Rn 19

Mit der Regelung in § 3 Abs. 1 Buchst. d), wird für das Insolvenzverfahren ausdrücklich klargestellt wird, dass – wie schon in der früheren Konkurspraxis – für eine erhebliche Inanspruchnahme des Verwalters durch die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fragen ein Zuschlag zu gewähren ist. Als Beispiele werden die Bereiche Insolvenzgeld, Kündigungsschutz und Sozialplan ausdrücklich genannt. Der Verwalter soll nach dem Willen des Verordnungsgebers gesondert dafür entlohnt werden, dass er in überdurchschnittlichem Umfang Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt hat. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine derartige Befassung mit Arbeitnehmerinteressen nicht von der freien Willensentschließung des Insolvenzverwalters abhängig, sondern regelmäßig schon vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, da er die Arbeitgeberpflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, Kündigungsschutzgesetz, Sozialgesetzbuch, Gesetz über die betriebliche Altersversorgung sowie aus Tarifverträgen und in den Bereichen Vorruhestand bzw. Altersteilzeit erfüllen muss. Diese ständig erweiterten Pflichten und daraus resultierenden Schwierigkeiten, beispielsweise im Bereich der Abwicklung von Altersteilzeitverhältnissen in der Insolvenz, sind denjenigen gegenüberzustellen, die ein Verwalter in einem Normalverfahren, nach BGH mit weniger als 20 Arbeitnehmern[81] zu erfüllen hat. Aber auch bei geringerer Arbeitnehmerzahl kann eine Beschäftigung des Verwalters mit Kündigungsschutz (mehr als zehn beschäftigte Arbeitnehmer), einem Sozialplan (bei Vorhandensein eines Betriebsrats, ab fünf wahlberechtigten Mitarbeitern) oder Insolvenzgeldangelegenheiten vorkommen. Können diese Tätigkeiten reibungslos abgewickelt werden, gelten sie nach BGH als mit der Regelvergütung abgegolten. Entstehen allerdings in Unternehmen mit weniger als 20 Arbeitnehmern überdurchschnittliche Mehrbelastungen des Verwalters, können diese auch unterhalb der durch die Rechtsprechung entwickelten Vermutungsgrenze zu einem Vergütungszuschlag führen[82]. Dies hat der Verwalter allerdings ausführlich mit Tatsachen zu belegen. Wird die Zahl von 20 bei Eröffnung des Verfahrens beschäftigten Arbeitnehmern überschritten, wird vermutet, dass der Verwalter durch die in dem Zuschlagstatbestand genannten Regelbeispiele erheblich in Anspruch genommen wurde.

Der Verwalter verdient aber den ungekürzten Zuschlag nur dann, wenn der mit einer größeren Personalstärke verbundene höhere Arbeitsanfall nicht anderweitig (teilweise) abgefangen werden kann, beispielsweise durch eine intakte Personalabteilung bzw. Lohnbuchhaltung. Eine Inanspruchnahme des Verwalters in diesem Bereich wird ebenfalls geringer ausfallen, wenn er Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen einem entsprechend spezialisierten anwaltlichen Berater übertragen hat, da dieser für seine Tätigkeit regelmäßig nach § 4 Abs. 1 Satz 3 aus der Insolvenzmasse vergütet wird, andererseits aber laufend vom Verwalter informiert und überwacht werden muss. Ein Zuschlag scheidet auch nicht aus, wenn der Verwalter für diese Tätigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit Verhandlung und Abschluss eines Interessenausgleichs bzw. Sozialplans sowie etwa für die Teilnahme an einem Einigungsstellenverfahren (vgl. § 121 InsO), nach § 5 Abs. 1 persönlich eine Vergütung als Rechtsanwalt erhält, da diese bei Ermittlung der maßgeblichen Masse nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a) abgezogen wird. Auch an dieser Regelung zeigt sich, dass die Kriterien für die Bemessung der Zu- und Abschläge nach § 3 nicht problem- oder personenbezogen, sondern rein tätigkeits- bzw. aufwandsbezogen sind. Über die in der Verordnung selbst genannten Beispiele hinaus dürfte ein Zuschlag also auch dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Verwalter in erheblichem Umfang mit Fragen der betrieblichen Altersversorgung bzw. Trägern der Insolvenzsicherung auseinander zu setzen oder beispielsweise Verhandlungen über die außerordentliche Beendigung von Betriebsvereinbarungen nach § 120 InsO zu führen hatte[83]. Auch die Führung von Arbeitsgerichtsverfahren rechtfertigt einen Zuschlag und zwar unabhängig von einer anwaltlichen Vertretung des Verwalters in dieser schwierigen Materie, da die Arbeitsgerichte regelmäßig das persönliche Erscheinen des Verwalters verlangen und wegen der Notwendigkeit einer laufenden Informationen bzw. Kommunikation mit dem Prozessbevollmächtigten keine signifikante Arbeitsersparnis eintritt[84].

 

Rn 20

Als Kriterium für die Bemessung der Zuschlagshöhe kann der auf Arbeitsrecht, Personalangelegenheiten und arbeitsrechtliche Verfahren (z. B. Einigungsstelle, Interessenausgleich, Sozialplan) entfallende Tätigkeitsanteil zur Gesamttätigkeit des Verwalters im Verfahren ins Verhältnis gesetzt werden. Die Regelvergütung ist dann durch einen entsprechenden Zuschlag zu erhöhen. Konzentriert sich also etwa die Hälfte der Tätigkeit des Verwalters im Verfahren auf die o. g. Bereiche, so rechtfertigt dies einen Zuschlag von 50 %, d. h. in Höhe eines halben Regelsatzes nach § 2 Abs. 1. D...

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