Rn 28

Als Rechtsfolge bestimmt § 264 Abs. 1 Satz 1 für das Verhältnis zwischen den Insolvenzgläubigern des mittlerweile nach § 258 aufgehobenen Insolvenzverfahrens (sog. Altgläubiger) und den Rahmengläubigern, dass Letztere im Fall der Eröffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens vorrangig zu befriedigen sind. Die Rechtsposition von Aussonderungsberechtigten gemäß § 47 und auch diejenige von Absonderungsberechtigten i.S. der §§ 49 ff., 52, 190, in deren Hand sich die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens überlassenen Kreditsicherheiten befinden, wird durch die Kreditrahmenvorschriften nicht berührt.[13] In einem zweiten Insolvenzverfahren ergibt sich aus den Regelungen der §§ 264 ff. folgende Befriedigungsreihenfolge bezüglich der freien Masse:[14]

1. Massegläubiger des zweiten Insolvenzverfahrens. Denn eine Gleichstellung mit den Massegläubigern wird durch § 264 Abs. 1 im Unterschied zu § 106 VerglO gerade nicht geregelt. Es verbleibt damit bei der Befriedigungsreihenfolge nach § 53 InsO, wonach die Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen sind.[15]
2. Privilegierte Kreditrahmengläubiger und Neugläubiger aus gesetzlichen Schuldverhältnissen während der Zeit der Überwachung. Denn der Begriff der Insolvenzgläubiger in § 264 kann sich vor dem Hintergrund der Rechtsnatur des Insolvenzplans als Vertrag sui generis und vor dem Hintergrund des Verbots von Vereinbarungen zu Lasten Dritter nicht automatisch auch auf die zukünftigen Insolvenzgläubiger der Schuldnerin beziehen, sondern nur auf die, die auch zur Abstimmung über den Insolvenzplan berechtigt sind. Es lässt sich damit weder aus § 264 noch einer anderen ersichtlichen Vorschrift ein Rangunterschied zwischen diesen Gläubigergruppen herleiten. Es gilt damit der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Vertreten wird, dass auch die Gläubiger aus Dauerschuldverhältnissen mit Ansprüchen bis zum Zeitpunkt, in dem die Dauerschuldverhältnisse während der Überwachung erstmals gekündigt werden konnten, mit in diesen Rang fallen sollen.[16]
3. Nicht nachrangige Insolvenzgläubiger des ersten Insolvenzverfahrens (zu denen auch alte Massegläubiger gehören können)[17] und Neugläubiger mit Forderungen aus vertraglichen Schuldverhältnissen gemäß § 265, die während der Überwachungsphase begründet wurden und nicht privilegiert sind. Insoweit ergibt sich der Nachrang gegenüber den Kreditrahmengläubigern unmittelbar aus dem Gesetz (§ 265). Damit ergibt sich kein Widerspruch zur o.g. Einordnung von gesetzlichen Ansprüchen. Auf den ersten Blick, befremdet diese Differenzierung mit Blick auf den der Insolvenzordnung zugrunde liegenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung.[18] Dem lässt sich aber entgegnen, dass der Insolvenzordnung unterschiedliche Rangklassen bei der Verteilung nicht fremd sind und die Gläubiger aus vertraglichen Schuldverhältnissen in Kenntnis um das Ausfallrisiko die Möglichkeit haben, Sicherheiten zu fordern. Diese Möglichkeit steht den Gläubigern gesetzlicher Schuldverhältnisse in der Regel nicht offen.
4. Nachranggläubiger nach § 39 InsO (§ 266 Abs. 2)
 

Rn 29

Umstritten ist, ob die Aufnahme einer Forderung in den Kreditrahmen in einem Folgeinsolvenzverfahren der Insolvenzanfechtung unterliegen kann.[19] Um die als Rechtshandlung zu qualifizierende Vereinbarung über die Aufnahme in den Kreditrahmen von vornherein aus dem Anwendungsbereich der §§ 129 auszunehmen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Andererseits dürfte es in der Regel an einem Gläubigerbenachteilungsvorsatz beziehungsweise der Kenntnis hiervon fehlen. Die an einen Insolvenzplan zu stellenden Mindestanforderungen und die Annahme des Insolvenzplans durch die Mehrheit der Gläubiger berechtigen zu der (widerleglichen) Annahme, dass es sich hierbei um einen ernsthaften Sanierungsversuch handelt. Ein ernsthafter Sanierungsversuch wird von der Rechtsprechung anerkannt, um einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zu verneinen.[20] Gegen eine Anfechtbarkeit wird auch angeführt, die §§ 264 ff. InsO seien lex specialis gegenüber den §§ 129 ff. InsO.[21]

[13] Braun/Frank, in: Kölner Schrift, S. 809, 819 f., 822.
[14] Kübler/Prütting/Bork-Pleister InsO § 266 Rn. 6 f.; a.A. HambKomm-InsR/Thies, § 266 InsO Rn. 4 f.; K. Schmidt InsO/Spliedt InsO § 266 Rn. 16; Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, § 266 Rn. 3; MünchKomm-Kern, InsO, 4. Aufl., § 266 Rn. 15–18.
[15] So auch Nerlich/Römermann/Braun InsO § 264 Rn. 9; Braun/Frank, § 264 Rn. 10.
[16] So Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, § 266 Rn. 3. Insoweit handelt es sich indes entweder um Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten aus dem ersten Insolvenzverfahren. Woraus sich insoweit die Privilegierung ergeben soll bleibt offen.
[17] K. Schmidt InsO/Spliedt InsO § 266 Rn. 16.
[18] MünchKomm-Kern, InsO, 4. Aufl., § 266 Rn. 15–18 plädiert daher für eine teleologische Reduktion der §§ 265, 266 dergestalt, dass ein Ausgleichsanspruch der Neugläubiger aus vertraglichen Schuldverhältnissen gegen die Neugläubiger aus gesetzlichen Schuldverhältnissen in der Höhe besteht,...

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