals als Tischler beschäftigt gewesen, aktuell ist er arbeitslos. Den Beklagten steht zu jeweils hälftigem Miteigentum ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zu, welches als Familienheim dient.

Nachdem es zu Spannungen zwischen der Klägerin und den Beklagten kam, zog die Klägerin spätestens zum 1.8.2003 zu ihrem Freund und Lebensgefährten, dem Zeugen K.S., in dessen Wohnung ein. Nachfolgend kam es zu Briefwechsel bzw. Gesprächen zwischen den Parteien, die zur vorübergehenden Rückkehr der Klägerin in den elterlichen Haushalt führten. Spätestens zum 22.12.2003 zog die Klägerin dann endgültig aus; seit August 2004 ist sie Mitmieterin der von ihrem Lebensgefährten K.S. angemieteten Wohnung.

Die Klägerin hat behauptet, das Verhältnis zu ihren Eltern sei gänzlich zerrüttet. Eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt komme für sie nicht mehr in Betracht.

Die Klägerin hat zunächst auf Zahlung von Barunterhalt geklagt. Auf gerichtlich erteilte Hinweise hin hat die Klägerin sodann ein Verfahren hinsichtlich der Abänderung des elterlichen Bestimmungsrechtes eingeleitet. Die Beklagten haben die Abweisung dieses Antrags begehrt.

Mit Beschl. v. 20.4.2005 hat das AG die Verfahren miteinander verbunden. Nach Überleitung in das schriftliche Verfahren hat das AG sodann mit dem am 27.7.2005 verkündeten Teilurteil festgestellt, dass die von den Beklagten getroffene Unterhaltsbestimmung dahingehend abgeändert wird, dass ab dem 6.10.2004 die Unterhaltsleistungen in Form einer Geldrente und insoweit Barunterhalt an die Klägerin zu erbringen ist.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, für deren Durchführung sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehren.

II. Die in zulässiger Weise eingelegte Berufung hat nach derzeitigem Stand kein...

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