Gesetzestext

 

(1) 1Das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan. 2Dieser Zeitraum soll drei Monate nicht überschreiten. 3Das Gericht ordnet nach Anhörung des Schuldners die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag an, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird.

(2) 1Absatz 1 steht der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen. 2Ruht das Verfahren, so hat der Schuldner in der für die Zustellung erforderlichen Zahl Abschriften des Schuldenbereinigungsplans und der Vermögensübersicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht nachzureichen. 3§ 305 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) 1Beantragt ein Gläubiger die Eröffnung des Verfahrens, so hat das Insolvenzgericht vor der Entscheidung über die Eröffnung dem Schuldner Gelegenheit zu geben, ebenfalls einen Antrag zu stellen. 2Stellt der Schuldner einen Antrag, so gilt Absatz 1 auch für den Antrag des Gläubigers. 3In diesem Fall hat der Schuldner zunächst eine außergerichtliche Einigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 zu versuchen.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Norm regelt den grundsätzlichen Vorrang des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens gegenüber der Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§ 306 Abs. 1). Selbst nach dem Scheitern einer außergerichtlichen Einigung, soll grundsätzlich eine Einigung auf Basis des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans (§ 305 Abs. 1 Nr. 4) versucht werden. Der Gesetzgeber hat dies mit der Hoffnung verbunden, durch das Zustandekommen eines Plans den Aufwand für die Durchführung des aufwendigen Insolvenzverfahrens einsparen zu können.[1] Dabei soll der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan als zügige Verfahrensalternative wahrgenommen werden, weshalb in § 306 Abs. 1 Satz 2 eine Frist von drei Monaten vorgegeben wird, die nicht überschritten werden soll.[2] Die seit der Geltung der Insolvenzordnung in der Praxis gemachte Erfahrungen aus aussichtslosen und aufwendigen Planverfahren, in denen die Schuldner z.B. mit "Nullplänen" nichts angeboten haben, werden dadurch berücksichtigt, dass durch richterliche Entscheidung in solchen Fällen auf das gerichtliche Planverfahren verzichtet und das Verfahren über den Insolvenzeröffnungsantrag des Schuldners fortgesetzt wird.[3]

 

Rn 2

Das Schuldenbereinigungsplanverfahren ist geprägt von einem Kooperationsgedanken. Daher werden auch für die Gläubiger Förder- und Unterstützungspflichten in § 305 Abs. 2 S. 2 normiert. Aufwendungen hierfür sind nach § 310 von den Gläubigern selbst zu tragen. Dem Insolvenzgericht wird eine erweiterte Förderungspflicht auferlegt, die sich unter anderem in der Pflicht zur Vergleichsförderung (§ 307 Abs. 3) oder der Möglichkeit trotz Ruhen des Verfahrens Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (§ 306 Abs. 2 S. 1) zeigt.[4] Um die Kosten des Schuldners gering zu halten,[5] muss dieser die an die Gläubiger zu versendenden Abschriften des Schuldenbereinigungsplans und der Vermögensübersicht erst auf Aufforderung des Gerichts einreichen (§ 306 Abs. 2 Satz 2). Kommt er seinen Verpflichtungen nicht nach, ist die Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 Satz 2 (vgl. die Kommentierung bei § 305 Rn. 131 ff.) entsprechend anwendbar (§ 306 Abs. 2 Satz 3).

 

Rn 3

Auch bei einem Eröffnungsantrag eines Gläubigers gegen den in den persönlichen Anwendungsbereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens einbezogenen Schuldner (vgl. die Kommentierung bei § 304 Rn. 21 ff.) wird die Notwendigkeit der Durchführung eines Schuldenbereinigungsplanverfahrens mit vorgeschaltetem außergerichtlichen Einigungsversuch betont. Dies gilt aber nur dann, wenn der Schuldner bereit ist, einen Eigenantrag zu stellen.

[1] Begr. Rechtsausschuss zu § 357c = § 306, BT-Drs. 12/7302, S. 191.
[2] Begr. Rechtsausschuss zu § 357c = § 306, BT-Drs. 12/7302, S. 191.
[3] RegE, BT-Drs. 14/5680, S. 15, 31.
[4] Zum Ganzen: FK-Ahrens, vor §§ 304 ff. Rn. 4.
[5] RegE, BT-Drs. 14/5680, S. 31.

2. Entstehungsgeschichte

 

Rn 4

Die Vorschrift hat ihren Ursprung in dem Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages, ein Verbraucherinsolvenzverfahren in die InsO einzufügen (vgl. auch die Kommentierung bei § 304 Rn. 8).[6] Das am 01.12.2001 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze (InsOÄndG 2001)[7] hat den Absatz 1 um Satz 3 und den Absatz 2 um Satz 2 erweitert. Schließlich ist in Absatz 3 Satz 3 die klarstellende Regelung aufgenommen worden, dass ein außergerichtlicher Einigungsversuch auch im Falle eines vorhergehenden Fremdantrages erforderlich ist.[8]

[6] Begr. Rechtsausschuss zu § 357c = § 306, BT-Drs. 12/7302, S. 191.
[7] BGBl. I 2001 S. 2710.
[8] RegE, BT-Drs. 14/5680, S. 28.

3. Ruhen des Insolvenzverfahrens (Abs. 1 Satz 1, 2)

 

Rn 5

Im Verbraucherinsolvenzverfahren ruht im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren gem. Abs. 1 das Verfahren über den Eröffnungsantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Entscheidung über den mit dem Antrag des Schuldners vorgelegten und ggf. gemäß § 307 Abs. 3 nachgebesserten Schuldenberein...

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