Rn 45

Die Bank muss zu Lasten des Treuhandkontos den Steuerabzug für Kapitalerträge vornehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, §§ 43 ff. EStG). Nicht nur bei der Ermächtigungstreuhand, sondern auch bei der Vollrechtstreuhand ist der Insolvenzschuldner Steuerschuldner; bei letzterer ist er wirtschaftlicher Eigentümer des Kontoguthabens.[58] Der Insolvenzverwalter kann daher weder einen eigenen Freistellungsauftrag erteilen noch eine Nichtveranlagungsbescheinigung erlangen (§ 44a EStG).[59] Der Einbehalt durch die Bank kann bei Personengesellschaften dazu führen, dass Kapitalerträge der Masse und damit den Insolvenzgläubigern vorenthalten werden. Das beruht darauf, dass bei diesen Gesellschaften der Gewinnanteil steuerrechtlich den Gesellschaftern zugerechnet wird. Erlangen die Gesellschafter Steuererstattungen (durch Anrechnung der Vorauszahlung auf die Einkommenssteuer oder durch Rückzahlung), haben sie diese nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Masse herauszugeben.[60]

 

Rn 46

Bei Massearmut kann es durch den Vorwegabzug der Kapitalertragssteuer außerdem zu einer – gemessen an § 209 nicht gerechtfertigten – Bevorzugung des Fiskus kommen. Je nach Zeitpunkt des Eintritts der Massearmut hat entweder die Bank den Einbehalt zu unterlassen oder das Finanzamt bzw. der Steuerschuldner den Zufluss an die Masse zu erstatten.[61] Deshalb dem Verwalter eine Anlage bei ausländischen Banken anzuraten,[62] kann sich allerdings nicht selten wegen möglicherweise damit verbundener Risiken (Wechsel, Transfer, Einlagensicherung) verbieten. Entschließt sich der Verwalter zu einer Anlage im Ausland, bedarf es dazu aber keiner Zustimmung der Gläubigerversammlung nach § 160 Abs. 1.[63]

[58] Blümich-Struhmann, § 20 EStG Rn. 34; BMF-Schreiben zur Zurechnung von Kapitalerträgen aus Anderkonten, MittRhNotK 1995, 285.
[59] BFH, ZIP 1995, 661 (662) [BFH 09.11.1994 - I R 5/94]; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 14; a.A. Kübler/Prütting-Holzer, § 149 Rn. 9.
[60] LG Freiburg, ZIP 1999, 2063 [LG Freiburg 03.08.1999 - 12 O 39/99] (2064 f.); MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 149 Rn. 24; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 149 Rn. 12 f.
[61] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 149 Rn. 12 f.; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 13; Obermüller, Rn. 2.154.
[62] Welzel, DStZ 1993, 197 (201); Obermüller, Rn. 2.155.
[63] MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 149 Rn. 24; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 12; a.A. Kübler/Prütting-Holzer, § 149 Rn. 14; Hess-Hess, § 149 Rn. 4.

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