Rn 25

Anders als bei der Zuschlagsregelung in Abs. 1 besteht in den exemplarisch aufgeführten Fällen des § 3 Abs. 2 kein Zwang des Insolvenzgerichts, bei der Festsetzung der Vergütung hinter dem Regelsatz zurückzubleiben. Das Vorliegen der vom Verordnungsgeber in der Abschlagsregelung zum Ausdruck gebrachten Kriterien gibt lediglich Anlass zur Überprüfung, ob die Belastung des Verwalters bei der Verfahrensabwicklung derart unter der eines Normalverfahrens liegt, dass die Gewährung einer Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 außer Verhältnis zu dem durch die Verfahrensabwicklung entstandenen tatsächlichen Bearbeitungsaufwand stünde. Eine solche Veranlassung entsteht erst gar nicht, wenn sich die Abweichungen noch innerhalb der für die Zuschlagsregeln beschriebenen Toleranzbreite von ca. 5 % bewegen[113]. Aber auch darüber hinaus muss die Entlastung des Verwalters gegenüber dem Normalfall schon so deutlich werden, dass sich ein Missverhältnis zwischen tatsächlicher Tätigkeit des Verwalters und der dafür grundsätzlich zu gewährenden Regelvergütung ergibt. Diese Zielrichtung ist bei der Auslegung der vom Verordnungsgeber in Abs. 2 genannten Regelbeispiele sowie bei der Prüfung ungeregelter Abschlagstatbestände zu berücksichtigen.

[113] Rn. 4, dort Fn. 40.

3.1 Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters (a)

 

Rn 26

Entgegen dem missverständlichen Verordnungswortlaut soll kein Abschlag von der Regelvergütung für den Fall der bloßen Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters eingeführt werden. Vielmehr soll dieses Abschlagskriterium nur eingreifen, wenn infolge der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren eine erhebliche Arbeitsersparnis für den später nach Eröffnung bestellten Insolvenzverwalter eingetreten ist[114]. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter bereits sämtliche Voraussetzungen für eine Veräußerung des Geschäftsbetriebes einschließlich Übernahme sämtlicher Arbeitsverhältnisse geschaffen hat, so dass die Übertragung auf einen neuen Rechtsträger nur noch vollzogen werden muss. Gleiches gilt bei weitgehender Vorbereitung der Verwertung eines Grundstücks durch Absprachen mit der Grundpfandgläubigerin. Ein derartiger Vorgriff auf die spätere Verfahrensabwicklung schon im Eröffnungsverfahren rechtfertigt allerdings spiegelbildlich regelmäßig erhebliche Zuschläge auf die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 10, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1. Dies hat aber nur zur Folge, dass der spätere Insolvenzverwalter solche Zuschläge nicht mehr oder nicht mehr in dieser Höhe geltend machen kann, da die betreffenden Tätigkeiten im Insolvenzverfahren nur einmal vergütet werden sollen. Eine Entlastung von seinen Aufgaben in Normalverfahren erfolgte dadurch nicht, nur eine Entlastung von zuschlagspflichtigen Tätigkeiten, die über die Anforderungen eines fiktiven Durchschnittsverfahrens hinausgehen. Ein Vergütungsabschlag für den späteren Insolvenzverwalter ist daher nicht gerechtfertigt. Werden dagegen insolvenzspezifische Ansprüche, die einen erheblichen Teil der späteren Insolvenzmasse darstellen, bereits während des Insolvenzeröffnungsverfahrens realisiert, kann ein Abschlag in Betracht gezogen werden, da hierdurch der spätere Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren zumindest teilweise von seinen Regelaufgaben entlastet wird. Soweit durch den mit dem insolvenzrechtlichen Sachverständigen meist personenidentischen vorläufigen Verwalter mit den Anspruchsgegnern bzw. Verfahrensbeteiligten lediglich sondiert wird, unter welchen Voraussetzungen beispielsweise ein Massebeitrag für eine Mitwirkung bei einer freihändigen Grundstücksveräußerung realisiert werden kann oder eine Bereitschaft zur späteren Erfüllung insolvenzspezifischer Ansprüche besteht, liegt noch keine erhebliche Entlastung des späteren Insolvenzverwalters vor. Vielmehr erfüllt dadurch der insolvenzrechtliche Sachverständige lediglich seine Aufgabe, im Eröffnungsverfahren die Vermögensgegenstände des Schuldners realistisch zu bewerten und entsprechende Nachforschungen anzustellen. Damit liegt aber der Normalfall eines Eröffnungsverfahrens vor, der nach der Systematik der Abschlagsregelungen nicht zu einem zwingenden Abschlag von der späteren Regelvergütung des Insolvenzverwalters führen darf. Aber auch bei erheblichen Vorarbeiten des vorläufigen Insolvenzverwalters hat immer ein Abgleich der konkret noch für den späteren Insolvenzverwalter verbliebenen Tätigkeiten mit den Anforderungen eines Normalverfahrens stattzufinden. Bewegt sich der mit den restlichen Tätigkeiten verbundene Bearbeitungsaufwand noch im Rahmen eines (leider nur fiktiven) Durchschnittsverfahrens, so ist für einen Vergütungsabschlag ebenfalls kein Raum. Gleiches gilt, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter Tätigkeiten entfaltet, die auch beim späteren Insolvenzverwalter nicht von der Regelvergütung abgegolten wären, sondern zu einem Zuschlag geführt hätten. Hat also der vorläufige Insolvenzverwalter bereits in Zusammenarbeit mit Schuldner und Gläubigern einen Insolvenzplan ...

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