Rn 78

Die Gesellschafter können nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 3 – ebenso wie Aufsichtsratsmitglieder – (im Falle der "Führungslosigkeit", Rn. 36 ff.) gegenüber Neu- und Altgläubigern im Falle der Insolvenzverschleppung haften. Dritte (einschließlich Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglieder) können aufgrund der deliktischen Natur der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1, 2 auch unter den Voraussetzungen des § 830 Abs. 2 BGB als Teilnehmer einer Insolvenzverschleppung haften.[290] Die h. M. greift für die Anstiftung und Beihilfe auf die Begriffsbestimmungen des Strafrechts zurück. Voraussetzung für die Haftung des Teilnehmers ist danach doppelter Vorsatz.[291] Eine Haftung Dritter (einschließlich der Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglieder) kommt wegen Insolvenzverschleppung auch in Betracht, wenn man – mit der h. M. – den "faktischen" Geschäftsleiter i. e. S. für einen Adressaten der Antragspflicht (siehe oben Rn. 14) hält.[292] Soweit Aufsichtsratsmitglieder nicht bereits nach § 15a Abs. 3 Adressaten der Antragspflicht sind, kommt deren Haftung u. U. auch unter dem Blickwinkel der Verletzung ihrer Überwachungsaufgaben in Betracht, wenn sie unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten den Pflichtenverstoß des Leitungsorgans nicht unterbinden (für die AG siehe §§ 116, 111, 93 AktG; für die GmbH siehe § 52 GmbHG).[293] Im Rahmen seiner Überwachungspflicht darf sich der Aufsichtsrat nicht auf die üblichen turnusmäßigen Zusammenkünfte beschränken. Vielmehr erhöht sich die Intensität der Überwachungspflicht, wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten droht.[294] Hält der Aufsichtsrat die Unterrichtung durch das Leitungsorgan für nicht plausibel, muss er von der Möglichkeit des § 111 Abs. 2 AktG Gebrauch machen und selbst in die Bücher schauen oder diese prüfen lassen. Stellt der Aufsichtsrat die Insolvenzreife fest, muss er das Leitungsorgan anhalten, den (Eröffnungs-)Antrag zu stellen.[295]

[290] BGH ZIP 2005, 1734 [BGH 25.07.2005 - II ZR 390/03] (1735 f.); KG NZG 1999, 23 (24); Uhlenbruck DStR 1991, 351 (352); Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 44; Roth/Altmeppen, Vor § 64 GmbHG Rn. 141 f.; Ulmer/Casper, § 64 GmbHG Rn. 163.
[291] Vgl. Staudinger/Eberl-Borges, § 830 BGB Rn. 31; MünchKomm BGB-Wagner, § 830 Rn. 27 ff.; Roth/Altmeppen, Vor § 64 GmbHG Rn. 141; Ulmer/Casper, § 64 GmbHG Rn. 163.
[292] Vgl. BGH NJW-RR 2002, 1324 [BGH 10.06.2002 - II ZR 162/00]; ZIP 2002, 848 (851) [BGH 25.02.2002 - II ZR 196/00]; WM 1988, 756 (757 f.); BGHZ 41, 282 (287); 47, 341 (343); OLG Brandenburg NZG 2001, 807 f. [OLG Brandenburg 15.11.2000 - 7 U 114/00]; OLG Jena ZIP 2002, 631 (632); Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh. zu § 64 GmbHG Rn. 49; Ulmer/Casper, § 64 GmbHG Rn. 39.
[293] BGH NZG 2009, 550 (551) [BGH 16.03.2009 - II ZR 280/07]; Schürnbrand NZG 2010, 1207 (1208); Strohn/Simon GmbHR 2010, 1181 (1187 f.); Scholz/K. Schmidt, § 64 GmbHG Rn. 155; siehe auch Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 44; OLG Brandenburg GmbHR 2009, 657 (659 f.).
[294] Strohn NZG 2011, 1161 (1163).
[295] Strohn NZG 2011, 1161 (1163).

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