Zusammenfassung

 
Überblick

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Weiter gefasste und auf den Arbeitsschutz allgemein bezogene Mitwirkungsrechte finden sich in § 89 BetrVG und lassen sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ableiten.

1 Gesundheits- und Unfallschutz

1.1 Allgemeines

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bezieht sich auf Regelungen, die gesetzliche Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften ausfüllen sollen. Dazu gehören insbesondere das Arbeitsschutzgesetz sowie die PSA-Benutzungsverordnung, die Lastenhandhabungsverordnung und die Arbeitsstättenverordnung sowie weitere Verordnungen, die der Umsetzung von EG- Einzelrichtlinien zur EG-Richtlinie Arbeitsschutz dienen. Zum Vorliegen eines Mitbestimmungsrechts muss eine Vorschrift vorliegen, die Maßnahmen der Unfallverhütung bzw. des Gesundheitsschutzes fordert, dabei aber einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen den Betriebspartnern ein Regelungsspielraum bleibt.[1]

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG umfasst auch die dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung, die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu unterweisen. Einigen sich die Betriebsparteien nicht über Art und Inhalt der Unterweisung, hat das die Einigungsstelle zu regeln. Hierbei hat sie die Erkenntnisse einer Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) zu berücksichtigen und die konkrete arbeitsplatz- oder aufgabenbezogene Unterweisung daran auszurichten. Sie kann sich nicht darauf beschränken, allgemeine Bestimmungen über die Unterweisung zu Gefahren am Arbeitsplatz aufzustellen.[2]

Die Übertragung von Unternehmerpflichten im Arbeits- und Umweltschutz auf eine Arbeitnehmergruppe unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats.[3]

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist entsprechend dem Normzweck zu bejahen, wenn zur Erreichung eines sicherheitstechnischen Ziels mehrere Möglichkeiten bestehen. Es entfällt allerdings, sobald die Gewerbeaufsicht eine bestimmte Maßnahme zwingend anordnet.

Die Mitbestimmung erfasst den gesamten Bereich des reglementierten Arbeitsschutzes, zu dem neben der Organisation der Arbeitssicherheit, der Bestellung und Abrufung von Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften und der Erweiterung und Einschränkung ihrer Aufgaben die Verhütung von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten sowie der vorbeugende Gesundheitsschutz gehört. Der Betriebsrat kann keine Regelungen erzwingen, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen. Allerdings können Arbeitgeber und Betriebsrat freiwillig sog. autonome Arbeitsschutzregelungen durch Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG treffen, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen.

Bei Generalklauseln ist weitere Voraussetzung des Mitbestimmungsrechts, dass der weite Rahmen nicht durch speziellere Vorschriften so ausgefüllt ist, dass kein Regelungsspielraum bleibt. Außerdem muss objektiv eine Gefahr von Arbeitsräumen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen ausgehen.[4] So hat der Betriebsrat der Entscheidung des Arbeitgebers mitzubestimmen, ob ein Ausgleich für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch bezahlte freie Tage oder durch Entgeltzuschlag zu gewähren ist, wenn nicht bereits eine tarifliche Ausgleichsregelung besteht. Die Zahl der freien Tage und die Höhe des Zuschlags sind hingegen eine Frage der Billigkeit, sodass der Arbeitgeber rechtlich gebunden ist.[5]

Die Bestellung und Abberufung von angestellten Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften kann nur mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgen (§ 9 Abs. 3 Satz 1 ArbSichG). Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich dabei nicht auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses durch Einstellung, sondern auf die Zuweisung der Funktion.

Auch bei der Abberufung besteht ein vollwertiges Mitbestimmungsrecht.

Werden freiberufliche Kräfte beauftragt oder ein überbetrieblicher Dienst verpflichtet, besteht nach § 9 Abs. 3 Satz 3 ArbSichG kein Mitbestimmungsrecht, sondern lediglich ein Anhörungsrecht.

 
Praxis-Beispiel

Installation einer Mobilfunkantenne mitbestimmungsfrei

Kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG besteht, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, eine Mobilfunkantenne auf dem Dach des Betriebsgebäudes zu installieren. Das Mitbestimmungsrecht greift erst dann ein, wenn der Arbeitgeber Maßnahmen des Gesundheitsschutzes aufgrund einer Rechtsvorschrift aktiv trifft oder zu treffen hat, nicht hingegen, wenn er eine Handlungspflicht bestreitet, weil er eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht sieht. Dementsprechend bleibt die Installation der Dachantenne mitbestimmungsfrei.[6]

Als "gesetzliche" Rahmenregelung kommen grundsätzlich förmliche Gesetze, Rechtsverordnungen und die von den Berufsgenossenschaften erlassenen Unfallverhütungsvorschriften in Betracht. Keine "gesetzlichen Vorschriften" sind indes die a...

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