Rn 28

Die Pflicht, den Eröffnungsantrag zu stellen, besteht – vorbehaltlich der Höchstfrist von drei Wochen -, wenn die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung "offen zutage tritt" (oben Rn. 22). Die Pflicht dauert fort bis zur Insolvenzeröffnung. Ist die Gesellschaft zunächst insolvenzreif und überwindet sie sodann die Krise, erlischt die Insolvenzantragspflicht für die zurückliegenden Zeiträume.[92] Sie lebt aber ex nunc wieder auf, wenn die Gesellschaft erneut in die Krise gerät.[93] Voraussetzung für das Erlöschen der Antragspflicht ist allerdings, dass die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung (aus damaliger Sicht) "nachhaltig" überwunden wurde.[94] Die Antragspflicht endet auch mit Beendigung der Organstellung (siehe auch oben Rn. 11).

 

Rn 29

Hat ein Gläubiger den Eröffnungsantrag gestellt, ruht (richtiger, aber umstrittener Ansicht nach) für die Geschäftsleiter ab diesem Zeitpunkt die Insolvenzantragspflicht, lebt aber rückwirkend wieder auf, wenn der Antrag zurückgenommen oder als unzulässig zurückgewiesen wird.[95] Anderer Ansicht nach lässt der Gläubigerantrag die Insolvenzantragspflicht gänzlich unberührt. Letztere erlischt dieser Ansicht zufolge erst mit rechtskräftiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund des Fremdantrags (oder Abweisung des Antrags mangels Masse).[96] Die Antragspflicht ruht für die übrigen Geschäftsleiter auch dann, wenn ein Mitglied des Kollegialorgans den Antrag gestellt hat.[97] Wird der Eigenantrag dieses Geschäftsleiters wieder zurückgenommen, lebt die Antragspflicht für alle Geschäftsleiter rückwirkend wieder auf, wenn im Zeitpunkt der (ursprünglichen) Antragstellung bereits Insolvenzreife gegeben war (und die Krise zwischenzeitlich nicht nachhaltig überwunden wurde).[98]

 

Rn 30

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, endet die Antragspflicht.[99] Fraglich ist, ob Gleiches gilt, wenn der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wurde, der (nicht gelöschten) Gesellschaft später aber wieder (neue) Vermögenswerte anfallen, die die Verfahrenskosten decken. Zivilrechtlich lebt hier – richtiger Ansicht nach – die Insolvenzantragspflicht wieder auf.[100]

[92] Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 18; Roth/Altmeppen, Vor § 64 GmbHG Rn. 81; FK-Schmerbach, § 15a Rn. 27.; a. M. Ulmer/Casper, § 64 GmbHG Rn. 68, wonach Beseitigung des Insolvenzgrundes nicht zurückwirkt.
[93] BGH ZIP 2007, 676 (677) [BGH 05.02.2007 - II ZR 234/05]; ZIP 2005, 1734 (1736) [BGH 25.07.2005 - II ZR 390/03]; Roth/Altmeppen, Vor § 64 GmbHG Rn. 83.
[94] BGH ZIP 2007, 1061 (1062); vgl. auch BGHZ 164, 50 (55 f.); Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 62; Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 18; Poertzgen ZInsO 2008, 944 (946) Fn 20.
[95] A. M. FK-Schmerbach, § 15a Rn. 11; Scholz/K. Schmidt, § 64 GmbHG Rn. 166; Ulmer/Casper, 64 GmbHG Rn. 67; Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 24.
[96] So insbesondere die strafrechtliche Rspr., BGH ZIP 2008, 2310; OLG Dresden DStR 1998, 830.
[97] Vgl. BGHZ 75, 96 (106); FK-Schmerbach, § 15a Rn. 10; Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 18 Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 23.
[98] AG Hamburg ZIP 2006, 1105 (1107) [AG Hamburg 09.05.2006 - 67c IN 122/06]; Scholz/K. Schmidt, § 64 GmbHG Rn. 166.
[99] Uhlenbruck/Hirte, § 15a Rn. 18.
[100] A. M. FK-Schmerbach, § 15a Rn. 11. Gegen ein Aufleben der strafbewehrten Antragspflicht auch BGHSt ZIP 2008, 2308 [BGH 28.10.2008 - 5 StR 166/08] (2310 f.).

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