Rn 77

Im Gegensatz dazu kann der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nur gemeinsam mit dem Schuldner agieren.[187] Der Schuldner behält mithin seine Arbeitgeberbefugnisse. Weigert er sich jedoch, die vom vorläufigen Verwalter verlangten Kündigungen auszusprechen, wird das Gericht eine "Hochstufung" zum starken vorläufigen Verwalter erwägen. Das Gericht kann alternativ den schwachen vorläufigen Verwalter zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen ermächtigen.[188] Auch die Ermächtigung, zur Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse und/oder mit dem Betriebsrat Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zu führen, ist zulässig. In beiden Fällen darf aber eine pauschale Übertragung nicht erfolgen, wenn Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet werden sollen, da insoweit die Grundsätze der Einzelermächtigung anzuwenden sind (s. o. Rdn. 57).[189]

Wird ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, bedarf die Kündigung durch den Schuldner der Zustimmung des vorläufigen Verwalters, da es sich bei der Kündigung – anders als bei der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG[190] – um eine Verfügung über das Vermögen des Schuldners handelt.[191] Da es sich bei der Kündigung um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt, kann der Empfänger die Kündigungserklärung zurückweisen, wenn keine dokumentierte Zustimmung des vorläufigen Verwalters vorliegt (§§ 182 Abs. 3, 111 Satz 2, Satz 3 BGB).[192]

Die Kosten der Insolvenzgeldvorfinanzierung (s. u. Rdn. 78 ff.), mithin Zinsen und Bearbeitungsgebühren, muss im Regelfall das Schuldnerunternehmen tragen. Der schwache vorläufige Insolvenzverwalter benötigt daher zur Absicherung des Vorfinanzierers eine Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten (s. o. Rdn. 54 ff.).

Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, tritt eine Unterbrechung anhängiger Rechtsstreitigkeiten nicht ein.[193]

[188] BGH ZInsO 2002, 819 (823); Uhlenbruck-Ries/Zobel, § 22 Rn. 65; MünchKomm-Haarmeyer, § 22 Rn. 110; FK-Schmerbach, § 22 Rn. 57.
[191] BAG ZInsO 2003, 817 (818); MünchKomm-Haarmeyer, § 22 Rn. 110; a. A. Ries, ZInsO 2007, 414 (416 f.).
[192] Uhlenbruck-Ries/Zobel, § 22 Rn. 77.

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