Gesetzestext

 

(1) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.

(2) Sind mehrere Erben vorhanden, so ist die Eröffnung des Verfahrens auch nach der Teilung des Nachlasses zulässig.

(3) Über einen Erbteil findet ein Insolvenzverfahren nicht statt.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 216 KO [Eröffnung des Nachlaßkonkurses]

(1) Die Eröffnung des Verfahrens wird nicht dadurch gehindert, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.

(2) Bei dem Vorhandensein mehrerer Erben ist die Eröffnung des Verfahrens auch nach der Teilung des Nachlasses zulässig.

 

§ 235 KO [Kein Erbteilskonkurs]

Über einen Erbteil findet ein Konkursverfahren nicht statt.

1. Allgemeines

 

Rn 1

§ 316 Abs. 1 und Abs. 2 entspricht § 216 Abs. 1 und Abs. 2 KO, § 316 Abs. 3 entspricht § 235 KO.

Der Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens steht es nicht entgegen,

  • dass der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat,
  • dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet,
  • dass bei einer Mehrheit von Erben die Teilung des Nachlasses bereits durchgeführt ist.

2. Eröffnung bei noch nicht angenommener Erbschaft

 

Rn 2

Mit dem Erbfall geht der Nachlass als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Für den Rechtsübergang sind keine weiteren Maßnahmen des Erben erforderlich, der Anfall der Erbschaft erfolgt ipso jure.

 

Rn 3

Die Annahme der Erbschaft macht den vorläufigen Erben zum endgültigen Erben, die Erbschaft kann nicht mehr ausgeschlagen werden (§ 1943 BGB). Auch wenn die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft gemäß §§ 1943, 1944 BGB noch läuft oder die Fristen zu einer Anfechtung der Annahme der Erbschaft oder der Versäumung der Ausschlagungsfrist gemäß §§ 1954, 1956 BGB noch nicht abgelaufen sind, kann der (vorläufige) Erbe den Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens stellen; Gleiches gilt für die Nachlassgläubiger. Im Hinblick auf den Zweck des Nachlassinsolvenzverfahrens, nämlich der Haftungsbegrenzung des Erben und der Sonderung des Nachlasses als Zugriffsmasse für die Nachlassgläubiger, kann ein Interesse an einer möglichst frühzeitigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen.

 

Rn 4

Solange der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat, besteht eine Pflicht zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch nicht.[1]

 

Rn 5

In der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist regelmäßig auch keine konkludente Annahme der Erbschaft zu sehen.[2]

[1] Palandt-Edenhofer, § 1980 Rn. 2
[2] Kilger/K. Schmidt, KO § 216 Rn. 1a; Kuhn/Uhlenbruck, KO § 216 Rn. 2.

3. Eröffnung trotz unbeschränkter und nicht mehr beschränkbarer Erbenhaftung

 

Rn 6

Der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens steht es auch nicht entgegen, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Die unbeschränkte und nicht mehr beschränkbare Haftung des Erben gegenüber allen Nachlassgläubigern kommt gemäß § 1994 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Versäumung einer vom Nachlassgericht gesetzten Inventarfrist sowie gemäß § 2005 BGB durch Erstellung eines absichtlich unrichtigen Inventars in Betracht, die unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung gegenüber einzelnen Nachlassgläubigern gemäß § 2006 Abs. 3 Satz 1 BGB durch Verweigerung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Richtigkeit des aufgestellten Inventars.

 

Rn 7

Auch wenn in diesem Fall ein Zweck des Insolvenzverfahrens nicht mehr erreicht werden kann, nämlich die Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlass, so besteht für die Nachlassgläubiger ein Interesse an der Sonderung des Nachlasses vom übrigen Vermögen des Erben, um den Nachlass dem Haftungszugriff anderer Gläubiger des Erben zu entziehen.

4. Eröffnung nach Nachlassteilung

 

Rn 8

Sind mehrere Erben vorhanden, geht der Nachlass mit dem Erbfall ungeteilt auf die Miterben über, die eine Erbengemeinschaft gemäß §§ 2032 ff. BGB bilden. Der Nachlass wird gemeinschaftliches Vermögen der Erben, die eine Gesamthandsgemeinschaft bilden (§ 2032 Abs. 1 BGB).

 

Rn 9

Die Erbengemeinschaft ist grundsätzlich auf eine Auseinandersetzung angelegt, die jeder Miterbe gemäß § 2042 Abs. 1 BGB verlangen kann. Die Nachlassteilung zur Beendigung der Gesamthandsgemeinschaft und der damit verbundenen Bindung des Nachlasses steht der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nicht entgegen.

 

Rn 10

Auch nach Teilung des Nachlasses ist die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens zulässig. Die Miterben haben diejenigen Nachlassgegenstände, die sie im Rahmen der Teilung erlangt haben, oder die entsprechenden Surrogate an den Insolvenzverwalter herauszugeben (§ 148 Abs. 2).

5. Eröffnung über den Nachlass als Gesamtvermögensmasse

 

Rn 11

Da der Nachlass als Ganzes auf eine Mehrheit von Erben übergeht, die eine Gesamthandsgemeinschaft bilden, kommt die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens über einen einzelnen Erbteil nicht in Betracht, das Nachlassinsolvenzverfahren betrifft den Nachlass als Gesamtvermögensmasse.

 

Rn 12

Hiervon zu differenzieren ist der Fall eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Miterben; dessen Anteil an der Erbengemeinschaft ist...

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