Rn 24

Da die Verordnung nur Regelbeispiele normiert, handelt es sich bei der Zuschlagsregelung in § 3 Abs. 1 um keine abschließende Regelung. Vielmehr kann sich ein Anspruch des Verwalters auf Gewährung eines Zuschlags auf die Regelvergütung auch in anderen Fällen ergeben, in denen die mit der Abwicklung des Insolvenzverfahrens verbundene Arbeitsbelastung deutlich von dem nicht zuverlässig bestimmbaren fiktiven Normalfall abweicht. Danach können ein unkooperativer Schuldner[91] oder fehlende Geschäfts- bzw. Buchhaltungsunterlagen[92] ebenso Zuschläge rechtfertigen wie die Vorbereitung und Umsetzung einer übertragenden Sanierung, die Verwaltung bzw. Liquidation umfangreicher gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen (auch Cash-Pool) des Insolvenzschuldners[93] oder die Lösung von Altlastenproblemen[94]. Auch die Insolvenzanfechtung durch den Verwalter kann zu einem Vergütungszuschlag führen. Zwar geht der BGH davon aus, dass die Ermittlung und Prüfung von Anfechtungsansprüchen grundsätzlich zu den Regelaufgaben des Verwalters gehört, diese beschränken sich aber auf "relativ einfache" und nur wenige solcher Ansprüche im Verhältnis zum Verfahrensumfang bei außergerichtlicher Erledigung[95]. Zudem kann die vorprozessuale Prüfung rechtlich und tatsächlich schwieriger Anfechtungsfragen sowie die Führung von Anfechtungsrechtsstreitigkeiten auf einen anwaltlichen Bevollmächtigten übertragen werden. Erledigt der Verwalter diese Tätigkeiten aber selbst, kann er als Einzelanwalt entweder nach § 5 i. V. m. RVG abrechnen mit der Folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a), 8 Abs. 2 oder einen Vergütungszuschlag verlangen. Einen solchen Zuschlag billigt der BGH aber nur, wenn die Vergütung nach erfolgreicher Anfechtung auf erhöhter Berechnungsgrundlage die Tätigkeit nicht bereits angemessen abgilt[96]. Danach soll also für einen solchen Zuschlag zusätzlich noch eine Vergleichsrechnung erforderlich sein, die aber abzulehnen ist[97]. Im Übrigen soll der Verwalter über den Zuschlag nicht so gestellt werden, als hätte er eine Vergütung nach RVG geltend gemacht[98], was vollends unverständlich ist, da er diese Tätigkeiten vergütungsunschädlich, aber mit entsprechender Belastung der Insolvenzmasse nach § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV an einen anwaltlichen Bevollmächtigten delegieren kann. Dies dürfte sich angesichts der mit einem späteren Zuschlag bei Verfahrensabschluss verbundenen Unsicherheiten auch regelmäßig empfehlen, zumal der Verwalter dann ohne Vergleichsrechnung wenigstens von der durch erfolgreiche Insolvenzanfechtung bewirkten Masseerhöhung profitieren kann. Einigt sich der Verwalter mit der Grundpfandgläubigerin auf eine stille Zwangsverwaltung, so ist diese zusätzliche Tätigkeit bei der Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen. Hierfür soll je nach Umfang des zusätzlichen Arbeitsaufwandes aber nur ein Zuschlag entsprechend § 3 Abs. 1 Buchst. b) gewährt werden, wenn die Masse nicht entsprechend größer geworden ist[99]. Dabei soll nach dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3, Nr. 4 Satz 2 Buchst. b) jedoch nur der Überschuss berücksichtigt werden, der durch die Zwangsverwaltung für die Masse erzielt werden konnte. Eine solche Analogie ist allerdings unzulässig, da es sich insbesondere bei § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b) um eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 handelt und Analogien zu Ausnahmevorschriften bekanntlich unzulässig sind. Auch eine daraus resultierende weitere Vergleichsrechnung ist abzulehnen, weil § 3 Abs. 1 insoweit keinen allgemeinen übergreifenden Regelungsgedanken enthält[100]. Als Anhaltspunkt für die Bemessung des Zuschlages kann auch hier die Vergütung des Zwangsverwalters nach § 18 ZwVwV dienen, soweit die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters und die daraus generierten Massezuflüsse vergleichbar sind[101].

 

Rn 24a

Entschließt sich das Insolvenzgericht, die Tätigkeit des Insolvenzverwalters auf Kosten der Masse einer externen Überprüfung zu unterziehen, soll der damit für den Verwalter verbundene Aufwand regelmäßig nicht zu einer Erhöhung seiner Vergütung führen. Die Mitwirkung an derartigen Prüfungsmaßnahmen gehört demnach zu den Regelaufgaben des Verwalters, auch wenn die Aufsichtsmaßnahme zu Unrecht durch den Geschäftsführer veranlasst wurde[102]. Diese Auffassung ist abzulehnen, da es sich um eine tätigkeitsbezogene Vergütung des Verwalters handelt. Wird der Verwalter also durch böswillige Agitation des zuvor haftungsrechtlich erfolgreich in Anspruch genommenen Geschäftsführers über Gebühr durch monatelange Nachforschungen eines externen Prüfers belastet, hat er Anspruch auf einen Vergütungszuschlag ebenso wie bei Obstruktion des Schuldners[103]. Obwohl sich seit Einführung der InsVV im Jahre 1999 eine erhebliche Geldentwertung ergeben hat und die Aufgabenbereiche des Insolvenzverwalters durch Rechtsprechung und Gesetzgeber immer mehr erweitert wurden, ist die insolvenzrechtliche Vergütung durch den Verordnungsgeber seit 1989 bzw. 1999 nicht angepasst worden. Es stellt sich also i...

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