Rn 17

Besteht Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO, so dass die Kosten für die Erstellung der Buchführung und Steuererklärungen aus der Masse nicht gezahlt werden können, besteht die Pflicht zunächst grundsätzlich fort, weil gemäß § 208 Abs. 3 InsO die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Insolvenzmasse auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit fortbesteht.

Die Abgabe von Steuererklärungen und Buchführungspflicht liegt im öffentlichen Interesse. So wie der Steuerpflichtige außerhalb eines Insolvenzverfahrens sich nicht darauf berufen kann, die Kosten für steuerliche Hilfeleistung nicht aufbringen zu können, kann dies auch der Insolvenzverwalter nicht.

Es ist dem Insolvenzverwalter als Rechtsanwalt aufgrund seiner Ausbildung und seiner rechtlichen Befugnis zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 StBerG grundsätzlich zuzumuten, Steuererklärungen selbst zu erstellen, auch wenn er hierfür aus der Masse kein angemessenes Entgelt zu erwarten habe.[16] Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, Masseansprüche geltend zu machen. Hierzu zählen auch Steuererstattungsansprüche. Ob aber ein Steuererstattungsanspruch oder eine nicht realisierbare Steuerschuld besteht, kann erst nach Abgabe der betreffenden Steuererklärung beurteilt werden.[17] Auch vor diesem Hintergrund kann sich der Insolvenzverwalter nicht auf Masseunzulänglichkeit berufen. Ob dies für einen Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter auch zumutbar ist, wenn die Erstellung von Steuererklärungen mit umfangreichen Buchführungs- und Abschlussarbeiten verbunden sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen.[18] Im vom BFH entschiedenen Verfahren wurde der Insolvenzverwalter verurteilt, die Gewerbesteuererklärung 1988, sowie die Vermögensaufstellung zur Feststellung des Einheitswerts des Gewerbebetriebs zum 1.1.1989, gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 BewG a.F. für eine GmbH & Co. KG, nebst Vorarbeiten wie Buchführung und Jahresabschluss zu erstellen. Seinerzeit setzte sich der Gewerbesteuermessbetrag und damit die Gewerbesteuer nicht nur aus dem Gewerbeertrag gemäß § 7 GewStG (Gewinn des Unternehmens), sondern auch aus dem Gewerbekapital gemäß § 12 GewStG a.F. (Vermögen des Unternehmens) zusammen.

Der BGH hat im Jahre 2004 entschieden, dass Buchführungsarbeiten und steuerliche Tätigkeiten, die über die Erstellung von Steuererklärungen hinausgehen einen Arbeitsaufwand und steuerliche Kenntnisse erfordern, die dem Insolvenzverwalter nicht mehr zumutbar sind, so dass er ohne seine Amtspflichten zu verletzen, einen Steuerberater beauftragen kann.[19]

In dem entschiedenen Fall des BGH ging es um eine Schneiderwerkstatt einer natürlichen Person, für die Buchhaltung, Jahresabschluss und Steuererklärungen für drei Jahre zu erstellen waren.

 

Rn 18

Ist dem Verwalter die steuerliche Tätigkeit aufgrund des Zeitaufwandes und des Umfangs der steuerlichen Kenntnisse nicht mehr zumutbar und ist die Masse nicht ausreichend um die Kosten für die steuerliche Beratung zu decken, so kann der Insolvenzverwalter den Steuerberater auf eigene Rechnung beschäftigen und die Kosten als Auslagen gemäß §§ 63 InsO, 4 Abs. 2 InsVV aus der Staatskasse erstattet verlangen. § 4 Abs. 2 InsVV muss demgemäß verfassungskonform ausgelegt werden.[20] Dies gilt jedoch nur dann, wenn ihn das Finanzamt, mit nicht mehr gegenüber der Finanzverwaltung anfechtbarem Bescheid, aufgefordert hat, die Steuererklärungen zu erstellen und die Finanzverwaltung von seiner Rechtsansicht nicht abweicht, obwohl der Insolvenzverwalter auf die wirtschaftliche Lage hingewiesen hat, Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO angezeigt hat und angeboten hat, Unterlagen einzureichen, die es dem Finanzamt ermöglichen Steueransprüche zu schätzen. Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, gegen den Bescheid der Finanzverwaltung vor dem Finanzgericht zu klagen, weil er die Prozesskosten hierfür nicht aufbringen kann und ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wird, weil weder die Finanzverwaltung noch der Bundesfinanzhof die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen in masseunzulänglichen Verfahren eingeschränkt hat.

Ein gesetzlicher Handlungsbedarf zur Frage der Steuererklärungspflicht des Insolvenzverwalters in masselosen Verfahren ist im Rahmen der Beratungen der Bund – Länder – Arbeitsgruppe "Insolvenzrecht" verneint worden.[21]

Eine Befragung der Finanzämter habe ergeben, dass Zwangsgeldfestsetzungen gegen Insolvenzverwalter zur Durchsetzung von Steuererklärungspflichten die absolute Ausnahme seien. Die Finanzämter würden in aller Regel die Steuersachverhalte mithilfe der Schätzungen abschließen und die – theoretisch fortbestehenden – Steuererklärungspflichten der Insolvenzverwalter nicht mit Zwangsmitteln durchsetzen.[22] Unter diesen Voraussetzungen kann der Anspruch auf Auslagenersatz für Steuerberatungskosten durch das Insolvenzgericht nicht mit der Begründung abgelehnt werden, nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit sei der Verwalter zur Abgabe v...

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